Source: Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich beabsichtige, die nachfolgende Allgemeinverfügung gemäß Art. 19 Abs. 9 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 (MAR) zu erlassen. Gemäß § 28 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) gebe ich hiermit vorab Gelegenheit, sich dazu bis zum 17.11.2025 (Eingang bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) zu äußern. Nach Ablauf der Frist werde ich über den Erlass der Maßnahme entscheiden.
17.11.2025
Entwurf:
Bekanntmachung einer Allgemeinverfügung zur Anhebung des Schwellenwertes auf 50.000,00 EUR nach Art. 19 Abs. 9 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 für zu meldende Eigengeschäfte nach Art. 19 Abs. 1, 8 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014
Allgemeinverfügung:
I. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bundesanstalt) hebt den Schwellenwert für zu meldende Eigengeschäfte nach Art. 19 Abs. 1, 8 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014, die innerhalb eines Kalenderjahres getätigt werden, von 20.000,00 EUR auf 50.000,00 EUR an.
II. Die Bundesanstalt kann diese Allgemeinverfügung jederzeit widerrufen.
III. Die Allgemeinverfügung vom 24.10.2019 zur Anhebung des Schwellenwertes auf 20.000,00 EUR nach Art. 19 Abs. 9 der Verordnung (EU) Nr. 569/2014 für zu meldenden Eigengeschäfte nach Art. 19 Abs. 1, 8 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 wird widerrufen.
IV. Diese Allgemeinverfügung wird zum 01.01.2026 wirksam.
V. Diese Allgemeinverfügung gilt an dem auf die öffentliche Bekanntmachung folgenden Tag als bekanntgegeben.
Begründung:
I.
Seit dem 3. Juli 2016 gelten für sogenannte Eigengeschäfte von Führungskräften (auch als „Directors‘ Dealings“ bezeichnet) die Regelungen der „Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission“ (im Folgenden: MAR).
Nach Art. 19 Abs. 1 MAR melden Personen, die Führungsaufgaben wahrnehmen, sowie in enger Beziehung zu ihnen stehende Personen dem Emittenten und der zuständigen Behörde jedes Eigengeschäft mit Anteilen oder Schuldtiteln dieses Emittenten oder damit verbundenen Derivaten oder anderen damit verbundenen Finanzinstrumenten. Ferner melden Personen, die Führungsaufgaben wahrnehmen, sowie in enger Beziehung zu ihnen stehende Personen dem Teilnehmer am Markt für Emissionszertifikate und der zuständigen Behörde jedes Eigengeschäft mit Emissionszertifikaten, darauf beruhenden Auktionsobjekten oder deren damit verbundenen Derivaten1 .
Der Emittent oder Teilnehmer am Markt für Emissionszertifikate veröffentlicht gemäß Art. 19 Abs. 3 MAR nach Erhalt einer in Art. 19 Abs. 1 MAR genannten Mitteilung die darin enthaltenen Informationen.
Bis zum 04.12.2024 galt die Meldepflicht für Geschäfte, die getätigt wurden, nachdem innerhalb eines Kalenderjahres ein Gesamtvolumen von 5.000,00 EUR erreicht wurde (Art. 19 Abs. 8 MAR a.F.). Dieser Schwellenwert errechnet sich aus der Addition aller in Art. 19 Abs. 1 MAR genannten Geschäfte ohne Netting.
Die zuständigen nationalen Behörden konnten diesen Schwellenwert auf 20.000,00 EUR anheben (Art. 19 Abs. 9 MAR a.F.). Die Bundesanstalt hob auf dieser Grundlage per Allgemeinverfügung vom 24.10.2019 den Schwellenwert zum 01.01.2020 auf 20.000,00 EUR an.
Im Rahmen des sogenannten EU Listing Act wurde Art. 19 MAR zum 04.12.2024 durch die Verordnung (EU) 2024/2809 geändert. Der Schwellenwert für die Meldung von in einem Kalenderjahr getätigten Eigengeschäften wurde von 5.000,00 EUR auf 20.000,00 EUR angehoben (Art. 19 Abs. 8 MAR n.F.) und die zuständigen nationalen Behörden wurden ermächtigt, diesen Schwellenwert auf 10.000,00 EUR zu senken oder auf 50.000,00 EUR anzuheben (Art. 19 Abs. 9 MAR n.F.). Im Fall einer Absenkung oder Anhebung des Schwellenwertes setzen sie die ESMA von diesem Beschluss und der Begründung ihrer Entscheidung unter besonderer Bezugnahme auf die Marktbedingungen in Kenntnis, bevor sie diesen Schwellenwert anwenden. Die ESMA veröffentlicht auf ihrer Website die Liste der Schwellenwerte, die gemäß Art. 19 MAR anwendbar sind, sowie die von den zuständigen Behörden vorgelegten Begründungen für diese Schwellenwerte.
Eine Auswertung der Meldedaten für die Kalenderjahre 2021 bis 2024 hat ergeben, dass die Mediane der kalenderjahrbezogenen, je Meldepflichtigem ermittelten Gesamtvolumina in diesen Jahren jeweils konstant über 100.000,00 EUR lagen. Unter Zugrundelegung der Meldedaten würde eine Anhebung des Schwellenwertes die Anzahl der Mitteilungen um bis zu ein Drittel reduzieren.
II.
Nach Art. 19 Abs. 9 MAR kann die zuständige Behörde beschließen, den in Art. 19 Abs. 8 MAR genannten Schwellenwert auf 50.000,00 EUR anzuheben.
1.
Die formellen Voraussetzungen der Allgemeinverfügung sind gegeben. Insbesondere ist die Bundesanstalt gemäß Art. 3 Abs. 1 Nr. 12 i. V. m. Art. 22 MAR i. V. m. § 6 Abs. 5 Satz 1 Wertpapierhandelsgesetz die zuständige Behörde. Zudem hat die Bundesanstalt die ESMA gemäß Art. 19 Abs. 9 Satz 1 MAR von ihrem Beschluss und der Begründung ihrer Entscheidung unter besonderer Bezugnahme auf die Marktbedingungen in Kenntnis gesetzt.
2.
Die materiellen Voraussetzungen der Allgemeinverfügung liegen ebenfalls vor. Die Entscheidung über die Anhebung oder Absenkung des Schwellenwertes liegt im Ermessen der zuständigen nationalen Behörde.
Der Ermessensentscheidung der Bundesanstalt, den Schwellenwert auf 50.000,00 EUR anzuheben, liegen die folgenden Erwägungen zu Grunde:
Die von Art. 19 MAR bezweckte Transparenz der Eigengeschäfte von Personen, die Führungsaufgaben für Emittenten oder für Teilnehmer am Markt für Emissionsgeschäfte wahrnehmen, und von in enger Beziehung zu ihnen stehenden Personen stellt eine Regelung zur Verhütung von Marktmissbrauch und insbesondere von Insidergeschäften dar. Außerdem ist vollständige und ordnungsgemäße Markttransparenz eine Voraussetzung für das Vertrauen der Marktteilnehmer und insbesondere der Anteilseigner eines Unternehmens. Die Bekanntgabe dieser Geschäfte auf individueller Basis kann ferner eine wertvolle Informationsquelle für Anleger und andere Marktteilnehmer darstellen und bietet den zuständigen Behörden eine zusätzliche Möglichkeit zur Überwachung der Märkte (vgl. Erwägungsgründe 58 und 59 der MAR).
Den zuständigen Behörden soll nach Erwägungsgrund 74 der Verordnung (EU) 2024/2809 Flexibilität dahingehend eingeräumt werden, den Schwellenwert unter anderem auf 50.000,00 EUR anzuheben, wenn dies angesichts nationaler Marktbedingungen gerechtfertigt ist. Nach Erwägungsgrund 58 der MAR soll durch Schwellenwerte ein angemessenes Gleichgewicht zwischen dem Grad der Transparenz und der Anzahl der Mitteilungen an die zuständige Behörde und die Öffentlichkeit gewährleistet werden.
Mit der Anhebung des Schwellenwertes beabsichtigt die Bundesanstalt unter Berücksichtigung der Marktbedingungen, ein solches angemessenes Gleichgewicht herzustellen. Unter Zugrundelegung der Meldedaten für die Kalenderjahre 2021 bis 2024 würden mit der Anhebung des Schwellenwertes auf 50.000,00 EUR bis zu ein Drittel weniger Mitteilungen erfolgen, was eine spürbare Reduktion der Anzahl der Meldungen bedeuten würde. Gleichzeitig lagen die Mediane der gemeldeten kalenderjahrbezogenen Gesamtvolumina in den Jahren 2021 bis 2024 jeweils konstant über 100.000,00 EUR, so dass zwischen dem neuen Schwellenwert und den Medianen der vergangenen Kalenderjahre weiterhin ein erheblicher Abstand bestanden hätte. Die Analyse der Meldedaten legt somit nahe, dass auch nach der Anhebung weiterhin weite und wesentliche Teile der Eigengeschäfte von der Meldepflicht erfasst bleiben und dem Markt transparent gemacht werden. Ein angemessenes Gleichgewicht zwischen dem Grad der Transparenz und der Anzahl der Mitteilungen wird somit hergestellt.
Die Anhebung des Schwellenwertes trägt zudem der Tatsache Rechnung, dass die Erfüllung der Melde- und Veröffentlichungspflichten nach Art. 19 MAR einen hohen organisatorischen und finanziellen Aufwand für die meldepflichtigen Personen sowie für die Emittenten darstellt, insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen. Durch die Anhebung des Schwellenwertes auf 50.000,00 EUR werden die Emittenten und die betroffenen meldepflichtigen Personen entsprechend entlastet.
Die Allgemeinverfügung ist verhältnismäßig. Die Anhebung des Schwellenwertes auf 50.000,00 EUR verfolgt ein legitimes Ziel, nämlich die Herstellung eines angemessenen Gleichgewichts zwischen dem Grad der Transparenz und der Anzahl der Mitteilungen an die zuständigen Behörden und die Öffentlichkeit. Die Schwellenanhebung ist auch geeignet, dieses Ziel zu erreichen, da die Anhebung die Anzahl der Meldungen unter Zugrundelegung früherer Meldedaten spürbar reduzieren wird. Zugleich legen die Meldedaten nahe, dass auch mit dem erhöhten Schwellenwert weiterhin eine wesentliche Anzahl der Eigengeschäfte dem Markt transparent gemacht wird, da die Mediane der gemeldeten kalenderjahrbezogenen Gesamtvolumina der letzten Jahre den Schwellenwert von 50.000,00 EUR deutlich überschritten haben. Weiter ist die Anhebung des Schwellenwertes auch erforderlich, da ein milderes Mittel zur Erreichung des bezweckten angemessenen Gleichgewichtes nicht vorhanden ist. Schließlich ist die Anhebung des Schwellenwertes auch vor dem Hintergrund der beteiligten Interessen angemessen. Die Anhebung des Schwellenwertes bewirkt zwar eine Reduzierung der Anzahl der melde- und veröffentlichungspflichtigen Eigengeschäfte und damit eine gewisse Reduzierung der Markttransparenz. Dies ist aber mit Blick darauf, dass weite und wesentliche Teile von Eigengeschäften weiterhin meldepflichtig bleiben und der Aufwand bei Meldepflichtigen und Emittenten vereinfacht wird, hinnehmbar. Die Reduzierung der Markttransparenz steht damit nicht außer Verhältnis zu dem dargestellten Nutzen der Schwellenanhebung.
Nach Abwägung aller vorgenannten Faktoren hebt die Bundesanstalt gemäß Art. 19 Abs. 9 MAR im Rahmen ihres Ermessens den Schwellenwert für Eigengeschäfte nach Maßgabe der Art. 19 Abs. 1, 8 MAR mit Wirkung zum 01.01.2026 von 20.000,00 EUR auf 50.000,00 EUR an.
3.
Diese Allgemeinverfügung kann von der Bundesanstalt jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, § 36 Abs. 2 Nr. 3 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG). Der Widerrufsvorbehalt wird in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens angeordnet. Die Einräumung eines Widerrufsvorbehalts ist geeignet, erforderlich und angemessen. Der Widerrufsvorbehalt ermöglicht es der Bundesanstalt, flexibel auf neue Tatsachen und Entwicklungen zu reagieren, die eine Herabsetzung des Schwellenwertes auf 20.000,00 EUR rechtfertigen oder einen anderweitigen Widerruf notwendig machen.
4.
Der Widerruf der Allgemeinverfügung vom 24.10.2019 erfolgt auf Grundlage des Widerrufsvorbehaltes nach deren Ziffer 2. Bis zum 04.12.2024 galt Art. 19 Abs. 9 MAR a.F., der eine Möglichkeit zur Anhebung der Meldeschwelle von 5.000,00 EUR auf 20.000,00 EUR vorsah. Nunmehr besteht in Art. 19 Abs. 9 MAR n.F. unter anderem die Möglichkeit, den Schwellenwert von 20.000,00 EUR auf 50.000,00 EUR anzuheben. Dies erfolgt durch die vorliegende Allgemeinverfügung, welche die Allgemeinverfügung vom 24.10.2019 ersetzt.
5.
Da die Berechnung des Schwellenwertes nach Art. 19 Abs. 8 MAR kalenderjahresbasiert erfolgt, wird mit dem Wirksamwerden der Allgemeinverfügung zu I. und II. zum 01.01.2026 ein unterjähriger Wechsel in der Berechnung des Schwellenwertes vermieden. Die Allgemeinverfügung zu III., mit welcher die Bundesanstalt die Allgemeinverfügung vom 24.10.2019 widerruft, wird ebenfalls am 01.01.2026 wirksam. Dadurch wird die widerrufene Allgemeinverfügung unwirksam und von der vorliegenden Allgemeinverfügung ersetzt.
6.
Die Bekanntgabe der Allgemeinverfügung erfolgt durch die Bekanntmachung vom 27.10.2025 auf der Internetseite der Bundesanstalt. Sie erfolgt in öffentlicher Form, weil diese Form der Bekanntgabe ausdrücklich vorgesehen ist (vgl. § 41 Abs. 4 S. 1 VwVfG i. V. m. § 17 Abs. 2 Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz). Die Möglichkeit der öffentlichen Bekanntgabe durch elektronische Bekanntmachung auf der Internetseite der Bundesanstalt ergibt sich aus § 17 Abs. 2 S. 2 Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz. Diese Allgemeinverfügung gilt am Tag nach ihrer Bekanntmachung als bekannt gegeben.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht in Bonn oder Frankfurt am Main erhoben werden.
Dr. Thorsten Pötzsch
Fußnoten: