Berylls by AlixPartners TOP 100-Zuliefererstudie 2025

Source: Deutsche Nachrichten
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  • Nach kurzer Erholungsphase gerät die globale Zuliefererindustrie 2024 erneut in die Defensive.
     
  • Sinkende Fahrzeugproduktion und zunehmender Druck auf die OEMs haben den positiven Trend der Zulieferer beendet.
     
  • Relativ stabile Margen stehen rückläufigen Umsätzen entgegen.
     
  • Druck auf deutsche und japanische Zulieferer nimmt erheblich zu, die größten Gewinner kommen erneut aus Asien.
     
  • Batterie- und Chiphersteller können nicht mehr glänzen.
     
  • Automobilzulieferer suchen sich neue Zielsegmente.

Mit der TOP 100 Zuliefererstudie 2025 beleuchtet Berylls by AlixPartners in diesem Jahr bereits zum vierzehnten Mal in Folge die Entwicklungen und Herausforderungen der weltweit 100 größten Automobilzulieferer. Die positive Nachricht ist, dass viele Unternehmen der Branche ihre Margen im Vergleich zum Vorjahr halten konnten. Allerdings sank der Umsatz der Branche spürbar. Der Gesamtumsatz der 100 größten Automobilzulieferer weltweit verringerte sich von 1,135 Billionen auf 1,085 Billionen Euro – ein Rückgang von 4,6 Prozent. Damit endet die dreijährige Wachstumsphase nach Corona abrupt.

Noch im Jahr 2023 wurde das Wachstum der Branche durch eine gestiegene Nachfrage nach Neufahrzeugen vor allem in Nordamerika und Europa befeuert. Im Jahr 2024 mussten die OEMs allerdings einen Umsatzrückgang verzeichnen: Er sank von 1,77 Billionen auf 1,73 Billionen Euro. Eine ausbleibende Nachfrage nach E-Autos war dafür zum großen Teil verantwortlich und hatte einen negativen Einfluss auf die gesamte Lieferkette. In der Folge hatten insbesondere die Akkuhersteller mit starken Rückgängen, von bis zu 41,5 Prozent, zu kämpfen. Sie waren zuvor jahrelang mit den höchsten Wachstumsraten wichtige Erfolgstreiber in der Branche. Auch die Halbleiter-Hersteller gehörten regelmäßig zu ihnen, aber auch ihre Performance hat im letzten Jahr deutlich nachgelassen.

Trotz der extrem herausfordernden Marktbedingungen blieb die umsatzgewichtete Marge der TOP 100 nahezu konstant und liegt in der aktuellen Studie bei 5,8 Prozent (Vorjahr 5,9 Prozent). Offenbar zeigen die zahlreichen Spar- und Restrukturierungsprogramme hier ihre Wirkung.

Europäische Zulieferer stehen unter besonderem Druck

Die weltweite Fahrzeugproduktion sank im vergangenen Jahr um 2,2 Prozent. In Europa war der Rückgang mit fünf Prozent deutlich größer und die Produktionszahlen fielen damit auf das Vor-Corona-Niveau zurück. Entsprechend schlecht waren die Produktionskapazitäten ausgelastet. Deutsche Werke erreichten im Durchschnitt eine Auslastung von 68 Prozent und waren damit weit von den effizienten 85 Prozent entfernt. Der Einfluss auf die Zulieferer ist unmittelbar. So mussten 27 der 34 europäischen Zulieferer im TOP 100-Ranking ein Umsatzminus gegenüber dem Vorjahr hinnehmen. Zwei von drei italienischen TOP 100-Zulieferern mussten einen Umsatzrückgang hinnehmen. Bei den amerikanischen Unternehmen waren zehn von 16 betroffen und bei den japanischen Suppliern sogar 20 von 22.

Auch im internationalen Vergleich zeigt sich, dass Zulieferer in den klassischen Autonationen mit erheblichen Anpassungsschwierigkeiten kämpfen. So verzeichneten Japan, die USA und Deutschland zwischen 2019 und 2024 den größten Verlust an Unternehmen im TOP 100-Ranking. In Japan fielen fünf, in den USA und Deutschland jeweils drei Zulieferer unter jene Schwelle, die die Einstiegshürde für das TOP 100-Ranking bildet. In der aktuellen Übersicht liegt diese Schwelle bei 3,37 Milliarden Euro.

Obwohl das deutsche BIP seit 2019 um 19 Prozent gewachsen ist, lag das kumulierte Umsatzwachstum der deutschen Zulieferer lediglich bei acht Prozent. Diese Diskrepanz ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass die seit Jahrzehnten starke Position der deutschen Zulieferer im globalen Wettbewerb zunehmend erodiert.

Noch gravierender ist die Entwicklung in Japan. Dort fiel das nominale BIP von 2019 bis 2024 um 20 Prozent. Im selben Zeitraum sank der Umsatzanteil der TOP 100-Zulieferer aus Japan um sieben Prozent. Diese Zahlen verdeutlichen, wie tiefgreifend die japanische Zuliefererindustrie von wirtschaftlicher Stagnation und strukturellen Herausforderungen betroffen ist.

Wirtschaftlicher Erfolg der US-Wirtschaft, die Zuliefererindustrie hinkt hinterher

In den USA wuchs das BIP von 2019 bis 2024 um enorme 35 Prozent. Doch auch hier konnten die Zulieferer mit diesem Wachstum nicht Schritt halten. Der Umsatzanteil US-amerikanischer Zulieferer stieg lediglich um 15 Prozent. Diese Kluft zwischen nationalem Wachstum und den Ergebnissen der Zuliefererindustrie macht deutlich, dass die Automobilindustrie in vielen Ländern nicht mehr als Wirtschaftsmotor fungiert. Zudem weist sie auf strukturelle Probleme hin, wie den verschärften internationalen Wettbewerb – insbesondere durch die asiatische Konkurrenz.

Ein anderes Bild zeigt sich in Ländern, die es geschafft haben, ihre Zulieferer besser aufzustellen. In Korea, China, Frankreich, Irland, Schweden, Spanien, Indien, der Schweiz und den Niederlanden stiegen die Umsätze der TOP 100-Zulieferer zwischen 2019 und 2024 stärker als das jeweilige BIP. Diese Länder profitieren vielfach von ihrer Spezialisierung in wachstumsstarken Technologiefeldern sowie von einer konsequenten Industriepolitik, die Innovation und Internationalisierung fördert.

China sticht dabei besonders hervor: Zwischen 2018 und 2023 wurden lediglich drei neue chinesische Zulieferer in das globale TOP 100-Ranking aufgenommen, im Jahr 2024 kamen allein vier neue Unternehmen hinzu. Dabei handelt es sich um Huizhou Desay, einen Anbieter von Cockpit-Elektronik und Infotainmentsystemen, Ningbo Tuopu, einen Spezialisten für Fahrwerk- und Dämm-Komponenten gegen Noise-Vibration-Harshness, Huawei, der Technologiekonzern, der im Automobilbereich insbesondere bei Konnektivität und Softwarelösungen aktiv ist, sowie NBHX, eine Unternehmensgruppe, die Innenausstattungs- und Dekorelemente herstellt.

Diese Neuzugänge tragen maßgeblich dazu bei, dass die chinesischen TOP 100-Zulieferer das nationale BIP-Wachstum von 27 Prozent im Zeitraum von 2019 bis 2024 mit einer bemerkenswerten Steigerung des Umsatzes um 139 Prozent übertreffen konnten. Ihr rapider Aufstieg unterstreicht den wachsenden Einfluss chinesischer Unternehmen auf globaler Ebene. Erwähnenswert ist auch, dass viele chinesische Zulieferer klassische Komponenten fertigen und damit erfolgreich in die Top 100 vorstoßen oder sich dort seit Jahren behaupten.

Insgesamt zeigt sich: Die rückläufige Fahrzeugproduktion und das schwache wirtschaftliche Umfeld belasten weite Teile der globalen Zuliefererindustrie – vor allem in den europäischen Autonationen und in Japan. Japan und Deutschland belegen zwar nach wie vor die ersten beiden Plätze im Ranking, der Vorsprung zu den chinesischen Zulieferern schrumpft jedoch rapide.

Erzeugerpreise in Europa wieder wettbewerbsfähiger

Eine positive Entwicklung ist bei den Erzeugerpreisen zu verzeichnen: In Deutschland, den USA und China sind die Preise für zentrale Produktionsfaktoren wie Strom, Erdgas, Stahl und Aluminium deutlich gesunken. Dies führt kurzfristig zu Entlastungen in der Kostenstruktur produzierender Unternehmen. Besonders in den USA war der Rückgang bei den Gaspreisen erheblich, während in Deutschland Strom und Basismetalle günstiger wurden.

Diese Kostenentwicklung hat jedoch auch eine Kehrseite: Der Produktionsstandort China profitiert besonders stark von sinkenden Kosten. Chinesische Anbieter nutzen ihre günstige Kostenstruktur zunehmend auf den globalen Märkten. Insbesondere im Bereich Elektromobilität und Batterietechnik verschärft sich der Preiswettbewerb weiter und setzt europäische Zulieferer zusätzlich unter Druck.

Angesichts des herausfordernden Umfelds und stagnierender Absatzmärkte setzen viele Zulieferer auf strategische Diversifikation. So stieg der Anteil der Umsätze außerhalb des Automotive-Kerngeschäfts im Jahr 2024 auf 17,5 Prozent. Besonders gefragt sind Zukunftsbranchen mit stabiler Nachfrage und hoher Technologiedurchdringung.
Die bevorzugten Zielsegmente sind: Heiz- und Klimatechnologie, industrielle Automation und Robotik, Medizintechnik sowie nachhaltige Bautechnologien. Die Expansion erfolgt dabei häufig über Akquisitionen.
Die Zielsetzung ist eindeutig: Zulieferer wollen und müssen sich unabhängiger vom klassischen Fahrzeugmarkt machen. In einem Umfeld, in dem das Produktionsvolumen bestenfalls schwankt, meist aber eher sinkt und Technologiepfade unsicher sind, wird Widerstandsfähigkeit durch Diversifikation geschaffen.

Die kommenden Jahre verlangen ausgeprägte Anpassungsfähigkeit

Eine grundlegende Entspannung ist für 2025 nicht zu erwarten, denn die Rahmenbedingungen bleiben hart. Als Beispiel mag Marelli dienen. Der Elektronik und Software-Anbieter musste vor Kurzem Insolvenz anmelden, weil das Absatzvolumen seiner größten Kunden massiv geschrumpft ist und das Import/Export orientierte Unternehmen hart von den neuen Zöllen getroffen wird. Dieses Beispiel zeigt, wie sehr die Industrie sich mit geopolitischen Spannungen, zunehmendem Protektionismus, steigenden Finanzierungskosten sowie einem globalen Wettbewerb um Technologieführerschaft und Talente konfrontiert sieht.

Zulieferer, die jetzt vorausschauend ihre Strategie anpassen, ihre Portfolios differenzieren und sich regional breiter aufstellen, werden sich durchsetzen. In einem Umfeld, das keine Fehler verzeiht, bilden Resilienz und Anpassungsfähigkeit die Basis für wirtschaftliche Stärke. Automobilzulieferer zeichnen sich heute nicht durch Größe oder Tradition aus, sondern durch Agilität, technologische Relevanz und die Fähigkeit, in unsicheren Zeiten belastbare Entscheidungen zu treffen.

Die Tabelle zur Studie und weitere Informationen, finden Sie im Anhang.

Mehr Infos unter: https://www.berylls.com/…

Grundlage der Studie sind Unternehmensveröffentlichungen wie Pressemitteilungen, Geschäftsberichte und Presseberichte