Apotheken-Nachrichten von heute: Digitalisierung erzwingt Absicherung, Versorgung verschiebt Verantwortung, Systemgrenzen brechen auf

Source: Deutsche Nachrichten
Die digitale Patientenakte beschleunigt Abläufe, aber verschärft zugleich die Haftungsrisiken für Apotheken, die zwischen Datenschutzpflicht und Versorgungsdruck manövrieren müssen, während politische Gesten wie Abgeordnetenbesuche oder Führungswechsel kaum ausreichen, um den realen Strukturzerfall aufzuhalten; zugleich bringt die Saxenda-Zulassung für Kinder eine ethische Zäsur, die Entbudgetierung verunsichert Hausarztpraxen, die GKV-Finanzlage droht zu kollabieren – und Studien zu personalisierten Impfstoffen, GLP-1 und Antibiotikaresistenzen zeigen, dass medizinischer Fortschritt oft schneller ist als die gesellschaftliche Realität, in der Prävention scheitert, Symptome sich häufen und Apotheken als letztes stabiles Glied im System immer mehr auffangen müssen.

EPA schafft Tempo, erhöht Risiko, verlangt Verantwortung

Wie digitale Patientenakten Apotheken transformieren, Sicherheitslücken sichtbar machen und Versicherungsschutz zur Pflicht wird

Die elektronische Patientenakte (EPA) ist nicht länger ein Zukunftsversprechen, sondern beginnt, sich als integraler Bestandteil des deutschen Gesundheitswesens zu etablieren – mit wachsender Dynamik und ebenso wachsendem Risiko. Die Zahlen, die die Gematik nun vorgelegt hat, sind eindeutig: Innerhalb weniger Wochen wurden in medizinischen Einrichtungen rund 50 Millionen Aktenzugriffe registriert, bis zu sechs Millionen pro Tag. Hinzu kommen täglich etwa 1,5 Millionen digitale Medikationslisten, die abgerufen werden. Was nach einem technischen Fortschritt klingt, ist zugleich ein Paradigmenwechsel, der nicht nur Prozesse verändert, sondern auch Verantwortlichkeiten neu ordnet – und Apotheken unmittelbar betrifft.

Denn mit der schrittweisen, aber nun flächendeckend anlaufenden Einführung der EPA ab dem 29. April 2025 ist klar: Die Anbindung an die Telematikinfrastruktur (TI) ist kein bloßer Service, sondern eine Verpflichtung zur digitalen Interaktion auf Augenhöhe. Bereits heute sind 46.000 medizinische Einrichtungen in der Lage, mit der EPA produktiv zu arbeiten – das sind knapp 30 Prozent aller bundesweit erfassten Versorgungseinrichtungen. Die anderen werden folgen müssen. Dabei reicht es nicht, technische Schnittstellen bereitzustellen. Es braucht geschulte Teams, saubere Zugriffskonzepte und vor allem eins: eine belastbare Sicherheitsstrategie gegen Cyberangriffe, Datenverluste und Vermögensschäden. Wer hier nicht antizipiert, wird im Ernstfall teuer zahlen.

Denn die EPA bringt nicht nur Nutzen – sie exponiert. Der Zugriff auf sensible Gesundheitsdaten, die Integration von Medikationslisten, Labordaten, Arztbriefen, Notfalldaten oder Impfstatus in ein vernetztes System, macht Apotheken zu aktiven Knotenpunkten digitaler Informationsflüsse. Diese Knotenpunkte sind Angriffspunkte. Hacker benötigen keine Rammböcke – sie brauchen Schwachstellen in der Zugangskontrolle, veraltete Firewalls oder ungeschützte Mobilgeräte. Eine einzelne Schwachstelle reicht, um Patientendaten zu kompromittieren, Abläufe lahmzulegen und Vertrauen zu zerstören. Und hier beginnt die juristische und ökonomische Verantwortung der Apothekenbetreiber.

Eine Cyber-Versicherung ist daher keine Kür mehr, sondern Pflicht. Sie muss Angriffe von außen, aber auch menschliche Fehler, etwa durch Phishing, Social Engineering oder interne Sicherheitsversäumnisse, mit abdecken. Ebenso essenziell ist eine Vertrauensschadenversicherung, die vor allem bei Vermögensschäden durch eigene Mitarbeitende greift. In einer EPA-basierten Infrastruktur wird nicht nur der Diebstahl von Kassenbeständen oder Rezepten relevant, sondern auch der Missbrauch von Zugriffsrechten, Manipulation von Medikationslisten oder das widerrechtliche Löschen von Patientendaten. All das kann massive Rückforderungen, Bußgelder oder auch zivilrechtliche Klagen nach sich ziehen – und in der Haftung steht immer der Betreiber.

Die Frage, ob Apotheken diese Risiken realistisch einschätzen, ist also keine hypothetische. Die EPA zwingt alle Beteiligten zu einem aktiven Risikomanagement: Wie werden Datenzugriffe protokolliert? Welche Mitarbeitenden erhalten welche Rechte? Gibt es Mehrfaktorauthentifizierung? Werden Sicherheitsvorfälle regelmäßig simuliert, etwa durch sogenannte Penetrationstests? Apotheken, die weiterhin auf Standardlösungen setzen, laufen Gefahr, ihre digitale Sorgfaltspflicht zu verletzen – mit rechtlichen, finanziellen und auch versicherungsrelevanten Folgen. Versicherungen leisten nur dann vollumfänglich, wenn Präventionsstandards eingehalten werden.

Florian Fuhrmann von der Gematik bezeichnet die aktuelle Entwicklung als Meilenstein – zurecht, aber eben nicht nur mit Blick auf Effizienz oder Patientenkomfort. Die EPA ist auch ein Meilenstein in Richtung Systemverantwortung: Sie verlangt von jedem angeschlossenen Akteur – ob Praxis, Klinik oder Apotheke – einen neuen Umgang mit Daten, Sicherheit und Compliance. Die Medikationsliste mag ein erstes sichtbares Anwendungsbeispiel sein, das zeigt, wie digitale Anwendungen helfen können, Doppelverordnungen zu vermeiden oder Wechselwirkungen zu erkennen. Doch diese digitalen Werkzeuge haben nur dann einen nachhaltigen Wert, wenn sie auf einem stabilen Fundament stehen.

Und dieses Fundament muss Apothekenteams nicht nur technisch, sondern auch mental mittragen. Digitalisierung bedeutet nicht nur Software und Hardware, sondern auch klare Rollenverteilungen, Schulungszyklen, Alarmpläne und Zuständigkeiten für Vorfälle, deren Eintritt nicht mehr ausgeschlossen, sondern vorausgesetzt werden muss. Der Glaube, man sei „zu klein“, um Ziel eines gezielten Angriffs zu sein, ist gefährlich. Gerade in vernetzten Systemen reicht ein Schwachpunkt – und der kann überall liegen. Auch im Botendienst, am Kassenplatz oder in der Rezeptur.

Dass die EPA selbst einen hohen regulatorischen Schutzrahmen bietet, ist unbestritten. Doch Schutz entsteht nicht durch Vorschriften allein. Er entsteht durch das Zusammenspiel aus Vorsorge, Aufklärung und Absicherung – auch durch Versicherungen, die mehr sind als Pflichtpolicen, sondern Teil einer Gesamtstrategie. Wer diese Verantwortung nicht übernimmt, handelt fahrlässig – und überlässt Patientinnen und Patienten einem System, das zwar digital vernetzt, aber unter Umständen analog scheitert. Apotheken sind gefordert, nicht nur Medikamente, sondern auch Sicherheit mit auszuliefern.

Abnehmen im Kindesalter, Verantwortung in der Debatte, Ethik in der Spritze

Warum Saxenda für Sechsjährige zugelassen werden soll und was wir wirklich diskutieren müssen

Noch ist nichts endgültig entschieden, aber mit der jüngsten Zulassungsempfehlung der EMA steht ein Paradigmenwechsel kurz bevor: Saxenda®, das Liraglutid-Präparat von Novo Nordisk, soll künftig auch bei Kindern im Alter von sechs bis elf Jahren mit Adipositas eingesetzt werden dürfen. Es wäre die erste GLP-1-basierten Injektionstherapie, die explizit für diese Altersgruppe zugelassen ist – und damit eine medizinische Antwort auf ein wachsendes gesellschaftliches Problem, das längst nicht mehr nur mit Ernährung und Bewegung allein erklärbar ist. Was sich hier abzeichnet, ist eine medizinethische Zäsur, die auf vielen Ebenen verhandelt werden muss: klinisch, regulatorisch, sozial und symbolisch.

Adipositas im Kindesalter ist längst keine Randerscheinung mehr. Nach Daten des Robert-Koch-Instituts gelten in Deutschland etwa zwei Millionen Kinder als übergewichtig, 800.000 davon als adipös. Wer heute die schulmedizinische Diagnose Adipositas stellt, muss nicht mehr lange nach Ursachen fahnden – die multifaktoriellen Gründe sind seit Jahren bekannt: ein Zuviel an Kalorien, ein Zuwenig an Bewegung, strukturelle Ernährungslosigkeit, sozioökonomische Belastungen, genetische Prädispositionen und digitale Freizeitwelten, die das Sofa attraktiver erscheinen lassen als den Spielplatz. Doch was folgt daraus? Reicht Aufklärung? Reicht Intervention? Reicht überhaupt noch irgendetwas ohne pharmakologische Unterstützung?

Die Zulassungserweiterung für Liraglutid rührt genau an diesen Punkt. Ursprünglich als Antidiabetikum zur Behandlung des Typ-2-Diabetes entwickelt, wurde der GLP-1-Agonist 2016 unter dem Handelsnamen Saxenda® zur Gewichtsregulation bei Erwachsenen mit Adipositas zugelassen – unabhängig von einer Diabetesdiagnose. Schon damals war die mediale und gesellschaftliche Debatte lebhaft. Seit 2021 ist die Anwendung auch bei Jugendlichen zwischen zwölf und siebzehn Jahren erlaubt, nun folgt der nächste Schritt: eine Ausweitung auf Kinder ab sechs Jahren. Die EMA stützt sich dabei auf Studiendaten, die vergleichbare Sicherheits- und Wirksamkeitsprofile wie bei älteren Gruppen nahelegen. Nebenwirkungen wie Übelkeit oder Durchfall seien beherrschbar, das Gewicht lasse sich signifikant reduzieren – sofern die Adhärenz stimme und die Therapie korrekt begleitet werde.

Doch was bedeutet „korrekt begleitet“ bei einem sechsjährigen Kind? Wer übernimmt die Entscheidung, ob ein junger Mensch in einem empfindlichen Entwicklungsfenster wöchentlich injiziert werden soll, um Gewicht zu verlieren? Die Zulassungskriterien erscheinen klar und zugleich anspruchsvoll: Ein BMI oberhalb der 95. Perzentile im Vergleich zu Gleichaltrigen, kombiniert mit einem Körpergewicht von mindestens 45 Kilogramm. Ein durchschnittliches Kind in diesem Alter wiegt hingegen nur rund 20 Kilogramm. Das heißt: Nur besonders schwer adipöse Kinder kommen überhaupt in Frage. Doch damit beginnt die Grauzone erst.

Die potenzielle Expansion des Einsatzbereichs von GLP-1-Analoga bei Kindern wird auch zur Projektionsfläche grundsätzlicher Fragen: Was ist noch Prävention, was bereits Medikalisierung des kindlichen Körpers? Welche Rolle spielt die Verantwortung der Eltern, welche Verantwortung trägt das System? Wer profitiert, wer verliert? Dass Novo Nordisk als Marktführer seine Pipeline konsequent nach unten erweitert, ist betriebswirtschaftlich plausibel – aber damit wird die kindliche Adipositas vom gesamtgesellschaftlichen Problem zum individuellen Therapiefall im Arztzimmer. Der Schritt birgt auch die Gefahr, dass strukturelle Ursachen – schlechte Ernährung in Schulmensen, inadäquate Bewegungsangebote, überforderte Familien – weniger Beachtung finden, weil es nun einen Wirkstoff gibt.

Gerade deshalb betonen medizinische Fachgesellschaften, dass Saxenda® keinesfalls als Ersatz, sondern stets nur als Ergänzung zu Lebensstilinterventionen verordnet werden dürfe. Ernährung, Bewegung, Verhaltenstraining – das bleibt das Fundament. Aber es ist ein Fundament, das bröckelt, wenn Eltern überfordert sind, Schulen keine Ernährungsbildung leisten können und soziale Medien ein verzerrtes Bild von Körpernormen vermitteln. Die Injektion kann dabei helfen, Gewicht zu reduzieren. Doch sie kann keine Familie stabilisieren, keine Kita-Küche reformieren, keine Instagram-Welt korrigieren. Und sie kann vor allem kein Ersatz für eine politische Auseinandersetzung mit den Ursachen sein, die diese Pandemie der Pfunde überhaupt erst hervorgebracht hat.

Wenn die Zulassung erfolgt, wird Saxenda® für eine ganz neue Altersgruppe verfügbar – mit allen medizinischen Chancen, aber auch den politischen, ethischen und sozialen Spannungen, die daraus resultieren. Therapieziel ist eine Reduktion des BMI um mindestens 4 Prozent innerhalb von zwölf Wochen unter maximaler Dosis – sonst soll die Behandlung laut Fachinformation abgebrochen werden. Das klingt kontrolliert, nachvollziehbar, therapeutisch stringent. Aber es bleibt die Frage, ob solche Kontrollmechanismen in der Praxis halten, was sie versprechen – vor allem in einem Lebensabschnitt, in dem Selbstwirksamkeit, Körpergefühl und Ernährungskompetenz noch im Aufbau begriffen sind.

Saxenda für Sechsjährige – das klingt nach medizinischem Fortschritt und nach einem dramatischen Symptom zugleich. Denn wer an einem Punkt angelangt ist, an dem Grundschulkinder Spritzen brauchen, um Gewicht zu verlieren, darf sich nicht nur auf die Wirkung der Ampulle verlassen. Dann geht es um mehr als Arzneimittel – es geht um Verantwortung: individuell, familiär, institutionell und gesellschaftlich. Die Zulassung mag ein neues Kapitel der Adipositastherapie aufschlagen. Aber sie darf nicht die letzte Seite eines politischen Kapitels sein, das noch geschrieben werden muss.

Nicht zufällig fordern Experten parallel zur medizinischen Erweiterung endlich spürbare politische Reformen: gesetzlich verbindliche Lebensmittelkennzeichnungen, ein umfassendes Werbeverbot für Junkfood in Formaten mit Kinderschwerpunkt, eine institutionalisierte Vermittlung von Ernährungskompetenz in Kitas und Grundschulen. Ohne diese flankierenden Maßnahmen besteht die Gefahr, dass eine eigentlich therapeutisch sinnvolle Option zur Alibistrategie wird – mit dem bequemen Nebeneffekt, die eigentlichen Ursachen im Dunkeln zu lassen.

Politik hört zu, Apotheken klagen, Existenz wankt

Was Ebmeyers Besuch in Enger zeigt – und was Betreiber jetzt absichern müssen

Wenn ein Bundestagsabgeordneter eine Apotheke besucht, dann ist das häufig mehr als symbolische Geste – es ist ein seltenes Fenster für Klartext. Joachim Ebmeyer (CDU) hat dieses Fenster in Enger genutzt, um sich von Jens Kosmiky, Inhaber der Mühlen-Apotheke und Vorstandsmitglied im Apothekerverband Westfalen-Lippe, erklären zu lassen, was viele politischen Entscheidungsträger noch immer zu ignorieren scheinen: Das Apothekensterben ist kein abstrakter Prozess, sondern ein konkreter Rückbau der gesundheitlichen Infrastruktur vor Ort. Ebmeyers Formulierung, Apotheken seien „unabdingbar“, mag wie eine Selbstverständlichkeit klingen, ist aber in der aktuellen Situation eine politische Festlegung mit Sprengkraft – insbesondere, wenn sie aus dem Mund eines Regierungsvertreters stammt.

Denn wie Kosmiky klarstellt, ist der Hauptgrund für das Sterben der Apotheken seit Jahren dieselbe strukturelle Schieflage: die chronische Unterfinanzierung. Staatlich gedeckelt, jahrzehntelang nicht angepasst und inzwischen von Inflation, Personalkosten und Betriebsausgaben überrollt, ist das Fixum der größte Kostenverursacher im System – nicht für die Krankenkassen, sondern für die Apotheken selbst. Jeder Notdienst, jede Rezeptbelieferung, jedes Beratungsgespräch wird zur Gratwanderung zwischen Pflichtgefühl und wirtschaftlicher Selbstgefährdung. Dass inzwischen sieben Prozent der Betriebe defizitär arbeiten und ein Viertel als „stark gefährdet“ gilt, ist eine Entwicklung, die nicht mehr mit strukturellem Optimismus oder einem bloßen Bürokratieabbau eingefangen werden kann. Es geht um die Existenz der wohnortnahen Arzneimittelversorgung.

Der politische Kontext, den Ebmeyer anzusprechen versucht – Koalitionsverantwortung, Bürokratieentlastung, Fachkräftemangel – greift zwar an mehreren sinnvollen Punkten an, bleibt aber im Handlungskorridor der Zeitverzögerung stecken. Die Apotheken brauchen keine wohlmeinenden Besuche, sondern Entscheidungen mit fiskalischem Effekt. Was Kosmiky vorschlägt, ist kein Wunschzettel, sondern eine Sofortmaßnahme: eine Honorarerhöhung, bevor weitere Apotheken schließen – nicht danach. Der Unterschied liegt im Vorzeichen der politischen Steuerung: Reagieren oder gestalten.

Für Apothekenbetreiber ergibt sich daraus eine doppelte Verantwortung: Sie müssen ihren wirtschaftlichen Status nicht nur stabilisieren, sondern auch gegenüber Politik, Verbänden und Öffentlichkeit deutlich machen, dass das Geschäftsmodell „Apotheke“ nicht mehr im Hintergrundrauschen funktioniert. Standortanalysen, betriebswirtschaftliche Frühwarnsysteme, gezielte Rücklagenbildung und Versicherungsprüfungen sind ebenso unerlässlich wie eine strategische Positionierung als Versorgungsakteur – nicht als Kostenträger dritter Ordnung. Wer heute eine Apotheke führt, betreibt nicht mehr nur Gesundheitsversorgung, sondern auch politische Aufklärung.

Wer nicht aktiv kommuniziert, wird passiv verwaltet – und droht im nächsten Strukturgutachten als überflüssige Kapazität zu erscheinen. Insofern ist jeder Austausch mit der Politik, wie der Besuch von Ebmeyer in Enger, auch ein Prüfstein: Wer überzeugt, kann Gestaltung einfordern. Wer schweigt, wird umgestaltet. In Zeiten strukturellen Apothekensterbens reicht es nicht, „da zu sein“. Entscheidend ist, was man tut, um bleiben zu dürfen.

Warken übernimmt, Strukturen bleiben, Gleichstellung stagniert

Wie die neue Frauen-Union-Vorsitzende antritt, während Männergremien Macht behalten und Reformen im System versanden

Mit der Wahl von Nina Warken zur Vorsitzenden der Frauen-Union der CDU wird ein Wechsel vollzogen, der oberflächlich einen Aufbruch signalisiert, in der Tiefe jedoch die strukturellen Grenzen weiblicher Wirksamkeit in der Partei offenlegt. Die 46-jährige Bundesgesundheitsministerin setzte sich beim Bundesdelegiertentag in Reutlingen mit 62,1 Prozent der Stimmen gegen Ina Scharrenbach durch – ein klarer Sieg in einer Kampfabstimmung, der aber weniger von innerparteilicher Einigkeit als von der Notwendigkeit kündet, dass Frauen in der CDU ihre Führungsansprüche nach wie vor gegeneinander durchsetzen müssen, weil systemisch kaum Raum für mehrere Spitzenfiguren gleichzeitig existiert.

Die neue Vorsitzende übernimmt das Amt von Annette Widmann-Mauz, die nach zehn Jahren nicht erneut kandidierte – und dabei mit bemerkenswerter Offenheit auf die Defizite der Partei hinwies. In ihrer Abschiedsrede beklagte sie, dass entscheidende Gremien der CDU weiterhin von Männern dominiert werden. Nur vier der zwanzig Mitglieder im geschäftsführenden Fraktionsvorstand sind weiblich, und von 23 Arbeitsgruppen im Bundestag werden lediglich vier von Frauen geführt. Der Frauenanteil im Parteipräsidium liegt bei 44 Prozent, doch dort, wo politische Richtungsentscheidungen getroffen werden – im Koalitionsausschuss, im Kanzleramt, in den zentralen Ministerien – dominieren weiterhin Männer. Selbst im engsten Führungskreis um Kanzler Friedrich Merz ist keine Frau vertreten.

Diese Realitäten kontrastieren scharf mit den öffentlichen Bekenntnissen zur Gleichstellung und der programmatischen Ausrichtung der Frauen-Union. Warken selbst betonte in ihrer Antrittsrede, dass mehr weibliche Perspektiven in der Politik notwendig seien, und forderte, die Frauen-Union als aktive Kraft im politischen Geschehen zu positionieren. Doch dass sie als Bundesministerin zusätzlich das Amt der Vorsitzenden übernimmt, wirft zugleich Fragen nach der strukturellen Doppelbelastung auf. Es ist kaum vorstellbar, dass sie parallel weiterhin als Generalsekretärin der CDU Baden-Württemberg den Landtagswahlkampf 2026 führen kann – und genau darin zeigt sich die systemische Engführung: Frauen, die aufsteigen, übernehmen häufig nicht eine, sondern mehrere zentrale Funktionen – nicht weil es effizient ist, sondern weil die Öffnung institutioneller Räume ausbleibt.

Der Wahlkampf war kein Signal der Einheit, sondern eine Demonstration parteiinterner Engstellen. Während Männer in der CDU Macht untereinander aufteilen, müssen Frauen sie gegeneinander erkämpfen. Die Rede von Bundesfamilienministerin Karin Prien verdeutlichte, dass es der Partei nicht an qualifizierten Frauen mangelt – sondern an einer Struktur, die deren Aufstieg fördert, statt ihn zu verwalten. Dass Warken sich in einem traditionsreichen Verband wie der Frauen-Union durchsetzt, ist Ausdruck ihrer persönlichen Durchsetzungskraft. Doch es bleibt zweifelhaft, ob dieser Erfolg systemisch etwas verändert, solange die Gremien, in denen Politik tatsächlich gestaltet wird, nahezu ausnahmslos männlich bleiben.

Warken übernimmt ein politisches Amt mit Prestige, Einfluss und Symbolkraft – doch ihre Wirksamkeit wird sich nicht allein an ihrer Rhetorik messen lassen, sondern an der Bereitschaft der CDU, die internen Machtverhältnisse substanziell zu verändern. Solange strategische Ministerien, der Koalitionsausschuss und der Kanzlerkreis Frauen ausklammern, bleibt die Gleichstellung ein Projekt mit Schönwetterstrategie, aber ohne strukturelle Bodenhaftung. Die Frauen-Union ist modern in ihrer Außendarstellung, kampagnenfähig in sozialen Medien und thematisch anschlussfähig – doch was fehlt, ist die Übertragung dieser Wirksamkeit in parteiinterne Entscheidungen.

Warken will die Frauen-Union aus der Rolle der Kommentatorin in die Rolle der Mitgestalterin führen. Doch der Preis dafür ist hoch, wenn zugleich Generalsekretariat, Bundesministerium und Vorsitzende eines der größten CDU-Verbände in Personalunion geführt werden sollen. Diese Verdichtung weiblicher Verantwortung ist nicht Ausdruck von Stärke, sondern Resultat begrenzter struktureller Offenheit. Es gibt in der CDU keine Redundanz weiblicher Macht – sie ist singularisiert, überfrachtet, oft auf symbolische Repräsentanz reduziert. Dass Warken nun als Stimme der weiblichen Basis antritt, ist daher ein Kraftakt, der weit über ihren persönlichen politischen Stil hinausgeht.

Die CDU kann sich nicht länger mit formaler Repräsentation zufriedengeben. Die Zahl weiblicher Mitglieder, die mediale Sichtbarkeit einzelner Ministerinnen und die Berufung in Parteivorstände sind keine Erfolgskennzahlen, solange der Zugang zu echten Entscheidungsräumen Männern vorbehalten bleibt. Der Satz von Widmann-Mauz, die Frauen-Union sei „keine Groopie-Truppe männlicher Polit-Stars“, war kein Bonmot, sondern eine Feststellung. In einer Partei, in der Macht weiterhin als Ressource unter Männern verstanden wird, muss jede Frau mit politischem Gestaltungsanspruch zugleich Kämpferin gegen das System sein, dem sie angehört.

Was Warken gelingt, hängt deshalb weniger von ihrem Willen zur Veränderung ab – der ist zweifellos vorhanden –, sondern von der Frage, ob die CDU bereit ist, das Machtgefüge zu durchbrechen, statt es durch symbolische Personalien zu stabilisieren. Ohne diese Bereitschaft wird auch der jüngste Führungswechsel zur Episode, nicht zum Wendepunkt.

Vergütung wird freigegeben, Verantwortung bleibt offen, Struktur gerät ins Wanken

Warum die Entbudgetierung der Hausärzte neue Risiken schafft, gesetzliche Lücken offenbart und die Versorgung trotzdem auf der Kippe steht

Als der Erweiterte Bewertungsausschuss am Dienstag das Verfahren zur Entbudgetierung der hausärztlichen Leistungen beschloss, schien das politische Versprechen einer langfristig stabileren und faireren Vergütung in der ambulanten Medizin endlich eingelöst – doch der vermeintliche Systemwechsel offenbart bei näherem Hinsehen nicht nur Regelungslücken, sondern gefährliche Zielkonflikte. Zwar dürfen Hausärztinnen und Hausärzte ab Oktober sämtliche Leistungen aus dem EBM-Kapitel 3 einschließlich der Hausbesuche außerhalb des Budgets abrechnen und damit ohne Mengenbegrenzung zur Abrechnung bringen, doch bleibt die Finanzierung dieser Freistellung ebenso unvollständig geklärt wie ihre strukturellen Folgekosten. Was nach Entlastung klingt, wird im Versorgungsalltag schnell zur Belastungsprobe: Denn der neu geschaffene Honorartopf – die sogenannte Hausarzt-MGV – speist sich lediglich aus Umschichtungen innerhalb der bisherigen morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV), die in Summe nicht erhöht wird. Die Folge: Sollten die zur Verfügung stehenden Mittel nicht ausreichen, haften die Kassen zwar nach dem neuen Modell für Ausgleichszahlungen – doch deren Verrechnung mit Unterschreitungen aus Vorquartalen birgt neue bürokratische Komplikationen und letztlich Unsicherheit für die Planbarkeit in den Praxen. Dass die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) dennoch von einem „dringend notwendigen Schritt“ spricht, ist weniger Ausdruck der Zufriedenheit als vielmehr ein Eingeständnis der politischen Notwendigkeit, überhaupt noch handlungsfähig zu erscheinen – während gleichzeitig in anderen Bereichen das Fundament der Versorgung weiter bröckelt.

Denn die Entbudgetierung der hausärztlichen Versorgung mag in der Symbolik ein Paradigmenwechsel sein, rechtlich jedoch bleibt sie ein Torso. Die drängende Frage, wie strukturstabilisierende Maßnahmen wie Eigeneinrichtungen, Sonderzulassungen, Terminservicestellen oder Nachwuchsförderung in Zukunft finanziert werden sollen, beantwortet das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) nicht – eine Leerstelle, die selbst der Erweiterte Bewertungsausschuss kritisierte, aber in der gegenwärtigen Systematik nicht zu korrigieren vermochte. Die gesetzliche Pflicht zur Sicherstellung der ambulanten Versorgung bleibt also bestehen, ihre finanzielle Absicherung indes wird zur politischen Unwägbarkeit. Besonders brisant: Die gesetzlichen Krankenkassen fordern laut KBV, diese Maßnahmen künftig aus dem Honorartopf der Hausärzte selbst zu bestreiten – also durch einen gezielten Abzug. Diese Logik der Selbstbeteiligung bei Systempflichten ist nicht nur strukturell absurd, sondern gefährdet das ohnehin fragile Gleichgewicht zwischen individueller Berufsausübung und kollektiver Versorgungsverantwortung. In einer Phase, in der über 5.000 Hausarztsitze unbesetzt sind, die Landarztquote kaum greift und viele niedergelassene Kolleginnen und Kollegen den Berufsalltag als Kampf gegen administrative Überforderung empfinden, erscheint jede weitere Belastung als Brandbeschleuniger eines schleichenden Systemversagens.

Die Verhandlungen zur sogenannten Vorhaltepauschale, die am selben Tag zwischen KBV und GKV-Spitzenverband geführt wurden, sollen derweil eine neue Dynamik bringen. Auf Basis des GVSG verhandeln beide Seiten über eine garantierte Grundvergütung für hausärztliche Strukturen, wobei Eckpunkte zur stufenweisen Einführung – einer sogenannten Konvergenzphase – bereits abgestimmt wurden. Doch auch hier bleibt unklar, wie sich dies konkret auf die Honorarsituation auswirkt und wie stark die neuen Anforderungen zur „Strukturpräsenz“ in der Fläche sein werden. Ein Hoffnungsschimmer liegt in der geplanten Bildung eines Strukturfonds durch die Kassenärztlichen Vereinigungen, der durch Mittel in Höhe von mindestens 0,1 und höchstens 0,2 Prozent der MGV gespeist werden soll – wobei die Krankenkassen gesetzlich verpflichtet sind, eine gleichhohe Summe beizusteuern. Damit könnten gezielt Maßnahmen zur Praxisübernahme, Ausbildung, Stipendienvergabe oder Sonderzulassungen finanziert werden – aber auch hier gilt: Der Fonds ist eine Reaktion auf Regelungslücken, nicht deren vorausschauende Vermeidung. Der Staat organisiert Defizite, statt funktionale Stabilität zu sichern.

Deutlich wird in dieser Gemengelage ein Grundproblem der gegenwärtigen Gesundheitspolitik: Sie erzeugt Symbolwirkungen, wo es langfristiger Planung bedarf, und erwartet Anpassungsfähigkeit, wo Überforderung längst Realität ist. Die Entbudgetierung der hausärztlichen Versorgung mag als Einzelfall politisch verkaufbar sein, aber sie droht, ein Fragment ohne verbindende Struktur zu bleiben – mit riskanten Nebenwirkungen für jene, die sie eigentlich entlasten soll. Ein funktionierendes Primärarztsystem braucht nicht nur leistungsgerechte Honorierung, sondern auch Rechtssicherheit, Integrität der Sicherstellungsmechanismen und ein Gesamtgefüge, das Vertrauen in langfristige Rahmenbedingungen ermöglicht. Derzeit jedoch agiert die Politik wie ein Architekt ohne Statiker: Sie beschließt Stockwerke, ohne das Fundament zu prüfen – und lässt jene im Unklaren, die das Gebäude tragen sollen.

Kassen brechen ein, Politik schweigt, Apotheken rechnen neu

Was Betreiber jetzt absichern müssen, wenn das System nicht mehr trägt

Der aktuelle Zustand der gesetzlichen Krankenversicherung ist mehr als ein Defizit in Milliardenhöhe – er ist ein Symptom struktureller Überforderung, politischer Konzeptlosigkeit und bürokratischer Selbstfesselung. Was als temporärer Finanzbedarf deklariert wird, offenbart in Wahrheit die Auszehrung eines Systems, das seit Jahren nicht mehr reformiert, sondern nur noch verwaltet wird. Für Apotheken ist diese Gemengelage toxisch – nicht nur wegen offener Rechnungen oder Kürzungspläne, sondern weil sie in einem System operieren müssen, das seine eigene Funktionsfähigkeit nicht mehr garantieren kann.

Apotheken sind nicht nur Leistungserbringer, sondern systemische Interpreten eines dysfunktionalen Verwaltungsapparats. Sie stehen am Ende einer Kette von Verordnungen, Verträgen und Verpflichtungen, die sich zunehmend entkoppelt haben von realer Versorgung, wirtschaftlicher Nachhaltigkeit und sozialer Verantwortung. Wenn Krankenkassen in Finanznot geraten, betrifft das nicht nur ihre Liquidität, sondern ihre Haltung: Die Prüfung wird härter, die Abrechnung schleppender, die Retaxation aggressiver. Für Betreiber ist das eine Realität, die nicht nur operative Prozesse bedroht, sondern die gesamte unternehmerische Planbarkeit aushebelt.

Die Ursache liegt tiefer. Schon vor der Pandemie war klar, dass das beitragsfinanzierte Umlagesystem an seine Grenzen stößt. Die demografische Verschiebung, die Zunahme chronischer Erkrankungen, die Medikalisierung sozialer Problemlagen – all das erzeugt einen Wachstumsdruck auf der Ausgabenseite, dem auf Einnahmenseite kein adäquates Gegengewicht gegenübersteht. Dass der Bundeszuschuss zur GKV seit Jahren stagnierte, obwohl die Aufgaben zunahmen, war keine Unachtsamkeit, sondern politisches Kalkül. In Wahrheit war das System nie krisenfest – nur krisenignorant.

Für Apotheken zeigt sich das im Alltag auf mehreren Ebenen: Zahlungsverzögerungen seitens der Kassen, unklare Genehmigungspraxis bei hochpreisigen Arzneimitteln, zunehmende Retaxrisiken durch Formfehler, absurde Ausschreibungslogik bei Hilfsmitteln, und zuletzt die Einbeziehung pharmazeutischer Dienstleistungen in ein Budgetregime, das weder Sicherheit noch Berechenbarkeit bietet. Was als „Stärkung“ verkauft wurde, ist in der Praxis oft ein Rückbau. Selbst einfachste Leistungen wie Medikationsanalysen werden gedeckelt, als handele es sich um Luxusposten.

Betreiber müssen sich daher die unbequeme Frage stellen: Auf welche Einnahmequellen kann ich künftig noch zählen – und welche sind politisch oder administrativ jederzeit zu gefährden? Der Rückzug auf das Kerngeschäft allein ist keine Lösung mehr, denn auch die klassischen Rezeptumsätze stehen unter strukturellem Beschuss. Lieferengpässe, Generikapreisverfall, Rabattvertragsrisiken – all das erzeugt eine Situation, in der selbst bei hoher Nachfrage die Marge schwindet. Gleichzeitig steigen die Kosten: Personal, Energie, Sicherheitsmaßnahmen – jede dieser Linien belastet die Betriebskostenrechnung, ohne dass die GKV-Logik darauf reagiert.

Besonders perfide: Die politischen Narrative verstellen den Blick auf diese realen Schieflagen. Wer im Ministerium vom „Versorgungsauftrag“ spricht, meint nicht automatisch auskömmliche Finanzierung. Wer „digitale Effizienz“ fordert, meint nicht zwingend stabile Schnittstellen oder abrechnungsfähige Innovationen. Es entsteht eine Art von Doppelsprache, in der Apotheken zwischen dem Anspruch, systemrelevant zu sein, und der Realität, systematisch übersehen zu werden, zerrieben werden.

Der aktuelle „Konzept-Kater“ der GKV-Politik – also das Ausbleiben struktureller Reformideen trotz wachsender Systembelastung – bedeutet für Apothekenbetriebe konkret: Der Wartesaalmodus wird zum Normalzustand. Doch wer wartet, verliert. Weder die nächste Honorarreform noch eine spontane Einsicht auf Seiten der Politik wird die wirtschaftliche Unsicherheit kurzfristig auflösen. Betreiber müssen proaktiv Strategien entwickeln, die nicht nur auf Effizienz setzen, sondern auf Resilienz: Versicherungen gegen Retax- und Haftungsrisiken, Liquiditätsreserven für Ausfälle, digitale Backupstrukturen, personelle Redundanzen, juristische Expertise für Widerspruchsverfahren.

Zugleich verlangt die Situation eine radikale Klarheit im Innenverhältnis: Teamführung unter Unsicherheit, transparente Kommunikation über wirtschaftliche Grenzen, klare Verantwortungsdefinition bei Fehlentscheidungen – all das sind Bausteine einer Führungsstruktur, die nicht nur reagiert, sondern gestaltet. Wer sich dieser Realität nicht stellt, wird von ihr überholt.

Was Apothekenbetreiber jetzt verstehen müssen: Die Krise der GKV ist keine vorübergehende Störung, sondern ein Signal. Ein Signal dafür, dass das System nicht mehr aus sich heraus tragfähig ist – und dass das unternehmerische Handeln in der Apotheke längst nicht mehr nur medizinischer oder betriebswirtschaftlicher, sondern systemischer Natur ist. Wer weiter auf politisches Wohlwollen oder stabile Einnahmen aus dem Kassensystem setzt, kalkuliert mit Phantomgrößen. Die neue Realität ist ein Dauerzustand der Unsicherheit – und dieser verlangt neue Kompetenzen, neue Sicherheiten, neue Perspektiven.

Preislogik neu denken, Versorgung sichern, Verantwortung steuern

Was das SVR-Gutachten zum Arzneimittelmarkt auslöst – und warum seine Vorschläge das System verändern könnten

Was als akademisches Impulspapier beginnt, kann binnen Wochen die Regeln des Pharmamarktes verändern – zumindest dann, wenn der Sachverständigenrat für Gesundheit und Pflege seine Vorschläge nicht nur adressiert, sondern in politische Verfahren einspeist, die schon länger auf Input warten. Mit seinem jüngsten Gutachten zur Preisregulierung von Arzneimitteln wagt sich das Gremium an ein Nervenzentrum der Gesundheitspolitik: die Finanzierbarkeit des medizinischen Fortschritts. Dass Krankenkassenvertreter das Papier bereits am Tag der Veröffentlichung als überfällig bezeichnen, zeigt die Brisanz. Zugleich warnen Hersteller vor der Implosion eines Systems, das auf Forschung, Innovation und Standortbindung angewiesen ist. Der Streit um den richtigen Preis ist damit wieder ein Streit um das richtige System geworden.

Im Zentrum des Gutachtens steht die Forderung nach einem Paradigmenwechsel: Weg von der passiven Preisakzeptanz, hin zu einer aktiven Steuerung der Arzneimittelausgaben durch Budgetdeckel, Nutzenkoppelung und Verhandlungsmacht. Der SVR schlägt vor, dass künftig für hochpreisige Medikamente striktere Preisobergrenzen eingeführt werden – flankiert von einem klar gestärkten Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA), der in den Erstattungsverhandlungen mehr Druckmittel erhält. Was technokratisch klingt, läuft politisch auf eine Machtverschiebung hinaus. Der GBA, bislang ein regelsetzendes Gremium mit begrenztem Hebel, soll zur zentralen Instanz für wirtschaftliche Rationalität aufsteigen. Für die Hersteller bedeutet das: keine Garantie mehr, dass ein neues Arzneimittel automatisch zu Preisen eingeführt werden darf, die lediglich durch Innovationsbehauptungen legitimiert sind.

Besonders die geplante Budgetierung weckt Erinnerungen an das Krankenhausbudget – mit allen Licht- und Schattenseiten. Während Krankenkassenvertreter wie Jens Martin Hoyer (AOK) die Idee als »dringend notwendig« begrüßen, warnen Vertreter der Industrie vor einem Rückfall in Planwirtschaft. Die Rede ist von »Investitionsbremse« und »Standortrisiko«, von schwindender Planungssicherheit und Innovationsfeindlichkeit. Doch das Gutachten ist in seiner Diagnose präzise: Es benennt nicht nur die Preissteigerungen der letzten Jahre, sondern verweist auf systematische Defizite im Umgang mit therapeutischem Fortschritt. Zu oft würden Preise nicht am realen Zusatznutzen gemessen, sondern an weltweiten Referenzwerten, die in sich selbst eskalieren.

Die neue Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) hat das Gutachten persönlich entgegengenommen und versprochen, die Empfehlungen sorgfältig zu prüfen. Ihr Ministerium, ohnehin gefordert durch GKV-Finanznöte, Lieferengpässe und Investitionsstaus in der Digitalisierung, könnte den Druck nutzen, um mit den Vorschlägen des SVR in die Offensive zu gehen. Dabei muss sie allerdings ein sensibles Gleichgewicht wahren. Denn der Applaus der Krankenkassen ist nur die eine Seite. Die andere sind drohende Verfassungsklagen, internationale Vertragsverletzungsverfahren und nicht zuletzt ein wachsendes Misstrauen jener Branchenakteure, die sich als systemrelevant verstehen, aber zugleich immer öfter in Erklärungsnot geraten, wenn es um ihre Preisforderungen geht.

Dass die pharmazeutische Industrie sich in die Defensive gedrängt sieht, hat nicht nur mit dem Inhalt des Gutachtens zu tun, sondern auch mit der veränderten Tonlage in der Gesundheitspolitik. Während in den letzten Legislaturperioden häufig das Innovationsversprechen als Totschlagargument für hohe Preise genügte, steht nun der Nutzenbeweis im Vordergrund. Der Ruf nach evidenzbasierter Preisbildung ist kein technischer Wunsch, sondern Ausdruck eines neuen Realismus. Wenn Anne-Kathrin Klemm vom BKK-Dachverband fordert, »Transparenz, Zusatznutzen und Fairness« zur Grundlage künftiger Erstattungsentscheidungen zu machen, bringt sie auf den Punkt, was viele lange dachten, aber kaum öffentlich formulierten: Der Markt ist keine Blackbox mehr.

Doch so nachvollziehbar die Forderungen nach Preisdisziplin erscheinen – sie kommen nicht ohne Risiko. Eine falsch austarierte Budgetierung, ein überlasteter GBA oder eine Überregulierung können ebenso zur Versorgungskrise führen wie ausufernde Preisforderungen. Auch ist fraglich, wie schnell und rechtssicher sich die Vorschläge umsetzen lassen. Der politische Diskurs muss also zwischen Reformbedarf und Verhältnismäßigkeit vermitteln. Denn das Gesundheitssystem kann sich weder unbezahlbare Therapien leisten noch ein Klima, in dem Innovation durch Misstrauen erstickt wird. Entscheidend wird sein, ob es gelingt, die Vorschläge des SVR nicht als Sparkompendium, sondern als Strukturvorschlag für ein gerechtes Preisregime zu verstehen. Das aber verlangt politische Reife – und eine sektorübergreifende Verständigung darüber, was Versorgung im 21. Jahrhundert kosten darf und muss.

Individuelle Krebsimpfung startet, Immuntherapie wird personalisiert, Studienstrategie zielt auf Rückfallrisiko

Moderna und MSD testen mRNA-4157 bei NSCLC – und verändern die Systemlogik postoperativer Versorgung

Wenn Moderna und MSD gemeinsam ein onkologisches Entwicklungsprogramm in die finale Studienphase führen, bewegt sich die Aufmerksamkeit der Fachwelt fast zwangsläufig auf ein neues Niveau. Mit dem Start der Phase-III-Studie „INTerpath-009“ geht es nun um nichts Geringeres als die therapeutische Bewährungsprobe eines vollständig individualisierten, mRNA-basierten Krebsimpfstoffs. Der Kandidat mRNA-4157 (V940) zielt darauf ab, tumorspezifische Neoantigene auf Basis des genetischen Fingerabdrucks jedes einzelnen Patienten zu identifizieren und das Immunsystem über gezielte T-Zell-Reaktionen zur Eliminierung residueller Krebszellen anzuleiten. Die Kombination mit Pembrolizumab (Keytruda®) soll dabei helfen, die körpereigene Immunantwort durch Blockade inhibitorischer Signalwege zusätzlich zu verstärken – ein strategischer Schulterschluss, der das Beste zweier immuntherapeutischer Welten zusammenführt. Dass diese Allianz nun am nicht kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) erprobt wird, ist kein Zufall, sondern Ausdruck eines auf Risiko zugeschnittenen Therapieverständnisses, bei dem klassische Tumorbiologie, molekulare Diagnostik und moderne Studienarchitektur Hand in Hand gehen.

Im Juni beginnt die randomisierte, kontrollierte Studie mit 680 Patientinnen und Patienten in den Stadien II bis IIIB, die trotz neoadjuvanter Chemotherapie und Immuncheckpointblockade keine vollständige Tumorrückbildung erzielt haben. Gerade in dieser onkologischen Grauzone – postoperativ ohne sichtbaren Tumor, aber mit molekularem Restrisiko – zeigt sich, wie relevant personalisierte Strategien zur Eradikation minimaler Residualkrankheit sein können. Der Einsatz von mRNA-4157 bedeutet in diesem Kontext nicht nur eine neue Therapieoption, sondern auch eine neue Art, das biologische Nachspiel einer Tumorresektion klinisch ernst zu nehmen. Die eigentliche Innovation liegt dabei nicht im Medium der mRNA selbst, sondern in der Synthese ihrer Zieldefinition: Die Herstellung individueller Impfchargen, codierend für bis zu 34 Neoantigene pro Patient, markiert den paradigmatischen Wandel von populationsbasierter Therapie zur onkologischen Einzelfallpräzision.

Der Wirkmechanismus der Kombination ist hochgradig integrativ angelegt. Während Pembrolizumab die Immunbremsen löst, schiebt mRNA-4157 die Tumorimmunogenität systematisch an. Beide Elemente greifen ineinander wie Riegel und Schloss – eine Immunantwort zu entfesseln, ohne sie ins Leere laufen zu lassen. In der Phase-II-b-Studie bei Melanompatienten hatte dieses Zusammenspiel bereits eine signifikante Reduktion von Rezidiven und Todesfällen ergeben, was nun bei NSCLC auf eine therapeutisch bedeutsame Reproduzierbarkeit getestet wird. Entscheidend ist dabei die Definition des primären Endpunkts: krankheitsfreies Überleben. Dahinter steht das Ziel, nicht nur Symptome oder Zeiträume zu verwalten, sondern einen tatsächlichen Immunerfolg auf molekularer Ebene messbar zu machen – und damit der Immunonkologie ein valides Evaluationsinstrument zu sichern.

Der Ausschluss von EGFR-mutierten Tumoren, die im klinischen Alltag meist auf gezielte Tyrosinkinaseinhibitoren ansprechen, lenkt die Studienpopulation zudem gezielt auf jene Subgruppe, bei der konventionelle Optionen limitiert sind und immuntherapeutische Strategien bislang weniger Standard als Experiment waren. Die Patienten erhalten entweder mRNA-4157 (1 mg alle drei Wochen, max. neun Dosen) oder ein Placebo – jeweils in Kombination mit Pembrolizumab (400 mg alle sechs Wochen, max. sieben Zyklen). Diese duale Gabe über mehrere Monate eröffnet die Möglichkeit, nicht nur frühe, sondern auch späte immunologische Dynamiken zu erfassen. Die sekundären Endpunkte – Gesamtüberleben, fernmetastasenfreies und lungenkrebsspezifisches Überleben, Sicherheit und Lebensqualität – erweitern den methodischen Radius auf entscheidende Langzeitmarker.

Dass die Studie mit exakter Endpunktdefinition und klaren Einschlusskriterien wie operativ entferntem Tumor, bestätigtem NSCLC ohne EGFR-Mutation und negativem MRT-Befund durchgeführt wird, spricht für die Ernsthaftigkeit des Vorhabens – und gegen jegliche Symbolpolitik in der Krebsforschung. Denn hier geht es nicht um Hoffnungsträger aus dem Reagenzglas, sondern um eine klinische Strategie gegen das rezidivfreie Abtauchen maligner Restzellen. Die sorgfältige Auswahl der Patienten mit sichtbaren Restrisiken, aber klinischer Tumorfreiheit, zeigt: Die Wissenschaft beginnt, Zwischenräume therapeutisch ernst zu nehmen – genau dort, wo die traditionelle Onkologie oft nur abwartet.

Gerade in dieser hochspezialisierten Nische wird deutlich, wie viel Verantwortung eine neue Impfstoffgeneration übernehmen kann. Sie ist nicht Ersatz, sondern Ergänzung, nicht Prävention, sondern therapeutisches Finale – und damit Ausdruck eines Fortschritts, der das Immunsystem nicht belehren, sondern trainieren will. Die Phase-III-Studie markiert damit mehr als einen Schritt im Studiendesign. Sie ist ein klinischer Feldversuch, der die Versprechen der mRNA-Technologie in einen Bereich trägt, der bislang von Rückfällen, Prognoseunschärfen und zähen Überlebenskurven dominiert wurde. Ob der Impfstoff die letzte Lücke in der NSCLC-Versorgung schließen kann, wird sich zeigen. Doch dass sie überhaupt als Lücke anerkannt und gezielt bearbeitet wird, ist schon jetzt ein Fortschritt.

Antibiotika verlieren an Schlagkraft, Resistenzen gewinnen Zeit, Politik muss Versäumnisse korrigieren

Wie Azithromycin zur Gefahr wurde, die EMA reagiert und regulatorische Nachlässigkeit endlich Folgen hat

Azithromycin galt lange als Hoffnungsträger einer rationalisierten Antibiotikatherapie: nur einmal täglich, kurze Behandlungsdauer, gute Gewebeverfügbarkeit. Doch was in der Praxis zur bequemen Lösung wurde, hat sich über die Jahre als strukturelles Risiko entpuppt – nicht nur für den Einzelnen, sondern für die antibiotische Wirksamkeit ganzer Versorgungsregionen. Die Europäische Arzneimittelagentur EMA zieht nun die Notbremse und leitet eine tiefgreifende Einschränkung der Indikationen ein. Damit rückt ein Wirkstoff ins Zentrum gesundheitspolitischer Verantwortung, der bislang mehr durch Verordnungsroutine als durch gezielte Abwägung geprägt war. Und es stellt sich die Frage, warum es erst jetzt zu einem solchen Eingriff kommt, wo die Resistenzentwicklung doch seit Jahren bekannt ist – und wie groß der politische Wille wirklich ist, das Problem der antimikrobiellen Resistenzen nicht länger nur statistisch zu verwalten.

Die EMA kündigt an, in gleich mehreren zentralen Anwendungsbereichen tief in die Fachinformationen einzugreifen. Hintergrund ist die in den vergangenen Jahren signifikant gestiegene Resistenzlage gegenüber Azithromycin. Das Makrolidantibiotikum, das sich aufgrund seiner langen Halbwertszeit – zwischen zwei und vier Tagen – für Kurzzeittherapien eignet, bleibt nach oraler Gabe ungewöhnlich lange im Gewebe nachweisbar. Was pharmakologisch als Vorteil begann, ist mikrobiologisch zur Schwachstelle geworden: Niedrige Substanzkonzentrationen im Übergangsbereich zwischen Wirkung und Inaktivität fördern die Selektion resistenter Erreger. Dass die WHO Azithromycin in ihrer AWaRe-Klassifikation bereits in die „Watch“-Kategorie eingestuft hat, hätte für sich genommen Anlass genug sein müssen, europaweit gegenzusteuern. Doch während die Theorie seit Jahren bekannt war, fehlten praktische Konsequenzen auf regulatorischer Ebene. Der nun gestartete Prozess setzt damit nicht nur ein medizinisches Signal, sondern korrigiert auch eine jahrelange Untätigkeit.

Die neuen Maßnahmen gehen über reine Risikohinweise hinaus. So sollen gleich mehrere bisherige Indikationen vollständig gestrichen werden, darunter die Anwendung bei mittelschwerer Akne vulgaris – eine Entscheidung, die zeigt, dass selbst in Bereichen mit hoher Leidenslast eine antimikrobielle Rationalität Vorrang bekommt. Auch die bislang zugelassene Azithromycin-Anwendung zur Helicobacter-pylori-Eradikation sowie zur Prävention von Asthma-Exazerbationen fällt künftig weg. Dass diese Eingriffe nicht nur kosmetischer Natur sind, zeigt sich an der breiten Palette weiterer Anwendungsbereiche, bei denen künftig die Dosierungen und Indikationshinweise überarbeitet werden – darunter klassische Atemwegsinfektionen, sexuell übertragbare Erkrankungen, Zahninfektionen sowie die Therapie des Mycobacterium-avium-Komplexes bei HIV-Patienten. Besonders Letzteres verweist auf eine politisch sensible Schnittstelle: Denn dort, wo Hochrisikopatienten auf wenige verbleibende Therapiemöglichkeiten angewiesen sind, treffen Resistenzbedrohung und Versorgungssicherheit unmittelbar aufeinander.

Die Rückmeldung, dass Azithromycin in der EU sowohl bei Erwachsenen als auch Kindern in großem Umfang verordnet wird, entlarvt die gängige Praxis: Trotz „Watch“-Kategorisierung zirkuliert der Wirkstoff breitflächig in der Primärversorgung. Gerade weil seine einfache Handhabung – eine Tablette täglich, drei Tage Therapie, keine Notwendigkeit zur engmaschigen Kontrolle – ihn besonders für hektische Praxissituationen attraktiv macht, hat sich über Jahre ein unkritischer Umgang eingeschlichen. Die EMA will dem nun durch eine Harmonisierung sämtlicher Produktinformationen begegnen. Dazu gehören einheitliche Angaben zur Dosierung, zu Neben- und Wechselwirkungen, zu Kontraindikationen sowie klare Hinweise zur Anwendung in Schwangerschaft und Stillzeit. Zukünftig soll jedes Azithromycin-Präparat verpflichtend auf die Resistenzgefahr hinweisen, explizit unter Bezug auf die lange Halbwertszeit und den damit verbundenen „Subtherapiezeitraum“.

Angestoßen wurde die Neubewertung nicht zufällig vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Deutschland, das sich mit der deutschen Antibiotikaresistenzstrategie (DART) seit Jahren profilieren möchte, übernimmt damit eine federführende Rolle im europäischen Arzneimittelmanagement. Zugleich zeigt dieser Vorgang, wie stark die Rolle nationaler Behörden im paneuropäischen Gesundheitsdialog zugenommen hat – insbesondere dort, wo strategische Weichenstellungen auf gemeinsame Datenlagen, aber differenzierte politische Rahmenbedingungen treffen. Denn während die Kommission formal zuständig bleibt, ist der Impuls national motiviert – und der Handlungsdruck real.

Kritisch bleibt dabei, dass sich die Anpassungen in der Praxis nicht automatisch in besserem Verschreibungsverhalten niederschlagen werden. Die regulatorische Neuausrichtung ersetzt keine Schulung, keine interdisziplinäre Beratung, keine Kontrolle des tatsächlichen Einsatzes. Wenn Azithromycin künftig in weniger Indikationen erlaubt ist, aber gleichzeitig als Notfalltherapie bei schwer erreichbaren Patienten weiter kursiert, braucht es klare Leitlinien und begleitende Maßnahmen, um aus regulatorischer Korrektur echte Versorgungspraxis zu machen. Dass dies gelingen kann, zeigt der historische Umgang mit Reserveantibiotika – doch nur, wenn Überwachung, Transparenz und die Einbindung der Ärzteschaft zugleich mitdenken.

Resistenz ist keine Laborkategorie, sondern eine Versorgungsgefahr, deren Ursprung oft im Gewöhnlichen liegt. Azithromycin war ein Mittel des Alltags, ein Helfer für unkomplizierte Fälle. Dass nun die systemische Konsequenz dieser Bequemlichkeit sichtbar wird, ist kein Versagen des Wirkstoffs, sondern der Politik, ihn jahrelang kritiklos passieren zu lassen. Es geht also nicht um ein Antibiotikum, sondern um die Fähigkeit der Gesundheitssysteme, die langfristigen Folgen kurzfristiger Routine zu erkennen – und dann mutig zu handeln.

Sonnenschutz wird vergessen, Risiken werden verdrängt, Kinderhaut wird verbrannt

Warum elterliches Bewusstsein nicht reicht, wenn Routinen fehlen, Prävention scheitert und der Sommer zur Gesundheitsfalle wird

Sonnenschutz beginnt im Kopf, aber dort endet er oft auch. Viele Eltern wissen um die Gefahren ultravioletter Strahlung für die zarte Haut ihrer Kinder, doch zwischen Theorie und Praxis klafft eine Lücke, die sich jedes Jahr auf den Spielplätzen, in Freibädern und an Stränden schmerzhaft bemerkbar macht. Dabei sind die biologischen Voraussetzungen eindeutig: Kinderhaut ist empfindlicher, dünner, durchlässiger – und ihre körpereigenen Schutzmechanismen gegen UV-Strahlen sind noch nicht vollständig ausgebildet. Ein Sonnenbrand ist nicht nur eine kurzfristige Entzündung, sondern ein biologischer Alarm, der Zellkerne beschädigt und langfristig das Risiko für Hautkrebs erhöht. Trotzdem zeigt eine neue Umfrage des IKW: Ein Fünftel der Eltern vergisst häufig, das Kind überhaupt einzucremen, und fast ein Drittel unterlässt es, nach dem Baden oder Toben nachzucremen. Was hier wie Nachlässigkeit klingt, ist in Wahrheit ein gesellschaftliches Muster: Prävention ist unbequem, und solange sie nicht unmittelbar belohnt wird, bleibt sie anfällig für Verdrängung.

Dabei ist das Bewusstsein grundsätzlich vorhanden – rund 80 Prozent der befragten Eltern wissen um die Wichtigkeit des Sonnenschutzes. Aber die Wissensweitergabe von Fachstellen und Gesundheitseinrichtungen allein reicht offensichtlich nicht aus. Denn Wissen, das nicht in Handlung überführt wird, bleibt folgenlos. Dass 42 Prozent der Eltern berichten, ihr Kind habe trotz Sonnenschutz bereits einen Sonnenbrand erlitten, verdeutlicht ein weiteres strukturelles Problem: Die Vorstellung, einmaliges Eincremen reiche aus, ist ebenso weit verbreitet wie falsch. UV-Strahlung ist kein einmaliger Reiz, sondern eine kontinuierliche Belastung – besonders im Wasser, wo die Reflexion die Exposition zusätzlich verstärkt. Und selbst in vermeintlich „sonnenarmen“ Regionen wie Mitteleuropa wird regelmäßig unterschätzt, wie intensiv die Strahlung zwischen Mai und September tatsächlich ist.

Die Empfehlungen der Fachgesellschaften liegen seit Jahren auf dem Tisch. Babys und Kleinkinder sollen in den ersten zwölf Lebensmonaten überhaupt keiner direkten Sonne ausgesetzt werden. Danach gilt es, vor allem in der kritischen Mittagszeit zwischen 11 und 15 Uhr Schatten aufzusuchen und körperbedeckende UV-Kleidung mit einem Schutzfaktor von mindestens UPF 30 zu verwenden. Auch hier zeigt sich jedoch: Kleidung wird zu oft als rein ästhetisches Element verstanden, nicht als medizinisches Schutzinstrument. Die Bereitschaft, in funktionale UV-Kleidung zu investieren, hängt eng mit soziokulturellen Normen und finanziellem Bewusstsein zusammen – ein weißes T-Shirt vom Discounter ersetzt keinen zertifizierten UV-Schutz. Das gleiche gilt für Kopfbedeckungen oder Sonnenbrillen, die aus modischen Gründen verweigert oder vergessen werden. Kinder übernehmen dabei nicht nur Gewohnheiten, sondern auch Prioritäten. Wenn Erwachsene sich achtlos der Sonne aussetzen, wird das Eincremen zur Ausnahmesituation statt zur Routine.

Die strukturelle Herausforderung liegt also weniger in der Wissensvermittlung, sondern in der Handlungsverankerung. Präventionsmaßnahmen müssen in Alltagsroutinen eingebettet werden – wie das tägliche Zähneputzen oder das Anschnallen im Auto. Schulen, Kitas und Betreuungseinrichtungen könnten hier eine Vorbildrolle übernehmen, ebenso wie Kampagnen, die nicht nur warnen, sondern konkret demonstrieren, wie moderner Sonnenschutz funktioniert. Die medizinische Relevanz ist dabei unbestritten: Studien zeigen, dass bis zu 80 Prozent der kumulierten UV-Strahlung im Laufe eines Lebens in der Kindheit aufgenommen werden. Wer also früh schützt, verringert späteres Hautkrebsrisiko messbar.

Dass dennoch fast jede dritte Familie über wiederkehrende Sonnenbrände bei ihren Kindern berichtet, ist ein gesellschaftlicher Befund – und kein individueller Fauxpas. Er verweist auf einen kollektiven Mangel an Priorisierung, auf eine Lücke in der praktischen Gesundheitsbildung, aber auch auf die Unterschätzung von Klimawandel und Strahlungsintensität. Denn Sommer sind heute länger, intensiver und unberechenbarer als noch vor wenigen Jahrzehnten. Wer Kinder auf die Welt bringt, trägt nicht nur für ihre Ernährung, Entwicklung und Bildung Verantwortung, sondern auch für die äußeren Bedingungen, denen ihre Körper täglich ausgesetzt sind. Sonnenschutz ist keine kosmetische Frage – er ist gelebte Fürsorge und Ausdruck vorausschauender Elternschaft. Wenn diese Haltung im Alltag zur Ausnahme wird, dann brennt nicht nur die Haut, sondern auch das Vertrauen in gesundheitliche Selbstverantwortung aus.

Psychostabilität, Essverhalten, Lebensqualität

Was GLP-1-Agonisten über den Körper hinaus verändern können

Es war ein stiller Verdacht, der lange im Raum stand: Können blutzucker- und gewichtsregulierende Medikamente auch auf die Psyche wirken – und wenn ja, in welcher Richtung? Die neuen Daten aus Großbritannien bringen nun mehr Klarheit. Forscherteams vom King’s College London, dem Imperial College, der Universität Edinburgh sowie mehreren NHS Foundation Trusts haben im Fachjournal JAMA Psychiatry eine Metaanalyse publiziert, die den Einfluss von GLP-1-Rezeptoragonisten auf psychiatrische Symptome, kognitive Leistungsfähigkeit und gesundheitsbezogene Lebensqualität systematisch ausgewertet hat. Der Befund ist bemerkenswert – nicht wegen eines spektakulären Effekts, sondern wegen einer bemerkenswerten Absenz: Keine Anzeichen für psychische Gefährdung, keine erhöhte Suizidrate, keine kognitiven Einbußen. Im Gegenteil: Die Lebensqualität steigt signifikant, sowohl körperlich als auch mental.

Diese Erkenntnis basiert auf einem methodisch aufwendigen Review von 80 randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Studien mit insgesamt 107.860 Patientinnen und Patienten. Das Durchschnittsalter lag bei 60 Jahren, rund 40 Prozent der Teilnehmenden waren Frauen. Eingeschlossen wurden nur Studien, die explizit Aussagen zu psychiatrischen Endpunkten, kognitiven Funktionen oder Lebensqualitätsmerkmalen machten. Diese strenge Auswahl verleiht der Analyse besonderes Gewicht – denn der Zusammenhang zwischen Adipositas, Diabetes und psychischer Gesundheit ist vielschichtig, kausal unklar, aber epidemiologisch belegt. Menschen mit Typ-2-Diabetes erkranken fast doppelt so häufig an Depressionen wie die Durchschnittsbevölkerung. Gleichzeitig können depressive Episoden unkontrolliertes Essverhalten fördern, wodurch Übergewicht und Diabetes wiederum verstärkt werden. Dass diese Spirale durchbrochen werden kann, wäre also therapeutisch hochrelevant.

Und genau hier setzen die Ergebnisse an. Die Autoren fanden keinen Hinweis darauf, dass die Behandlung mit einem GLP-1-Agonisten wie Semaglutid (Ozempic®, Wegovy®) oder Liraglutid (Victoza®, Saxenda®) die Wahrscheinlichkeit psychiatrischer Nebenwirkungen erhöht. Das relative Risiko für neuropsychiatrische Auffälligkeiten war unter GLP-1-RAs im Vergleich zu Placebo sogar leicht reduziert – wenn auch nicht statistisch signifikant. Auch depressive Symptome, soweit sie zu Studienbeginn bestanden, zeigten keine systematische Verbesserung oder Verschlechterung. Entscheidender ist jedoch ein anderer Befund: Die berichtete Lebensqualität verbesserte sich bei GLP-1-Nutzern in Bezug auf die mentale Gesundheit, körperliche Belastbarkeit, krankheitsbezogene Einschränkungen sowie die Selbstwahrnehmung beim Essverhalten deutlich. Und diese Effekte waren statistisch signifikant.

Dass sich eine pharmakologische Intervention zur Stoffwechselregulation so konsistent auf subjektives Wohlbefinden auswirkt, ist klinisch und gesundheitspolitisch nicht trivial. Es verweist auf die zentrale Rolle von Selbstwirksamkeitserleben, Körperbild und sozialer Teilhabe in der Bewertung therapeutischer Effekte – ein Aspekt, der in klassischen AMNOG-Nutzenbewertungen oft unterrepräsentiert bleibt. Emotionale Essmuster, also beispielsweise das sogenannte „restrained eating“ (kontrolliertes Essverhalten mit starker gedanklicher Einengung) oder „emotional eating“ (essen bei Stress, Langeweile oder Traurigkeit), besserten sich im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant. Die Betroffenen gewannen also nicht nur metabolisch, sondern auch psychologisch an Spielraum und Lebensfreude.

Diese positiven Resultate erhalten zusätzliches Gewicht vor dem Hintergrund regulatorischer Debatten der vergangenen Jahre. 2023 hatte die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) angekündigt, Hinweise auf mögliche suizidale Gedanken oder selbstverletzendes Verhalten im Zusammenhang mit GLP-1-Analoga wie Semaglutid oder Liraglutid zu prüfen. Der Auslöser war eine Reihe von Fallberichten aus Skandinavien und den USA, bei denen Patienten nach Beginn einer GLP-1-Therapie psychische Krisen erlitten hatten. Auch in der digitalen Patientenberichterstattung via Apps und Health-Portale tauchten derartige Hinweise wiederholt auf. Die EMA reagierte mit einem umfassenden Review, der im April 2024 abgeschlossen wurde – mit dem klaren Ergebnis, dass kein kausaler Zusammenhang zwischen GLP-1-Therapie und suizidalen Gedanken festgestellt werden konnte. Diese Einschätzung wird durch die neue britische Metaanalyse gestützt.

Der psychopharmakologische Befund bleibt damit stabil: GLP-1-Rezeptoragonisten sind metabolisch wirksam, psychiatrisch unauffällig und verbessern Lebensqualität in einem Maß, das über die reine Gewichts- oder Blutzuckerregulation hinausgeht. Aus gesundheitspolitischer Sicht könnte dies die Diskussion über die erweiterte Indikationsstellung weiter befeuern. Schon jetzt wird diskutiert, ob GLP-1-RAs in bestimmten Fällen auch bei Essstörungen, etwa Binge-Eating-Disorder oder Adipositas mit psychischer Komorbidität, gezielt eingesetzt werden könnten. Die Forschung ist hier vorsichtig – aber auch zunehmend interessiert. Denn die Grenze zwischen „Stoffwechselstörung“ und „seelischem Ungleichgewicht“ ist klinisch durchlässiger, als viele Leitlinien nahelegen.

Dass Patientinnen und Patienten von der Therapie nicht nur durch niedrigere HbA1c-Werte, sondern auch durch eine gesteigerte Zufriedenheit mit ihrem Alltag profitieren, zeigt das Potenzial einer psychosomatischen Perspektive auf Pharmakotherapie. Die britische Metaanalyse könnte der Auftakt sein zu einer erweiterten Nutzenbewertung, bei der psychische Stabilität, emotionale Lebensführung und soziale Teilhabe endlich denselben Stellenwert erhalten wie Nüchternblutzucker und Körpergewicht.

Digitale Reize überfordern das Nervensystem, Klimastress befeuert die Beschwerden, Therapie wird zur Zusatzlast

Wie Kopfschmerz und Migräne immer öfter Ausdruck gesellschaftlicher Überlastung sind

Wenn digitale Dauerschleifen das vegetative Nervensystem zermürben, wenn Klimafaktoren den inneren Druck steigern und selbst die Behandlungsempfehlung zur Belastung wird, steht fest: Der Kopfschmerz der Gegenwart ist kein singuläres Symptom mehr, sondern Ausdruck eines gesamtgesellschaftlichen Erschöpfungskomplexes. Was die neuen Zahlen des Kopfschmerz- und Migräne-Reports 2025 belegen, formuliert Schmerzmediziner Dr. Jan-Peter Jansen mit klinischer Klarheit: Die digitale Lebensweise ist zum nozizeptiven Stressor avanciert. Nicht die Informationsflut allein macht krank, sondern das permanente Bedrohungsszenario, das sich in einer toxischen Melange aus Bildschirmzeit, globaler Verunsicherung, Klimaangst und individueller Erschöpfung verdichtet.

Die repräsentative Befragung des Unternehmens Opella unter 3.300 Betroffenen zeigt, dass klassische Auslöser wie Schlafmangel oder emotionale Anspannung weiterhin dominieren, jedoch zunehmend durch neue Stressoren überlagert werden: 64 Prozent der jungen Erwachsenen vermuten einen direkten Zusammenhang zwischen Medienkonsum und Migräne. Besonders Smartphone- und Tablet-Nutzung gelten inzwischen als Hochrisikofaktoren. Diese digitale Überstimulation, kombiniert mit sitzenden Bildschirmtätigkeiten und sozialen Daueralarmen, erzeugt laut Jansen okuläre und myofasziale Überlastungen, die sich als Spannungskopfschmerz manifestieren.

Dabei wirkt nicht nur das Display, sondern auch der Inhalt als Verstärker des Schmerzerlebens: Kriegsbilder, Klimakollaps, Ökonomiedruck – ständig abrufbare Krisen brennen sich ins emotionale System ein, führen zur vermehrten Ausschüttung von Stresshormonen und machen aus Alltagsreizen pathogene Impulsgeber. Die gesundheitliche Rechnung folgt prompt: Reizverstärkung, Schlafstörung, Reizbarkeit, Isolation. In dieser Gemengelage wird selbst die lindernde Therapie zur Herausforderung. Denn die mahnende Vorgabe, maximal zehn Tage Kombinationsanalgetika pro Monat einzunehmen, kann ihrerseits Druck erzeugen und das Schmerzerleben psychologisch aufladen.

Hinzu kommen zunehmend klimatische Trigger: 29 Prozent der Befragten berichten über Kopfschmerzverschlechterung bei Hitzewellen, 25 Prozent bei erhöhter Feinstaubbelastung. Luftdruckschwankungen, Wetterwechsel, Temperaturanomalien greifen in das neurovaskuläre Gleichgewicht ein und aktivieren das Stresssystem. Jansen verweist auf eine neue Sensibilität für Umweltreize, die mit diffusen, aber realen Angstnarrativen gekoppelt sei – ein Verstärkungsmechanismus, der sich in der klinischen Praxis immer häufiger zeigt.

Kopfschmerz ist damit nicht mehr nur ein isolierter Schmerz, sondern Ausdruck einer biopsychosozialen Überforderung. Die Betroffenen beschreiben neben kognitiven Einbußen auch eine Einschränkung der sozialen Partizipation. Selbst Alltagskommunikation fällt schwer, Schlaf wird zur Stresszone, Bewegung zur Zumutung. In solchen Kontexten sei nicht nur medikamentös, sondern auch psychologisch umzustellen, rät Jansen. Es brauche keine weitere Fokussierung auf das Leid, sondern eine Verschiebung der Perspektive. Der Experte fordert, das klassische Kopfschmerztagebuch in ein Zufriedenheitstagebuch umzuwandeln. Statt täglich den Schmerz zu protokollieren, sollen die guten Tage in den Vordergrund rücken – als Erinnerung an Ressourcen, Resilienz und Handlungsfähigkeit.

Therapeutisch hat sich die Kombination aus Acetylsalicylsäure, Paracetamol und Koffein als besonders wirksam erwiesen. Studien belegen eine um 20 Minuten schnellere Wirkung gegenüber Mono-Ibuprofen, und auch die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie und der Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft erkennen die Überlegenheit dieser Kombinationspräparate an. Allerdings sei deren Nebenwirkungsprofil zu berücksichtigen. Sie sollten laut Leitlinie erst dann eingesetzt werden, wenn Monopraparate nicht ausreichen. Jansen betont: Der schnell empfundene Wirkungseintritt sei für viele Patienten entscheidend. Gerade in einer Zeit, in der das Leben als unkontrollierbar erlebt werde, vermittle eine rasche Symptomkontroll

Schrottabholung.org – Wir kaufen Kupfer, Messing, Aluminium zu fairen Preisen für Altmetall & Schrott in Bonn

Source: Deutsche Nachrichten
Schrottankauf in Bonn bei einem fahrenden Schrotthändler

Im Ruhrgebiet werden fahrende Schrotthändler auch als Klüngelskerle bezeichnet. Lange Zeit sind sie mit einer unverkennbaren Melodie durch die Straßen gefahren. Das bot die Möglichkeit, spontan Schrott, den man im Keller, auf dem Hof oder dem Dachboden gelagert hatte, einfach abzugeben. Das Spielen der  Musik ist in Bonn nicht mehr gestattet, aber fahrende Schrotthändler gibt es weiterhin. Sie kommen zum Kunden nach einer Terminabsprache. Zum Schrotthandel gehört neben der kostenlosen Abholung auch der Schrottankauf in Bonn.

In vielen Dingen wie Elektrogeräten, Maschinen, Autoteilen oder Kabeln sind wertvolle Metalle enthalten, die sich gut weiter verwerten lassen. Übliche Metalle sind Kupfer, Aluminium, Messing, Zink oder Zinn. In vielen Kleinteilen wie Handys oder Computer-Bauteilen sind sogar Edelmetalle enthalten. Teile, die aus Metall bestehen oder Metall enthalten zählen als Schrott und sind grundsätzlich geeignet für den Schrottankauf.

Mit einem professionellen Anbieter für Schrottankauf wird das Altmetall fachgerecht und umweltschonend entsorgt. Zusätzlich erhält der Kunde Geld für seinen Schrott, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind.

Schrottpreise beim Schrottabholung.org

Schrotthändler zahlen gute Preise für Altmetalle. Der Schrottpreis hängt maßgeblich von der angebotenen Schrottsorte (Kupfer-, Elektro-, Stahl- oder Mischschrott etc.) und der vorliegenden Menge ab. Schrottpreise sind aber auch regelmäßigen Schwankungen unterworfen und lassen sich daher nicht über einen längeren Zeitraum festlegen. Angebot und Nachfrage bestimmen tagesaktuell die Preise.

Neben der Sorte und der Menge ist es für den Anbieter noch relevant, ob er den Schrott lediglich abholt oder ob noch eine Demontage erfolgen soll. Für Hilfe beim Ab- oder Ausbau sind Mitarbeiter und Werkzeuge erforderlich – dieser Aufwand wird mit dem Schrottpreis verrechnet. In der Regel lohnt es sich für den Kunden, denn er spart selbst diese Arbeit. Mit einer Anfrage beim Anbieter Schrottabholung.org erfahren Kunden, welche Schrottpreise sie erzielen können.

Mit dem Schrottankauf in Bonn bei Schrottabholung.org ist eine fachgerechte Entsorgung des Altmetalls gewährleistet. Das Team verfügt über alle notwendigen Genehmigungen und Sachkundenachweise. Der  Schrott wird Entsorgungsbetrieben oder Verwertern zugeführt, die die Aufbereitung übernehmen und so die enthaltenen Metalle als Rohstoffe wieder verfügbar machen.
Gerade mit Metall ist dies sehr gut möglich, da mit dem Einschmelzen keine Qualitätsverluste einher gehen wie bei anderem Material.

https://schrottabholung.org/schrottankauf-bonn/

Professionelle Schrottabholung.org – Wir entsorgen Altmetall und Schrott in Bonn

Source: Deutsche Nachrichten
Überspitzt kann man behaupten: Das tägliche Geschäft der Kostenlose Schrottabholung in Bonn ist ein effektiver Umweltschutz. Schließlich sorgt sie mit ihren Aktivitäten dafür, dass wichtige Rohstoffe der Kreislaufwirtschaft nicht verloren gehen.

Schrott ist nicht gleich Schrott. Diese wertvollen Rohstoffe sind nicht nur in Metallschrott im Allgemeinen enthalten, sondern im Speziellen auch in Elektroschrott. Das Recycling von Elektroschrott ist relativ aufwändig. Hier müssen nicht nur die einzelnen Rohstoffe separiert, sondern auch die Kunststoffteile entfernt und einer gesonderten Wiederaufbereitung zugeführt werden. Dennoch: Der Aufwand lohnt. Die Rohstoffe sind nicht nur in der Neugewinnung erheblich teurer als beim Schrott-Recycling, sie sind außerdem günstiger. Recycling bedeutet also neben Umweltschutz auch wirtschaftlichen Nutzen. Dem gegenüber steht das allgemein schlechte Image von Schrott, der als Platzräuber und wertlos verschrien ist. Nicht umsonst werden technische Billigproduktionen gern als „Schrott“ bezeichnet.

Die Kostenlose Schrottabholung in Bonn arbeitet für die Kunden kostenlos

Es liegt in der Natur der Sache, dass für die Kunden der Kostenlose Schrottabholung in Bonn der Raumgewinn und nicht das Schrott-Recycling im Fokus ihres Interesses steht. Deshalb bemüht sich die Kostenlose Schrottabholung in Bonn, das Procedere möglichst simpel und am Bedarf des Kunden orientiert zu gestalten. Das bedeutet: Die Kunden rufen bei der Schrottabholung an und vereinbaren einen Termin. Zu diesem Termin kommt das Team der Schrottabholung zu ihren Kunden in Witten, lädt zügig den Elektroschrott und alle sonstigen zu entsorgenden Gegenstände auf und verlässt die Kunden auch schon wieder, für die das Thema „Schrott“ in diesem Augenblick erledigt ist.

Für die Kostenlose Schrottabholung in Bonn dagegen beginnt an dieser Stelle erst die eigentliche Arbeit, denn der Schrott muss sortiert und von Giftstoffen getrennt werden, damit jede Schrottsorte einzeln entsorgt beziehungsweise den jeweiligen Anlagen für Schrott-Recycling zugeführt werden kann. Auf diese Weise gelangen Altmetalle, Kunststoffe und alle sonstigen Bestandteile zurück in den Rohstoff-Kreislauf – in diesem Fall den zweiten Markt für Rohstoffe. Gefragt sind unter anderem Materialien wie NE-Metalle, Stahl, Aluminium, Eisen, Zink, Kupfer, Messing sowie Edelmetalle. Diese Materialien werden rege gehandelt, weshalb die Schrottabholung ihren Wittener Kunden über die reine Schrottabholung hinaus bei entsprechenden Mengen auch den Ankauf von Schrott anbietet.

Kurzzusammenfassung

Überspitzt kann man behaupten: Das tägliche Geschäft der Kostenlose Schrottabholung in Bonn ist ein effektiver Umweltschutz. Schließlich sorgt sie mit ihren Aktivitäten dafür, dass wertvolle Rohstoffe der Kreislaufwirtschaft nicht verloren gehen. Es liegt in der Natur der Sache, dass für die Kunden der Kostenlose Schrottabholung in Bonn der Raumgewinn und nicht das Schrott-Recycling im Fokus ihres Interesses steht. Deshalb bemüht sich die Kostenlose Schrottabholung in Bonn, das Procedere möglichst simpel und am Bedarf des Kunden orientiert zu gestalten. Über die reine Schrottabholung hinaus bietet sie bei entsprechenden Mengen auch den Ankauf von Schrott an.

https://schrottabholung.org/schrottabholung-bonn/

Apotheken-News: Steuern lasten auf Besitz, Apotheken geraten in Spannung, Politik verfehlt den Fokus

Source: Deutsche Nachrichten
Wenn das Finanzamt schneller fordert als das Erbe liquidiert werden kann, wenn eine Inklusionsgeschichte zum stärksten Argument für lokale Versorgung wird, wenn politische Kürzungen tief in die Realität der Facharztweiterbildung eingreifen, wenn Apotheken durch Werbeeinleger selbst zur Konkurrenz ihrer Standorte werden, wenn eine Kapitalerhöhung zur Kunststilübung wird und ein Brand nicht nur den Betrieb, sondern ganze Straßenzüge gefährdet – dann liegt kein Einzelfall vor, sondern eine strukturelle Verdichtung. Der vorliegende Mehrthemenbericht verwebt acht aktuelle Entwicklungen aus Finanz-, Gesundheits- und Gesellschaftspolitik zu einem hochdichten Bild einer Versorgungslage, die gleichermaßen unter fiskalischem, demografischem, infrastrukturellem und kommunikativem Druck steht. Ob es um steuerliche Erbenfalle oder Primärarzt-Governance geht, um stille Inklusionsrevolutionen oder absurde Werbewidersprüche, um politische Fehlsteuerung oder Versicherungslücken – in all diesen Fällen zeigt sich, dass Strukturvertrauen nicht von selbst entsteht, sondern immer wieder neu verdient werden muss. Apotheken, Unternehmer, Politiker und Medien stehen dabei nicht nebeneinander, sondern in einer wechselseitigen Beziehung, deren Versagen ebenso spürbar wird wie ihr Potenzial zur Lösung.

Wer heute ein Unternehmen führt, eine Apotheke betreibt, eine Immobilie erbt oder Verantwortung im Gesundheitswesen trägt, spürt die Realität als engmaschiges Netz aus fiskalischem Zwang, politischem Strukturversagen und gesellschaftlicher Verschiebung. Was einst getrennte Sphären waren – Eigentum, Demografie, Versorgung, Inklusion, Medienkommunikation – formt sich in der Gegenwart zu einem komplexen Wirkgefüge. Diese Verflechtung verlangt nicht mehr nur fachliches Reagieren, sondern strategisches Denken, das weit über das Sichtbare hinausreicht. Die Zeichen mehren sich: Besitz wird zur Belastung, Standort zur Frage, Gesundheitskommunikation zur Gratwanderung und Verantwortung zur Feuerprobe.

Denn das Unverfügbare hat Konjunktur: Liquidität beim Immobilienerbe, Fachkräfte im ländlichen Raum, Loyalität im Apothekenumfeld, politische Verlässlichkeit in Krisenzeiten. Wer geerbt hat, steht plötzlich nicht vor einem Vermögenszuwachs, sondern vor der Androhung eines steuerlichen Verlustes, wenn das Finanzamt binnen vier Wochen eine Wertermittlung verlangt, die der Erbe nicht einmal finanzieren kann. Was als Vermögensübergang gefeiert wird, entpuppt sich im Detail als fiskalische Drohkulisse, die nur mit Vorkenntnis, externer Hilfe oder Notverkauf überstanden werden kann. Eine Stundung hilft oft nicht – zu unsicher, zu bürokratisch, zu kurz gedacht.

Gleichzeitig drängt sich eine stille Umwälzung in den Vordergrund, deren Wucht viele unterschätzen: die demografische Verschiebung, verstärkt durch Migration, Urbanisierung und Alterung. Wer an Versorgung denkt, muss heute auch an Bevölkerung denken – nicht als Masse, sondern als Verteilung. In Deutschland verschwinden Märkte nicht, weil die Nachfrage sinkt, sondern weil sie sich dorthin verlagert, wo junge Menschen fehlen, Pflegekräfte aufgeben und politische Debatten über Zuwanderung ideologisiert werden. Die Folge: Gesundheitsversorger, insbesondere Apotheken, müssen zunehmend dort Präsenz zeigen, wo klassische Infrastruktur längst dünn geworden ist – nicht aus wirtschaftlichem Kalkül, sondern aus gesellschaftlicher Notwendigkeit.

Und genau in dieses Vakuum stößt die geplante Umstellung der künftigen Koalition auf ein verbindliches Primärarztsystem. Was als Maßnahme zur Wartezeitverkürzung kommuniziert wird, ist in Wirklichkeit eine tektonische Verschiebung im Rollenverständnis. Der Hausarzt als Gatekeeper, der Facharzt als Sekundärstruktur, die Apotheke als flankierender Partner – eine alte Ordnung in neuem Gewand. Wer Apotheken bisher als marginales Glied im System betrachtete, könnte bald erkennen: Ihre Rolle wächst nicht nur in der Abgabe, sondern in der Steuerung, Beratung und Begleitung.

Doch während der politische Diskurs in Berlin neue Versorgungsarchitekturen plant, gerät andernorts das Fundament ins Wanken. Ein Beispiel: Die Apotheken Umschau – seit Jahrzehnten ein loyaler Medienpartner der Präsenzapotheken – enthält in ihrer jüngsten Ausgabe einen Werbeeinleger des Versandhändlers „Sieh an!“, der nicht nur Mode vertreibt, sondern auch apothekenübliche Produkte. Blutdruckmessgeräte, Inkontinenzeinlagen, Gesundheitsartikel – alles online bestellbar. Dass dieses Unternehmen über eine Beilage in einem Printprodukt der Vor-Ort-Versorgung mitwirkt, stellt eine groteske Ironie dar. Ausgerechnet die Apotheken selbst, die mit der Umschau werben, zahlen so ungewollt mit für die Reichweite eines Konkurrenten.

Diese kommunikative Inkonsistenz wird zum Lehrstück für strategisches Versagen. Denn wer nicht selbst steuert, wird gesteuert – ob im Marketing, in der Standortpolitik oder in der Versorgung. Der Freistaat Sachsen zeigt dieser Tage, wie dramatisch die Folgen einer fehlgeleiteten Prioritätensetzung sein können. In einer haushaltspolitischen Notlage kürzt die CDU/SPD-Minderheitsregierung ausgerechnet bei der medizinischen Weiterbildung und bei sektorenübergreifenden Modellprojekten. Das Geriatrienetzwerk Ostsachsen – ein Hoffnungsträger für interprofessionelle Versorgung alter Menschen – steht vor dem Aus. Die Grünen schlagen Alarm.

Und es bleibt nicht bei der Theorie. Eine Apotheke in Süddeutschland hat es vorgemacht: Dort wurde eine offene Botendienststelle mit einem Menschen besetzt, den viele nicht auf dem Schirm haben – weil das System ihn nicht vorgesehen hat. Robin Mutscheller, 37 Jahre alt, lebt mit dem Down-Syndrom. Zweimal pro Woche liefert er gemeinsam mit seinen Eltern Medikamente aus – zuverlässig, freundlich, präsent. Es ist eine Geschichte, die ohne große PR-Worte auskommt. Aber sie stellt die Gesundheitswelt in Frage: Warum gibt es so wenige wie ihn? Warum gilt Inklusion immer noch als Exotenprojekt und nicht als Alltagshaltung?

Auch große Player versuchen ihr Bild neu zu zeichnen. DocMorris nennt sein jüngstes Projekt „Rembrandt“ – eine Kapitalerhöhung mit künstlerischem Anspruch. Der Name ist kein Zufall: Rembrandt steht für Licht und Schatten, für Selbstporträts und Anatomie, für den Blick ins Innere. Genau das, so scheint es, will der Konzern nun tun: sich selbst neu betrachten, sich strategisch positionieren, sich symbolisch aufladen. Aber zwischen Strategie und Selbstüberschätzung ist es ein schmaler Grat. Die Plattform muss nicht nur Kapital sammeln, sondern auch politisch bestehen – in einem Umfeld, das zunehmend auf Regulierung, Versorgungssicherheit und Systemvertrauen setzt.

Apropos Vertrauen: Wenn eine Apotheke brennt, brennt mehr als Inventar. Inmitten dicht bebauter Innenstädte sind Apotheken infrastrukturelle Schaltstellen – mit Chemikalien, Stromlasten, sensibler Technik. Ein einziger Brandherd kann übergreifen auf Nachbarhäuser, ganze Straßenzüge oder öffentliche Einrichtungen. Versicherungslücken, wie sie in Altverträgen zahlreich bestehen, offenbaren sich dann als teure Fehler. Der gesellschaftliche Schaden entsteht nicht nur im Sachwert – sondern in der Erkenntnis, dass ein Betriebsunfall Dritte in Mithaftung zwingt.

In diesem Spannungsfeld zwischen Verantwortung und Systemversagen, zwischen strategischer Öffnung und politischer Kurzsichtigkeit entsteht ein neues Anforderungsprofil – für alle Akteure. Die Zeit des Wegschauens, des Silo-Denkens und der kurzfristigen Taktik ist vorbei. Es zählt, wer Zusammenhänge erkennt, wer frühzeitig handelt, wer Haltung zeigt. Und wer bereit ist, sich nicht nur selbst neu zu denken, sondern auch den Ort, an dem er wirkt.

Von Engin Günder, Fachjournalist

Apotheken-News: Apotheke gerät in Brand, Vertrauen in Verdacht, Sprache ins Rutschen

Source: Deutsche Nachrichten
Wenn Apotheken inmitten urbaner Räume zu unterschätzten Brandherden werden, Versicherer Deckungslücken offenbaren, Rezeptfälscher das System durchdringen, Datenkriminelle gezielt auf Apothekenkonten zielen und höchste politische Repräsentanten mit einem einzigen Halbsatz das Selbstverständnis einer ganzen Berufsgruppe entwerten, dann offenbart sich nicht etwa eine Aneinanderreihung bedauerlicher Einzelfälle, sondern ein strukturelles Versagen auf mehreren Ebenen – in der Risikobewertung, der Absicherung, der digitalen Architektur und nicht zuletzt in der Sprache der politischen Öffentlichkeit. Denn wo Versorgung als Nebengeräusch behandelt, fachliche Nähe durch digitale Narrative ersetzt und reale Gefahren nicht durch präventive Sicherheitspraxis, sondern durch symbolische Appelle abgefedert werden sollen, zerreißt das Versorgungsnetz an seinen sensibelsten Knotenpunkten. Apotheken stehen dabei nicht nur operativ, sondern auch kulturell unter Druck – als Brennpunkte chemischer und juristischer Verantwortung, als Zielscheiben von Betrugsversuchen und als Projektionsflächen einer Politik, die Nähe zwar proklamiert, aber zugleich realen Versorgungseinrichtungen ihre Sichtbarkeit entzieht. Wer diese Zeichen ignoriert, riskiert nicht nur Versorgungslücken, sondern den Verlust einer ganzen Versorgungsstruktur – schleichend, lautlos, aber unumkehrbar.

Wenn inmitten der historischen Altstadt ein Feuer ausbricht, denken viele zuerst an marode Leitungen, defekte Elektrogeräte oder eine achtlos weggeworfene Zigarette. Doch dass Apotheken längst zu zentralen Risikopunkten für urbane Schadensketten geworden sind, entzieht sich dem öffentlichen Bewusstsein ebenso konsequent wie der regulatorischen Weitsicht. In einem dicht besiedelten Quartier kann ein einziger, vermeintlich lokalisierter Zwischenfall – etwa eine chemische Reaktion in einer Rezeptur oder ein thermischer Kurzschluss im Kühllager – zur Katastrophe für Nachbargebäude, Passanten und ganze Straßenzüge werden. Dabei ist es nicht allein der Brand, der gefährdet: Es ist das Systemversagen im Hintergrund – das Versäumnis, Risiken zu bewerten, sie zu versichern, und den Brandschutz auf die realen Anforderungen eines pharmazeutischen Mikrobetriebs auszurichten. Wenn Versicherer dann auch noch Deckung verweigern, weil Apotheken standardisiert behandelt werden wie Einzelhändler, tragen am Ende Dritte die Last: Eigentümer, Mieter, Anwohner – und nicht zuletzt die öffentliche Hand.

Während Apotheken also real gefährden können, stehen sie gleichzeitig unter Beschuss: rechtlich, kriminell, kommunikativ. Jüngste Razzien in München und Potsdam zeigen, wie tief der Verdacht des Arzneimittelmissbrauchs in die Kernbereiche der Versorgung hineingreift. Vier Apotheken wurden durchsucht, zwei Personen stehen im Verdacht, gegen das Arzneimittelgesetz verstoßen zu haben. Die Details sind noch nicht bekannt – doch die Symbolik ist eindeutig: Die öffentliche Apotheke steht nicht mehr nur im Verdacht, ineffizient zu sein. Sie wird zunehmend kriminalisiert, in Einzelfällen zurecht, im öffentlichen Bild jedoch oft pauschal. Es ist ein Klima der Verdächtigung, das sich auch andernorts niederschlägt – etwa bei der Apobank, die aktuell Zielscheibe für ausgeklügelte Phishing-Angriffe ist. Betrüger versuchen systematisch, über Briefe, Mails und Telefonanrufe an die sensiblen Daten von Apotheken zu gelangen. Der Schaden ist noch nicht quantifizierbar – aber der Vertrauensverlust schreitet voran.

Parallel dazu wächst ein weiteres Problem im Verborgenen: Rezeptfälschungen nehmen zu – nicht mehr nur bei Lifestyle-Medikamenten, sondern inzwischen auch im hochsensiblen Bereich der Onkologie. Die AOK Nordost warnte bereits im Januar vor gefälschten Rezepten für das Krebsmedikament Lonsurf – jetzt ist der Schaden bereits sechsstellig. Apotheken müssen mit gefälschten Verordnungen hantieren, erkennen die Fälschung nicht immer sofort, werden im schlimmsten Fall selbst zu Opfern – oder Mitverantwortlichen. Die bürokratischen Hürden bei der Prüfung steigen, der Druck wächst, und der Frust in den Teams ist spürbar. Denn in der Regel bleibt die aufwendige Recherche, der Austausch mit der Arztpraxis und das Risiko bei der Apotheke – ohne Gegenleistung. Kommt dann auch noch ein digitaler Systemfehler hinzu, wie im Fall der E-Rezepte, die nicht korrekt auf der eGK gespeichert sind, verkehrt sich jede Effizienzidee in ihr Gegenteil. Kein Honorar, kein Vertrauen, keine Wertschätzung.

Und während sich auf operativer Ebene die Brüche häufen, verspielen politische Akteure das letzte Kapital: das Vertrauen. Die Äußerung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zum künftigen Ehrentag der Verfassung mag wohlmeinend gewesen sein – doch sie zeigt, wie sehr Sprache Realitäten verzerren kann. Wenn in seinem Manuskript plötzlich von „Online-Apotheke“ die Rede ist, wird die Apotheke vor Ort zur Fußnote des digitalen Fortschritts. Apothekerinnen und Apotheker sind nicht beleidigt – sie sind enttäuscht. Denn es geht nicht um Eitelkeit, sondern um Sichtbarkeit. Die öffentliche Apotheke ist kein Online-Widget, sie ist ein persönlicher Raum für Versorgung, Sicherheit und Gespräch. Wenn ausgerechnet das höchste Amt im Staat diesen Raum rhetorisch übergeht, dann ist das mehr als ein Fauxpas. Es ist ein Alarmzeichen.

Zwischen Apothekenbrand, Arzneimittelfälschung, digitaler Sabotage und symbolischer Missachtung entsteht ein Muster: Der Apothekenbetrieb wird gleichzeitig entgrenzt und entwertet. Er ist Hochrisikozone, Ziel krimineller Machenschaften, Prüffall der IT-Infrastruktur, Projektionsfläche politischer Symbolik – aber kaum mehr Mittelpunkt der Versorgungspolitik. Die Konsequenz: Verantwortung bleibt unklar, Regulierung bleibt diffus, Entlastung bleibt aus. Das System ist überfordert, und die Betroffenen stehen allein.

Die Frage, die bleibt, ist daher keine rhetorische, sondern eine systemische: Wer schützt eigentlich die Apotheke – und wen schützt sie noch, wenn sie selbst nicht mehr geschützt wird?

Von Engin Günder, Fachjournalist

Apotheken-Nachrichten von heute: Versichern heißt verstehen, Sichtbarkeit braucht Strategie, Versorgung beginnt vor Ort

Source: Deutsche Nachrichten
Wenn Apotheken sich auf Standardversicherungen verlassen, die im Schadensfall genau dort aussetzen, wo es brennt – bei chemischen Zwischenfällen, Infrastrukturkaskaden oder Haftungsfolgen für ganze Straßenzüge –, wenn politische Entscheidungsträger Versorgung nicht als resilient zu gestaltende Daueraufgabe, sondern als Sparmasse für Haushaltskosmetik behandeln, wenn ein Bundesland trotz Ärztemangel Fachweiterbildungen kürzt, Modellregionen kappt und die Geriatrie ohne Netz laufen lässt, wenn steuerliche Erbschaftslasten ohne Liquidität zum Zwangsverkauf führen und Besitz zur Bürde wird, wenn ein Halbsatz des Bundespräsidenten die reale Apotheke durch die Online-Plattform ersetzt und damit ungewollt das Berufsbild ins symbolische Off drängt, wenn apothekennahe Werbemedien dem Versandhandel diskret Tür und Tor öffnen und loyale Sichtbarkeit unterwandern, wenn Inklusion zwar lokal gelingt, aber strukturell nicht mitgedacht wird, und wenn sich gleichzeitig globale Entwicklungen wie Migration, Alterung und geopolitische Machtverschiebungen auf das Personal, die Patienten und die Perspektiven der Versorgung auswirken, dann sind das keine Einzelfälle, sondern Bestandteile eines strukturellen Vertrauensbruchs – und genau deshalb beginnt systemische Resilienz dort, wo Klarheit, Verantwortung und strategische Haltung gelebt statt behauptet werden: in der Apotheke, in der Politik, in der Gesellschaft.

Apotheken unterschätzen Brandschutz, Versicherungsschutz versagt, Dritte zahlen den Preis

Wenn ein einzelner Schaden ausreicht, um ganze Straßenzüge in juristische Haftung zu zwingen

In den engen Gassen einer Innenstadt kann ein einziger Funke genügen, um ein halbes Quartier zu gefährden. Wenn dieser Funke aus einer Apotheke stammt, reichen die Folgen oft weit über die Grenzen des eigenen Betriebs hinaus. Denn Apotheken sind nicht nur Lagerstätten für brennbare Substanzen, sondern Knotenpunkte hochsensibler Infrastruktur. Im Brandfall oder bei einem chemischen Unfall endet das Risiko daher nicht an der eigenen Türschwelle. Es beginnt dort.

Die juristische Betrachtung dieser Szenarien führt mitten hinein in das Spannungsfeld von Haftungsrecht, Umweltschutz und Versicherungslogik. Dabei steht die Apotheke mit einem Bein immer auch im Risikodreieck zwischen Schaden, Schuld und Schutzlücke – und zwar selbst dann, wenn sie keine Schuld im engeren Sinne trifft. Wer etwa infolge eines elektrischen Defekts einen Brand verursacht, aus dem sich ein benachbarter Betrieb mit millionenschwerem Verlust ergibt, haftet im Zweifel mit dem gesamten Privatvermögen – außer, eine speziell abgestimmte Versicherung übernimmt die Deckung. Die Praxis zeigt: Viele Apothekeninhaber verlassen sich auf Standards, die im Ernstfall nicht genügen.

Schon der Begriff „Feuer“ führt in der juristischen Definition ein Doppelleben: Als versicherte Gefahr in der Sachversicherung wird es anders behandelt als im Rahmen der erweiterten Betriebshaftpflicht. Und während etwa kontaminierte Flächen unter Umständen als Umweltschaden gelten, kann dieselbe Substanz bei anderer Verteilung als Sachschaden betrachtet werden. Für Apotheken wird diese Unschärfe zur tickenden Zeitbombe – insbesondere dann, wenn Dritte geschädigt werden: etwa durch Rauchgas, kontaminierte Niederschläge oder Sperrungen infolge polizeilicher Maßnahmen.

Noch heikler wird es bei der Frage nach dem sogenannten erweiterten Umweltschaden. Denn dieser umfasst nicht nur „klassische“ Naturgüter wie Böden oder Gewässer, sondern auch sogenannte Biodiversitätskomponenten – also geschützte Arten und deren Lebensräume. Brennt eine Apotheke in der Nähe eines Natura-2000-Gebiets und gelangen toxische Rückstände durch Löschwasser in ein Biotop, kann aus einem Feuer ein millionenschwerer Fall für den Umwelthaftungsfonds werden – und für die Apotheke ein Fiasko, wenn keine spezielle Deckung existiert.

Gleichzeitig verändert sich die Risikobewertung mit der Nähe zu sensiblen Strukturen: Liegt die Apotheke in einem historischen Stadtkern, steigt das Risiko für übergreifende Brandschäden an denkmalgeschützten Fassaden. Ist sie in ein Ärztehaus eingebunden, entstehen durch Betriebsausfälle bei Nachbarn Regressforderungen mit unkalkulierbarer Höhe. Auch in Einkaufszentren kann ein einzelner Brand – etwa durch eine unsachgemäß betriebene Laborheizung – zur Räumung ganzer Komplexe und damit zur Beeinträchtigung Dutzender Mieter führen. Die Haftung für solche sogenannten Ausfallschäden ist zwar theoretisch begrenzbar – aber nur, wenn der Versicherungsvertrag exakt auf diese Eventualitäten abgestimmt wurde. Im Alltag ist das oft nicht der Fall.

Dass viele Apothekenleitungen sich mit pauschalen Versicherungen begnügen, liegt weniger an Leichtsinn als an struktureller Komplexität. Die Vielzahl an Gefährdungstatbeständen überfordert die klassische Beratung, zudem sind Spezialdeckungen für Umwelthaftung, Gewässerschäden oder erweiterte Feuerfolgen oft kostenintensiv. Doch wer spart, spart unter Umständen am Fundament. Denn gerade die Gefahr eines übergreifenden Umweltschadens kann eine Apotheke wirtschaftlich vollständig vernichten – auch dann, wenn keine schuldhafte Handlung vorliegt.

In der apothekerlichen Praxis zeigt sich der blinde Fleck dieser Risiken oft erst im Schadensfall. Eine Erhebung unter Betriebshaftpflichtversicherern legt nahe, dass ein Großteil der Apothekenverträge keine klar definierte Deckung für Sekundärschäden bei Dritten enthält. Damit wird ein Ereignis wie ein chemischer Reinigungsfehler, der in einem benachbarten Gastronomiebetrieb zur Evakuierung und Küchenschließung führt, zu einem bedrohlichen Szenario. Ebenso wenig abgedeckt sind oft Schäden an der öffentlichen Infrastruktur, wenn etwa eine kontaminierte Kanalisation gereinigt werden muss.

Selbst grundlegende Aspekte wie der Umgang mit Rückständen brennbarer Flüssigkeiten oder die Lagerung von Gefahrstoffen in Rezeptur und Defektur werfen Fragen auf, deren juristische Tragweite im Alltag leicht unterschätzt wird. Ein überlaufender Lösungsmittelkanister kann – in Kombination mit einem technischen Defekt – ausreichen, um ein Szenario auszulösen, das zivilrechtlich, öffentlich-rechtlich und strafrechtlich zugleich bewertet wird. In der Gesamtschau liegt hier ein Versäumnis der gesundheitspolitischen Aufmerksamkeit: Während der Gesetzgeber Apotheken in vielen Bereichen eng reguliert, bleibt die Verpflichtung zur Risikoabdeckung weitgehend pauschalisiert.

Was daraus folgt, ist klar: Ohne individuell abgestimmte Versicherungslösungen, die über die klassische Betriebshaftpflicht hinausgehen, bleibt jede Apotheke im Feuerfall verletzlich. Es braucht vertraglich saubere Regelungen, die auch Umweltschäden an Dritten, Regressforderungen infolge von Betriebsunterbrechungen und kontaminationsbedingte Sachschäden erfassen – inklusive expliziter Leistungspflichten, klarer Ausschlüsse und präziser Deckungssummen.

Denn die Realität ist: Wer mit pharmazeutischen Substanzen arbeitet, operiert per Definition in einem Umfeld potenzieller Gefahr. Apotheken sind kein Sonderfall in einem harmlosen Gewerbegebiet, sondern Teil kritischer Infrastruktur mit einer eigenen Risikologik. Solange das nicht in die Standardlogik der Versicherungssysteme einfließt, bleibt der Schaden nicht nur eine Frage des Feuers – sondern vor allem des fehlenden Schutzes danach.

Demografie verändert Märkte, Migration gestaltet Versorgung, China warnt vor Trägheit

Wie Unternehmer die Bevölkerung neu denken müssen – und was wir aus globalen Fehlentwicklungen lernen können

Wenn sich der Alltag mit seinen konkreten Anforderungen in den Vordergrund drängt, bleibt selten Raum für den großen Blick: die langfristige Strategie, den Überblick über globale Entwicklungen, die stille Bewegung unterhalb der sichtbaren Oberfläche. Wer in einem Unternehmen Verantwortung trägt, weiß das nur zu gut – schließlich geht es im Tagesgeschäft oft um das Hier und Jetzt: Lieferfähigkeit, Mitarbeitermotivation, Digitalisierung, Rentabilität. Doch je länger man in dieser Haltung verharrt, desto riskanter wird das Spiel – denn manche Weichen werden nicht in der Bilanz, sondern auf Ebene der Bevölkerung gestellt.

Demografie ist kein abstraktes Feld für Soziologen und Statistiker. Sie ist der stille Treiber aller ökonomischen, sozialen und politischen Prozesse – mit verzögertem, aber unumkehrbarem Effekt. Wer wissen will, wie es seinem Geschäft in zehn, zwanzig oder dreißig Jahren geht, muss auf die Altersstruktur schauen, auf die Zuwanderungspolitik, auf die Fertilitätsraten, auf Rentenprognosen, auf Bildungstrichter und Urbanisierung. Es ist kein Zufall, dass der amerikanische Politologe James Carville einst zugespitzt formulierte: „It’s the economy, stupid.“ In Wirklichkeit aber lautet die Formel: „It’s the demography, stupid.“

Und wer dabei zuerst nach China blickt, lernt auf bittere Weise, wie weitreichend die Folgen verfehlter Politik sein können. Jahrzehntelang setzte die Volksrepublik auf die Ein-Kind-Politik, nun erlebt sie das große demografische Zurückschlagen. Die Bevölkerungszahl schrumpft bereits – und was noch viel gravierender ist: Die Alterung galoppiert. Laut aktuellen Prognosen könnten bis zum Jahr 2100 zwei Drittel der Chinesen älter als 65 sein. Ein ökonomisches Desaster droht, und obwohl die politische Führung reagiert – mit Lockerungen, Prämien, Propaganda – bleibt das Kind sprichwörtlich im Brunnen. Denn Demografie ist ein träger Tanker. Wenn die Geburten ausbleiben, lässt sich das auch durch KI, Robotik oder Einwanderung nur begrenzt kompensieren.

Deutschland wiederum steht mitten in dieser Zangenbewegung: Fachkräftemangel, Pflegenotstand, schrumpfende Belegschaften, überforderte Rentensysteme – das alles ist kein Zukunftsszenario, sondern längst Realität. Gleichzeitig verheddert sich die politische Debatte immer wieder in tagesaktuellen Aufregern: Migration ja oder nein, Grenzschutz oder Aufnahme, Transfer oder Integration. Der strategische Blick fehlt. Dabei ist klar: Ohne gesteuerte Zuwanderung aus dem globalen Süden, ohne gezielte Förderung von Erwerbsintegration und Bildungsaufstieg ist der Fachkräftemarkt der Zukunft schlichtweg nicht mehr zu bedienen. Und das betrifft nicht nur die Industrie oder die Pflege – sondern genauso Apotheken, Handwerk, Handel und alle dezentralen Strukturen.

Doch nicht nur wer kommt, sondern auch wo die Menschen leben, ist entscheidend. Der Faktor „Standortbindung“ wird oft unterschätzt. Apothekeninhaber beispielsweise binden sich in der Regel über Jahrzehnte an einen Ort – und sind damit vollständig abhängig von der lokalen demografischen Entwicklung. Wird der Stadtteil jünger oder älter? Gibt es Zuzug oder Abwanderung? Wie entwickeln sich Kaufkraft, Schulbildung, Geburtenraten? Diese Fragen entscheiden über Umsatzpotenziale, Beratungsbedarf, Personalrekrutierung. Wer strategisch denkt, muss demografisch lesen können – auf Mikro- wie Makroebene.

Die Bevölkerungsstruktur ist dabei nicht nur ein Hintergrundrauschen. Sie wirkt bis in die Produktentwicklung, Marketingstrategie und Standortwahl. Wer weiß, dass in seinem Umfeld die Zahl älterer Alleinlebender steigt, wird andere Services anbieten müssen als in einem Viertel mit junger, multikultureller Elternschaft. Wer erkennt, dass sich eine Region in einen „demografischen Korridor“ verwandelt – mit schrumpfender Bevölkerung, leerstehenden Immobilien und Überalterung –, sollte über neue Geschäftsmodelle, digitale Ergänzungen oder Kooperationen mit Kommunen nachdenken.

Demografie ist kein Schicksal, aber ein mächtiger Rahmen. Der globale Süden etwa wächst rasant – Afrika wird zum Kontinent der Zukunft. Indien hat China als bevölkerungsreichstes Land überholt, während viele westliche Industrieländer mit dem demografischen Einbruch kämpfen. Der Wettbewerb um Menschen, Ideen und Innovationskraft verlagert sich – mit Folgen für Außenhandel, Pharmaindustrie, Technologieexporte und Bildungspolitik. Gerade Unternehmer, die heute planen, was morgen tragen soll, müssen das strategisch mitdenken.

Und ja, es stimmt: Computer, KI, Roboter werden viele Dinge effizienter machen. Aber keiner von ihnen bezahlt Steuern, kauft Medikamente, pflegt Angehörige oder geht zur Wahl. Es bleiben die Menschen, die das Rückgrat jeder Gesellschaft bilden. Je besser wir sie verstehen, desto besser können wir gestalten – als Unternehmer, als Bürger, als politische Akteure.

Deshalb lohnt der Blick in die demografische Glaskugel – nicht als Selbstzweck, sondern als Pflichtprogramm für alle, die nicht nur auf Sicht fahren wollen.

Primärarzt wird Schaltstelle, Facharzt wird Gate, Apotheke wird Partner

Wie die Koalition Versorgung umkrempelt, Rollen neu verteilt und Chancen für Apotheken schafft

Die Koalitionsvereinbarungen der künftigen schwarz-roten Regierung enthalten auf den ersten Blick unscheinbare Formulierungen, die bei näherem Hinsehen tief in die Versorgungsarchitektur eingreifen. Insbesondere die geplante Stärkung eines verbindlichen Primärarztsystems bei freier Arztwahl innerhalb der hausarztzentrierten Versorgung markiert einen Paradigmenwechsel. Unter dem Deckmantel von Strukturverbesserung, Entlastung des Praxispersonals und Wartezeitverkürzung wird faktisch eine Gatekeeper-Funktion des Hausarztes eingeführt – oder besser: reaktiviert. Denn was wie eine innovative Steuerungsidee daherkommt, ist in Wahrheit ein Rückgriff auf alte Ordnungsmuster der Gesundheitsversorgung, diesmal jedoch mit strategischem Unterbau.

Zweifellos hat das Primärarztsystem in Ländern wie den Niederlanden oder Großbritannien seine Bewährungsprobe längst bestanden. Es reduziert Mehrfachuntersuchungen, bündelt die Steuerung medizinischer Leistungen und kanalisiert Patientenströme entlang medizinischer Indikation statt subjektivem Gefühl. Doch ein bloßer Verweis auf internationale Vorbilder ersetzt nicht die nüchterne Auseinandersetzung mit den Eigenheiten des deutschen Systems – vor allem nicht mit seiner historisch gewachsenen Pluralität und den festgefahrenen Interessenlagen der Akteure.

Die politische Absicht ist klar: Patientinnen und Patienten sollen strukturiert durch die Versorgung gelenkt werden, mit dem Hausarzt als initialer Schaltstelle. Die frei vagabundierende Facharztwahl wird dadurch zumindest eingeschränkt. Für die Apotheken ergibt sich daraus eine strategische Chance – der Hausarzt als zentrales Bindeglied wird für die Arzneimittelversorgung noch bedeutsamer. Ein klarer, kontinuierlicher Kanal ärztlicher Verschreibungen stärkt die pharmazeutische Anbindung. Gerade im Hinblick auf Medikationsmanagement, Interaktionskontrolle und Chronikerprogramme könnte dies eine neue Ära der Versorgungspartnerschaft einläuten.

Doch der Strukturplan krankt an seiner operativen Umsetzung. Die Realität zeigt: Der Mangel an Hausärzten ist kein theoretisches Zukunftsszenario, sondern vielerorts akute Versorgungsbremse. Zusätzliche Koordinationspflichten könnten das System nicht nur stärken, sondern massiv überlasten. Hinzu kommt der berufspolitische Widerstand innerhalb der Ärzteschaft: Fachärztinnen und Fachärzte fürchten eine Abhängigkeit von Überweisungen, einen Verlust an Autonomie und ökonomischer Sicherheit. Der Hausarzt als “Spinne im Netz” ist nicht für alle gleichermaßen attraktiv – auch nicht für Hausärzte selbst, die zwischen medizinischem Anspruch, bürokratischem Druck und begrenzter Zeit zerrieben werden.

Das Koalitionspapier schweigt sich über flankierende Maßnahmen aus. Es bleibt unklar, ob die hausärztlichen Kapazitäten ausgebaut, strukturell aufgewertet oder digital gestützt werden sollen. Ohne diese Begleitarchitektur ist das Primärarztsystem mehr Wunsch als Wirklichkeit. Zudem fehlt ein entscheidendes Element: die Akzeptanz der Patienten. Zwar gilt die freie Arztwahl in Deutschland als heilige Kuh, doch die damit verbundenen Versorgungsirrwege werden nicht von den Patienten allein verursacht, sondern durch das System selbst begünstigt. Dass Hausärzte wieder zur Zugangsschranke für Spezialisten werden, dürfte kaum Begeisterungsstürme auslösen – aber auch kaum Widerstand. Die Patienten sind gewohnt zu ertragen, was ihnen vorgesetzt wird. Die politische Lenkung durch Verordnung ersetzt nicht die kommunikative Einbindung der Betroffenen.

Vor diesem Hintergrund gewinnt ein alternativer Gedanke an Schärfe: Wenn schon ein Primärarztsystem etabliert wird, warum nicht auch ein Primärapothekensystem? Ein Modell, in dem sich Patienten verbindlich einer “Hausapotheke” zuordnen, könnte Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und therapeutische Kontinuität erheblich verbessern. Es wäre ein Gegengewicht zum Versandhandel, ein strukturierender Pfeiler für pharmazeutische Versorgungstreue. Ein solches Modell müsste jedoch zwingend mit neuen Honorierungsstrukturen, Beratungsrechten und digitalen Schnittstellen unterfüttert werden – und genau hier scheuen Politik und Kassen regelmäßig den Systemwechsel.

Was bleibt, ist ein bekanntes Muster: Die Versorgungsreform kommt in homöopathischen Dosen, die Schlagworte klingen wohlfeil, doch die strukturelle Tiefe bleibt gering. Ein Primärarztsystem kann nur dann funktionieren, wenn es auf einem stabilen Fundament steht – sowohl in personeller als auch in finanzieller Hinsicht. Ohne mutige Investitionen, neue Rollenverteilungen und die Einbindung der Patienten droht das Vorhaben zur nächsten teuren Idee ohne Durchschlagskraft zu verkommen.

Steuer drängt zur Entscheidung, Liquidität bleibt aus, Besitz wird zum Problem

Warum geerbte Immobilien schnell zur Steuerfalle werden – und Stundung kein sicherer Ausweg ist

Erben und Beschenkte, die eine Immobilie übertragen bekommen, haben oft nicht mit einem sofortigen finanziellen Engpass gerechnet. Schließlich geht es vermeintlich um einen Vermögenszuwachs – doch dieser birgt einen steuerlichen Stolperstein, der besonders bei knapper Liquidität eine bedrohliche Wendung nehmen kann. Denn obwohl das Objekt selbst keinen Cent bar in die Hand spielt, fordert das Finanzamt binnen Monatsfrist eine präzise Wertermittlung und – je nach Freibetragsgrenze – womöglich eine erhebliche Steuerzahlung. Die Folge: Wer nicht vorbereitet ist, muss verkaufen, beleihen oder auf Zeit spielen. Doch nicht immer ist Letzteres ohne Weiteres möglich.

Dass gerade Immobilien bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer regelmäßig zum Problemfall werden, liegt an der steuerlichen Systematik. Bewertet wird nicht der ideelle Wert oder die emotionale Bindung an ein Elternhaus, sondern der Verkehrswert – also der Betrag, den ein Käufer unter marktwirtschaftlichen Bedingungen zahlen würde. In Zeiten hoher Immobilienpreise, steigender Bodenrichtwerte und stark schwankender Lagen kann dies zu massiven Belastungen führen, selbst wenn das Objekt eigentlich nicht liquidierbar ist. Gerade bei eigengenutztem Wohnraum oder vermieteten Mehrfamilienhäusern bedeutet dies: Die Steuer wird auf ein Vermögen erhoben, das sich nicht ohne weiteres in Geld umwandeln lässt.

Im Einzelfall kann der Fiskus die Steuer stunden – eine Möglichkeit, die in § 222 der Abgabenordnung geregelt ist. Voraussetzung ist jedoch, dass die sofortige Einziehung eine „erhebliche Härte“ darstellen würde und die Steuerforderung durch die Stundung nicht gefährdet erscheint. Doch was bedeutet das konkret? Und wer entscheidet, ob eine Härte tatsächlich vorliegt?

Stundung ist kein Automatismus. Sie ist ein Ermessensakt, der stark von der regionalen Finanzpraxis, den vorgelegten Nachweisen und der persönlichen Einschätzung des Sachbearbeiters abhängt. In der Praxis zeigt sich, dass die Voraussetzungen eng ausgelegt werden. Selbst eine offensichtliche Illiquidität – etwa weil die Immobilie bewohnt, denkmalgeschützt oder schwer verkäuflich ist – führt nicht automatisch zur Stundung. Häufig verlangt das Finanzamt detaillierte Auskünfte, Sachverständigengutachten und Rücklagenpläne. Zudem wird der Stundungsbetrag verzinst, derzeit mit 0,5 Prozent pro Monat – ein nicht unerheblicher Kostenfaktor, wenn es sich um sechsstellige Summen handelt.

Hinzu kommt: Der Antrag auf Stundung muss frühzeitig, in der Regel vor Fälligkeit der Steuer gestellt werden. Wer hier zu spät handelt, läuft Gefahr, dass der Antrag als „nachträglich“ abgelehnt wird – mit der Folge, dass Zinsen und Mahngebühren zusätzlich auflaufen. Die meisten Steuerberater raten daher, bereits mit dem Erbschaftsfall eine professionelle Wertermittlung und Liquiditätsplanung zu erstellen. Denn häufig wird der Immobilienwert durch die vom Finanzamt zugrunde gelegten pauschalen Bewertungsmethoden (Ertragswert, Sachwertverfahren) deutlich überschätzt, was wiederum eine überhöhte Steuerforderung zur Folge haben kann. Ein fundiertes Gegengutachten kann hier unter Umständen eine Minderung der Steuerlast bewirken – aber auch das kostet Zeit und Geld.

Besonders kritisch wird die Lage, wenn emotionale und finanzielle Ebenen unvereinbar werden. Gerade Familienimmobilien sind oft mit Erinnerungen, Verpflichtungen und Identität aufgeladen. Doch das Steuerrecht kennt keine Rücksicht auf ideelle Werte. Der Staat bewertet nach Marktlogik, ungeachtet familiärer Nutzung oder fehlender Liquidierbarkeit – und zwingt viele in eine paradoxe Situation: Sie müssen ihr Erbe aufgeben, um es behalten zu dürfen. Die Steuerforderung kann so zum Brandbeschleuniger innerfamiliärer Konflikte werden, etwa wenn Geschwister unterschiedliche Vorstellungen von Verkauf oder Finanzierung haben. Was als generationsübergreifende Sicherung gedacht war, wird durch staatlichen Zahlungsdruck zur existenziellen Bedrohung. Besonders dort, wo Vermögen nicht auf Konten liegt, sondern in Wänden steckt, bedeutet das oft: verkaufen oder verschulden.

Auch politisch ist die Problematik kein Geheimnis. Seit Jahren werden höhere Freibeträge, verlängerte Zahlungsfristen oder standardisierte Stundungsverfahren diskutiert. Doch bis heute bleibt es bei der Einzelfallprüfung. Selbst wenn ein denkmalgeschütztes Objekt mit Erhaltungsverpflichtung übertragen wird, zählt allein der Wert auf dem Papier – und nicht, ob sich real ein Käufer findet. Die Praxis verhindert damit nicht nur Eigentumskontinuität, sondern begünstigt einen schleichenden Ausverkauf von Familienbesitz.

Wer eine Immobilie erbt oder geschenkt bekommt, sollte sich deshalb nicht allein auf rechtliche Titel oder emotionale Werte verlassen, sondern von Beginn an mit einem professionellen Blick auf die Liquiditätslage schauen. Stundung kann helfen, ist aber weder garantiert noch kostenfrei. Vor allem ersetzt sie keine vorausschauende Strategie – und erst recht keine politische Lösung, die nach Jahrzehnten endlich anstehen würde.

Werbung tarnt sich, Konkurrenz expandiert, Apotheken verteilen mit

Wie ein Mode-Einleger die Umschau zur Einbahnstraße für Versandhändler macht

Was auf den ersten Blick wie eine harmlose Modebeilage wirkt, offenbart bei genauerem Hinsehen einen potenziell folgenschweren strategischen Fehler: In der aktuellen Ausgabe der Apotheken Umschau findet sich ein Werbeeinleger des Versandunternehmens „Sieh an!“, das auf seiner Webseite neben Kleidungsstücken auch apothekenübliche Gesundheitsprodukte anbietet – darunter Blutdruckmessgeräte, Inkontinenzeinlagen und orthopädische Hilfsmittel. Die Präsenz dieser Beilage in einem Medium, das traditionell als loyaler Partner der Vor-Ort-Apotheken wahrgenommen wird, stellt damit nicht nur eine werbliche Inkonsequenz dar, sondern legt auch die Schwachstellen im Selbstverständnis der Apothekenkommunikation offen. Es ist ein scheinbar beiläufiger Vorgang – und doch einer mit Sprengkraft.

Denn es geht nicht einfach um einen beiliegenden Prospekt, sondern um die Frage, wessen Interessen in der Kommunikationshoheit einer bundesweit vertriebenen Kundenzeitschrift vertreten werden. Die Umschau, herausgegeben vom Wort & Bild Verlag, ist mit einer Auflage von über sieben Millionen Exemplaren das auflagenstärkste Gesundheitsmagazin Deutschlands. Für viele Apotheken ist sie Teil ihres Serviceangebots, ein Instrument der Kundenbindung, eine Brücke zu niederschwelliger Gesundheitsinformation. Doch wenn ausgerechnet dieses Medium nun – bewusst oder unbewusst – Werbeflächen für Akteure öffnet, die in unmittelbarem Wettbewerb zu Apotheken stehen, dann verliert diese Brücke ihre Einbahnregelung. Und der Begriff Kundenbindung bekommt eine neue, unerwünschte Richtung: hinaus statt hinein.

Brisant wird der Vorgang vor allem durch die juristische Grauzone, in der sich die Konstruktion bewegt. Der Einleger wirbt ausschließlich für Kleidung und bleibt damit formal innerhalb der redaktionellen Freiheit und Werberichtlinien. Doch ein kurzer Besuch auf der beworbenen Website genügt, um festzustellen: Wer dort Modestücke bestellt, kann mit wenigen Klicks auch Medizinprodukte erwerben, die typischerweise in Apotheken zu finden sind – und das oft zu günstigeren Preisen. Der Modemantel ist in diesem Fall nur die Eintrittskarte in ein digital erweitertes Sortiment mit Gesundheitsbezug. Und hier beginnt die eigentliche Herausforderung: Die Schwelle zwischen modischer Konsumwelt und gesundheitsbezogenem Versandhandel wird ästhetisch verpackt, aber funktional überschritten.

Die Verteidiger des Einlegers werden einwenden, dass es sich nicht um einen pharmazeutischen Anbieter handelt, sondern um einen klassischen Modeversand. Doch die entscheidende Frage ist nicht, ob „Sieh an!“ ein Arzneimittel anbietet – das tut der Shop nicht –, sondern ob er apothekenähnliche Produkte ins Sortiment aufnimmt, mit denen sich Margen erzielen lassen, die normalerweise zur betriebswirtschaftlichen Stabilisierung von Apotheken beitragen. Inkontinenzartikel, Verbandsmaterialien, Wellnessprodukte, Messgeräte: All das gehört zum erweiterten Kernsortiment einer Apotheke, vor allem im Hinblick auf die zunehmend bedeutungsvolle Freiwahlzone.

Dass der Wort & Bild Verlag den Einleger zugelassen hat, lässt zweierlei vermuten: Entweder wird der Interessenkonflikt nicht erkannt – oder billigend in Kauf genommen. Beides wäre problematisch. Denn die redaktionelle Unabhängigkeit einer Zeitschrift, deren Verbreitungsweg an die Infrastruktur der Apotheken geknüpft ist, darf nicht zur Aushöhlung ihrer Glaubwürdigkeit führen. Genau das aber geschieht, wenn die Apotheken als Verteiler dienen für Botschaften, deren Absender in direkter Konkurrenz zu ihrem wirtschaftlichen Fundament stehen. In einer Zeit, in der die ökonomische Lage vieler Apotheken prekär ist, wirkt dies nicht nur fahrlässig, sondern – aus Sicht vieler Inhaber:innen – wie ein Affront.

Der Vorfall zeigt auch, wie wenig strategisches Sensorium aufseiten der Verlagspartner vorhanden ist, wenn es um die wirtschaftliche Lage ihrer Vertriebspartner geht. Statt im Schulterschluss gegen die Zunahme von Versandkonkurrenz zu agieren, wird die Infrastruktur der Apotheken genutzt, um genau diese Konkurrenz mitzufördern. Das Argument, es handele sich lediglich um eine Werbebeilage und nicht um redaktionellen Inhalt, greift zu kurz. Denn in einem Printprodukt wie der Umschau, das bewusst als seriöse Informationsquelle positioniert ist, wirkt jeder Einleger wie eine kuratierte Empfehlung. Was hier beilag, wird nicht als beliebige Werbung wahrgenommen, sondern als Bestandteil des Kommunikationsmixes – und entfaltet damit seine Wirkung im Vertrauensraum der Apotheke.

Was bleibt, ist die Lehre, dass mediale Allianzen auch in der Gesundheitskommunikation nicht immun sind gegen ökonomische Kurzsichtigkeit. Die Apotheken sollten sich daher dringend die Frage stellen, ob sie ihre Rolle als Verteilstelle für Dritte weiterhin ohne Mitsprache erfüllen wollen – oder ob nicht ein neues Konzept für apothekennahe Patientenkommunikation entwickelt werden muss, das diese Widersprüche vermeidet. Der Vorfall mit dem „Sieh an!“-Einleger könnte der Auslöser sein für eine überfällige Debatte über Kommunikationshoheit, Werbeethik und strukturelle Solidarität.

Sparen ohne Plan, gefährden ohne Einsicht, verlieren ohne Widerstand

Warum Sachsens Kürzungspläne das Gesundheitssystem destabilisieren und die Grünen auf Versorgungssicherung pochen

Es ist haushaltspolitisch verständlich, dass Sachsen sparen muss. Aber es ist gesundheitspolitisch fahrlässig, gerade dort zu kürzen, wo das System bereits auf Kante genäht ist: in der medizinischen Versorgung. Besonders im ländlichen Raum ist der Ärztemangel nicht mehr nur ein absehbares Problem, sondern längst bittere Realität. Dass ausgerechnet jetzt, in einer Phase multipler Herausforderungen, Einschnitte bei der Weiterbildung von Fachärztinnen und Fachärzten sowie bei sektorenübergreifenden Modellprojekten wie dem Geriatrienetzwerk Ostsachsen geplant sind, zeugt von einer Prioritätensetzung, die mehr auf kurzfristige Haushaltskonsolidierung als auf mittel- und langfristige Versorgungsstabilität abzielt. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag ist das eine gefährliche Schieflage – und eine politische Einladung zur Gegenwehr.

Franziska Schubert, die Fraktionsvorsitzende der Grünen, lässt keinen Zweifel daran, dass sie den Entwurf des Doppelhaushalts 2025/2026 in dieser Form nicht mittragen kann. Ihre Diagnose: eine „Spartherapie“, die mehr zerstört als erhält. 380 unbesetzte Hausarztstellen im vergangenen Jahr seien kein Warnsignal mehr, sondern der offene Befund eines Versorgungssystems im Rückzug. Hinzu kommt der dramatische Mangel an Fachärztinnen und Fachärzten in vielen Regionen. Dass das Sozialministerium gerade jetzt Kürzungen bei Weiterbildungsbudgets und Modellprojekten wie dem geriatrischen Netzwerk in Görlitz plane, sei ein Realitätsverlust mit Ansage – insbesondere angesichts des demografischen Wandels, der eine alternde Bevölkerung nicht zur Ausnahme, sondern zur Regel macht.

Der Kontext dieser Entwicklung ist politisch wie strukturell aufgeladen. Sachsen wird von einer Minderheitsregierung aus CDU und SPD geführt, der im Landtag zehn Stimmen zur Mehrheit fehlen. Das zwingt die Koalition, oppositionelle Fraktionen frühzeitig einzubinden – in einem eigens etablierten Konsultationsmechanismus, der in Theorie Transparenz und Kompromiss ermöglichen soll. In der Praxis jedoch scheint dieser Mechanismus die grüne Opposition eher zu marginalisieren als zu inkludieren. Zwar ist die AfD von der Zusammenarbeit ausgeschlossen, was demokratietheoretisch geboten ist – doch das entbindet die Regierung nicht von der Pflicht, mit den demokratischen Fraktionen ernsthaft an tragfähigen Lösungen zu arbeiten.

Die Kürzungspläne im Bereich Gesundheit zeigen, wie schnell sich politische Kompromisse gegen das Gemeinwohl richten können, wenn ideologische Fixierungen auf Einsparungen wichtiger werden als strukturelle Vernunft. Der Verzicht auf Investitionen in die Weiterbildung gefährdet nicht nur den jetzigen Versorgungsstand, sondern zerstört auch Perspektiven für Nachwuchsmediziner. Modellprojekte, die intersektorale Zusammenarbeit fördern, wie das Geriatrienetzwerk Ostsachsen, sind keine Luxusprojekte – sie sind Bausteine für eine zukunftsfähige regionale Versorgung. Dass ausgerechnet hier der Rotstift angesetzt wird, offenbart ein Gesundheitsverständnis, das von bürokratischer Streichungslogik dominiert ist – nicht von medizinischer Verantwortung.

Hinzu kommt: Die Folgen solcher Kürzungen sind nicht nur abstrakt, sie sind konkret und betreffen Menschen. Wer heute ein geriatrisches Netzwerk zerschlägt, weil die Mittel gekürzt werden, der reduziert morgen Pflegeheime auf reine Verwahranstalten. Wer die Weiterbildung streicht, schafft übermorgen keine Nachfolger für ausscheidende Landärztinnen. Und wer die Gegenwart stabilisieren will, indem er in der Zukunft spart, untergräbt beide.

Vor diesem Hintergrund wirken die Änderungsanträge der Grünen wie ein verzweifelter Versuch, das politische Steuer herumzureißen. Tatsächlich geht es aber nicht um Parteitaktik, sondern um die Einhaltung des Verfassungsauftrags zur Daseinsvorsorge – ein Anspruch, der im Gesundheitssystem keine haushalterischen Ausnahmen duldet. Dass dieser Punkt in der parlamentarischen Debatte überhaupt umstritten ist, zeigt, wie tief die Krise der gesundheitspolitischen Orientierung reicht.

Der Haushalt wird im Juni verabschiedet – die Zeit drängt. Ob die Grünen mit ihren Änderungsanträgen durchdringen, ist offen. Aber ihre Warnung steht: „Ein dickes Minus bei unserer Gesundheit ist in jedem Fall keine Lösung.“ Wer diesen Satz ignoriert, verkennt nicht nur die Realität in Sachsens Wartezimmern, sondern auch das Versprechen politischer Verantwortung. Sparen ja – aber nicht auf Kosten der Versorgung. Wer an der falschen Stelle spart, riskiert mehr als Zahlen: Er riskiert Vertrauen, Gesundheit und das Fundament solidarischer Politik.

Inklusion verändert Alltag, Vertrauen wächst lokal, Apotheken zeigen Haltung

Wie ein Bote mit Down-Syndrom zur Versorgungsstärke beiträgt – und was andere daraus machen können

Inmitten der hitzig geführten Diskussion um Lieferengpässe, Apothekenschließungen und strukturelle Disparitäten im Gesundheitssystem scheint die folgende Geschichte beinahe zu leise. Doch wer genau hinhört, entdeckt darin eine gesellschaftliche Wucht, die sich nicht in Zahlen oder politischen Reformpapieren messen lässt: Robin Mutscheller, 37 Jahre alt, fährt an zwei Tagen in der Woche Medikamente aus – für eine Apotheke, in der er mehr ist als nur ein Teil der Botendienststruktur. Mutscheller lebt mit dem Down-Syndrom. Und weil er die Tour gemeinsam mit seinen Eltern absolviert, wird jeder Auslieferungsgang zur kleinen Familienfahrt – und zur stillen Herausforderung an die Gesundheitsbranche, Inklusion nicht als Projekt, sondern als Haltung zu begreifen.

Birgit Hölzer, Inhaberin der Apotheke, sagt es mit einfacher Klarheit: „Wir brauchten eine Lösung, und Robin ist diese Lösung.“ Die Personalnot war real, der Bedarf an verlässlicher Auslieferung ebenso. Dass beides auf eine Weise zusammenkam, die weit über organisatorische Pragmatik hinausweist, zeigt sich im Alltag: Wo andere Prozesse automatisieren, setzt Hölzer auf Beziehung. Wo andere über kulturelle Teilhabe sprechen, lebt ihr Betrieb sie – konkret, erfahrbar, menschenzentriert.

Dabei wirkt die Geschichte nicht nur innerhalb der Apotheke, sondern auch nach außen. Patientinnen und Patienten begegnen dem neuen Boten mit Offenheit, mit Wertschätzung, mit einem Lächeln. Die Resonanz sei durchweg positiv, berichtet das Team. Und das ist bemerkenswert – denn es zeigt, wie wenig Berührungsängste bestehen, wenn sich der Alltag nicht durch Ideologie, sondern durch Begegnung verändert. Was viele Programme zur beruflichen Integration bislang oft versäumt haben – nämlich die Normalisierung des Besonderen –, gelingt hier aus dem Moment heraus.

Der Blick auf das Besondere ist dabei kein Akt der Romantisierung. Inklusion ist keine PR-Strategie, sondern eine Entscheidung – für Verantwortung, für Vertrauen, für den Mut, gängige Prozesse zu hinterfragen. Wer das Beispiel Mutscheller auf andere Apotheken überträgt, erkennt sofort: Es gibt kein allgemeines Rezept. Jede Apotheke muss ihren Weg finden, jedes Team seinen Rhythmus, jedes Quartier seine Dynamik. Doch das Beispiel macht deutlich, dass sich auch in einem hochregulierten Umfeld wie dem Apothekenwesen Spielräume öffnen lassen – wenn man sie sucht.

Der Botendienst ist ohnehin ein unterschätzter Faktor im Wettbewerb mit dem Versandhandel. Er bringt nicht nur Arzneimittel, sondern auch Haltung zur Haustür. Wenn er zugleich ein Ort gelebter Inklusion wird, entstehen zusätzliche Effekte: Sichtbarkeit, Zugehörigkeit, lokale Verwurzelung. Das Vertrauen, das Apotheken für ihre Rolle in der Primärversorgung dringend brauchen, beginnt nicht selten auf dem Bürgersteig, wenn jemand die Klingel drückt und freundlich „Guten Tag, ich bin vom Apothekenbotendienst“ sagt – und dabei alle Vorstellungen davon sprengt, wie ein Bote zu sein hat.

Natürlich ist nicht jeder Tag leicht. Die Abläufe müssen eingeübt werden, die Verantwortung bleibt beim pharmazeutischen Team, und der rechtliche Rahmen erlaubt keine Kompromisse bei Qualität oder Sicherheit. Doch all das spricht nicht gegen solche Modelle – im Gegenteil: Es belegt, wie ernst man sie nimmt. Die Eltern von Robin Mutscheller begleiten ihn nicht nur aus familiärer Verbundenheit, sondern auch als Unterstützungssystem im Sinne des deutschen Arbeitsrechts. Ihre Präsenz ermöglicht eine rechtssichere, organisatorisch tragfähige Umsetzung. Das Modell ist somit nicht nur menschlich bewegend, sondern auch juristisch haltbar.

Im größeren Zusammenhang verweist der Fall auf eine Leerstelle in der Debatte über Inklusion: die Frage, wie Apotheken als soziale Räume Verantwortung übernehmen können – nicht nur als Leistungserbringer, sondern auch als Arbeitgeber. Während viele Großbetriebe über Diversity-Strategien schreiben, während Industriekonzerne ihre Inklusionsquoten angeben, bleibt das kleinteilige Gesundheitssystem oft außen vor. Und doch ist es genau dieser Bereich, in dem Begegnung unweigerlich stattfindet – direkt, unmittelbar, mit Wirkung auf beide Seiten des Tresens.

Dass Apotheken dies leisten können, zeigt das Beispiel Hölzer. Dass sie es leisten sollten, ergibt sich aus ihrer gesellschaftlichen Rolle. Denn wenn sie mehr sein wollen als Verteilzentren für Packungen, müssen sie Menschen ernst nehmen – nicht nur als Kunden, sondern auch als Kolleginnen und Kollegen. Robin Mutscheller ist kein Einzelfall im moralischen Sinne, wohl aber ein seltenes Beispiel gelebter Realität. Ihm und seiner Familie gebührt dafür Respekt. Der Branche aber stellt sich die größere Frage: Wer folgt?

Kapital als Kunst, Strategie als Selbstporträt, Realität als Prüfung

Wie DocMorris mit „Rembrandt“ die eigene Zukunft neu zeichnet – zwischen Marktlogik, Vision und regulatorischer Korrektur

Als DocMorris seine jüngste Kapitalmaßnahme unter dem Titel „Projekt Rembrandt“ veröffentlichte, mag mancher im Finanzmarkt kurz gestutzt haben. Der Name, kunstvoll und vielschichtig, zielt weit über das hinaus, was sonst nüchtern „Kapitalerhöhung“ heißt. Rembrandt, der Maler der Schatten, der Anatomien, der schonungslosen Selbstporträts – das klingt nicht nur nach Stil, sondern auch nach Risiko. Tatsächlich wurde das Projekt zu einer symbolbeladenen Operation, in der sich ökonomische Notwendigkeit, strategische Neupositionierung und mediale Selbstinszenierung auf eigentümliche Weise überlagern. Dass ausgerechnet ein Versandapothekenkonzern auf einen Künstler zurückgreift, der in Licht und Dunkelheit gleichermaßen zu Hause war, sagt viel über die Lage von DocMorris – und über den Blick der Führung auf sich selbst.

Denn hinter dem kunstvollen Titel verbirgt sich nichts Geringeres als ein massiver Eingriff in die Kapitalstruktur. Mit 200 Millionen Schweizer Franken wurde frisches Geld eingesammelt, um die Plattformstrategie des Unternehmens weiter zu finanzieren – ein Schritt, der angesichts zunehmender Kosten, wachsender politischer Skepsis und komplexer technologischer Herausforderungen kaum vermeidbar war. Zugleich aber drängt sich die Frage auf, ob damit nur Löcher gestopft oder tatsächlich neue Räume geöffnet werden sollen. Das Unternehmen, einst als Pionier der digitalen Arzneimittelversorgung gefeiert, sieht sich heute mit einem Markt konfrontiert, in dem der Wind schärfer weht – regulatorisch, wettbewerblich und reputativ. Während DocMorris expandiert, experimentiert und integriert, bleibt das Verhältnis zur stationären Apothekenlandschaft gespannt, das Vertrauen der Gesundheitspolitik fragil.

Wer sich „Rembrandt“ nennt, lädt zur Betrachtung ein – aber auch zur Kritik. Der Name ist ein Fenster, durch das man nicht nur das Projekt, sondern auch das Selbstverständnis der DocMorris-Führung betrachten kann. Es ist ein Bekenntnis zur Kunst des Möglichen, zur Eleganz der Strategie, aber auch zum Risiko der Überhöhung. Denn das Problem liegt nicht im Anspruch, sondern in der Erwartung: Der Kapitalmarkt verzeiht keine Fehleinschätzungen, und die Gesundheitspolitik verzeiht keine Arroganz. Die Herausforderung liegt daher weniger in der Kapitalerhöhung als in der Kapitalverwendung – und im Willen, nicht nur Plattform zu sein, sondern auch Partner. Ob das gelingt, entscheidet sich nicht im Rembrandt-Licht, sondern im rauen Tageslicht des regulatorischen Alltags.

Während sich Investoren wie Pelion offen zum Unternehmen bekennen, bleiben Fragen nach der Tragfähigkeit des Geschäftsmodells offen. DocMorris will mehr sein als bloßer Arzneimittelversender: Gesundheitsbegleiter, Technologieplattform, Medikationsmanager. Diese Ambitionen verlangen nach Investitionen, nach IT-Kapazitäten, nach datengestützter Infrastruktur – doch der Return on Vision lässt auf sich warten. In der Zwischenzeit steigt der Druck, messbare Ergebnisse zu liefern, und der Handlungsspielraum schrumpft. Die Plattformstrategie ist komplexer als das alte Versandgeschäft, die Margen fragiler, die Schnittstellen zur öffentlichen Hand sensibler. In dieser Gemengelage wird aus einem Finanzprojekt schnell ein Glaubwürdigkeitstest – und genau das macht „Projekt Rembrandt“ zu mehr als einer Randnotiz auf dem Kapitalmarkt.

Denn jenseits aller Zahlen bleibt das Bild, das man von sich selbst malt. DocMorris möchte in einem Zug genannt werden mit Innovation, Versorgungssicherheit und digitaler Kompetenz. Doch jedes Bild ist nur so stark wie der Blick, der es prüft. Die Öffentlichkeit ist kritischer geworden, die Branche wacher, die Politik vorsichtiger. Mit Rembrandt auf dem Deckblatt segelt man nicht automatisch in die Zukunft – man riskiert auch, dass aus Licht Schatten wird. Die Kapitalerhöhung ist damit nicht nur Finanzspritze, sondern Selbstbekenntnis: ein Versuch, Kontrolle über das eigene Narrativ zurückzugewinnen und zugleich das System zu überzeugen, dass aus dem Apotheker der digitalen Moderne kein bloßer Händler geworden ist. Das wird sich nicht im stilisierten Selbstbild entscheiden, sondern in der Praxis: am Tresen, auf dem Bildschirm, im Alltag der Versorgung. Genau dort wird sich zeigen, ob die Metapher trägt – oder ob sie verblasst wie ein schlecht konserviertes Gemälde.

Politik verkennt Nähe, Sprache verfehlt Menschen, Apotheker kontern Symbolik

Wie Steinmeiers Halbsatz ein ganzes Berufsbild verletzt – und was daraus folgen muss

Es war eine Einladung an alle, ein Angebot zum Mitmachen, ein Signal für Zusammenhalt: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier präsentierte am 23. Mai seine Vision eines künftigen nationalen Ehrentages, der Orientierung stiften und Gemeinschaft fördern soll. Doch kaum war die Ansprache verklungen, entzündete sich an einem einzigen Satz ein Sturm der Enttäuschung – nicht laut, aber schmerzhaft genau: „Da helfen junge Menschen Seniorinnen und Senioren bei WhatsApp und bei der Bestellung in der Online-Apotheke.“ Was für viele Bürgerinnen und Bürger harmlos klingt, trifft einen ganzen Berufsstand ins Mark. Es ist weniger die Rede selbst als der Subtext, der sich in diesen Satz hineinschleicht: Apothekerinnen und Apotheker als überflüssige Kulisse in einem digitalen Fortschrittsnarrativ. Menschliche Nähe, pharmazeutische Kompetenz, ortsgebundene Versorgung – all das scheint in Steinmeiers Bild nicht vorzukommen. Und doch sind es genau diese Elemente, die für Millionen Patientinnen und Patienten jeden Tag den Unterschied machen.

Der Zorn in den Apotheken kommt nicht zufällig. Er speist sich aus einem über Jahre gewachsenen Gefühl, nicht gehört, nicht gesehen, nicht gewürdigt zu werden. Wer tagtäglich unter Hochdruck gegen Lieferengpässe, Personalnot, Bürokratie und Dumpingpreise anarbeitet, wer mitunter Medikamente selbst durch das Viertel fährt, um schwerkranken Menschen das Notwendige zu bringen, der empfindet einen solchen Satz nicht als kleine Unachtsamkeit – sondern als Entwertung dessen, was vor Ort geleistet wird.

Dr. Christian Gerninghaus, Inhaber einer Apotheke in Schlitz, reagierte umgehend. Seine Worte: ein offener Appell auf Facebook, direkt an das Staatsoberhaupt gerichtet. „Das ist ein Schlag ins Gesicht von 160.000 Mitarbeitenden in deutschen Apotheken“, schreibt er. Seine Argumentation: Drei Millionen Menschen pro Tag werden in Apotheken versorgt – persönlich, qualifiziert, empathisch, ohne Umweg. Eine Leistung, die sich nicht in Logistikketten oder Versandstrukturen abbilden lässt. Der Kontrast, den Gerninghaus beschreibt, könnte schärfer nicht sein: Während sich das Bild des Bundespräsidenten auf digitale Unterstützung fokussiert, verweisen Apotheken auf kontrollierte Abgabe, Kühlketten, Beratungsqualität – und auf eine Gemeinschaft, die real statt virtuell existiert.

Dass Gerninghaus mit seinem Unmut nicht allein steht, zeigt auch die Reaktion von Dr. Christian Ude, Präsident der Landesapothekerkammer Hessen. Auf LinkedIn beschreibt er Steinmeiers Formulierung als „große Enttäuschung für einen ganzen Berufstand“. Wer an einem Tag der Verbundenheit ausgerechnet die Online-Bestellung lobt, ignoriere das, was Apotheken tagtäglich ausmache: Nähe, Vertrauen, das gesprochene Wort zwischen Menschen. In einer Zeit, in der das Gesundheitswesen unter Dauerstress steht, werde mit solchen Bildern nicht nur Symbolpolitik betrieben – sondern auch Realität verzerrt.

Es ist ein gefährlicher Trend: Wenn politische Sprache die reale Versorgungssituation übermalt, wenn ausgerechnet höchste Repräsentanten die digitale Erzählung zum Ideal verklären, dann verliert die analoge Wirklichkeit an Geltung. Genau das aber, so Ude, sei der falsche Weg. Er lädt Steinmeier in seine Apotheke ein – nicht als Protest, sondern als Einladung zum Dialog, zur Rückbindung an das echte Leben. „Wir kämpfen jeden Tag für Menschlichkeit in unserem Land“, schreibt er. Ein Satz, der klingt wie eine Mahnung.

Denn die Kränkung liegt tiefer: Sie betrifft nicht nur ein Berufsbild, sondern die grundsätzliche Wertigkeit von Präsenz. Die Vorstellung, Arzneimittel könnten wie Bücher oder Socken bestellt, verpackt und anonym versendet werden, verkennt, was Versorgung bedeutet. Es geht um Risikoerkennung, Interaktionskontrolle, Krisenberatung – oft auch um das, was kein Onlineportal leisten kann: Blickkontakt, Zwischenfragen, spontane Hilfe. Wer das nicht berücksichtigt, argumentiert aus der Ferne.

Der Bundespräsident hat kein Gesetz erlassen, keine Reform verkündet, keine Honorare gestrichen. Und doch hat er in einem entscheidenden Moment ein Bild gezeichnet, das symbolische Wirkung entfaltet. Denn wenn politische Kommunikation suggeriert, Apotheken seien verzichtbar, entzieht das dem öffentlichen Diskurs die Grundlage für eine echte Debatte über Systemrelevanz. Die Reaktion der Apothekerschaft ist also mehr als Empfindlichkeit – sie ist Ausdruck eines kollektiven Bemühens, sichtbar zu bleiben in einer Welt, die zunehmend auf Datenströme und Automatisierung setzt.

Vielleicht war es nur ein Halbsatz. Vielleicht war es gut gemeint. Doch Wirkung und Intention verlaufen in der Politik nicht immer parallel. Und wenn ausgerechnet am Ehrentag der Gesellschaft ein Berufsstand das Gefühl bekommt, nicht mehr Teil dieser Gesellschaft zu sein, dann braucht es mehr als ein Statement. Es braucht Anerkennung – nicht nur im Wort, sondern im Bild.

Frösche imitieren Technik, Forscher überschreiten Grenzen, Namen stiften Bedeutung

Wie Madagaskars neue Arten klingen wie Tricorder, zu Popikonen werden und wissenschaftliche Neugier feiern

In den nächtlichen Höhenzügen Madagaskars, fernab vom Lärm der Zivilisation, hallen pfeifende Rufe durch die tropischen Baumkronen – keine gewöhnlichen Quaklaute, sondern klangliche Miniaturen, die an die akustischen Signaturen von Tricordern, Raumgleitern oder Bootsmannspfeifen erinnern. Es sind die Lockrufe neu identifizierter Baumfroscharten aus der Gattung Boophis, deren akustische Besonderheiten nicht nur in der Fachwelt für Aufhorchen sorgen. Sie führen zu einer ungewöhnlichen Begegnung zwischen Biologie und Popkultur, zwischen entlegener Regenwald-Realität und interstellaren Science-Fiction-Visionen.

Das internationale Forschungsteam, das auf Madagaskar in entlegene Höhenzüge vordrang, tat mehr als nur zoologische Erhebungen: Es stieß auf ein taxonomisches Missverständnis mit System. Die Tiere, die in ihrer äußerlichen Morphologie bereits bekannten Arten glichen, offenbarten bei genauerer Analyse eine musikalische Eigenständigkeit – und damit das entscheidende Kriterium für ihre wissenschaftliche Neubewertung. Denn der Klang ihrer Rufe war nicht nur außergewöhnlich, sondern individuell reproduzierbar. Was bislang als Varianten derselben Spezies geführt wurde, erwies sich als eigenes Kapitel der Evolution.

In der Taxonomie zählt jeder Unterschied – das gilt für DNA-Sequenzen ebenso wie für Verhalten, Fortpflanzungsbiologie oder eben Lautmuster. Dass sich nun ausgerechnet diese Pfeiflaute als Bestimmungsmerkmal durchsetzten, ist ein seltenes, fast poetisches Beispiel für das Zusammenspiel von Sinnesbiologie und Arterkennung. Der Regenwald wird zur Bühne eines akustischen Auswahlverfahrens, bei dem nicht nur Weibchen, sondern nun auch Wissenschaftler selektieren. Die Folge: Die sieben neuen Arten wurden nicht einfach durchnummeriert, sondern erhalten Namen mit kulturellem Widerhall – Kirk, Picard, Sisko, Janeway, Archer, Burnham und Pike.

Diese Benennung ist keine Spielerei, sondern eine bewusste Wahl – mit doppelter Funktion. Sie ist erstens eine Brücke zur Öffentlichkeit, ein sprachlich-stilistischer Brückenschlag aus der Fachliteratur in die Lebenswelt einer breiteren Zielgruppe. Und sie ist zweitens ein Statement: für Forschungsfreiheit, Entdeckermut und den interdisziplinären Geist, den auch die fiktive Enterprise verkörpert. Die Parallele zwischen wissenschaftlicher Expedition und interstellarer Mission ist dabei nicht nur metaphorisch gemeint. Wer sich in Madagaskars Nebelwälder wagt, nimmt vergleichbare Risiken auf sich wie Captain Kirk bei der Landung auf unbekannten Planeten: Unwägbarkeiten, Isolation, logistische Herausforderungen, klimatische Extreme.

Dazu passt auch das überraschende akustische Ergebnis. Die Frösche nutzen eine ungewöhnlich hohe Tonfrequenz – evolutionär betrachtet ein logischer Zug, um sich inmitten tosenden Wassers, zirpender Insekten und prasselnden Regens akustisch durchzusetzen. Ihre Laute durchschneiden die Klangwand des tropischen Umfelds wie ein Signal an fremde Welten. So wird aus einem Sexualruf ein Überlebensinstrument – und in der wissenschaftlichen Rückschau ein Hinweis auf eine bislang überhörte Biodiversität.

Hier liegt auch ein zentraler Punkt: Die Verwechslungsgefahr mit optisch ähnlichen Arten verweist auf ein strukturelles Problem in der Erfassung biologischer Vielfalt. Gerade in artenreichen, schlecht erforschten Regionen drohen zahlreiche Spezies in Sammelkategorien zu verschwinden – nicht aus böser Absicht, sondern aus methodischer Begrenzung. Die Froschstudie belegt, wie entscheidend neue Ansätze – von Bioakustik bis Genetik – sind, um die biologische Wirklichkeit wirklich abzubilden. Und sie zeigt, dass Biodiversität nicht nur eine Frage des Bestands, sondern auch der Aufmerksamkeit ist.

Denn jede neue Art verändert auch den Blick auf die alten. Wenn man heute von Boophis marojezensis spricht, meint man nicht mehr einheitlich klingende Vertreter einer Population, sondern ein Mosaik individueller Stimmen – eine Kakophonie der Diversität, die plötzlich zur Sinfonie wird. Dass diese Stimmen Namen wie Picard oder Burnham tragen, mag irritieren – doch genau das ist die Stärke: Wissenschaft, die nicht abschottet, sondern erzählt. Die nicht nur klassifiziert, sondern kommuniziert. Die sich nicht hinter Fachbegriffen verschanzt, sondern kulturelle Codes nutzt, um Bedeutung zu erzeugen.

So mutiert die Forschung selbst zur Erzählung, in der Expedition, Erkenntnis und gesellschaftliche Anschlussfähigkeit ein Ganzes bilden. Der Klang dieser Frösche ist damit nicht nur Teil des natürlichen Repertoires – er ist Echo einer Idee, dass Naturbeobachtung, Kreativität und kultureller Dialog keine Gegensätze sein müssen. In diesem Sinne ist es fast folgerichtig, dass Madagaskars nächtlicher Regenwald plötzlich klingt wie ein Ort aus einer anderen Galaxie.

Glosse: Testfall auf Rezept, Theater auf Knopfdruck, Kammer als Jury

Wie Dr. Frederike Kniffke die Apotheken prüft, die Wahrheit inszeniert und mit einem Druckfehler ganze Versorgungsketten entlarvt

Wenn die Welt am HV-Tisch zur Bühne wird, ist sie nicht weit: Dr. Frederike Kniffke, PharmDr, Pseudo-Person, Kammerkraft im Auftrag der Arzneimittelsicherheit. Ihr Terrain: Rezept, Reaktion, Relevanz. Ihr Werkzeug: ein gefälschter Humira-Vordruck mit minimaler Makelgröße. Ihr Ziel: die Präzisionsprüfung unter Realbedingungen – ohne Netz, aber mit doppeltem Boden. Sie nennt es „offizinisches Erkenntnistheater“. Andere sagen: ziemlich frech.

Es ist Freitag, kurz vor Feierabend. Die Schiebetür klackt träge, die HV-Kräfte sehen müde aus, das Thermometer zeigt Apothekenalltag. Doch was dann kommt, ist ein Wechsel der Dimension: Kniffke tritt auf. Trenchcoat, Tasche, Haltung wie in einer Arte-Doku. Das Rezept in ihrer Hand ist makellos – fast. Nur die Krankenkassenzeile weicht typografisch ab, um exakt 0,4 Punkt. Wer’s merkt, gewinnt. Wer’s übersieht, hat verloren. Und das nicht nur moralisch, sondern womöglich auch finanziell: Denn die Kammer lobt zwei beitragsfreie Jahre aus. Willkommen im Wettbewerb um Wahrnehmung.

Natürlich ist Kniffke nicht allein. Ihr Begleitfahrzeug, klimaneutral, mit Spitzenausstattung und Sichtverbindung zum HV, dient der Protokollierung. Jede Codewort-Floskel, jede Reaktionssekunde wird gespeichert. „Pfiffigkeit“ ist intern gleichgesetzt mit „bestehenswürdig“. Und während Kniffke scheinbar freundlich um ein Medikament bittet, nimmt das Testprotokoll Fahrt auf. Ein falsches Stirnrunzeln, eine richtige Rückfrage – schon beginnt der apothekerliche Krimi.

Doch dann kippt das Spiel ins Surreale: Zwei echte Polizisten stürmen die Offizin, weil die Dramaturgie eine Pointe braucht. Der HV friert ein, der Inhaber schluckt. Kniffke aber bleibt cool. Mit einer Geste zwischen medizinischer Offenbarung und Showeinlage zieht sie den Kammerausweis. Es folgt eine Gratulation, ein Polaroid, ein Versprechen. Der Apothekenleiter wird auf der Kammer-Website als Reaktionschampion gefeiert – bis jemand schneller ist.

Der Kommentar ist längst Teil der Erzählung: Was wie ein Theaterstück wirkt, ist bitterer Ernst. Die Rezeptfälschungen häufen sich. Krebsmedikamente, GLP-1-Agonisten, Schmerztherapeutika – alles, was teuer ist, wird Zielscheibe krimineller Kreativität. Die Kassen warnen, das BKA alarmiert, die Realität hinkt. Kniffke ist eine Antwort darauf – überzeichnet, aber notwendig. Denn der größte Feind der Sicherheit ist nicht die Fälschung selbst, sondern ihre Unauffälligkeit. Wer sie nicht erkennt, öffnet die Tür zur Manipulation.

Ist das noch Aufklärung oder schon autorisierte Übergriffigkeit? Was als pfiffige Aktion startet, wird zum Prüfstein apothekerlicher Wachsamkeit. Und die Lehre? Niemand ist sicher. Nicht mal die Sicherheit selbst. Es sei denn, man schaut genau hin. Und kennt den Unterschied zwischen Arial 10,5 und Arial 11.

Von Engin Günder, Fachjournalist

Schaden eskaliert, Haftung greift nicht, Schutz versagt

Source: Deutsche Nachrichten
Brände, chemische Zwischenfälle, kontaminiertes Löschwasser – Apotheken können, selbst ohne eigenes Verschulden, zum Auslöser gravierender Dritt- und Umweltschäden werden, doch der Versicherungsschutz hinkt hinterher: Die klassische Betriebshaftpflicht greift in vielen Fällen nicht, wenn es um Regressforderungen durch Nachbarn, Evakuierungen von Geschäftsflächen oder ökologische Schäden in Schutzgebieten geht – genau hier setzt die Warnung der Apothekenorganisation an, die eine systematische Neuausrichtung verlangt, mit branchenspezifischen Haftpflichtlösungen, die Drittverantwortung, kontaminationsbedingte Sekundärschäden und umweltbezogene Folgekosten rechtssicher erfassen, denn eine Apotheke ist kein beliebiger Gewerbebetrieb, sondern ein komplexes Gesundheitsmodul inmitten urbaner Infrastruktur, dessen Gefahrenpotenzial bislang unterschätzt und dessen Risikoprofil oft falsch eingeschätzt wird – vom Gastronomiebetrieb bis zur Kanalisation reichen die möglichen Schadfolgen, weshalb jetzt ein runder Tisch gefordert wird, der Politik, Versicherer, Kommunen und Berufsverbände an einen Tisch bringt, um einen verpflichtenden Mindestschutz zu entwickeln, der nicht erst greift, wenn der Rauch aufsteigt, sondern vorher.

Apotheken sehen sich in ihrer täglichen Arbeit nicht nur hohen fachlichen Anforderungen ausgesetzt, sondern tragen zugleich eine erhebliche Verantwortung für ihre Umgebung. Kommt es zu einem Brandereignis oder chemischen Zwischenfall, reichen die Auswirkungen schnell über die eigene Betriebsstätte hinaus. Die Apothekenorganisation warnt vor einer gravierenden Schutzlücke im Versicherungswesen und fordert eine branchenspezifische Haftpflichtregelung, die auch Dritt- und Umweltschäden systematisch abdeckt.

“Es geht um mehr als um Eigenschutz”, erklärt ein Sprecher der Organisation. “Wenn eine Apotheke in Brand gerät, kann daraus ein massives Risiko für angrenzende Wohn- und Geschäftseinheiten, für Verkehrsflächen, für die öffentliche Infrastruktur und für naturnahe Schutzgebiete entstehen. Das klassische Haftungsmodell für Gewerbebetriebe greift hier zu kurz.”

Tatsächlich sind Apotheken aufgrund ihrer besonderen Betriebsstruktur einem komplexen Risikoprofil ausgesetzt: brennbare Substanzen, sensible Rezepturbereiche, Reinigungschemikalien, Strom- und Kälteanlagen, Gefahrstofflagerung und hoher Publikumsverkehr bilden eine Gemengelage, die im Fall eines technischen Defekts oder eines menschlichen Fehlers schnell eskalieren kann. Besonders brisant wird es, wenn Rauchgas in Nachbargebäude eindringt, kontaminiertes Löschwasser abfließt oder durch eine Evakuierung Betriebsausfälle bei benachbarten Praxen, Gastronomien oder Dienstleistern ausgelöst werden.

In der Praxis, so die Apothekenorganisation, fehlen klare versicherungsrechtliche Absicherungen für diese sogenannten Sekundärschäden. Übliche Betriebshaftpflichtversicherungen enthalten häufig keine spezifischen Deckungsklauseln für Dritt- und Umweltschäden in Folge technischer oder chemischer Ereignisse. Noch schwieriger wird es, wenn Schutzgebiete oder denkmalgeschützte Gebäude betroffen sind. Die Organisation fordert daher eine Überarbeitung der Rahmenbedingungen für Berufshaftpflichtversicherungen im pharmazeutischen Bereich.

Der Appell richtet sich nicht nur an die Apothekeninhaber, sondern auch an die Versicherungswirtschaft und die politischen Entscheidungsträger. “Wir brauchen eine realitätsnahe Bewertung der Gefahren, die aus dem Betrieb einer Apotheke entstehen können, und daraus abgeleitete Schutzinstrumente, die tragfähig, branchenspezifisch und zukunftsfest sind.”

Gleichzeitig räumt die Organisation ein, dass viele Apotheken mangels Beratung oder aus Kostengründen unzureichend versichert seien. Dies führe dazu, dass sich im Schadenfall die Haftungsfrage komplex gestalte und eine wirtschaftliche Bedrohung für alle Beteiligten entstehe. “Was wir erleben, ist ein strukturelles Risiko: Einzelne Apotheken sind nicht ausreichend gewappnet, Dritte müssen für Schäden mit ihren eigenen Versicherungen einstehen, die Allgemeinheit trägt mit.”

Die Organisation ruft daher zur Entwicklung eines verpflichtenden Mindestschutzes auf, der über die klassische Betriebshaftpflicht hinausgeht. Dieser solle sowohl Elementarschäden als auch kontaminationsbedingte Ausfälle, Umweltschäden, Regressforderungen bei Evakuierungen sowie rechtliche Graubereiche abdecken. Im Fokus steht dabei die Kombination aus Risikoprophylaxe, fachgerechter Bewertung und branchengerechter Deckung.

“Eine Apotheke ist keine einfache Verkaufsstätte. Sie ist ein sensibler Gesundheitsbetrieb mit chemischen, infrastrukturellen und rechtlichen Besonderheiten. Wenn der Versicherungsrahmen das nicht abbildet, wird das Feuer erst zum Anfang eines viel größeren Problems.”

Die Apothekenorganisation fordert einen runden Tisch mit Vertretern der Versicherungswirtschaft, Gesundheitsministerien, Kommunen und der Berufsverbände. Ziel sei es, bis Ende des Jahres verbindliche Empfehlungen für eine moderne Absicherungsstrategie vorzulegen, die im Interesse der Versorgungssicherheit, der Patientensicherheit und des öffentlichen Raums steht.

Von Matthias Engler, Fachjournalist

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Apotheken-News: Symbolik kippt, Versorgung kollabiert, Sprache entfremdet

Source: Deutsche Nachrichten
Wenn ein einzelnes Wort reicht, um ein ganzes Berufsbild zu delegitimieren, ist mehr passiert als ein rhetorischer Lapsus. Die schriftliche Version von Steinmeiers Verfassungsrede spricht von „Online-Apotheke“, wo in der gesprochenen Version noch die klassische Apotheke gemeint war – ein scheinbar kleines Detail mit großer Wirkung. Denn wer Apothekenpolitik ernst meint, kann sich semantische Unschärfen nicht leisten. Zeitgleich geraten die wirtschaftlichen Strukturen ins Wanken: Der pharmazeutische Großhandel warnt vor einem Kollaps durch ungebremsten Skontodruck, der DAV verzeichnet trotz Umsatzplus einen dramatischen Schließungsrekord, und das neue SVR-Gutachten fordert revolutionäre Eingriffe in die Preisbildung. Inmitten dieser tektonischen Verschiebungen meldet sich CDU-Ministerin Warken mit Führungsanspruch und Strukturreformambitionen in der Frauen-Union zu Wort, während in der realen Versorgungslandschaft giftige Kombitherapien, verbotene Schlankmacher und unterschätzte Mikronährstoffmängel zunehmend zur Gefahr werden. Der Mai bringt nicht nur Pollen, sondern auch den allergischen Schock einer politischen und pharmazeutischen Systemanalyse – mit Selbstbräunerillusionen, toxischen Wechselwirkungen und einer Versorgung, die auf allen Ebenen ihre Schutzschichten verliert. Was fehlt, ist nicht Symbolik, sondern Klartext. Nicht Pathos, sondern Präzision. Und vor allem: Verantwortung.

Es war nur ein Nebensatz. Und doch reicht ein einziges Wort, um die Distanz zwischen politischer Repräsentation und pharmazeutischer Wirklichkeit mit brutaler Deutlichkeit sichtbar zu machen: „Online-Apotheke“. So steht es in der schriftlichen Version der Verfassungsrede von Frank-Walter Steinmeier, wo in der gesprochenen Fassung lediglich von „der Apotheke“ die Rede war. Was für den protokollarischen Betrieb unerheblich erscheinen mag, hat im Apothekenwesen die Wucht eines Symbolbruchs. Denn in einer Zeit, in der flächendeckende Versorgung, persönliche Beratung und wohnortnahe Arzneimittelsicherheit immer fragiler werden, wirkt die beiläufige Gleichsetzung von realer und digitaler Versorgung nicht nur unsensibel – sie wirkt entlarvend.

Die öffentliche Reaktion fiel entsprechend scharf aus. Die Formulierung markiert in den Augen vieler Apotheker:innen nicht nur einen semantischen Fehlgriff, sondern einen politischen Realitätsverlust. Wer in einem Satz den stationären Ort der Versorgung gegen die digitale Bestelloption austauscht, trägt dazu bei, eine kulturelle Infrastruktur zu entwerten, die längst unter strukturellem Druck steht – ökonomisch, personell, politisch. Und es bleibt nicht beim rhetorischen Ungeschick.

Denn auch auf der ökonomischen Ebene wird das Fundament der Apothekenversorgung aktuell systematisch untergraben – etwa durch die ungebremste Skontopraxis im Großhandel. Der Phagro, Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels, schlägt Alarm: Skonti, die bislang als legitimes kaufmännisches Instrument zur Rechnungsoptimierung galten, mutieren unter politischer Ignoranz zu einem Hebel, der das gesamte Versorgungssystem destabilisieren könnte. Die Mitgliederversammlung des Verbands wurde zum Warnruf – nicht nur an die Politik, sondern auch an jene, die sich Illusionen über die Tragfähigkeit marktliberaler Routinen machen.

Hintergrund der Debatte ist das absurde Paradox, dass der vollversorgende Großhandel als Rückgrat der Arzneimittelverfügbarkeit zugleich einem Preisverfall durch Skontodruck ausgeliefert wird, der seine Existenz gefährdet. Der Ruf nach einer politisch garantierten Mindestvergütung ist daher kein Wunschzettel, sondern eine notwendige Schutzforderung – für Strukturen, die täglich unsichtbare Stabilität gewährleisten. Doch von politischer Seite kommt bislang wenig außer Absichtserklärungen. Genau hierin liegt das Problem: Die Bundesregierung beteuert regelmäßig, wie sehr ihr an einer starken Apothekenlandschaft gelegen sei – doch im Vollzug steht der Erhalt dieser Struktur auf wackeligen Beinen.

Nicht zufällig rückt in dieser Gemengelage das aktuelle Gutachten des Sachverständigenrats Gesundheit und Pflege in den Fokus. Es nimmt sich ausgerechnet jener Frage an, die wie kaum eine andere über das Schicksal der Arzneimittelversorgung entscheidet: der Preisbildung. In einer Mischung aus nüchterner Analyse und strategischer Neujustierung schlägt das Gutachten nicht nur eine effektivere Kontrolle von Einführungspreisen neuer Wirkstoffe vor, sondern fordert explizit rückwirkende Eingriffe bei unverhältnismäßigen Preisentwicklungen. Das ist nicht weniger als ein Paradigmenwechsel – und erfordert politische Entschlossenheit, die bisher nur in Form gut gemeinter Einzelfallregulierung sichtbar wurde.

Doch wie so oft wird politischer Gestaltungswille durch parteiinterne Kämpfe gebremst. Beispiel: CDU. Mit der Kandidatur von Nina Warken für den Vorsitz der Frauen-Union tritt eine Ministerin an, die Führungsanspruch und Strukturveränderung miteinander verknüpft – und damit die Unentschiedenheit der Union zwischen konservativer Selbstvergewisserung und moderner Programmatik auf den Punkt bringt. Dass sie mit Ina Scharrenbach eine starke Gegnerin hat, macht die Debatte nicht belangloser. Es geht um mehr als einen Personalwechsel – es geht um die Richtung, in der sich eine Partei mit Regierungsanspruch positioniert. Und damit auch um die Frage, ob gesundheitspolitische Herausforderungen künftig inhaltlich substanziell oder weiterhin rhetorisch abgearbeitet werden.

Denn die Datenlage ist längst alarmierend. Der Apothekenwirtschaftsbericht des Deutschen Apothekerverbands (DAV) für das Jahr 2024 zeigt: Noch nie war die Schere zwischen wirtschaftlicher Kennziffer und realer Versorgungslage so groß. Zwar steigen Umsätze leicht, doch zugleich verzeichnen wir den höchsten Schließungsstand seit Erfassung. Das ist keine paradoxe Entwicklung – das ist ein System in Selbstüberforderung. Politische Reaktionen darauf? Kaum mehr als freundliche Begleitmusik.

Das Vakuum politischer Handlungsfähigkeit füllen derweil gefährliche Grauzonen. Etwa im Onlinehandel mit illegalen Schlankmachern: Sibutramin und Phenolphthalein – zwei Substanzen mit hohem Risikoprofil und längst verboten – wurden jüngst in fünf Internetpräparaten entdeckt. Der Fall zeigt, wie weit die regulatorische Kontrolle vom digitalen Alltag entfernt ist. Selbst Produkte mit harmlos klingenden Namen wie „Royal Slim“ oder „Complex Coffee“ entpuppen sich bei genauem Blick als gesundheitsgefährdende Cocktailmischungen – ein Versagen der Vorsorgepolitik, das Verbraucher:innen ungeschützt zurücklässt.

Dabei wäre medizinische Präzision dringend gefragt – etwa im Umgang mit Allergien. 23 Millionen Menschen in Deutschland leiden darunter, doch die Versorgungsrealität ist oft defizitär. Moderne Wirkstoffe existieren, doch es mangelt an flächendeckender Anwendung und konsequenter Beratung. Apotheken könnten hier zur entscheidenden Instanz werden – wenn sie nicht durch Unterfinanzierung und strukturelle Engpässe ausgebremst würden.

Noch drastischer ist das Beispiel einer pharmakologischen Doppelbelastung, die sich im Alltag unbeachtet einschleicht: die Kombination von Methotrexat und Metamizol. Beide Wirkstoffe sind einzeln etabliert – gemeinsam jedoch potenziell toxisch. Fehlt die koordinierende Kontrolle, entsteht ein tödliches Risiko. Hier offenbart sich eine stille Eskalation im Versorgungssystem – die Warnmechanismen versagen, weil Schnittstellen unklar sind und Verantwortungen verschwimmen.

Und schließlich die unterschätzte Wechselwirkung zwischen Medikamenten und Mikronährstoffen: Was wie ein Detail klingt, wird bei Dauertherapien schnell zur Bedrohung. Arzneien, die Vitamine blockieren oder Mineralstoffe verdrängen, können bei Risikogruppen gravierende Mängel auslösen. Beratung in der Apotheke wäre der erste Schutz – doch erneut fehlen Zeit, Geld und Systemunterstützung.

Selbst in scheinbar banalen Bereichen wird deutlich, wie sehr unser Gesundheitsverständnis von Illusionen durchzogen ist. Der Selbstbräuner etwa – gefeiert als UV-freie Alternative – mag oberflächlich wirken, doch verhindert weder Strahlenschaden noch schützt er vor Hautalterung. Melanoidine erzeugen Bräune, keine Barriere. Der Schutz ist kosmetisch, nicht funktional. Das Problem ist nicht das Produkt, sondern die Verwechslung von Wirkung und Wirkungssuggestion.

Alle diese Themen – vom missverständlichen Präsidentenwort bis zur molekularen Interaktion – eint ein Befund: Unsere Gesundheitsversorgung wird zunehmend semantisch beschönigt, ökonomisch ausgehöhlt und politisch nur noch verwaltet. Die Worte stimmen oft nicht mehr mit der Realität überein. Das ist mehr als ein rhetorisches Problem – es ist ein struktureller Notruf.

Von Engin Günder, Fachjournalist

Nicht für alles geeignet: Wann Seitenkanalverdichter an ihre Grenzen stoßen

Source: Deutsche Nachrichten
Seitenkanalverdichter gelten als wahre Alleskönner: Kompakt, robust und nahezu wartungsfrei, sind sie in vielen industriellen Anwendungen im Einsatz. Doch wie neue Analysen zeigen, ist der Einsatzbereich dieser Verdichtertechnologie klar begrenzt – eine Tatsache, die bei Auslegungen häufig unterschätzt wird.

Lesen Sie diesen Beitrag auch noch einmal in unserem Blog oder kaufen Sie Seitenkanalverdichter in unserem Onlineshop SKVTechnik.

Das Unternehmen SKVTechnik aus Plauen hat in zahlreichen Kundenprojekten festgestellt, dass Seitenkanalverdichter oftmals in Situationen eingesetzt werden, für die sie technisch nicht optimal geeignet sind. Das führt nicht nur zu Effizienzverlusten, sondern kann auch teure Anlagenstillstände verursachen.

Technische Grenzen werden oft missverstanden

„Viele Anwender gehen davon aus, dass ein Seitenkanalverdichter jede Art von Luft- oder Gasförderung übernehmen kann – das ist ein weit verbreitetes Missverständnis“, erklärt ein Sprecher von SKVTechnik. „In Wahrheit gibt es physikalische Grenzen, die man kennen muss.“

Typische Problemfelder sind unter anderem:

Anwendungen mit extremem Unterdruck (unter 100 mbar absolut)

Hochdruckförderungen über 700 mbar Differenzdruck

Medien mit hoher Partikeldichte oder abrasiven Eigenschaften

Alternativen werden unterschätzt

„Gerade in der frühen Planungsphase wird selten über Alternativen nachgedacht“, so das Team von SKVTechnik. Dabei stehen heute viele Technologien zur Verfügung, die je nach Anforderung die bessere Lösung darstellen – etwa Drehkolbengebläse, Radialventilatoren oder Schraubenverdichter.

SKVTechnik bietet dafür eine neutrale Anwendungsberatung sowie ein Online-Tool zur schnellen Auslegung der optimalen Gebläsetechnologie.

Fazit: Beratung statt Fehlinvestition

Mit dieser Mitteilung möchte SKVTechnik nicht nur auf die technologischen Grenzen hinweisen, sondern sich auch als kompetenter Partner für die Auslegung individueller Lösungen positionieren. Die zentrale Botschaft: Wer frühzeitig plant und die Besonderheiten seiner Anwendung berücksichtigt, kann Kosten senken und langfristig zuverlässiger produzieren.

Detaillierte technische Informationen stehen im Datenblatt zum Download bereit.? Weitere Lösungen für industrielle Anwendungen finden Sie auf unserer Homepage: https://skvtechnik.de/Seitenkanalverdichter.

Papa Leone XIV e la «missione unica» della Chiesa di Roma

Source: The Holy See in Italian

VaticanMedia

di Gianni ValenteRoma (Agenzia Fides) – La grande storia della Chiesa di Roma è «radicata nella testimonianza di Pietro, di Paolo e di innumerevoli martiri. E la «missione unica» a cui è chiamata è quella di «essere Mater omnium Ecclesiarum, Madre di tutte le Chiese». Papa Leone XIV lo ha ricordato nell’omelia pronunciata durante la solenne Liturgia celebrata nel pomeriggio di oggi, 25 maggio, nella Basilica di San Giovanni in Laterano. Celebrazione con cui ha “preso possesso” della Cathedra romana, dando formalmente inizio al suo ministero come Vescovo di Roma.La Chiesa di Roma è «madre di tutte le Chiese». E la «dimensione materna della Chiesa», tante volte richiamata da Papa Francesco – ha spiegato il Vescovo di Roma – comprende «la tenerezza, la disponibilità al sacrificio e quella capacità di ascolto che permette non solo di soccorrere, ma spesso di prevenire i bisogni e le attese, prima ancora che siano espresse». Una sollecitudine premurosa che ha orientato le scelte della Chiesa già nei suoi primi passi, come attesta la vicenda narrata nel brano degli Atti degli Apostoli riproposta nella Liturgia del giorno, a cui Papa Leone ha fatto riferimento nella sua omelia: la riunione conosciuta come il “Concilio di Gerusalemme”, in cui Pietro e gli Apostoli, su sollecitazione di Paolo di Tarso e Barnaba, stabilirono che ai nuovi cristiani di provenienza pagana non andavano imposte le prescrizioni della Legge mosaica, e a loro andava chiesto solo «l’essenziale».Nella lettera inviata ai cristiani di Antiochia per comunicare le decisioni prese in quella riunione – ha ricordato Papa Leone – Pietro e gli Apostoli scrissero che quanto veniva disposto era «parso bene […] allo Spirito Santo e a noi». Parole che testimoniavano come «nell’intera vicenda l’ascolto più importante» che aveva reso possibile tutto il resto, era stato «quello della voce di Dio». Attestando fin da allora che «la comunione si costruisce prima di tutto “in ginocchio”, nella preghiera e in un continuo impegno di conversione». E che «noi siamo tanto più capaci di annunciare il Vangelo quanto più ce ne lasciamo conquistare e trasformare, permettendo alla potenza dello Spirito di purificarci nell’intimo, di rendere semplici le nostre parole, onesti e limpidi i nostri desideri, generose le nostre azioni».San Leone Magno e Papa LucianiPapa Leone, nella parte finale della sua omelia, ha ha espresso «il desiderio e l’impegno di entrare» nel cammino che sta compiendo la Diocesi di Roma, «mettendomi, per quanto mi sarà possibile, in ascolto di tutti, per apprendere, comprendere e decidere insieme». Il Pontefice ha chiesto a tutti un aiuto di carità e preghiera, ricordando ciò che scriveva San Leone Magno: «Tutto il bene da noi compiuto nello svolgimento del nostro ministero è opera di Cristo; e non di noi, che non possiamo nulla senza di lui, ma di lui ci gloriamo, lui da cui deriva tutta l’efficacia del nostro operare».Alle parole del Papa Santo del V Secolo cristiano, Papa Prevost ha poi aggiunto quelle pronunciate dal Beato Giovanni Paolo I il 23 settembre 1978, durante la celebrazione per la sua presa di possesso della Cathedra Romana. «San Pio X – aveva detto Papa Luciani in quell’occasione – entrando Patriarca a Venezia, aveva esclamato in San Marco: “Cosa sarebbe di me, Veneziani, se non vi amassi?”. Io dico ai romani qualcosa di simile: posso assicurarvi che vi amo, che desidero solo entrare al vostro servizio e mettere a disposizione di tutti le mie povere forze, quel poco che ho e che sono».«Anch’io» ha aggiunto Leone XIV, facendo sue le parole di Giovanni Paolo I «vi esprimo tutto il mio affetto, con il desiderio di condividere con voi, nel cammino comune, gioie e dolori, fatiche e speranze. Anch’io vi offro “quel poco che ho e che sono”, e lo affido all’intercessione dei Santi Pietro e Paolo e di tanti altri fratelli e sorelle la cui santità ha illuminato la storia di questa Chiesa e le vie di questa città. La Vergine Maria» ha soggiunto, concludendo l’omelia «ci accompagni e interceda per noi». (Agenzia Fides 25/5/2025)
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