Apotheken-Nachrichten zeigen, wie Versorgung ins Wanken gerät, wie Anerkennung Struktur braucht, wie Normalität zum Therapieziel wird

Source: Deutsche Nachrichten
 

Apotheken-News: Bericht von heute

Wenn Versorgungssysteme ins Wanken geraten, zeigt sich, wie eng wirtschaftliche Stabilität, regulatorische Klarheit und medizinische Praxis miteinander verwoben sind. Die Folgen von Insolvenzen in zentralen Strukturen treffen nicht nur Betriebe, sondern auch die Versorgungssicherheit, während gleichzeitig der Mangel an pharmazeutischen Fachkräften eine politische und rechtliche Anerkennungsfrage aufwirft. Wer aus dem Ausland kommt, stößt auf bürokratische Hürden, die dringend nach klaren Verfahren verlangen, weil fehlende Strukturen Lücken in Teams vertiefen. Hinzu kommen Belastungen durch Prüfungen, die in einzelnen Regionen besonders sichtbar machen, wie der Druck auf den Nachwuchs wächst, wenn Transparenz, Vergleichbarkeit und Erwartungsmanagement nicht gewährleistet sind. Und während an den Schnittstellen der Gesundheitsberufe um Abläufe gerungen wird, stellt die Onkologie eine Frage, die über Strukturen hinausweist: Wie kann Normalität für Krebspatienten Realität werden? Zusammen betrachtet, zeigt sich ein Bild, in dem wirtschaftliche Stabilität, klare Anerkennung und humane Versorgung nur im Gleichgewicht zukunftsfähig sind.

Nachfolge sichern, Verantwortung teilen, Zukunft gestalten

Wie der Apotheker Thomas Rochell mit seinem Neffen Julius einen Verbund in Westfalen übergibt und warum rechtzeitige Planung das Fundament jeder Nachfolge ist

Wer in der Apotheke Verantwortung trägt, weiß: Zukunftsplanung beginnt nicht erst mit den ersten Gedanken an den Ruhestand, sondern lange zuvor. Thomas Rochell, Vorsitzender des Apothekerverbands Westfalen-Lippe, hat diese Lektion nicht nur für sich selbst verinnerlicht, sondern für seine drei Apotheken im Kreis Höxter praktisch umgesetzt. Seit zwei Jahren führt er die Betriebe gemeinsam mit seinem Neffen Julius, zunächst als angestellten Apotheker, seit Juli 2023 als gleichberechtigten Partner in einer offenen Handelsgesellschaft. Der Schritt ist für beide mehr als ein organisatorisches Konstrukt: Es ist ein bewusst gestaltetes Modell, das Sicherheit, Vertrauen und Zukunftsfähigkeit miteinander verbindet.

Dass eine solche Übergabe nicht aus dem Stand gelingt, zeigt Rochells eigene Erfahrung. Als er mit 28 Jahren seine erste Apotheke gründen wollte, stand das Projekt auf der Kippe. Banken verlangten Sicherheiten und Bürgschaften, die er kaum leisten konnte. Der Aufbau war mühsam, der Rückschlag stets eine greifbare Gefahr. Heute, 30 Jahre später, zieht er daraus eine klare Konsequenz: Wer Apotheken im Verbund betreibt, darf die Nachfolge nicht aufschieben, sondern muss rechtzeitig Struktur schaffen. Je komplexer die Betriebe, desto schwieriger wird eines Tages eine spontane Übergabe. Darum begann Rochell schon vor einem Jahrzehnt, über Lösungen nachzudenken, und legte den Grundstein für den jetzigen Weg.

Dass sich Julius Rochell, der Patenneffe, als Nachfolger eignen könnte, war lange offen. Der Gedanke tauchte erstmals in dessen Schulzeit auf, als er beiläufig ein Pharmaziestudium erwähnte. Erst Jahre später wurde daraus ein konkreter Weg. Ein WG-Zimmer des Onkels in Münster, erste Gespräche während des Studiums, schließlich ein Einstieg als angestellter Apotheker im Jahr 2020 – so wuchs Stück für Stück Vertrauen. Die entscheidende Wendung kam, als Thomas Rochell offen fragte, ob er sich eine Partnerschaft vorstellen könne. Die spontane Antwort seines Neffen – „Ich dachte, du fragst mich nie“ – markierte den Beginn einer neuen Phase.

Mit der Gründung der OHG 2023 gewann das Modell Gestalt. Drei Apotheken werden seither gemeinschaftlich geführt, Entscheidungen geteilt, Innovationen gemeinsam entwickelt. Julius bringt digitale Ansätze und neue Ideen ein, Thomas Erfahrung, Netzwerke und Verhandlungsgeschick. So entsteht ein Gleichgewicht, das dem Verbund Stabilität gibt. Die doppelte Perspektive ist nicht nur innerbetrieblich wertvoll, sondern auch ein Signal nach außen: Kunden und Patienten spüren, dass hier Tradition und Erneuerung Hand in Hand gehen.

Solche Modelle sind in der Apothekenlandschaft längst keine Ausnahme mehr, doch sie setzen frühzeitige Planung voraus. Wer bis kurz vor dem Ruhestand wartet, überfordert mögliche Nachfolger und verliert Verhandlungsspielräume. Für junge Apothekerinnen und Apotheker sind klar geregelte Partnerschaften attraktiver, weil sie nicht mit unüberschaubaren Risiken starten müssen. Für die ältere Generation schaffen sie Sicherheit, weil sie nicht abrupt Verantwortung abgeben, sondern Wissen, Netzwerke und Routinen schrittweise weitergeben können.

Im Hintergrund solcher Konstrukte steht immer auch die Frage nach Absicherung. Apotheken sind hochregulierte Betriebe mit betriebswirtschaftlichen, rechtlichen und versicherungstechnischen Risiken. Ein Verbund in OHG-Struktur bedeutet geteilte Haftung und erfordert klare Vereinbarungen. Ebenso wichtig ist ein umfassender Versicherungsschutz – von der Berufshaftpflicht über die Inhaltsversicherung bis hin zu Deckungskonzepten für digitale Risiken. Gerade in einer Zeit, in der sich Apotheken nicht nur mit Lieferengpässen und Fachkräftemangel, sondern auch mit Cyberangriffen und Online-Vertriebsdruck auseinandersetzen müssen, reicht Standardabsicherung nicht mehr aus.

Thomas Rochells Beispiel zeigt, dass Nachfolgeplanung keine abstrakte Pflicht, sondern ein aktiver Prozess ist. Sie verbindet die persönliche Verantwortung für Mitarbeiter und Patienten mit der strukturellen Verantwortung für die Zukunft des Betriebs. Indem er seinen Neffen nicht erst in letzter Minute ins kalte Wasser warf, sondern über Jahre hinweg begleitete, schuf er ein Modell, das Vertrauen und Verlässlichkeit in den Vordergrund stellt.

Die Lehre aus diesem Fall ist eindeutig: Wer Nachfolge verschiebt, riskiert Stillstand oder Verlust. Wer sie früh gestaltet, schafft Wachstum, Stabilität und Spielraum für Innovation. Apotheken, die im Verbund bestehen wollen, brauchen nicht nur medizinisches Know-how und ökonomisches Geschick, sondern auch den Mut, Verantwortung zu teilen. Zukunft lässt sich nicht vererben – sie muss organisiert werden.

Früh planen, Strukturen sichern, Vertrauen aufbauen

Wie Thomas Rochell die Nachfolge seines Apothekenverbunds gestaltet, welche Rolle Neffe Julius übernimmt und warum Zeitfaktor und Rechtsform entscheidend sind

Nachfolge ist im Apothekenwesen selten nur ein juristischer Akt, sondern immer auch ein persönlicher Prozess. Dass dieser Prozess gelingen kann, zeigt das Beispiel von Thomas Rochell, Vorsitzender des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe, der seit mehr als drei Jahrzehnten im Kreis Höxter Apotheken führt. Bereits vor über zehn Jahren begann er sich die Frage zu stellen, was geschehen solle, wenn er selbst eines Tages die Verantwortung abgeben möchte. Für viele Inhaber ist dies ein Thema, das erst spät in den Blick rückt. Rochell entschied anders: Er wählte die frühe, systematische Vorbereitung – und damit einen Weg, der andere Apothekenleiter sensibilisieren könnte.

Im Zentrum seiner Strategie steht die offene Handelsgesellschaft, in der er seit 2023 gemeinsam mit seinem Neffen Julius drei Apotheken betreibt. Dieses Modell verbindet Erfahrung und Innovationskraft, verteilt Verantwortung und erleichtert den Übergang in eine neue Generation. Rochell beschreibt den Nutzen offen: Für ihn bedeutet die Gesellschaftsform Sicherheit, für den jüngeren Partner die Möglichkeit, Schritt für Schritt in die Selbstständigkeit hineinzuwachsen, ohne sofort den vollen finanziellen und organisatorischen Druck tragen zu müssen. Der Übergang wird so nicht zum Bruch, sondern zu einem gelenkten Fluss.

Das Motiv, frühzeitig Strukturen zu schaffen, speist sich auch aus eigenen Erfahrungen. Als junger Apotheker war Rochell kurz davor, an den Sicherheitenforderungen der Banken zu scheitern. Sein erster Betrieb, gegründet mit 28 Jahren, stand auf der Kippe, weil Bürgschaften und Finanzierungen schwer zu sichern waren. Die beinahe gescheiterte Gründung wurde ihm zur Lehre: Ohne Vorbereitung, ohne belastbare Modelle für Übergaben oder Einstiege wird es für Nachwuchs schwer. Deshalb mahnt er heute Kollegen, nicht bis zur letzten Minute zu warten. Gerade Filialverbünde mit drei oder vier Standorten lassen sich kaum „auf einen Schlag“ übertragen, wenn nicht zuvor Verbindlichkeit und Vertrauen gewachsen sind.

Dass ausgerechnet Julius Rochell, sein Neffe und Patenkind, heute Mitinhaber ist, war zunächst nicht vorgesehen. Julius hatte in der Schulzeit zwar das Pharmaziestudium erwähnt, doch der Onkel schenkte dem kaum Beachtung. Erst Jahre später, als Julius tatsächlich in Münster Pharmazie studierte und nach Examen eine berufliche Richtung suchte, ergab sich die Gelegenheit. Ein WG-Zimmer, das Thomas Rochell anbot, war ein praktisches Detail, nicht mehr. Der Wendepunkt kam, als im Apothekenverbund ein neuer Apotheker gebraucht wurde. Die Zurückhaltung des Seniors, den Neffen zu fragen, wich erst nach einem Gespräch mit seiner Frau. Auf die vorsichtige Frage reagierte Julius mit einem Satz, der heute als Schlüssel gilt: „Ich dachte, du fragst mich nie.“

Ab 2020 stieg Julius als angestellter Apotheker in den Betrieb ein. Drei Jahre der Zusammenarbeit folgten, ehe beide den Schritt in die gemeinsame Gesellschaft wagten. Diese Übergangszeit war nicht nur fachlich wertvoll, sondern schuf auch ein Fundament aus Vertrauen, das in Zahlen nicht messbar ist. Heute bringt Julius neue Ideen in die Abläufe, treibt Digitalisierung und Marketing voran, während Thomas die langjährige Erfahrung und die Verankerung in der Region einbringt. Unterschiedliche Blickwinkel ergänzen sich, Entscheidungen werden in einem Prozess getroffen, der mehr Sicherheit bietet als das Einzelurteil eines Inhabers.

Die Konstruktion zeigt: Nachfolge ist kein isoliertes Ereignis, sondern ein mehrjähriger Prozess, der klare rechtliche Formen und persönliche Offenheit zugleich erfordert. Eine offene Handelsgesellschaft schafft rechtliche Gleichstellung, zwingt aber auch zu gemeinsamer Verantwortung. Für beide Seiten ist das Verpflichtung und Chance zugleich. Wichtig bleibt, dass Zeit investiert wird – in Gespräche, in schrittweise Übergaben, in die gemeinsame Bewältigung von Herausforderungen.

Rochells Beispiel verdeutlicht, dass Nachfolge nicht nur den Fortbestand einzelner Betriebe sichert, sondern auch eine kulturprägende Funktion hat. Wer heute früh plant, senkt das Risiko, dass morgen ganze Versorgungsstrukturen verloren gehen. Denn während die Zahl der selbstständigen Apotheken sinkt und die Übernahmewilligkeit junger Pharmazeuten begrenzt ist, gewinnen Modelle mit geteilter Verantwortung an Gewicht. Sie können nicht jedes Problem der Branche lösen, doch sie zeigen, dass Vertrauen, rechtliche Klarheit und familiäre Nähe einen Rahmen schaffen, der Apotheken zukunftsfähig macht.

Lasten reduzieren, Prozesse digitalisieren, Versorgung sichern

Warum Apotheken ohne Bürokratieabbau in ihrer Leistungsfähigkeit blockiert bleiben, welche Chancen in Digitalisierung liegen und wo staatliche Reformen ansetzen müssen

Bürokratie ist kein abstrakter Begriff, sondern für Apotheken alltägliche Realität: Formulare, Genehmigungen, Abrechnungsprüfungen und Dokumentationspflichten kosten Zeit, die an anderer Stelle fehlt – in der Beratung, in der Rezeptur oder in der Kommunikation mit Ärzten. Immer wieder berichten Inhaber und Teams, dass ein Drittel ihrer Arbeitszeit nicht in die Versorgung von Patientinnen und Patienten fließt, sondern in Vorgänge, die selten echten Nutzen stiften. Genau hier beginnt das Problem: Bürokratie belastet nicht nur die Effizienz, sondern auch die Motivation und damit die Zukunftsfähigkeit einer ganzen Branche.

Wenn Apothekerinnen und Apotheker auf politische Reformen hoffen, dann steht der Abbau überflüssiger Vorschriften fast immer ganz oben auf der Liste. Die Forderung richtet sich weniger auf eine vollständige Deregulierung, sondern auf die Wiederherstellung von Balance: Welche Vorschriften sichern Qualität, und welche sind bloße Traditionslasten? Besonders kritisch sind Bereiche, in denen Vorschriften mehrfach denselben Sachverhalt erfassen – doppelte Dokumentationen, redundante Prüfungen, parallele Nachweise. Wer Digitalisierung ernst nimmt, muss solche Dopplungen abbauen, statt sie ins Digitale zu übertragen.

Digitalisierung selbst ist ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite bietet sie Chancen: elektronische Dokumentation statt Papierarchive, automatisierte Schnittstellen zur Krankenkasse, zentrale Arzneimitteldatenbanken, die Risiken in Sekundenschnelle anzeigen. Auf der anderen Seite droht ohne sorgfältige Umsetzung genau das, was Apotheken heute schon lähmt: mehr Aufwand durch unklare Softwarestrukturen, Ausfälle bei zentralen Servern, unzureichende Schulung des Personals. E-Rezept-Störungen der vergangenen Monate haben gezeigt, wie anfällig Systeme sein können, wenn Stabilität und Nutzerorientierung nicht höchste Priorität haben. Digitalisierung darf kein Ersatzbürokratieprogramm sein, sondern muss Freiräume schaffen.

Im Kern geht es um einen Perspektivwechsel. Statt Apothekerinnen und Apothekern das Leben durch immer neue Pflichten schwerer zu machen, sollte ihre Expertise genutzt werden, um Prozesse zu vereinfachen. Wer im Alltag mit Arzneimitteln und Patientendaten arbeitet, erkennt schneller als jede Verwaltung, wo Regeln greifen und wo sie blockieren. Werden diese Erfahrungen ignoriert, verfestigt sich Frustration. Werden sie ernst genommen, entsteht eine Reformbewegung, die von der Praxis aus gesteuert wird.

Besonders drängend ist die Lage bei den pharmazeutischen Dienstleistungen, die politisch als Innovationsmotor gelten. Viele Apotheken berichten, dass der eigentliche Ablauf der Beratung zwar gut funktioniert, die Dokumentation jedoch so zeitintensiv ist, dass der Nutzen in Frage gestellt wird. Hier zeigt sich, wie eng Bürokratieabbau und Digitalisierung verbunden sind: Eine schlanke, digitale Dokumentation könnte Aufwand minimieren, die Abrechnung vereinfachen und mehr Beratungszeit freisetzen. Stattdessen werden derzeit Papier und digitale Formulare parallel geführt – ein Lehrbeispiel für fehlende Abstimmung.

Bürokratieabbau ist aber nicht nur eine betriebswirtschaftliche Frage. Er ist auch eine politische. Denn wenn Apotheken durch Verwaltungspflichten blockiert werden, sinkt ihre Sichtbarkeit in der Versorgung. Patientinnen und Patienten nehmen Wartezeiten, reduzierte Beratungsintensität und geschlossene Türen wahr. Das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit schwindet – nicht weil Apotheken fachlich versagen, sondern weil sie in unnötigen Strukturen gefangen sind. Politik, die hier nicht reagiert, riskiert einen schleichenden Substanzverlust im Gesundheitswesen.

Digitalisierung kann, richtig gedacht, eine Brücke sein. Sie ermöglicht, Ressourcen freizusetzen, Prozesse zu standardisieren und Versorgung transparenter zu machen. Doch sie erfordert Investitionen in Technik und vor allem in Personalfortbildung. Nur wenn Teams den Nutzen verstehen und Systeme stabil laufen, wird Digitalisierung zu einer echten Entlastung. Andernfalls bleibt sie eine weitere Pflicht, die den Alltag erschwert.

Die Diskussion über Bürokratieabbau und Digitalisierung in Apotheken ist deshalb mehr als eine technische Frage. Sie ist eine Grundsatzentscheidung: Soll die Arbeitskraft von Apothekerinnen und Apothekern weiter in Verwaltung gebunden werden, oder soll sie dort wirken, wo sie am meisten gebraucht wird – in der direkten Versorgung? Die Antwort entscheidet nicht nur über die Zukunft einzelner Betriebe, sondern über die Widerstandskraft des gesamten Gesundheitssystems.

Leistung prüfen, Nachwuchs sichern, Versorgung vorbereiten

Warum in Sachsen-Anhalt hunderte Mediziner:innen, Pharmazeut:innen und Psychotherapeut:innen Examen ablegen, welche Zahlen die Ausbildung prägen und wie daraus Zukunft für die Gesundheitsversorgung entsteht

Prüfungen markieren in den akademischen Gesundheitsberufen nicht nur den Abschluss eines Ausbildungsabschnitts, sondern sind Prüfsteine für die Zukunftsfähigkeit eines Systems. In Sachsen-Anhalt beginnt mit dem Ende des Sommersemesters eine intensive Phase: Mehr als tausend Studierende aus Medizin, Pharmazie und Psychologie treten zu den staatlich geregelten Examen an. Der Rhythmus dieser Prüfungen ist festgelegt – nach dem zweiten, fünften und sechsten praktischen Jahr stehen für Medizinstudierende umfassende Wissens- und Praxistests an. Erst mit dem Bestehen aller Abschnitte öffnet sich die Tür zur Approbation, jenem rechtlichen Status, der eigenständige Berufsausübung erlaubt.

Die Dimension ist beachtlich: 380 Absolventinnen und Absolventen schließen in Sachsen-Anhalt im Durchschnitt pro Jahr ihr Studium erfolgreich ab. 2023 lag die Zahl bei 348 Medizinerinnen und Medizinern, ergänzt durch 101 Pharmazeutinnen und Pharmazeuten, 35 Zahnmedizinerinnen und Zahnmediziner sowie knapp 90 approbierte Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, darunter auch für Kinder- und Jugendliche. Diese Daten sind mehr als Statistik. Sie zeigen, wie eng Ausbildung, Berufszulassung und Versorgungskapazitäten miteinander verflochten sind. Jede einzelne bestandene Prüfung bedeutet ein Stück mehr Sicherheit für ein Gesundheitssystem, das vielerorts unter Nachwuchsmangel leidet.

Die Prüfungen selbst folgen hohen Standards. Sie sollen nicht nur Fachwissen abfragen, sondern praktische Fähigkeiten und kommunikative Kompetenzen gleichermaßen prüfen. Für angehende Apothekerinnen und Apotheker bedeutet dies: Wissen über Arzneistoffe, Herstellungsprozesse und Interaktionen wird ebenso gefordert wie die Fähigkeit, Patientinnen und Patienten verständlich zu beraten. Gerade in einer Zeit, in der Arzneimitteltherapie komplexer wird und Versorgungsdefizite Schlagzeilen machen, ist diese Verbindung aus Theorie und Praxis entscheidend.

Dabei steht Sachsen-Anhalt exemplarisch für die Herausforderungen eines kleinen Bundeslands. Der Bedarf an Nachwuchs ist groß, die Abwanderungstendenzen junger Akademiker hoch. Umso wichtiger ist es, dass Prüfungen nicht als Hürde, sondern als Brücke verstanden werden: Sie bereiten auf Verantwortung vor, definieren aber auch die Schwelle zur beruflichen Selbstständigkeit. Wer diese Schwelle übertritt, wird gebraucht – im Krankenhaus, in der Arztpraxis, in der öffentlichen Apotheke.

Ein Blick auf die Pharmazie zeigt, wie sensibel die Balance ist. 101 Absolventinnen und Absolventen pro Jahr sind keine große Zahl, wenn man sie der wachsenden Zahl an Apothekenabgaben, Rezepturen und Beratungsanforderungen gegenüberstellt. Prüfungen sind hier nicht nur ein Qualitätssiegel, sondern auch ein Indikator für die Fragilität der Versorgung: Jeder Jahrgang, der kleiner ausfällt, verschärft die Engpässe im Berufsalltag. Jeder Jahrgang, der stark ist, stabilisiert die Strukturen.

Die gesellschaftliche Dimension ist kaum zu überschätzen. Prüfungen sind immer auch ein Signal an die Öffentlichkeit, dass Qualität gesichert wird. In Zeiten, in denen Vertrauen in Institutionen brüchig erscheint, ist das von besonderem Wert. Absolventinnen und Absolventen, die erfolgreich durch die Prüfungsphase gehen, stehen für Verlässlichkeit und Expertise. Sie sind der Beweis, dass Ausbildungssysteme funktionieren – trotz aller finanziellen, organisatorischen und demografischen Belastungen.

Gleichzeitig zeigen die Prüfungen die Grenzen eines Systems auf. Viele Studierende berichten von hohem Druck, von Unsicherheit über berufliche Perspektiven, von schwierigen Arbeitsbedingungen in Kliniken und Apotheken. Prüfungen sind also nicht nur Momentaufnahmen der Leistungsfähigkeit, sondern auch Spiegelbilder eines Umfelds, das jungen Akademikern nicht immer die gewünschten Perspektiven bietet. Hier entsteht eine doppelte Verantwortung: Politik und Institutionen müssen nicht nur die Qualität der Prüfungen sichern, sondern auch die Attraktivität des Berufswegs nach dem Examen.

Insgesamt verdeutlicht die aktuelle Prüfungsphase in Sachsen-Anhalt, wie eng Ausbildung, Nachwuchssicherung und Versorgung miteinander verwoben sind. Es geht nicht allein darum, wie viele bestehen, sondern auch darum, wie viele bleiben, wie viele die berufliche Praxis dauerhaft tragen und wie viele die Strukturen einer alternden Gesellschaft stabilisieren können. Prüfungen sind somit nicht nur akademische Zäsuren, sondern Prüfsteine für die Zukunft des Gesundheitssystems.

Dies ist kein Schluss, der gelesen werden will – sondern eine Wirkung, die bleibt, wenn das Verstehen längst vorbei ist. Was nicht gesagt wurde, wirkt trotzdem. Nicht für alle. Nur für jene, die hören, was zwischen den Sätzen spricht. Die wirtschaftliche Stabilität nach Insolvenzen, die Anerkennung ausländischer Fachkräfte, der Prüfungsdruck im Nachwuchs und das Ziel der Normalität in der Onkologie verdichten sich zu einer Lehre: Zukunft gelingt nur, wenn Strukturen tragen, Menschen anerkannt werden und Versorgung Menschlichkeit wahrt.

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