Source: Deutsche Nachrichten
Apotheken-News: Bericht von heute
Arzneimittelpreise werden zur globalen Verhandlungssache, wenn Donald Trump mit Fristen und Zollandrohungen Druck auf Pharmakonzerne macht und dabei nationale Sozialpolitik mit außenwirtschaftlicher Machtlogik verknüpft, während der Bundesgerichtshof in Karlsruhe über die Zulässigkeit von Rx-Boni bei EU-Versendern urteilen soll und dabei die heilberufliche Identität des Apothekenmarkts in den Mittelpunkt rückt. Gleichzeitig will der Verband innovativer Apotheken mit der Apotheken-GmbH eine neue Rechtsform etablieren, die den Fremdbesitz nicht öffnet, aber wirtschaftliche Beteiligungsmodelle reformieren soll – eine Diskussion zwischen Absicherung und Risiko, zwischen Standesrecht und Strukturmodernisierung. Der Bayer-Konzern setzt auf die Pharmasparte als strategisches Gegengewicht zu den juristischen Altlasten aus dem Glyphosat-Komplex, während sich das gesellschaftliche Interesse zunehmend auf unterschätzte Infektionskrankheiten wie die Lyme-Borreliose richtet – eine Erkrankung, bei der Apotheken eine Schlüsselrolle in der frühen Aufklärung, Prävention und Versorgung übernehmen können. Die Apotheken-Nachrichten fügen diese Entwicklungen zu einem strategischen Gesamtbild zusammen, das Systemfragen offenlegt und Handlungsbedarf aufzeigt.
Während US-Präsident Donald Trump bereits in seiner ersten Amtszeit mit ambitionierten Plänen zur Arzneimittelpreissenkung gescheitert war, geht er nun mit einem neuen Ultimatum gegen die Pharmaindustrie in die Offensive: Binnen 60 Tagen sollen internationale Hersteller wie Eli Lilly, Novartis und Pfizer nicht nur niedrigere Preise für verschreibungspflichtige Arzneimittel garantieren, sondern auch zusichern, dass neue Medikamente automatisch zum niedrigsten global verfügbaren Preis auf den US-Markt kommen. Zugleich fordert Trump, dass im Ausland erzielte Mehreinnahmen künftig an amerikanische Patienten und Steuerzahler zurückfließen. Diese Verknüpfung aus sozialpolitischem Anspruch, wirtschaftlichem Nationalismus und außenpolitischem Druck zeigt erneut, wie stark der Arzneimitteldiskurs in den USA politisiert ist. Trumps Sprecherin Karoline Leavitt bestätigte die Versendung entsprechender Schreiben an 17 Großkonzerne mit einer Frist bis 29. September. In einem Zug mit dieser Forderung kündigte Trump an, künftig Arzneimittelexporte aus der EU mit 15 Prozent Zoll zu belegen – eine Maßnahme, die nicht nur die Pharmalobby, sondern auch europäische Regierungen unter Zugzwang setzt.
Der US-amerikanische Arzneimittelmarkt gilt traditionell als der teuerste der Welt, eine staatliche Regulierung wie in Deutschland gibt es nicht. Die Preisgestaltung liegt weitgehend in der Hand der Hersteller. Das ändert sich auch durch Trumps Dekrete nicht unmittelbar – doch die politische Botschaft ist klar: Wer in Amerika verkaufen will, muss seine internationale Preispolitik überdenken. Zwar kündigten Pharmakonzerne bereits Widerstand an, doch der Druck steigt – auch wegen Trumps Verweis auf das sogenannte „Most Favored Nation“-Prinzip. Demnach sollen die USA künftig für bestimmte Arzneimittel nicht mehr zahlen als das jeweils günstigste Vergleichsland. In der Theorie könnte das zu Preisabschlägen von bis zu 90 Prozent führen – in der Praxis ist das Modell jedoch schwer umsetzbar, da neue Medikamente meist zuerst auf dem US-Markt erscheinen und somit keine Vergleichspreise im Ausland existieren.
Dennoch setzt Trump auf die Mobilisierung dieser Idee: Sie erlaubt ihm, als Interessenvertreter der amerikanischen Mittelschicht aufzutreten und gleichzeitig globale Marktlogiken in Frage zu stellen. Dass Japan inzwischen deutsche Arzneimittelpreise als Referenzgröße verwendet, stützt Trumps Argumentation und erschwert internationalen Unternehmen das Wegducken. Während in der EU eine Debatte über Gleichpreis, Solidaritätsfinanzierung und Innovationsförderung geführt wird, nutzt Trump das außenwirtschaftliche Spannungsfeld, um durch handelspolitische Hebel innenpolitische Vorteile zu sichern. Die Verknüpfung von Zollpolitik mit Medikamentenpreisen mag unorthodox wirken – doch sie entspricht dem kalkulierten Stil des ehemaligen Präsidenten: ökonomischer Druck als Mittel der Versorgungspolitik.
Der Bundesgerichtshof hat sich erneut mit einem Fall beschäftigt, der weit über das Verhältnis zwischen der Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) und dem niederländischen Versandhändler DocMorris hinausreicht: Im Zentrum der Auseinandersetzung stehen Boni, Gutscheine und Rabatte, die Patienten in der Vergangenheit beim Einlösen verschreibungspflichtiger Medikamente erhalten haben. Die zentrale Frage lautet: Handelte es sich dabei um unzulässige Zuwendungen, die nach § 7 Heilmittelwerbegesetz (HWG) verboten sind – oder waren sie durch das damals geltende EU-Recht gedeckt? Dass diese rechtliche Gemengelage mehr ist als bloß ein historischer Streit, zeigen nicht zuletzt die wirtschaftlichen Forderungen, die auf dem Spiel stehen. DocMorris verlangt Schadensersatz für einstweilige Verfügungen, die zwischen 2013 und 2015 durch die AKNR erwirkt und später aufgehoben wurden – als der Europäische Gerichtshof 2016 das deutsche Preisbindungsrecht für EU-Versender kippte.
Doch der BGH ließ in der mündlichen Verhandlung durchblicken, dass Schadensersatz nur dann denkbar wäre, wenn diese Verfügungen vollständig unrechtmäßig gewesen wären. Wären sie hingegen auch aus anderen Gründen zulässig gewesen – etwa wegen unzulässiger Sachzuwendungen –, bliebe DocMorris leer aus. Besonders brisant ist, dass es sich bei diesen Werbeaktionen um konkrete Anreize handelte: Hotelgutscheine, ADAC-Mitgliedschaften oder Einkaufsrabatte für die Werbung neuer Kunden. Der Vorsitzende Richter Prof. Dr. Thomas Koch betonte, dass Boni und Preisnachlässe grundsätzlich das Risiko bergen, dass sich Verbraucher nicht mehr am medizinischen Bedarf, sondern am wirtschaftlichen Vorteil orientieren. Genau diese Fehlsteuerung wolle das HWG verhindern.
Gleichzeitig wurde deutlich, wie komplex die Verknüpfung von deutschem und europäischem Recht geworden ist. Zwar sind viele der zentralen Fragen bereits in früheren Verfahren entschieden worden – doch jetzt steht zur Disposition, ob bestimmte Werbeformen rückwirkend anders bewertet werden müssen. Die AKNR argumentiert, dass es sich nicht um bloße Verstöße gegen Preisregeln, sondern um klare Umgehungen heilberuflicher Verantwortung gehandelt habe. Die Diskussion im Senat ließ erkennen, dass bei vier der fünf damaligen einstweiligen Verfügungen keine Erfolgsaussichten für DocMorris bestehen. Auch wenn der Schadenersatz von einst 18 Millionen Euro vermutlich vom Tisch ist, versuchen die Anwälte des Versandhändlers offenbar, zumindest bestimmte Werbepraktiken für die Zukunft zu legitimieren.
Für AKNR-Justiziarin Dr. Bettina Mecking steht fest: „Wir werden dranbleiben – und diese und andere Versender zur Einhaltung des geltenden Rechts bewegen.“ Für sie sind die alten Fälle ein Einfallstor für eine neue rechtliche Klarstellung. Aus ihrer Sicht habe sich der Markt gewandelt, aber nicht der Rechtsrahmen – deshalb müsse gerade jetzt deutlich werden, dass heilberufliche Integrität Vorrang vor wirtschaftlicher Kreativität hat. Auch AKNR-Präsident Dr. Armin Hoffmann unterstrich in einer Stellungnahme die Bedeutung der Beratung vor Ort. Er kritisierte, dass bei Versandapotheken die qualitätsgesicherte Versorgung häufig nur auf Nachfrage stattfinde und damit der Grundsatz der ordnungsgemäßen Betreuung verletzt werde. Hinter deutschen Apotheken stünden eingetragene Kaufleute, hinter EU-Versendern hingegen kapitalgetriebene Unternehmen, die weder haftbar noch erreichbar seien. Die Rechtsunsicherheit werde zusätzlich dadurch verschärft, dass staatliche Behörden keinen Zugriff auf Logistikzentren im Ausland hätten. Damit rückt das Urteil des BGH über einen mehr als zehn Jahre alten Streit in den Mittelpunkt einer aktuellen Systemdebatte: Es geht nicht mehr nur um Boni – es geht um die rechtliche Verankerung heilberuflicher Verantwortung im Spannungsfeld zwischen Wettbewerb, Werbung und Versorgungsauftrag.
Die Debatte um neue Gesellschaftsformen in der Apothekenlandschaft nimmt Fahrt auf – mit der Apotheken-GmbH steht ein Modell im Raum, das zwischen Hoffnung auf mehr wirtschaftliche Flexibilität und Sorge vor einer Aushöhlung des Fremdbesitzverbots polarisiert. Der Verband innovativer Apotheken (via) will die Reform. Vorstandschef Benedikt Bühler argumentiert, die neue Struktur biete Zukunftssicherheit, ohne das heilberufliche Fundament zu gefährden. Entscheidend sei, dass Gesellschafter ausschließlich approbierte Apothekerinnen und Apotheker sein dürften. Dieses Prinzip sei im aktuellen 5-Punkte-Plan des Verbands fest verankert.
Kritiker bleiben dennoch skeptisch. Unter anderem DAZ-Herausgeber und Rechtsanwalt Christian Rotta warnte jüngst davor, das GmbH-Modell könne Tür und Tor für Fremdinvestoren öffnen – trotz guter Absicht. Die via-Argumentation wirkt durchdacht, aber nicht unangefochten: Sie setzt auf die Möglichkeit, innerhalb der Apothekerschaft neue Beteiligungsmodelle zu schaffen, um Filialverbünde zu stabilisieren und Übergabelösungen generationenübergreifend zu sichern. Gerade für junge Apothekerinnen und Apotheker, die vor der Hürde einer Einzelgründung zurückschrecken, könne eine GmbH eine alternative Eintrittsform darstellen. Bühler betont, dass es nicht um den Einstieg von Kapitalgebern gehe, sondern um mehr unternehmerische Handlungsfähigkeit innerhalb des Berufsstandes.
Gleichwohl bleibt unklar, wie dauerhaft eine gesetzlich exklusive Apothekerbeteiligung gegen rechtliche, politische oder wirtschaftliche Verschiebungen abgesichert werden kann. In der Branche wächst das Unbehagen: Kann das GmbH-Modell dauerhaft gegen wirtschaftliche Interessen immunisiert werden? Was passiert, wenn das Prinzip der reinen Inhaberschaft unter Reformdruck gerät? Und welche Rolle spielt dabei die bisherige Gesetzeslage, die das Fremd- und Großhandelsverbot explizit schützt?
Bühler zeigt sich entschlossen: „Wir wollen selbstbestimmte, inhabergeführte Apothekenfilialen ermöglichen, die nachhaltig existieren – auch gegenüber wirtschaftlichen Herausforderungen.“ Doch genau darin sehen andere die Gefahr: Eine Umdeutung des Selbstständigkeitsbegriffs zugunsten einer strukturell entkernten Beteiligungsform, in der Apotheker formal Gesellschafter sind, aber de facto neue Abhängigkeiten entstehen. Die Apotheken-Nachrichten verweisen in ihrer Analyse darauf, dass viele Kolleginnen und Kollegen in der GmbH-Debatte eine strategische Richtungsentscheidung für die nächsten Jahrzehnte sehen – mit allen Risiken einer Grenzverschiebung. Während via in der GmbH die Voraussetzung für Familien-, Partner- und Generationenapotheken sieht, stehen andere für das klassische Einzelunternehmen ein, das trotz hoher Umsätze und wachsender Haftungsrisiken bislang Stabilität bewiesen hat. Zwischen diesen Polen entscheidet sich nicht nur eine Rechtsform, sondern auch die Frage, ob sich das Selbstverständnis des Apothekerberufs modernisieren oder auflösen soll. Die politische Unterstützung für via ist bislang verhalten, doch der Vorstoß findet Resonanz. Vor allem, weil er auf ein reales Problem antwortet: den Rückgang inhabergeführter Betriebe und die wirtschaftlichen Hürden bei Praxisübernahmen. Ob das GmbH-Modell die Lösung ist – oder ein neues Problem schafft –, wird entscheidend davon abhängen, wie belastbar die Verbandsversprechen rechtlich formuliert und gesetzgeberisch umgesetzt werden können.
Trotz laufender Milliardenklagen wegen des Unkrautvernichters Glyphosat blickt Bayer mit neuer Zuversicht auf seine Arzneimittelsparte. Die Pharmadivision des Konzerns hat sich im zweiten Quartal 2025 als relativ stabil erwiesen – und das trotz eines Umsatzrückgangs auf rund 10,7 Milliarden Euro. Analysten hatten mit noch schwächeren Zahlen gerechnet. Vor allem das bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) fiel mit etwa 2,1 Milliarden Euro robuster aus als erwartet. Diese Entwicklung veranlasste Bayer, seine Jahresprognose nach oben zu korrigieren: Für 2025 werden nun 46 bis 48 Milliarden Euro Umsatz sowie ein bereinigtes Ebitda zwischen 9,7 und 10,2 Milliarden Euro prognostiziert – jeweils etwa eine Milliarde Euro mehr als zuvor.
Hinter diesen Zahlen steht jedoch ein ambivalentes Bild: Während die Arzneimittelsparte zunehmend als Stabilitätsfaktor erscheint, lastet der Schatten des Monsanto-Erbes weiterhin auf der Bilanz. Die im Jahr 2018 für über 60 Milliarden US-Dollar übernommene US-Firma brachte nicht nur Marktanteile, sondern auch immense juristische Risiken. Insgesamt hat Bayer inzwischen rund 1,7 Milliarden Euro an Rückstellungen und Verbindlichkeiten für Glyphosat- und PCB-Verfahren gebildet – 1,2 Milliarden davon allein für Glyphosat. Die Klagewelle in den USA ist zwar nicht mehr neu, aber weiterhin dynamisch. Kern der juristischen Auseinandersetzungen ist die Frage, ob Glyphosat krebserregend ist. Darüber hinaus geht es auch um Umweltfolgen, die bislang unzureichend erforscht oder kommuniziert wurden.
Die Apotheken-Nachrichten analysieren: Gerade diese Unklarheit macht es für Bayer schwer, die Reputationsrisiken der Agrarsparte wirksam zu kontrollieren. Der Pharmabereich hingegen profitiert von einer verbesserten Pipeline, neuen Therapieoptionen und einer soliden Marktposition. Trotzdem bleibt der Gesamtkonzern unter Beobachtung – auch von Investoren, die zunehmend zwischen Kernkompetenz und Risikofeldern differenzieren. Dass Bayer weiterhin unter dem Erbe von Monsanto leidet, zeigt sich nicht nur in den Rückstellungen, sondern auch im Kursverlauf: Die Aktie bleibt unter Druck, obwohl die operative Performance in Teilen überzeugt. Entscheidend für die Zukunft wird sein, ob es Bayer gelingt, das Wachstum der Pharmasparte in ein strukturelles Gegengewicht zur Glyphosatbelastung zu verwandeln – und ob die Strategie, auf wissenschaftliche Evidenz und gerichtliche Ausdauer zu setzen, letztlich aufgeht.
Die Lyme-Borreliose gehört zu den am meisten unterschätzten Infektionskrankheiten in Europa – und dennoch bleibt sie im öffentlichen Bewusstsein häufig im Schatten anderer Erkrankungen. Übertragen durch den Gemeinen Holzbock (Ixodes ricinus), kann die bakteriell verursachte Krankheit schwerwiegende Folgen haben, wenn sie nicht rechtzeitig erkannt und behandelt wird. Jährlich erkranken in Deutschland mehrere Hunderttausend Menschen, die Dunkelziffer dürfte weitaus höher liegen. Besonders problematisch ist die regionale Verteilung: Während in Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Bayern oder Thüringen auffallend viele Fälle registriert werden, ist die Krankheit in anderen Bundesländern nicht einmal meldepflichtig. Gerade diese Uneinheitlichkeit erschwert systematische Prävention und epidemiologische Überwachung.
Auch das klassische Frühwarnzeichen – die Wanderröte (Erythema migrans) – wird oft nicht erkannt oder nicht ernst genommen. Dabei ist sie eines der wenigen Symptome, die eine frühe Diagnose erleichtern können. Unbehandelt kann die Infektion das zentrale Nervensystem, die Gelenke, das Herz oder die Haut befallen – mit teils chronischen und schwer therapierbaren Folgen. Popstar Justin Timberlake schilderte in sozialen Medien eindrücklich, wie die Krankheit ihn psychisch und physisch aus der Bahn geworfen habe: Fatigue, Nervenschmerzen, Erschöpfung. Solche Fälle machen deutlich, wie individuell der Krankheitsverlauf verlaufen kann.
In der Apotheke vor Ort spielen Beratung und Erstinformation eine zunehmend wichtige Rolle – nicht nur bei der Prävention durch Repellentien oder Schutzkleidung, sondern auch in der Symptomdeutung nach einem Zeckenstich. Die Apotheken-Nachrichten analysieren: Der Beratungsbedarf ist hoch, aber die Orientierungslage oft diffus. Denn obwohl sich Schutzmaßnahmen wie das Tragen langer Kleidung, das Hochziehen der Socken über die Hosenbeine oder das rasche Absuchen nach Zecken etabliert haben, sind Unsicherheiten im Umgang mit Stichen und Symptomen weit verbreitet. Die Frage, ob eine vorbeugende Antibiotikagabe nach einem Stich sinnvoll sei, wird regelmäßig gestellt – und ebenso regelmäßig verneint.
Erst wenn Symptome auftreten, beginnt die antibiotische Behandlung – mit Doxycyclin, Amoxicillin oder, in fortgeschrittenen Fällen, intravenösen Gaben von Ceftriaxon oder Penicillin G. Kinder und Schwangere erhalten dabei angepasste Therapien. Wichtig ist der frühzeitige Behandlungsbeginn: Erfolgt dieser zu spät, steigen die Risiken für bleibende Schäden. In Deutschland orientiert sich die Therapie an klaren Leitlinien, doch deren Bekanntheit ist begrenzt – und nicht immer sind Patientinnen und Patienten in der Lage, Symptome richtig einzuordnen. Das führt zu Fehldiagnosen, verschleppten Verläufen oder unnötigen Ängsten.
Die Meldepflicht in nur neun Bundesländern trägt zusätzlich zur Intransparenz bei. Eine flächendeckende Registrierung würde nicht nur die Versorgungslage verbessern, sondern auch gezieltere Öffentlichkeitskampagnen ermöglichen. Das Wissen über die verschiedenen Borrelienarten – etwa B. afzelii, B. garinii oder B. spielmanii – ist selbst unter Fachpersonal nicht durchgehend präsent. Dabei unterscheiden sich die Stämme hinsichtlich ihrer Organaffinität und klinischen Manifestation. Gerade diese Differenzierung ist wichtig für Diagnostik und Prognose. Hier könnten Fortbildungen, Infoflyer und strukturierte Beratungsgespräche in Apotheken helfen, Lücken zu schließen. Denn eines steht fest: Die Lyme-Borreliose ist keine Bagatelle, sondern ein gesundheitspolitisches Thema, das Prävention, Aufklärung und Versorgung gleichermaßen fordert – und dem bisher nicht genügend systemische Aufmerksamkeit zuteil wird.
Dies ist kein Schluss, der gelesen werden will – sondern eine Wirkung, die bleibt, wenn das Verstehen längst vorbei ist. Was nicht gesagt wurde, wirkt trotzdem. Nicht für alle. Nur für jene, die hören, was zwischen den Sätzen spricht.
Die Entwicklungen rund um Arzneimittelpreise, Apothekenstruktur, Rechtsprechung, Unternehmensverantwortung und Infektionsprävention zeigen in ihrer Gesamtschau eine wachsende Systemspannung: Die politische Instrumentalisierung von Preiskorridoren, wie sie Donald Trump inszeniert, steht sinnbildlich für eine globale Umverhandlungsphase zwischen Markt, Versorgung und Regulierung. Die juristische Debatte um Rx-Boni vor dem Bundesgerichtshof macht deutlich, wie tief das Spannungsverhältnis zwischen heilberuflichem Selbstverständnis und marktwirtschaftlichem Kalkül reicht – und dass Rechtsprechung nicht nur zurückblickt, sondern die Spielregeln der Zukunft setzt.
Gleichzeitig eröffnet die via-Initiative zur Apotheken-GmbH ein weiteres Reformfenster: Sie artikuliert den Wunsch nach wirtschaftlicher Flexibilität innerhalb eines Standes, der sich zwischen generationsbedingtem Strukturwandel und haftungsrelevanter Eigenverantwortung neu ausrichten muss. Doch wo neue Modelle Freiraum schaffen wollen, wächst auch das Risiko struktureller Verschiebung, wie sie etwa bei Fremdbesitzfragen unter der Oberfläche mitverhandelt werden. Dass Unternehmen wie Bayer angesichts milliardenschwerer Glyphosat-Altlasten auf die Stabilität ihrer Pharmasparte setzen, offenbart die zunehmende Bedeutung heilmittelbezogener Geschäftsbereiche – auch als Rückgrat strategischer Sanierungen.
Nicht zuletzt verdeutlicht die unterschätzte Lyme-Borreliose, wie wichtig eine gesundheitspolitisch koordinierte Informations-, Präventions- und Versorgungskette ist. Zwischen Zeckenstich und chronischer Folgeerkrankung spannt sich ein Versorgungsbogen, der ohne aufmerksame Früherkennung, flächendeckende Beratungsstrukturen und systematische Aufklärung kaum zu bewältigen ist. Genau hier leisten Apotheken einen unverzichtbaren Beitrag – nicht nur in der täglichen Praxis, sondern auch im Verständnis dafür, dass Gesundheit mehr ist als die Summe isolierter Produkte oder Paragraphen. Der Bericht zeigt: Wer Versorgung sichern will, muss Systeme lesen können – und die richtigen Schlüsse ziehen.