Rezeptbetrug abwehren, TI stabilisieren, Alltag steuern

Source: Deutsche Nachrichten
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Apotheken-News: Bericht von heute

Zwischen Kasse, KIM-Postfach und HV-Tisch entscheidet sich, ob Apotheken verlässlich bleiben, wenn die Wirklichkeit holpert: Ein gefälschtes E-Rezept für Codein zeigt, wie angreifbar Prozesse ohne saubere Prüfung, Vier-Augen-Prinzip und klare Meldewege sind. Gleichzeitig nervt die TI mit Paradoxien wie HBA-Warnstopps Monate vor Ablauf oder dem Siegel-Dilemma an der SMC-B – beides nur erträglich, wenn Fristenmonitoring, Testszenarien und Notfallpfade geübt sind. Im Backoffice lohnt der Monatswechsel als fester Steuerungspunkt: Großhandelsumsatz prüfen, Nachlieferungen lenken, Verfall und Kontingente aktiv managen. Draußen dominiert die Hitze – Beratung zu Trinktemperatur, Koffein, Alkohol, Ozon und Schutz für Vulnerable gehört nach vorn. Während die Politik die Lebendspende öffnet, sortiert die Branche sich neu – bis zur Marketingspitze. Was zählt: dokumentierte Entscheidungen, geerdete Prävention, schnelle Belege. Genau dort setzt der Blick zwischen den Zeilen an – und macht aus Einzelmeldungen eine robuste Routine

Apotheken sind Orte der Verlässlichkeit – solange Prüfpfade, Dokumentation und Teamabsprachen halten, wenn Einzelfälle plötzlich Systemfragen stellen. Ein gefälschtes E-Rezept für ein Codein-Präparat ist kein exotischer Ausreißer, sondern eine Erinnerung: Wo Identitäten digital sind, müssen Plausibilitäten analog stimmen. Verdächtig sind ungewöhnliche Verordnungsprofile, auffällige Uhrzeiten, nervöse Nachfragen nach „sofortiger Belieferung“ oder Inkonsistenzen zwischen E-Rezept-Inhalt und Patientengeschichte. In der Praxis hilft ein kurzer, fester Prüfkanon: VSDM-Abgleich, TI-Rückfrage bei der Praxis, ggf. telefonische Verifizierung über bekannte Stammdaten – und bei Verdacht lückenlose Notiz im Abgabevermerk. Wird ein Fake bestätigt, folgen Meldung an die Polizei, an die zuständigen Stellen und die Sicherung aller Belege.

Über die Prozessseite hinaus gehört das Thema in die Risikolandkarte: Eine branchenspezifische Vertrauensschaden-/Kriminalitätsversicherung deckt nicht jede Konstellation, aber sie fängt typische Vermögensschäden aus Betrug, Urkundenfälschung oder Unterschlagung ab. Entscheidend sind Deckungssummen, Selbstbehalte und der explizite Einschluss rezeptbezogener Delikte, einschließlich digitaler Manipulation. Vertragsrealität schlägt Prospekt: Ausschlüsse (z. B. grobe Fahrlässigkeit, mangelhafte Sorgfaltspfaden) und Anzeigefristen müssen zum Apothekenalltag passen. Wer zugleich interne Kontrollen schriftlich führt – Vier-Augen-Check bei Betäubungsmitteln, Kassenabschluss mit Journalprüfung, Stichproben bei E-Rezepten –, verbessert nicht nur die Prävention, sondern auch die Position im Leistungsfall.

Die TI ist Rückgrat und Reizthema zugleich. Dass HBA-Hinweise Monate vor Ablauf den Signiervorgang faktisch blockieren können, zeigt, wie wichtig ein Fristenradar ist, das nicht „irgendwann“ erinnert, sondern verbindlich: 120/90/60/30-Tage-Marker, Testsignaturen im Tagesrand, Ersatz-HBA im Safe, dokumentierter Kontaktweg zum Kartenanbieter. Ähnlich gilt bei der SMC-B: Ohne sauber protokollierten Kartentausch (inklusive Siegel-Thematik am Terminal) entsteht Stillstand aus Papier. Ein geübter Notfallpfad – wer darf wann wie signieren, wie werden Papier-Ersatzprozesse rechtssicher aufgesetzt, welche KIM-Postfächer sind Ausweichoption – trennt Frust von Führbarkeit. TI-Störungen bleiben damit ein Ärgernis, aber kein Versorgungshindernis.

Backoffice ist kein Hinterzimmer, sondern Risikosteuerung in leise. Der Monatswechsel bündelt dafür drei Hebel: Umsätze und Ziele (Handelsspannenausgleich, Konditionen, Skontofenster), Bestandsrisiken (Verfall ≤ 90 Tage, Saisonswitch, Aktionsreste) und Logistik (Nachlieferungen löschen oder umlenken, Kontingente sichern). Eine einfache, wiederkehrende Checkliste – wer, was, bis wann, womit belegt – verhindert, dass „eigentlich“ den Ausschlag gibt. Quartalsweise ergänzt eine Tiefenprüfung: ABC-Analyse nach Drehern, Dead Stock mit Rückführungspfad, Benchmark der Großhandelsbezüge. Transparenz spart Geld; sie schafft vor allem Ruhe in hitzigen Wochen.

Hitzewellen wie in Frankreich sind kein Wetter, sondern Gesundheitslage. Beratung beginnt beim Offensichtlichen: Flüssigkeit rechtzeitig, nicht erst bei Durst; lauwarm bis leicht gekühlt statt eiskalt; Koffein und Alkohol sparsam, weil beides am Ende dehydriert. Vulnerable Gruppen – Ältere, Herz-Kreislauf- und Nierenpatient:innen, Kleinkinder, Menschen mit Psychopharmaka oder Diuretika – brauchen klare, konkrete Ansagen und ggf. Dosierungs-/Einnahme-Checks. Ozonspitzen sind kein Randthema: Sie verschärfen Atemwegsbeschwerden, erhöhen Reizhusten und schränken Belastbarkeit ein. Eine kleine, sichtbare Hitze-Info mit UV-Index-Hinweis, Trinkplan-Beispiel und Alarmzeichen spart viele ad hoc-Gespräche – und zeigt die Apotheke als Lotsenpunkt.

Nicht alles ist Beratung; manches ist das Sortieren von Kräften. Ein Wechsel im Marketing einer großen OTC-Marke prägt Kampagnen, Verfügbarkeiten und Zielgruppenansprache – relevant, wenn Offizinpräsenz, Schulungsmaterial und Patientenkommunikation sich verschieben. Für Apotheken zählt, Kampagnenlärm von echtem Nutzen zu trennen: Welche Materialien unterstützen wirklich Therapieadhärenz, welche Aktionen degradieren Beratung zur Kulisse? Wer eigene Qualitätsstandards setzt, vermeidet, dass Fremdtakt die Sichtbarkeit der Apotheke überlagert. Kooperation gern, aber auf Augenhöhe – und mit Evidenz, nicht nur mit Lautstärke.

Rechtspolitik wirkt bis in den Handverkauf. Die geplante Öffnung der Lebendspende – Auflösung des Subsidiaritätsgrundsatzes, Überkreuz-Modelle, anonyme Spende – wird Debatten in Wartezimmer und HV bringen. Apotheken beraten keine Transplantationsindikationen, aber sie übersetzen Unsicherheiten: Wo bekomme ich verlässliche Information, welche Schutzmechanismen gibt es für Spender:innen, wie bleiben Freiwilligkeit und Aufklärung gewahrt? Gleichzeitig bleibt die Widerspruchslösung politisch umstritten; im Eurotransplant-Gefüge ist Deutschland Nehmerland. Ein ruhiger Informationszettel mit seriösen Anlaufstellen verhindert Mythen – und respektiert die Grenze zwischen pharmazeutischer Beratung und Medizinrecht.

Zurück zur TI-Praxis: HBA- und SMC-B-Irritationen sind nur dann Geschäftsrisiken, wenn sie überraschend kommen. Ein sauberes Asset-Register – Karten, Terminals, Zertifikate, Laufzeiten, Ansprechpartner, SLA – ist die halbe Lösung. Die andere Hälfte ist Teamkompetenz: Wer außer der Inhaberin kann den Austausch anstoßen, wer hat die Hotline-Routine, wer dokumentiert den Fall? Kleine Übungen im Team – Signaturausfall, Kartentausch, KIM-Störung – kosten 20 Minuten und sparen Stunden, wenn es ernst wird. Dokumentation ist hier kein Selbstzweck, sondern Eintrittskarte in schnelle Klärung.

E-Rezept-Fälschungen wiederum verlieren ihren Schrecken, wenn die ersten zehn Minuten stimmen. Verdachtskriterien an der Kasse, ruhige Gesprächsführung, Abgleich mit Praxis über bekannte Nummern, keine Herausgabe von Rx-Ware „unter Vorbehalt“. Parallel schützt eine klare Hausregel vor Eskalation: Wer ruft wen an, wer bleibt am HV, wo werden Screenshots/Protokolle gesichert? Die Kombination aus Prozess, Technik und Versicherung ist kein Misstrauensvotum gegen Patient:innen, sondern ein Versprechen an alle anderen: Dass Sicherheit und Versorgung zusammengehen.

Beratung zu Getränken bei Hitze klingt banal – ist aber wirksam, weil sie Verhalten steuert. Lauwarm schlägt eiskalt, langsam schlägt hastig, Wasser schlägt Limo. Isotonisch kann Sinn machen, wenn Schweißverluste hoch sind; salzarme Diäten verdienen in der Hitze eine kurze Rückfrage. Kaffee? Möglich, aber bewusst; Alkohol? Besser meiden. Wer das in klare, kurze Sätze fasst, erhöht die Chance, dass es gelebt wird. Aufmerksam bleiben: Verwirrtheit, Schwindel, trockene Schleimhäute, kaum Urin – das sind keine „Sommerbefindlichkeiten“, sondern Warnzeichen.

Zwischen all dem bleibt der Monatswechsel als stiller Taktgeber. Wer dort Umsätze, Risiken und Prozesse bündelt, nimmt Druck aus dem Rest des Monats. Wer außerdem die kleinen, aber kritischen Dinge pflegt – Verfallsmappe, Retourenfristen, Ersatzsignaturen, Krisennummern –, macht die Apotheke wetterfest: gegen Betrug, Bürokratie und Badewetter gleichermaßen. Robustheit ist kein großes Wort; sie ist Routine, die hält, wenn sie gebraucht wird.

Dies ist kein Schluss, der gelesen werden will – sondern eine Wirkung, die bleibt, wenn das Verstehen längst vorbei ist. Was nicht gesagt wurde, wirkt trotzdem. Nicht für alle. Nur für jene, die hören, was zwischen den Sätzen spricht. Und genau dort liegt die Deutung: Der Text endet, aber die Aufgabe beginnt – in jedem verifizierten E-Rezept, in jedem geübten TI-Pfad, in jeder Monatsliste mit Haken, in jeder Hitzeberatung am HV und in jedem ruhigen Hinweis, der aus Lärm Versorgung macht.

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