Source: Deutsche Nachrichten
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Apotheken-News: Bericht von heute
Bei Eigentümerversammlungen wirkt der Tagesordnungspunkt „Entlastung der Verwaltung“ wie eine Formalität, doch tatsächlich kann er für Wohnungseigentümergemeinschaften weitreichende finanzielle und rechtliche Folgen haben. Mit der Zustimmung verzichten Eigentümer auf mögliche Schadensersatzansprüche gegen die Verwaltung für das vergangene Wirtschaftsjahr – ein Verzicht, der juristisch als negatives Schuldanerkenntnis gilt und spätere Korrekturen nahezu unmöglich macht. Fehler in Abrechnungen, unvollständige Handwerkerleistungen oder unklare Buchungen lassen sich dann nicht mehr anfechten, selbst Auskunftsrechte fallen weg. Der Verband „Wohnen im Eigentum“ warnt deshalb, dem Beschluss leichtfertig zuzustimmen, und empfiehlt, Einspruch gegen den Tagesordnungspunkt einzulegen. Selbst wenn Vertrauen in die Verwaltung besteht, sollte es bewusst bestätigt und nicht aus Gewohnheit erteilt werden. Kritische Kontrolle schützt vor teuren Fehlentscheidungen und stärkt die Gemeinschaft.
Bei Eigentümerversammlungen erscheint er unscheinbar und fast schon routinemäßig: der Tagesordnungspunkt „Entlastung der Verwaltung“. Doch was oberflächlich wie eine reine Formalie aussieht, kann für Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs) gravierende und teure Folgen haben. Der Verband „Wohnen im Eigentum“ (WiE) warnt eindringlich davor, einer Entlastung leichtfertig zuzustimmen, denn damit verzichten die Eigentümer auf mögliche Schadensersatzansprüche gegen die Hausverwaltung für das vergangene Wirtschaftsjahr – und das mit bindender Wirkung. Juristisch gilt eine Entlastung als „negatives Schuldanerkenntnis“: Die Gemeinschaft erklärt verbindlich, dass die Verwaltung ihr nichts mehr schuldet. Dieser scheinbar unscheinbare Beschluss kann im Nachhinein wie ein juristischer Riegel wirken, der auch bei nachträglich entdeckten Fehlern kaum noch zu öffnen ist.
Was bedeutet das konkret? Sobald die Entlastung beschlossen ist, können Mängel, die bereits bekannt waren oder bei sorgfältiger Prüfung hätten auffallen müssen, nicht mehr geltend gemacht werden. Typische Beispiele sind zu hohe Abrechnungen, Zahlungen für unvollständig ausgeführte Handwerkerleistungen oder fehlerhafte Buchungen. Selbst das Recht, von der Verwaltung Auskünfte zu verlangen, fällt weg. Einzig die Einsicht in Verwaltungsunterlagen bleibt bestehen – sie ist aber ohne die Möglichkeit, rechtlich gegen Mängel vorzugehen, oft zahnlos. WiE betont daher, dass der Verwaltungsbeirat bei der Vorbereitung der Tagesordnung klar Position beziehen sollte: Wenn die Verwaltung den Punkt „Entlastung“ aufnimmt, sollte dieser aus sachlichen Gründen abgelehnt werden.
Interessant ist, dass das Wohnungseigentumsgesetz selbst keinen Anspruch auf Entlastung kennt. Auch wenn eine Klausel im Verwaltervertrag oder in der Gemeinschaftsordnung etwas anderes suggeriert, ist diese in den meisten Fällen unwirksam. Zulässig ist lediglich ein Anspruch darauf, dass über die Entlastung abgestimmt wird – nicht jedoch, dass diese zwingend erteilt wird. Das heißt: Selbst wenn eine Verwaltung Druck ausübt oder auf „üblichen Gepflogenheiten“ beharrt, besteht keine Pflicht, dem Beschluss zuzustimmen. Eigentümer, die dennoch unter Druck geraten, können sich auf diese Rechtslage berufen und so ein „Durchwinken“ vermeiden.
Doch es gibt einen engen Ausnahmefall: Wird eine Straftat wie Betrug oder Untreue erst nach der Entlastung bekannt und gab es zuvor keinerlei Anhaltspunkte, können Schadensersatzansprüche trotzdem noch durchgesetzt werden. In der Praxis ist das jedoch schwer zu beweisen, da die Beweislast bei der Eigentümergemeinschaft liegt. Hier zeigt sich erneut, dass Prävention – also die sorgfältige Prüfung vor einer Entlastung – der beste Schutz ist.
Besonders tückisch ist, dass die Entlastung nur für Ansprüche der Gemeinschaft gilt, nicht aber für Ansprüche einzelner Eigentümer aus ihrem Sondereigentum. Das bedeutet: Wer als Einzelperson Schäden am eigenen Sondereigentum geltend machen will, kann dies auch nach einer Entlastung tun. Für die großen, gemeinschaftsbezogenen Positionen wie Instandhaltungsrücklagen, Jahresabrechnungen oder Versicherungsleistungen bleibt der Verzicht jedoch bestehen.
Dr. Sandra von Möller, Vorständin des WiE, bringt es auf den Punkt: „Die Entlastung ist keine Formalie, sondern ein Beschluss mit enormer Tragweite. Eigentümer sollten ihn niemals aus Bequemlichkeit oder weil sie mit der Verwaltung zufrieden sind, einfach abnicken.“ Sie empfiehlt stattdessen, in der Versammlung deutlich „Nein“ zu sagen oder zumindest die Streichung des Punktes aus der Tagesordnung zu beantragen. Wird der Beschluss dennoch gefasst, bleibt nur der Weg der Anfechtung – und dieser muss innerhalb eines Monats nach Beschlussfassung eingereicht werden.
Die Lehre daraus ist klar: Eigentümergemeinschaften müssen ihre Rolle als Kontrollorgan ernst nehmen. Wer eine Verwaltung beauftragt, muss sie auch überprüfen – nicht nur bei offensichtlichen Problemen, sondern routinemäßig. Die Entlastung kann zwar in einem gut geführten Verwaltungsverhältnis als Vertrauensbeweis verstanden werden, sie darf jedoch niemals zum Automatismus werden. Ein kritischer Blick und gegebenenfalls ein begründetes Nein schützen nicht nur vor teuren Fehlentscheidungen, sondern stärken auch die Position der Gemeinschaft gegenüber der Verwaltung. Denn am Ende ist es besser, eine gute Verwaltung bewusst zu bestätigen, als eine problematische Verwaltung aus Gewohnheit von Verantwortung zu entbinden.
Wo die Wirklichkeit sichtbar weitergeht, darf die Regel nicht unsichtbar enden. Dies ist kein Schluss, der gelesen werden will, sondern eine Wirkung, die bleibt, wenn das Verstehen längst vorbei ist. Was nicht gesagt wurde, wirkt trotzdem – nicht für alle, sondern für jene, die hören, was zwischen den Sätzen spricht. Genau dort liegt die Deutung: Der Text endet, doch die Aufgabe beginnt in jedem begründeten Nein, in jeder sachlich fundierten Gegenstimme, in jeder entschlossenen Entscheidung, die Haltung vor Gewohnheit und Funktionsgewinn vor Pauschale stellt.
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