E-Rezept-Fälschung erkennen, Abgabe stoppen, Schaden absichern

Source: Deutsche Nachrichten
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Apotheken-News: Bericht von heute

Ein vermeintlich normales E-Rezept über ein codeinhaltiges Präparat, eine kurze Verzögerung an der Abgabe – und plötzlich klickt die Kette der Plausibilitätsprüfung: Rückfrage in der Praxis, Fälschungsverdacht, Festnahme des Verdächtigen. Der Soester Fall ist kein Einzelfall, sondern ein Lehrstück über die Achillesferse moderner Prozesse: Gefälschte E-Rezepte sind technisch hochwertig, organisatorisch opportun und finanziell riskant. Für Apotheken bedeutet das: Erkennungsmuster schärfen, Meldewege üben, Beweise sichern und die eigene Vermögenssphäre über eine passgenaue Rezeptbetrugs- und Vertrauensschadenversicherung aktiv schützen. Welche Indikatoren tragen in der Offizin, wie sieht eine rechtssichere Dokumentation aus, und welche Versicherungsbausteine fangen Retax- und Regressrisiken tatsächlich auf? Genau diese Fragen beantwortet der Bericht – und zeigt, wo Prävention heute beginnt und Entlastung morgen spürbar wird.

Ein einzelner Vorgang macht die Struktur sichtbar: In Soest fiel ein E-Rezept über ein codeinhaltiges Präparat im Alltag auf – nicht wegen eines technischen Fehlers, sondern weil die Abgabekette kurz stockte und jemand genauer hinsah. Genau diese Sekunde der Aufmerksamkeit trennt Routine von Risiko, denn Fälschungen nutzen die Geschwindigkeit der E-Prozesse, während die Kontrolle Zeit braucht. Typisch sind Zielpräparate mit Missbrauchs- oder Handelsattraktivität und Konstellationen, in denen Druck aufgebaut wird, „es müsse jetzt schnell gehen“. Wer diese Muster kennt, gewinnt Handlungssicherheit – und verhindert, dass der nächste Schritt automatisch in die Abgabe rutscht. Aufmerksamkeit ist kein Misstrauen, sie ist professioneller Selbstschutz.

Zur Früherkennung gehören klare rote und gelbe Flaggen, die im Team gleich verstanden werden. Auffällig sind unplausible Dosierungen, ungewohnte Wirkstoff-/Packungsgrößen-Kombinationen sowie Diskrepanzen zwischen Patientenprofil und Verordnungshistorie. Ebenso wichtig sind Verhaltenssignale: Drängen, Ausweichen bei Rückfragen, ungewöhnliche Begleitstorys, wechselnde Identitätsnachweise oder wiederkehrende Muster zu bestimmten Tageszeiten. Technisch lohnt ein genauer Blick auf Token-Qualität und Abrufverhalten, etwa wenn ein Rezept mehrfach kurz hintereinander „gezogen“ wurde. Kein einzelnes Signal beweist Betrug, aber mehrere zusammen rechtfertigen die Eskalationsstufe „Stop & Check“.

Der technische Teil der Prüfung bleibt handwerklich: Stimmt der Abruf in der Warenwirtschaft mit dem E-Rezept-Fachdienst überein, liegen Zeitstempel stimmig, und ist die qualifizierte elektronische Signatur nicht auffällig? Stimmen Versicherten- und Verordnungsdaten, passt die IK-Nummer, und sind Substitutionshinweise konsistent? Ein kontrollierter Rückruf in der Praxis (offizieller Kontaktweg, nicht die vom Kunden genannte Nummer) ist Gold wert – mit der Bitte um knappe Bestätigung, ob diese konkrete Verordnung tatsächlich stammt. Wichtig ist, die Abgabe bis zur Klärung zu unterbrechen, die Höflichkeit zu wahren und die Situation sachlich zu erklären: Sicherheit vor Schnelligkeit, Transparenz vor Spekulation.

Wenn der Verdacht erhärtet, gelten drei Prinzipien: stoppen, sichern, strukturieren. Das Rezept wird nicht beliefert, Belege werden gesichert (Screenshots, Logauszüge, Zeitpunkte, Namen, Gesprächsnotizen), und die Kommunikationskette startet intern wie extern. Die Praxisbestätigung (oder deren Verneinung) dokumentiert man knapp, neutral und ohne Wertung; personenbezogene Daten werden nur im erforderlichen Umfang verarbeitet. Je nach Lage ist die Polizei zu informieren; die sichere Verwahrung von Ausdruck/Token und die Trennung vom Kundenverkehr verhindern Verlust oder Manipulation. Es geht nicht um Fahndungseifer, sondern um belastbare Spuren für Kasse, Ermittler und den eigenen Versicherungsschutz.

Kommunikation entscheidet, ob Situationen eskalieren oder sich ordnen. Gegenüber dem Kunden bleibt der Ton ruhig und faktisch: „Wir müssen eine Rückfrage zur Verordnung klären, das ist ein Standardverfahren zur Patientensicherheit.“ Eskalierende Konfrontationen vermeidet man, indem man auf Verfahren statt auf Verdacht verweist und, wenn möglich, eine diskrete Wartezone anbietet. Mit der Praxis spricht man knapp und zielgerichtet („Liegt eine Verordnung X/Y für Patient Z vor?“), ohne in Datenschutzfallen zu tappen. Nach außen gilt: keine Details an Dritte, keine Spekulationen – Protokoll statt Plaudern.

Die Beweisarchitektur braucht eine kleine, aber konsequente Routine. Jede Abweichung erhält einen Eintrag im Ereignisjournal: Datum/Uhrzeit, beteiligte Mitarbeitende, Rezept-ID/Token, kurze Falldarstellung, getroffene Maßnahmen, Kontaktpunkte und Entscheidungen. Screenshots der relevanten Masken, der Zeitstempel und – falls erfolgt – der Praxisbestätigung kommen in einen gesicherten Ordner. Einheitliche Dateinamen (YYYYMMDD_Ereignis-Kurzcode_Patienteninitialen) und ein knapper, versionsgeführter Verlaufsvermerk verhindern Suchaufwand. Diese Disziplin zahlt sich bei Retax-Abwehr, bei Versicherern und gegenüber Ermittlungsbehörden aus.

Abrechnungsseitig gilt die Maxime: Keine Einreichung unklarer Vorgänge. Wurde irrtümlich bereits übermittelt, beginnt die Schadensbegrenzung mit einer umgehenden Meldung an die Kasse und der Beifügung der Dokumentation. Bei Retaxationsandrohung hilft die lückenlose Begründung, warum die Abgabe verweigert oder rückabgewickelt wurde. Interne Kassenprozesse profitieren von einer „Vier-Augen-Schwelle“ für riskante Wirkstoffe oder Muster, um Einzelentscheidungen zu entlasten. Jede nachträgliche Korrektur ist teurer als eine kurze Pause vor der Abgabe.

Kein Prozess hält ohne Menschen, die ihn tragen – deshalb gehören Schulung und Übung fest in den Plan. Ein 15-Minuten-Drill pro Quartal mit zwei bis drei realistischen Szenarien schärft die Wahrnehmung, verteilt Rollen und leert Adrenalin aus dem System. Dazu ein laminiertes Mini-SOP „Rezeptfälschungs-Check in 7 Schritten“ am Backoffice, das alle kennen und unterschreiben. Neue Kolleginnen und Kollegen bekommen den Ablauf im Onboarding erklärt, inklusive kurzer Hospitation an einem „kontrollierten Fall“ aus der Dokumentation. Lernen heißt entlasten – und zwar das ganze Team.

Technisch lohnt Härtung an drei Punkten: Rechte, Updates, Monitoring. Arbeitsplätze mit minimalen Rechten verhindern unautorisierte Installationen, TI- und Warenwirtschafts-Updates laufen im Wartungsfenster mit anschließendem Kurztest an einem Kontrollrezept. Ein dezenter „Anomalie-Monitor“ in der Warenwirtschaft (häufige Abrufe in kurzer Zeit, ungewöhnliche Uhrzeiten, auffällige Wirkstoffbündel) schafft frühe Hinweise, ohne den Alltag zu fluten. Wo möglich, wird der Praxis-Kontaktweg aus einer verifizierten Liste gezogen, nicht aus Kundengeräten oder mitgegebenen Nummern.

Der finanzielle Schutz ist das Netz unter dem Seil – ohne ersetzt er keine Vorsicht, aber er verhindert den freien Fall. Für Apotheken geht es um drei Bausteine: Rezeptbetrugs-/Retax-Deckung für Rückforderungen der Kassen, Vertrauensschadenversicherung für deliktische Vermögensschäden (auch durch Dritte) und die saubere Verzahnung mit der Berufshaftpflicht für Folgeschäden. Wichtig sind realistische Sublimits für Serienereignisse, klare Auslösetatbestände (auch E-Rezept-Spezifika), Rückwärtsdeckung bei verspäteter Entdeckung und keine Lücken bei grober Fahrlässigkeit einfacher Mitarbeitender. Ausschlüsse liest man, bevor man sie erlebt – insbesondere bei Social-Engineering-Konstellationen.

Im Gespräch mit dem Versicherer helfen präzise Fragen mehr als Summenwünsche. Gedeckt: Retaxationen aus anerkannten Fälschungsfällen trotz formaler Abgabefehler? Mitversichert: Kosten der Rechtsverteidigung, interne Ermittlung und Forensik? Abgedeckt: Täuschung durch gefälschte Praxis-Kontaktdaten, Mehrfachbetrugsserien, Kollusion mit externen Beteiligten? Gefordert: welche Mindeststandards an SOP, Dokumentation, Schulung und Meldefristen für die Leistungspflicht? Wo Antworten konkret und schriftlich sind, entsteht Verlässlichkeit – im Schadenfall zählt das Papier.

ApoRisk und andere Spezialanbieter entwickeln für diese Lagen branchenspezifische Deckungen, die die Schnittstelle aus Offizin, TI-Prozess und Abrechnungsrealität abbilden. Entscheidend ist weniger das Etikett als der Inhalt: passgenaue Trigger, praxistaugliche Nachweisanforderungen und eine Schadenbearbeitung, die die Taktung des Apothekenalltags respektiert. Wer beim Abschluss die eigene Beweisarchitektur vorlegt, senkt Rückfragen und beschleunigt Entscheidungen. Versicherung ist kein Werbeversprechen, sondern ein Vertrag – er wird so gut, wie er geprüft wurde.

Graubereiche verdienen eigene Aufmerksamkeit: teils echte Verordnungen mit manipulierten Mengen, Rezeptkopien mit neuem Token, oder „Telefon-Korrekturen“ ohne erneute digitale Signatur. Der sichere Weg führt stets über die Quelle: Bestätigung der verordnenden Stelle auf einem verifizierten Kanal und – falls erforderlich – Neuausstellung. Alles andere verführt zu gut gemeinter Improvisation, die später teuer werden kann. Das Prinzip bleibt: Wenn Zweifel bleiben, bleibt das Arzneimittel in der Apotheke.

Behördliche Zusammenarbeit gelingt am besten vorbereitet. Ein kurzer Kontaktleitfaden für Polizei und Kassenprüfdienst, eine Liste zulässiger Auskünfte und ein definierter Zugriff auf die Ereignismappe beschleunigen Abläufe. Datenschutz ist kein Gegner, sondern Leitplanke: Es werden nur erforderliche Daten weitergegeben, Zugriffe intern protokolliert, und Sperr-/Löschfristen nach Abschluss des Vorgangs beachtet. Rechtssicherheit entsteht, wenn Formalien leise und zuverlässig laufen.

Prävention darf sichtbar sein, ohne zu stigmatisieren. Ein unaufgeregter Hinweis nahe der Kasse („Sicherheitscheck: Rezepte können stichprobenartig verifiziert werden – danke für Ihr Verständnis“) bereitet Kundinnen und Kunden auf kurze Wartezeiten vor. Für sensible Wirkstoffe bietet sich eine interne „zweite Stimme“ an, die Abgaben kurz gegenliest. Je normaler diese Routinen gelebt werden, desto weniger Spannung entsteht im Ausnahmefall – und desto schwerer wird es für Täter, Nischen auszunutzen.

Am Ende hängt alles zusammen: Menschen, Verfahren, Technik und Verträge. Ein Team, das Muster erkennt und ruhig bleibt, ein SOP, das greift, ein technischer Blick für Anomalien und ein sauberer Versicherungsschutz bilden eine Kette. Sie reißt dort, wo ein Glied fehlt – oder sie hält, weil jedes Element das nächste stützt. Genau das ist die professionelle Antwort auf einen Vorfall wie in Soest: aus der Ausnahme eine stabile Routine formen.

Dies ist kein Schluss, der gelesen werden will – sondern eine Wirkung, die bleibt, wenn das Verstehen längst vorbei ist. Was nicht gesagt wurde, wirkt trotzdem. Nicht für alle. Nur für jene, die hören, was zwischen den Sätzen spricht. Und genau dort liegt die Deutung: Der Text endet, aber die Aufgabe beginnt – im Stopp zur rechten Zeit, in der sauberen Rückfrage, in der starken Dokumentation und im Deckungskonzept, das den Schaden bändigt und die Apotheke handlungsfähig hält

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Gelblicht einordnen, Vorfahrt schützen, Haftung zuordnen

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Apotheken-News: Bericht von heute

Gelb ist kein Schuldspruch: Wer eine Gelbphase passiert, haftet nicht automatisch mit – das hat das OLG Schleswig präzisiert und damit einen verbreiteten Irrtum begradigt. Entscheidend bleibt die Vorfahrt an der Kreuzung: Verletzt sie der Einbiegende, trägt er regelmäßig allein die Verantwortung – Fahrer, Halter, Haftpflicht. Gelblicht verpflichtet zwar zum Warten, aber nur, wenn ein Anhalten bei mittlerer Bremsung ohne Gefahr für den Nachverkehr möglich ist; eine Vollbremsung fordert das Recht nicht. Fehlt der Nachweis, wie lange die Gelbphase schon lief oder mit welcher Geschwindigkeit sich jemand näherte, trägt das keine Mithaftung – und erst recht nicht, wenn zwischen Fußgängerampel und Unfallkreuzung mehr als 20 Meter liegen. Das Urteil sortiert Pflicht, Kausalität und Zurechnung neu im Kopf: Nicht jedes „Gelb“ begründet Mitschuld, nicht jede Fußgängerampel wirkt bis zur nächsten Kreuzung fort. Genau dort beginnt der Praxisfokus: vorausschauend fahren, sauber dokumentieren, rechtlich sauber trennen – damit Gelb nicht zum Automatismus wird, sondern zum Signal für Augenmaß, das unser Schlussgedanke bündelt.

Gelb bedeutet Aufmerksamkeit, nicht Automatismus. § 37 StVO fordert bei Gelb das Warten vor der Kreuzung, aber nur, wenn ein Anhalten bei mittlerer Bremsung möglich ist, ohne den nachfolgenden Verkehr zu gefährden. Das Recht verlangt keine Not- oder Vollbremsung, die Auffahrunfälle provoziert. Wer also bei Gelb in den Bereich der Haltelinie einfährt, weil ein gefahrloses Anhalten nicht mehr möglich war, begeht keinen relevanten Verstoß. Genau diese Differenz hat das OLG Schleswig herausgearbeitet – und damit das Bauchgefühl vieler Verkehrsteilnehmer rechtlich geerdet.

Der entschiedene Fall zeigt die typische Kollision zweier Sphären: Vorfahrt an der Hauptstraße gegen Einbiegen aus einer untergeordneten Zufahrt. Die Rollerfahrerin passierte zuvor eine Fußgängerbedarfsampel im Gelbstatus, der Autofahrer bog später in die bevorrechtigte Bundesstraße ein. Das Landgericht hatte bereits die Alleinhaftung des Vorfahrtverletzers bejaht; das OLG bestätigte. Ein etwaiges Gelblichtthema der Rollerfahrerin war weder sicher feststellbar noch kausal für die Kollision an der Kreuzung. Kausalität und Zurechnung enden, wo der Schutzbereich einer Fußgängerampel nicht mehr trägt.

Dogmatisch ist das Urteil unspektakulär – gerade darin liegt seine Stärke. Vorfahrtregeln dienen dem flüssigen, sicheren Verkehr und auferlegen dem Wartepflichtigen eine erhöhte Sorgfalt. Diese Pflicht wiegt schwer und begründet regelmäßig Alleinhaftung, wenn sie verletzt wird. Ein Gelblichtverstoß – selbst wenn er bewiesen wäre – kippt diese Haftung nicht automatisch in eine Quote. Er muss rechtlich und tatsächlich zum Schaden an der Kreuzung beitragen, sonst fehlt der Zurechnungszusammenhang.

Die Fußgängerbedarfsampel schützt den Querungsbereich der Fußgänger, nicht jede nachfolgende Verkehrssituation dutzende Meter weiter. Liegen 20 bis 25 Meter und eine eigenständige Vorfahrtskonstellation dazwischen, wird die Kette dünn. Dasselbe gilt, wenn unklar bleibt, wie lange Gelb bereits angezeigt wurde oder welche Geschwindigkeit vorlag. Ohne belastbare Feststellungen greift kein Anscheinsbeweis fürs Fehlverhalten der Durchfahrenden. Beweisrisiken tragen diejenigen, die Mitverschulden behaupten.

Für die Praxis heißt das: Bei Gelb defensiv denken, aber Panikbremsungen vermeiden. Wer ausreichenden Sicherheitsabstand hält und früh bremst, schafft sich überhaupt erst die Option, gelassen vor der Linie zum Stehen zu kommen. Wer hinten fährt, rechnet mit Reaktionen vorne – Auffahrunfälle bleiben eigene Verantwortung. Und wer als Wartepflichtiger einbiegt, prüft doppelt: Vorfahrt geht vor, Gelb an einer entfernten Fußgängerampel befreit nicht von der Pflicht zur Rücksicht. Rechtsklarheit ist hier identisch mit Unfallprävention.

Im Claims-Handling klärt die Haftungsverteilung sich entlang bekannter Kaskaden. Anspruchsgegner bleiben Fahrer, Halter und deren Haftpflichtversicherung der Vorfahrtverletzerseite. Erstattet werden Schmerzensgeld, Heilbehandlungskosten, Erwerbsschaden, Haushaltsführungsschaden und weitere materielle Positionen. Die Höhe des Schmerzensgeldes orientiert sich an Art und Dauer der Verletzungen sowie an Folgeschäden; 20.000 Euro waren im Fall der mehrfach verletzten jungen Frau stimmig. Quotelungen setzen konkrete Mitverursachungsbeiträge voraus – „Gelb“ als Chiffre genügt nicht.

Das Urteil liefert auch eine stille Lektion zur Beweissicherung. Fotos von Unfalllage, Brems- und Splitterspuren, Ampelstandorte und Entfernungen schaffen Objektivität. Zeugen, Uhrzeiten, Wetter und Verkehrsfluss machen Abläufe rekonstruierbar. Ampelphasen- und Schaltungspläne lassen sich über die Straßenverkehrsbehörden beiziehen, wenn es wirklich auf Sekunden ankommt. Moderne Fahrzeuge liefern Event-Data-Recorder-Hinweise, die Brems- und Geschwindigkeitsverläufe plausibilisieren können. Wer dokumentiert, entlastet – sich selbst und die Gerichte.

Für Flotten und Dienstwagenbetreiber ergeben sich klare Handlungsfelder. Fahrerschulungen betonen „Gelb ist Planungszeit“, nicht „Gelb ist Sprungtuch“. Interne Leitlinien verbieten gefährliche Spätentscheidungen und priorisieren Sicherheit vor Zeitgewinn. Dashcams sind rechtlich sensibel, können aber im Einzelfall prozessual verwertbar sein; der Einsatz gehört sauber geregelt. Und wenn Verfahren laufen, ist eine stringente Zusammenarbeit mit dem Versicherer Gold wert: Sachverhalte geordnet, Belege vollständig, Kommunikation einheitlich.

Auch Bußgeld- und Zivilrecht verfolgen unterschiedliche Zwecke und Beweismaßstäbe. Ein ordnungswidriges Fehlverhalten kann vorliegen, ohne dass zivilrechtliche Mitverursachung bewiesen wäre – und umgekehrt. Das OLG erinnert daran, dass Zivilgerichte konkrete Kausalität brauchen, nicht nur Regelappelle. Die Trennung schützt vor Haftungsautomatismen, die fairen Ausgleich verhindern würden. Sie schützt zudem den Kern der Vorfahrtsordnung, der die Hauptlast der Verkehrssicherheit trägt.

Sonderfälle verdienen kurze Orientierung: Wer bei Dunkelgelb in die Kreuzung rutscht, weil Glätte eine mittlere Bremsung unmöglich macht, handelt nicht pflichtwidrig. Wer bei noch ausreichend Distanz ungebremst beschleunigt, riskiert sehr wohl einen Verstoß. Bei Induktionsschleifen, bedarfsabhängigen Phasen und ungünstiger Geometrie helfen Ortstermine und Phasenprotokolle bei der Wahrheitssuche. Je komplexer die Anlage, desto wichtiger die saubere Trennung zwischen Ampelbereich und eigentlicher Kollisionsstelle. Das Urteil liefert hierfür das Raster.

Was bedeutet das für die Höhe von Schadenpositionen? Die klare Haftungslage beschleunigt Regulierung und reduziert Streit über Quoten. Nutzungsausfall, Mietwagen, Reha- und Umbaukosten lassen sich schneller verorten, wenn das „Ob“ geklärt ist. Auf der Gegenseite sinkt das Prozessrisiko, weil unbewiesene Mitverschuldenstopoi nicht mehr durchgreifen. Am Ende profitieren alle, wenn Rechtssicherheit in Geschwindigkeit übersetzt wird. Genau das ist Sinn jeder Leitentscheidung.

Kommunikativ empfiehlt sich ein nüchterner Ton: keine Moralisierung, sondern Regeln erklären. Gelb ist ein Sicherheitsfenster; Vorfahrt ist eine Schutzpflicht. Wer beides beherzigt, trifft richtige Entscheidungen in Sekunden. Für Kommunen heißt das: Ampelschaltungen überprüfen, Sichtfelder freihalten, Markierungen pflegen. Infrastruktur ist die stillste Form von Prävention.

Versicherer können das Urteil in Leitlinien gießen. Prüfalgorithmen sollten Kausalität zur Kreuzung stärker gewichten als vorlaufende Gelbphasen an anderen Anlagenteilen. Trainingsunterlagen für Schadenaußendienst und Partnerwerkstätten stärken die gemeinsame Linie. Mustertextbausteine erklären Anspruchstellern die Rechtslage transparent. Wo Verständnis wächst, sinkt die Eskalationstendenz.

Rechtspolitisch unterstreicht der Fall die Bedeutung klarer, einfach kommunizierbarer Verhaltensregeln. Je weniger Ausnahmen und künstliche Unterscheidungen, desto besser die Compliance. Die Formel „mittlere Bremsung, kein Risiko für Nachfolgende“ ist praktisch und prägbar. In Fahrschulen gehört sie an die Tafel, in Flottenhandbücher auf Seite eins. So entsteht aus Judikatur gelebte Verkehrssicherheit.

Wenn Technik hilft, sollte sie auch genutzt werden. Countdown-Signale an Fußgängerampeln, bessere Detektion von Wartefällen und adaptive Phasenlogik reduzieren Stress. Intelligente Kreuzungen nehmen Druck aus Situationen, in denen Menschen sonst Fehler machen. Doch auch die beste Technik ersetzt nicht den Grundsatz: Vorfahrt vor Vorfahrtbruch. Das bleibt das Herz der Ordnung im fließenden Verkehr.

Am Ende steht kein neues Dogma, sondern eine Rückkehr zum Kern. Gelb ist ein Warnsignal, kein Haftungsjoker. Vorfahrt ist eine Pflicht, keine Option. Kausalität ist Brücke, nicht Gummiband. Wer das verinnerlicht, fährt sicherer, reguliert schneller und streitet seltener.

Dies ist kein Schluss, der gelesen werden will – sondern eine Wirkung, die bleibt, wenn das Verstehen längst vorbei ist. Was nicht gesagt wurde, wirkt trotzdem. Nicht für alle. Nur für jene, die hören, was zwischen den Sätzen spricht. Und genau dort liegt die Deutung: Der Text endet, aber die Aufgabe beginnt – im Blick für Vorfahrt statt Vorwürfe, in kluger Reaktion auf Gelb ohne Panikbremsung, in sauberer Dokumentation und fairer Regulierung, die Kausalität achtet und Automatismen widersteht.

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Ein Jahr EU-Batterieverordnung – TÜV SÜD zieht Zwischenbilanz und blickt in die Zukunft

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Am 18. August 2025 jährt sich das Inkrafttreten der zentralen Anforderungen der EU-Batterieverordnung (EU) 2023/1542 zum ersten Mal. Die neue Verordnung regelt den gesamten Lebenszyklus von Batterien – von der Rohstoffgewinnung über die Nutzung bis zur Wiederverwertung – und schafft erstmals ein europaweit einheitliches Rechtsinstrument mit direkter Gültigkeit. TÜV SÜD zieht eine erste Bilanz und wirft einen Blick auf die nächsten regulatorischen Meilensteine, darunter CO2-Footprint, Batteriepass und erweiterte Herstellerverantwortung.

Rückblick: Ein herausfordernder Start in ein neues Zeitalter

Die EU-Batterieverordnung ersetzt die bisherige Batterierichtlinie 2006/66/EG und adressiert u. a. elektrische Fahrzeugbatterien, LMT-Batterien, industrielle Energiespeicher und stationäre Systeme. Ziel ist es, den Markt in Richtung Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft und Produktsicherheit zu transformieren.

„Viele Unternehmen hatten zunächst Schwierigkeiten, ihre Rolle korrekt zu definieren – etwa ob sie als bspw. Lieferant, Erzeuger, Importeur gelten“, erklärt Nicholas Bellino, Senior Account Manager und Batterie-Experte bei TÜV SÜD. „Insbesondere die technische Dokumentation – das Kernstück der Nachweisführung für die Konformität der Batterie – stellte unsere Kunden vor Herausforderungen und erforderte häufig mehrere Überarbeitungen, bis sie den Anforderungen entsprach.“

Die verpflichtende CE-Kennzeichnung und das Konformitätsbewertungsverfahren gelten seit dem 18. August 2024, doch gerade kleinere Marktakteure fühlten sich mit den Anforderungen überfordert. Hinzu kam: Die Verordnung war zu Beginn so neu, dass viele sekundäre Rechtsakte noch in der Entstehung waren und auch immer noch sind. „Der Markt suchte Orientierung – und viele fanden sie bei TÜV SÜD. Unsere Kunden schätzen uns als Prüfer ebenso wie als Sparringspartner mit internationalem Überblick und tiefem technischem Verständnis“, so Bellino weiter.

CO2-Footprint: Der Gamechanger ab 2025

Gemäß Artikel 7 der Verordnung sind Erzeuger von bestimmten Batterietypen (u.a. EV-& Industriebatterien) zur Erstellung und unabhängigen Verifizierung einer CO2-Bilanz pro Batteriemodell und Fertigungsstandort verpflichtet. Die finale Version der Delegierten Verordnung wird im dritten oder vierten Quartal 2025 erwartet – sie gilt als regulatorischer Wendepunkt.

Die Berechnung erfolgt gemäß der PEF-Methodik (Product Environmental Footprint) und umfasst alle Lebensphasen – von der Rohstoffbeschaffung über die Herstellung bis hin zum Zeitpunkt des „Inverkehrbringens“. Besonders kritisch: Für bestimmte Prozesse sind Primärdaten heranzuziehen, wobei herangezogene Daten einer Datenqualitätsbewertung (Data Quality Rating) unterzogen werden müssen. „Die Umsetzung der aktuellen Version des Delegated Act stellt die betroffenen Unternehmen vor starke prozessuale, strategische und ressourcenintensive Herausforderungen – wir unterstützen hierbei die Komplexität und Fehleranfälligkeit durch Trainings und Konformitätsprüfungen zu reduzieren“, betont Bellino.

Weitere Etappen: Verantwortung und Transparenz

  • Due Diligence verschoben auf 2027
    Die Sorgfaltspflichtregelung für kritische Rohstoffe (z. B. Kobalt, Lithium, Nickel) wurde auf Februar 2027 verschoben – doch schon jetzt sollten Unternehmen beginnen, ihre Lieferketten auf Umwelt- und Sozialrisiken zu analysieren und transparente Kontrollsysteme zu etablieren.
  • Erweiterte Herstellerverantwortung ab 2025
    Ab August 2025 greift die erweiterte Rücknahmeverpflichtung. Die Hersteller (≠ Erzeuger) müssen sich in jedem EU–Mitgliedsstaat, in dem sie Batterien zu Vertriebszwecken einführen, im Herstellerregister eintragen. Damit übernehmen Sie die Verantwortung dafür, dass gebrauchte Batterien gesammelt und in autorisierten Einrichtungen recycelt werden – inklusive Nachweisführung.
  • Batteriepass ab 2027
    Der digitale Batteriepass wird für LMT-, EV- und Industrie-Batterien mit >2 kWh Kapazität Pflicht. Er enthält unter anderem Informationen zu State of Health, Lebensdauer, chemischer Zusammensetzung und Herkunft der Materialien. Die Anforderungen bauen auf dem Digital Product Passport der EU auf. Einige Unternehmen nutzen die Auflage zum Batteriepass als Chance, dem Endkunden über die Verpflichtung hinaus für ihn interessante Zusatzinformationen bereitzustellen.

Notifizierte Stellen: TÜV SÜD strebt Benennung an

Konformitätsbewertungen – beispielsweise für die CO2-Bilanz, den recycelten Materialanteil oder auch die Sicherheit stationärer Batteriespeicher – dürfen nur durch notifizierte Stellen durchgeführt werden. TÜV SÜD hat die Benennung beantragt und bereitet sich mit seinem globalen Netzwerk auf diese Rolle vor. „Unser global eng vernetztes Team ermöglicht es uns, weltweit effektiv zu agieren und unseren Kunden optimalen Service zu bieten. Dies ist besonders hilfreich, wenn Werke vor Ort auditiert werden müssen.“, sagt Bellino.

Unterstützung durch TÜV SÜD

TÜV SÜD bietet ein umfassendes Leistungsportfolio rund um die EU-Batterieverordnung:
• Konformitätsbewertungen
• Verifikation von CO2-Footprints (PCF) und Recyclinganteilen
• Trainings und Workshops
• Unterstützung bei Batteriepass-Anforderungen
• Vorbereitung auf Due Diligence und Lieferkettentransparenz
• In Kürze: Abnahme als notifizierte Stelle (inkl. CE-Kennzeichnung)

„Die EU-Batterieverordnung sollte keine Bürde sein – sondern der Fahrplan in eine nachhaltige Industrie“, fasst Nicholas Bellino zusammen. „Wer jetzt handelt, sichert seine Marktzulassung und verschafft sich langfristige Vorteile.“

Weitere Informationen

• https://www.tuvsud.com/de-de/dienstleistungen/produktpruefung-und-produktzertifizierung/eu-batterieverordnung-2023-1542

Entdeckung dokumentieren, Zeiten trennen, Ausgleich sichern

Source: Deutsche Nachrichten
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Apotheken-News: Bericht von heute

Ein Feuchtigkeitsschaden wenige Wochen nach dem Wechsel der Gebäude- oder Inhaltsversicherung ist mehr als ein Ärgernis: Er ist ein juristischer Stresstest, in dem sich Praxis, Technik und Paragrafen begegnen. Leitungswasserschäden „wandern“ oft über Monate; sichtbar werden sie erst spät. Genau dort greift die Logik des „gedehnten Versicherungsfalls“: Nicht der erste Haarriss im Rohr, sondern regelmäßig die Entdeckung der Schädigung markiert den maßgeblichen Zeitpunkt – mit Folgen für Deckung, Regress und den Ausgleich zwischen Vor- und Nachversicherer. Wer als Nachversicherer Ausgleich verlangt, muss präzise darlegen und beweisen, welche Teilschäden wann entstanden sind und welche Regulierungssummen genau diesen Anteilen zugeordnet werden. Für Betriebe – auch Apotheken als Mieter oder Eigentümer – entscheidet sich viel früher, ob sie später recht behalten: in Übergabeprotokollen, Feuchtemessungen, Handwerkerberichten und sauberer Belegkette. Dieser Bericht ordnet die Rechtsprechung ein, zeigt die Beweisarchitektur im Alltag und erklärt, wie man aus einem lang schwelenden Wasserschaden keinen langen Rechtsstreit macht – genau dort setzt der Blick zwischen den Zeilen an, den der Bericht am Ende öffnet

Wer den Versicherer wechselt, nimmt nicht automatisch nur neue Risiken mit: Langzeitschäden begleiten den Betrieb wie leise Schatten. Leitungswasser ist dafür ein Paradebeispiel, weil Mikro-Leckagen über Wochen aus diffusen Flecken schleichend in sichtbare Durchfeuchtungen kippen. Juristisch stellt sich dann nicht die einfache Frage „wer war zum Rohrbruch da?“, sondern die komplexe Frage, wann der Versicherungsfall im Sinne der Bedingungen eingetreten ist. In vielen Bedingungswerken fehlt eine harte Zeitdefinition, und so setzt sich die Sicht durch, dass es auf die Entdeckung der Schädigung ankommt, nicht auf den ersten Tropfen. Für Versicherungsnehmer heißt das: Der Moment, in dem der Schaden bemerkt und dokumentiert wird, ist der Ankerpunkt, an dem Obliegenheiten starten und an dem Deckungslinien sichtbar werden.

Das führt unmittelbar zum Konzept des „gedehnten Versicherungsfalls“. Wenn „Schadennehmen“ der versicherten Sache das entscheidende Kriterium ist, verteilt sich der Vorgang über eine Strecke – mal kurz, mal lang. Bei Versicherungswechseln macht das die Zuordnung heikel: Theoretisch müsste man für jede betroffene Bauteilschicht und jeden Gegenstand datieren, wann die Schädigung eingetreten ist. Da das faktisch oft nicht möglich ist, stützt die Rechtsprechung die Entdeckungslogik; andernfalls wären Obliegenheiten – wie die unverzügliche Anzeige „bei Eintritt“ – realitätsfern. Genau diese Pragmatik schützt Versicherungsnehmer, verlangt aber im Gegenzug, dass Beweise ab der Entdeckung sofort belastbar gesichert werden.

Kommt es zum Streit unter Versicherern, dreht sich die Beweislastachse. Der Nachversicherer, der Ausgleich wegen Mehrfachversicherung will, muss die Konkretion liefern: Welche Schäden sind in der Vorversicherungszeit entstanden, und welcher Teil seiner Zahlung floss in diese Behebung. Pauschale Hinweise auf einen lange zurückliegenden Beginn reichen nicht; gefordert ist eine Zuordnung nach Teilbereichen, Zeiten und Maßnahmen. Fehlt diese Struktur, scheitert der Regress – selbst wenn ein Gutachten einen lang andauernden Austritt nahelegt. Das ist keine Förmelei, sondern Konsequenz daraus, dass nicht zwei zeitgleiche Deckungen auf denselben, fest umrissenen Schaden treffen, sondern ein langgezogener Vorgang über zwei Policengrenzen verläuft.

Für Apotheken ist diese Differenzierung kein Elfenbeinturm, sondern Überlebenswissen. Als Mieterinnen oder Eigentümer betrifft sie die Gebäudehülle, den Fußbodenaufbau, die Thekenbereiche, Rezeptur- und Lagerzonen – und gegebenenfalls die gekühlte Warenhaltung. Der erste sichtbare Hinweis – ein Feuchtigkeitsrand, ein muffiger Geruch, eine leicht federnde Diele – gehört ab diesem Moment in ein Schadentagebuch: Datum, Uhrzeit, Fotos, Messwerte, Temperatur- und Feuchteprotokolle, wer informiert wurde und was veranlasst ist. Noch bevor Wände geöffnet werden, sollte eine orientierende Feuchtemessung und eine Thermografie belegt sein; die nachfolgende Öffnung, Trocknung und Balkensanierung muss in Arbeitsschritten dokumentiert werden. Nur so lässt sich später zeigen, welche Maßnahmen auf welche Teilschäden entfielen.

Die Übergabe beim Versicherungswechsel ist eine zweite Stellschraube, die oft unterschätzt wird. Wer bei Policenwechsel eine Zustandsdokumentation der kritischen Zonen anlegt – Nassräume, Küchenanschlüsse, Steigleitungen, Sockelbereiche, Keller –, verschafft sich im Ernstfall eine Vorher-Nachher-Basis. Für Mietapotheken schafft zusätzlich ein gemeinsames Protokoll mit der Vermieterseite Klarheit, welche Verantwortlichkeiten greifen (Gebäude vs. Inhalt) und wann der letzte technisch einwandfreie Zustand gesichert war. Diese Prävention ist kein Misstrauenssignal gegenüber dem neuen Versicherer, sondern eine Einladung, Streit zu vermeiden: Je klarer die Baseline, desto kleiner der Graubereich.

Ein weiterer Schlüssel liegt in der technischen Kausalität. Langzeitleckagen zeigen typische Muster: graduelle Durchfeuchtung, Salzausblühungen, Schimmelbildung, sich ausdehnende Flecken. Sachverständige können anhand von Schichtaufbau, Materialzustand und Chlorid-/Sulfatbelastung Rückschlüsse ziehen, doch selten den exakten Tag benennen. Das spricht nicht gegen die Entdeckungslogik, sondern für sie. Gleichzeitig bedeutet es, dass Nachversicherer, die Regress wollen, ohne fein granulierte Kostenaufteilung auf Teilmaßnahmen (z. B. Trocknung Zone A/B, Austausch Beplankung, Erneuerung Holzbalken X) in Beweisnot geraten. Genau hier trennt sich gute von schlechter Regulierungspraxis.

Inhaltlich ist auch die Deckungsarchitektur zu sortieren. Gebäudeversicherung adressiert den Baukörper (Wände, Decken, tragende Teile), die Inhaltsversicherung die Betriebseinrichtung und Waren. Betriebsunterbrechung knüpft an den Sachschaden an und ersetzt Ertragsausfall und fortlaufende Kosten. Kommt es zu Kühlketten-Events im Lager, sind Temperaturaufzeichnungen und Vernichtungsprotokolle der Waren entscheidend. Diese Linien müssen zusammenspielen: Ohne saubere Sachschadenbasis trägt die BU nicht; ohne klare Warenvernichtung bleibt die Inhaltsentschädigung dünn. Bei Apotheken sind diese Ketten wegen gesetzlicher Anforderungen besonders auditierbar – ein Vorteil, wenn er genutzt wird.

Rechtlich lohnt ein Blick auf die Obliegenheiten. Ab Entdeckung: unverzügliche Anzeige, Schadenminderung, Weisungen beachten, Auskünfte geben, Belege vorlegen. Wer eigenmächtig ohne Not großflächig rückbaut, riskiert Anrechnungen; wer aber Trocknung verzögert, vergrößert den Schaden und damit sein eigenes Risiko. In der Kommunikation hilft ein ruhiger, dokumentierender Ton: „Heute entdeckt, Fotos beigelegt, Feuchtemessung veranlasst, Notinstallateur terminiert.“ Diese Timeline ist im Zweifel mehr wert als jede nachgereichte Einschätzung. Sie zeigt, dass die Apotheke führbar handelt, nicht getrieben.

Die Beweis- und Zahlungslogik unter zwei Policen verlangt außerdem Disziplin in der Rechnungslage. Angebote, Auftragsbestätigungen, Lieferscheine, Abnahmeprotokolle und Einzelrechnungen sollten positionsgenau die betroffenen Bereiche bezeichnen. „Trocknung 14 Tage“ ist schwach; „Trocknung Zone HV Westwand 14 Tage, Messprotokolle Tage 1/7/14“ ist stark. Wird ein Holzbalken erneuert, gehört der Planabzug oder eine Skizze dazu, die Lage und Relation zu den Feuchtezonen zeigt. Aus genau solchen Detaillagen entstehen später die Zuordnungen, die ein Ausgleichsanspruch braucht. Fehlt diese Körnung, bleibt am Ende nur ein Vergleich – meist zu Lasten der Partei, die den Anspruch erhoben hat.

Ökonomisch entscheidet eine frühe Kostentransparenz darüber, wie flüssig der Betrieb bleibt. Abschlagszahlungen, die in sinnvollen Tranchen mit der Baufortschritt-Logik korrespondieren, verhindern Liquiditätsengpässe in Phase der Trocknung und des Wiederaufbaus. Parallel sollte die Apotheke die Arbeitsorganisation auf Ausweichflächen planen: Offizin verschieben, provisorische Wegeführung, temporäre Schließung einzelner Zonen – stets mit Blick auf Beratungsfähigkeit und Arzneimittelsicherheit. Ein sauber kommunizierter Bauzeitenplan reduziert Rückfragen, Ärger und Folgekosten.

Für Mietapotheken kommt die Dreiecksbeziehung hinzu: Versicherungsnehmer (Mieter), Gebäudeversicherer (Vermieter), Inhalts-/BU-Versicherer (Mieter). Wer hier Rollen und Deckung klar abgrenzt, verhindert Reibungsverluste. Der Vermieter hat Pflichten am Baukörper, der Mieter am Inhalt und Betrieb; die Versicherer regulieren entlang dieser Linie. Gerät das durcheinander, entstehen Lücken oder Doppelleistungen, die später mühsam korrigiert werden. Ein gemeinsamer Vor-Ort-Termin aller Beteiligten zu Beginn spart viele Mails am Ende.

Auf Prozessniveau lässt sich viel antizipieren: Ein „Water Loss SOP“ bündelt Meldekette, Erstmaßnahmen, Dokumentation, Zulieferer (Trocknung, Leckortung, Elektro), Freigabewege und Kommunikationsbausteine. Dazu gehört auch ein Übergabe-Template für Versicherungswechsel mit Fotos, Messpunkten und einer kurzen Checkliste der neuralgischen Stellen. Wer das einmal gebaut hat, ist nicht nur schneller, sondern wirkt gegenüber dem Versicherer auch professionell – ein unterschätzter Faktor, wenn es um Vertrauen und zügige Entscheidungen geht.

Die Rolle des Sachverständigen sollte bewusst gewählt werden. Ein neutraler, baunahe Gutachter, der Schichtaufbauten, Feuchteverläufe und Sanierungskomponenten in eine zeitliche Matrix übersetzt, ist Gold wert. Er liefert die Landkarte, auf der sich Maßnahmen, Kosten und Zeiten verorten lassen. Das ist nicht nur Technik, sondern juristisches Rohmaterial: Nur mit einer solchen Matrix kann ein Nachversicherer theoretisch zeigen, welcher Anteil in der Vorversicherungszeit entstand – und genau welchen Betrag er deswegen ausgleichen will. Ohne Matrix bleibt es beim Bauchgefühl, und Bauchgefühl gewinnt selten Prozesse.

Kommunikation nach außen ist die letzte und oft entscheidende Säule. Für Apotheken zählt, wie die Versorgung weitergeht: reduzierte Öffnungsflächen, temporäre Umleitung, Lieferdienste, Beratungsecken. Eine klare, ruhige Tür- oder Website-Info mit Ansprechpartner, Zeitplan und Hinweis auf die Unversehrtheit der Ware beruhigt. Intern hilft ein tägliches Kurzbriefing, damit alle das gleiche Bild kommunizieren. Versicherungsstreitigkeiten gehören nicht nach vorn; nach vorn gehört nur: „Wir sind da, so kommen Sie zu Ihrem Medikament.“

Auch wenn vieles technisch klingt, geht es am Ende um Fairness. Die Entdeckungslogik schützt Versicherungsnehmer vor unlösbaren Beweislasten und macht Obliegenheiten erfüllbar. Der Ausgleichsanspruch bei Mehrfachversicherung wiederum verlangt präzisen Zuschnitt – nicht um zu schikanieren, sondern um Doppelleistungen zu verhindern und Gerechtigkeit zu wahren. Wer diese beiden Leitplanken akzeptiert, findet schneller zu Lösungen: Der eine reguliert, der andere beweist – und beide treffen sich dort, wo die Dokumentation es erlaubt.

Bleibt die Frage nach Prävention: Sie ist günstiger als jeder Streit. Regelmäßige Sichtkontrollen, jährliche Thermografie in feuchtesensiblen Zonen, Wartung der Armaturen, Tropfmelder unter kritischen Anschlüssen, Feuchtesensoren mit Alarm – das ist keine Spielerei, sondern eine Versicherung vor der Versicherung. Dazu eine schlichte Routine: Einmal im Quartal 15 Minuten für eine Feuchte-Runde, Protokoll in die Mappe. Der Tag, an dem Sie das brauchen, ist der Tag, an dem die Diskussion kurz bleibt.

Am Ende fügt sich das Bild: Der Versicherungswechsel ist kein Risiko, wenn die Beweise stimmen; der Langzeitschaden ist kein Drama, wenn die Ketten funktionieren; der Ausgleichsanspruch ist kein Krieg, wenn die Zuordnung gelingt. Zwischen Rohr und Recht liegt nur eines: Führung im eigenen Prozess. Die kann man trainieren – und sie zahlt sich aus, wenn es tropft.

Dies ist kein Schluss, der gelesen werden will – sondern eine Wirkung, die bleibt, wenn das Verstehen längst vorbei ist. Was nicht gesagt wurde, wirkt trotzdem. Nicht für alle. Nur für jene, die hören, was zwischen den Sätzen spricht. Und genau dort liegt die Deutung: Der Text endet, aber die Aufgabe beginnt – in jedem Übergabeprotokoll beim Policenwechsel, in jeder Messreihe zur Feuchte, in jeder positionsgenauen Rechnung und in jedem Gespräch, das aus einem Wasserschaden eine saubere Regulierung macht.

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Tätigkeitsverbote abfedern, Vertretung sichern, Beratung bewahren

Source: Deutsche Nachrichten
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Apotheken-News: Bericht von heute

Seit der Pandemie ist klar: Berufsunfähigkeit entsteht nicht nur durch Krankheit, sondern manchmal durch Verwaltungshandeln. Für Apothekerinnen und Apotheker kann ein behördliches Tätigkeits- oder Betretungsverbot die Arbeit über Wochen unmöglich machen – auch ohne eigene Erkrankung. Genau hier greift die Infektionsklausel in der Berufsunfähigkeitsversicherung: Sie „fiktionalisiert“ eine BU-Leistung, wenn eine offizielle Verfügung die Berufsausübung untersagt, und überbrückt so Ertrags- und Liquiditätslücken. In der Praxis entscheidet der Wortlaut, ob ein namentliches Verbot nötig ist, ob Allgemeinverfügungen reichen, wie lange die Leistung gezahlt wird und ob eine Wartezeit entfällt. Ebenso wichtig ist das Zusammenspiel mit Krankentagegeld, Praxisausfall- oder Betriebsschließungsbausteinen, damit keine Schutzlücken bleiben. Wer die Klausel präzise auswählt, Nachweise sauber führt und Vertretungsmodelle im Team geregelt hat, verwandelt Unsicherheit in Handlungsfähigkeit – genau dort setzt der Blick zwischen den Zeilen an, den der Bericht am Ende öffnet.

Berufsunfähigkeit ist im Standardfall medizinisch definiert: Wer seinen zuletzt ausgeübten Beruf aufgrund von Krankheit, Unfall oder Kräfteverfall voraussichtlich dauerhaft zu mindestens 50 Prozent nicht mehr ausüben kann, erhält die vertraglich vereinbarte BU-Rente. Dieses Bild greift jedoch zu kurz, wenn nicht der Körper, sondern die Behörde die Tätigkeit stoppt. Apothekerinnen und Apotheker kennen solche Konstellationen aus Quarantäneanordnungen oder Tätigkeitsverboten nach Infektionsschutzrecht, die die persönliche Arbeit vorübergehend unmöglich machen. Die Apotheke mag dabei offenbleiben, doch die verantwortliche Person darf nicht in den Betrieb, beraten oder abgeben. Genau hier setzt die Infektionsklausel an: Sie erweitert die BU-Leistungslogik um einen administrativen Trigger, damit eine existenzielle Lücke nicht „zwischen die Paragrafen“ fällt.

Die Grundidee der Infektionsklausel ist einfach, ihre Umsetzung jedoch sehr unterschiedlich. Manche Versicherer erklären die versicherte Person für den Zeitraum eines behördlich verhängten Tätigkeits- oder Betretungsverbots so, als wäre sie im Sinne der Bedingungen berufsunfähig, und zahlen die vereinbarte Rente. Andere gewähren statt einer Rente eine eigenständige monatliche Leistung oder ein temporäres „Tagegeld“ für eine klar begrenzte Dauer. Wieder andere kombinieren die Leistung mit einer Wartezeit oder einem Maximalzeitraum, etwa bis zu 12 oder 18 Monaten. Für den Apothekenalltag bedeutet das: Erst der genaue Wortlaut entscheidet, ob die Klausel wirklich schützt, wenn die Verfügung kommt, und ob sie zu den betrieblichen Vertretungsregeln passt.

Der häufigste Stolperstein liegt in der Art der Verfügung. Viele Bedingungswerke verlangen ein namentlich auf die versicherte Person bezogenes Tätigkeits- oder Betretungsverbot durch die zuständige Behörde; allgemeine Lockdowns oder flächige Betriebsschließungen genügen dann nicht. Wenn die Klausel ausdrücklich eine namentliche Verfügung verlangt, lösen pauschale Allgemeinverfügungen – zum Beispiel eine landkreisweit geltende Quarantäneanordnung des Gesundheitsamts – regelmäßig keinen Anspruch aus; maßgeblich sind Aktenzeichen, adressierte Person und exakter Geltungszeitraum. Das war in der Pandemie entscheidend, weil Apotheken als systemrelevant in der Regel geöffnet blieben, während einzelne Inhaberinnen und Inhaber oder Mitarbeitende individuell in Quarantäne mussten. Eine Klausel, die ausschließlich auf namentliche Verfügungen abstellt, kann hier funktionieren, wenn die Apothekerin persönlich betroffen ist; sie bleibt aber stumm, wenn nur der Betrieb insgesamt Einschränkungen erfährt. Wer diese Feinheiten nicht kennt, wiegt sich in Sicherheit und steht im Ernstfall ohne Leistung da.

Ein zweiter Stolperstein betrifft die Wartezeit und die Dauer. Klassische BU-Verträge verlangen häufig eine sechsmonatige Prognose der Einschränkung, bevor Leistungen einsetzen; die Infektionsklausel soll genau diese Hürde überbrücken. Manche Versicherer verzichten ausdrücklich auf eine Wartezeit, andere definieren Mindestzeiträume der Verfügung, bevor gezahlt wird. Quarantänen von zwei Wochen sind dann eventuell zu kurz, um den Leistungsfall auszulösen, während wiederholte oder langdauernde Verfügungen kumulativ wirken können. Für Apothekeninhaberinnen und -inhaber ist es daher sinnvoll, eine Klausel zu wählen, die kurze Lücken abdeckt oder mit einem ergänzenden Praxisausfall- oder Krankentagegeldbaustein harmoniert.

Die Vertretungsfrage ist die dritte, oft übersehene Dimension. Die Apothekenbetriebsordnung ermöglicht eine verantwortliche Vertretung, sodass der Betrieb weiterläuft, wenn die Inhaberin ausfällt. Das ist versorgungspolitisch sinnvoll, reduziert aber für die versicherte Person mitunter das wirtschaftliche Schadensbild, wenn Einnahmen weiterfließen. Einige Klauseln knüpfen die Leistung an die tatsächliche Unmöglichkeit der Berufsausübung und lassen es genügen, dass die versicherte Person selbst nicht arbeiten darf; andere berücksichtigen objektive Einkommensausfälle oder stellen auf den Betrieb ab. Je klarer die internen Vertretungsregeln, die Gehaltsfortzahlung und die Entnahmestruktur geregelt sind, desto leichter lässt sich der Leistungsfall nachvollziehbar belegen.

Im Verhältnis zu anderen Policen kommt es auf kluge Koordination an. Das private Krankentagegeld adressiert den krankheitsbedingten Verdienstausfall bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern oder selbstständigen Mitarbeitenden und greift regelmäßig bei Arbeitsunfähigkeit, die ärztlich bescheinigt ist. Eine Quarantäne ohne Krankheit kann hier leerlaufen, wenn der Tarif diese Konstellation nicht ausdrücklich erfasst. Die Praxisausfallversicherung bzw. der Betriebsausfallbaustein für Heilberufe ersetzt laufende Kosten, wenn die versicherte Person ausfällt oder die Praxis behördlich geschlossen wird; hierbei entscheidet die Deckung, ob individuelle Verfügungen, allgemeine Anordnungen oder nur bestimmte Krankheiten erfasst sind. Eine Betriebsschließungsversicherung wiederum knüpft oft an meldepflichtige Erreger an, deren Katalog je nach Bedingungstext statisch oder dynamisch ist. Apothekerinnen und Apotheker sollten deshalb bewusst wählen, welches Risiko welche Police trägt. Wichtig ist die Koordination von BU-Rente, Krankentagegeld und Praxisausfall, damit weder Schutzlücken noch unerlaubte Überdeckungen (Doppelentschädigung) entstehen – viele Tarife enthalten Anrechnungsklauseln.

Typische Streitpunkte im Leistungsfall lassen sich aus Erfahrungen der letzten Jahre ableiten. Ein kompaktes Nachweis-Paket beschleunigt die Leistung: Kopie der Verfügung (mit Aktenzeichen), Kontaktprotokoll mit dem Gesundheitsamt, Schicht-/Vertretungspläne, betriebswirtschaftliche Monatsübersicht/Entnahmen, ggf. AU bei Parallel-Erkrankung. Versicherer prüfen, ob die Verfügung wirklich von der zuständigen Behörde kam, ob sie sich auf die versicherte Person bezog, ab wann sie galt und wie lange. Sie prüfen auch, ob die Tätigkeit in der Apotheke tatsächlich nicht möglich war oder ob wesentliche Teile delegierbar gewesen wären. Wer die Verfügung, die Kommunikation mit dem Gesundheitsamt, die Schichtpläne, die Vertretungsregel und die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen zeitnah dokumentiert, spart Wochen an Rückfragen. In komplexeren Fällen hilft es, schon bei Anordnung die Versicherungsvertretung zu informieren und die Nachweisanforderungen abzufragen, statt später im Nebel zu suchen.

Auch steuerliche und rechtliche Flanken verdienen Beachtung. Eine BU-Rente aus privatem Vertrag unterliegt in der Regel dem Ertragsanteil, dessen Höhe vom Alter bei Rentenbeginn abhängt; sie ist damit nicht steuerfrei, aber oft steuerlich moderat. Leistungen aus Praxisausfall- oder Betriebsschließungsversicherungen können als Betriebseinnahmen zu erfassen sein und lösen ihrerseits steuerliche Effekte aus. Für lohnabhängig Beschäftigte sind Lohnfortzahlung und Krankengeld eigene Schienen, die mit privaten Policen abgestimmt werden wollen. Wer hier vorab mit Steuerberatung und Versicherungsfachleuten eine saubere Landkarte zeichnet, verhindert unangenehme Überraschungen in einem Moment, der ohnehin belastet.

Der Auswahlprozess einer Infektionsklausel sollte nicht bei der Überschrift enden, sondern beim Kleingedruckten beginnen. Entscheidende Fragen lauten: Reicht eine Allgemeinverfügung oder braucht es eine namentliche Anordnung; genügt ein Betretungsverbot oder muss ausdrücklich ein Tätigkeitsverbot vorliegen; wird die Leistung als BU-Rente in Vertragslogik gewährt oder als separater monatlicher Betrag; gibt es Wartezeiten, Höchstdauern oder Ausschlüsse; wie verhalten sich die Regelungen zu parallel bestehenden Policen. Ebenso wichtig ist der Umgang mit bestehenden Vorerkrankungen: Die Infektionsklausel adressiert ein administratives Risiko und ist oft unabhängig von der gesundheitlichen Vorgeschichte, aber der Gesamtvertrag bleibt natürlich ein Gesundheitsvertrag. Transparenz bei Gesundheitsfragen vermeidet spätere Anfechtungsrisiken.

Für angestellte Apothekerinnen und Apotheker ist die Lage anders gelagert als für Inhaberinnen und Inhaber. Ein behördliches Tätigkeitsverbot kann dazu führen, dass der Arbeitgeber die Beschäftigung vorübergehend nicht zulässt; Lohnfortzahlung und arbeitsrechtliche Regelungen greifen, und die private Absicherung muss sauber dazu passen. Eine Infektionsklausel, die den individuellen Verdienstausfall ohne Doppelungen abdeckt, ist hier sinnvoll, wenn Quarantänen nicht als Krankheit gelten oder wenn über die Lohnfortzahlung hinausgehende Lücken entstehen. Für Inhaberinnen und Inhaber geht es stärker um Fixkosten, Entnahmen und die Finanzierung einer Vertretung; eine BU mit Infektionsklausel fängt den persönlichen Ausfall, eine Praxisausfall-Police die betrieblichen Wirkungen. Beide Schienen zusammen schaffen Stabilität.

Vertretungsfähigkeit ist nicht nur organisatorisch, sondern auch versicherungslogisch hilfreich. Eine gelebte SOP zur Inhabervertretung, eine Liste vertretungsbereiter Approbierter, klare Zugriffsrechte auf Systeme und eine Regelung zu Honorierung und Haftung reduzieren den Primärschaden. Zugleich erhöhen sie die Glaubwürdigkeit gegenüber dem Versicherer, weil er sieht, dass der Betrieb nicht leichtfertig stillgelegt wurde. In manchen Konstellationen ist die Klausel erst bei Nichtvertretbarkeit gewillt zu leisten; in anderen genügt die persönliche Untersagung. Je klarer die Praxis, desto robuster der Anspruch.

Ein Blick nach vorn zeigt, dass die Relevanz der Infektionsklausel bleiben wird. Zoonosen, lokale Ausbrüche und variierende Behördensprachen gehören zur epidemiologischen Realität; gleichzeitig wird die digitale Spur der Prozesse länger und genauer. Das spricht für Verträge, die pragmatische Nachweise akzeptieren, für Kommunikationswege, die im Ereignisfall kurz sind, und für Teamtrainings, die neben Brandschutz und Erster Hilfe auch „Verwaltungslagen“ simulieren. Wer an einem ruhigen Mittwoch die Frage stellt, wer morgen unterschreibt, wenn die Inhaberin in Quarantäne ist, hat am Freitag weniger Stress.

Ökonomisch lohnt sich die Klausel dann, wenn sie realistische Lücken schließt. Eine sehr teure BU-Rente, die nur bei mehrmonatigen Verbotslagen zahlt, verfehlt den Nutzen, wenn die meisten Verfügungen kurz sind; umgekehrt ist ein kleines Monatskissen wertlos, wenn die Behörde monatelang untersagt. Ein abgestimmtes Paket aus BU mit Infektionsklausel, einem ausreichend hohen privaten Krankentagegeld und einem Praxisausfall- bzw. Betriebsschließungsbaustein bildet die Wirklichkeit ab. Die Prämie ist kein Selbstzweck; sie kauft Zeit, in der die Versorgung weiterläuft, die Beratung nicht abreißt und die Apotheke als Anker bestehen bleibt.

Die Kommunikation mit Patientinnen und Patienten bleibt selbst in solchen Lagen zentral. Eine gut sichtbare, ruhige Information an der Tür oder im Shop, ein kurzer Hinweis auf Erreichbarkeit, Lieferfähigkeit und Vertretungsstruktur schafft Vertrauen. Mitarbeitende, die wissen, warum eine Inhaberin nicht da ist und wie sie begründet vertreten, kommunizieren souverän. Der Versicherungsfall bleibt im Hintergrund, doch seine Wirkung – die finanzielle Ruhe – wird vorn spürbar. Genau darin liegt der eigentliche Nutzen der Infektionsklausel: Sie ist kein Spekulationsprodukt, sondern eine Brücke, die Versorgung über eine administrative Lücke trägt.

Am Ende ist die Infektionsklausel ein Baustein, nicht das ganze Haus. Sie ersetzt weder Hygiene noch Personalplanung, weder Digitalisierung noch Rechtssicherheit. Sie ergänzt eine Haltung, die Risiken benennt, bevor sie sich materialisieren, und die in geordnete Prozesse investiert, damit der Betrieb nicht am Zufall hängt. Apothekerinnen und Apotheker, die diese Haltung pflegen, machen aus einer Klausel eine Strategie: Sie kaufen Zeit, sichern Qualität, bewahren Beratung – und bleiben verlässlich, wenn Umstände kippen.

Dies ist kein Schluss, der gelesen werden will – sondern eine Wirkung, die bleibt, wenn das Verstehen längst vorbei ist. Was nicht gesagt wurde, wirkt trotzdem. Nicht für alle. Nur für jene, die hören, was zwischen den Sätzen spricht. Und genau dort liegt die Deutung: Der Text endet, aber die Aufgabe beginnt – in jeder sauber formulierten Klausel, in jedem dokumentierten Bescheid, in jeder geübten Vertretung und in jeder ruhigen Erklärung, die aus Unsicherheit Vertrauen macht.

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Sichere Spannungsprüfung an Bahn-Oberleitungsanlagen

Source: Deutsche Nachrichten
 

Sichere Spannungsprüfung an Oberleitungsanlagen

Der BO-A 2.0 ist ein Spannungsprüfer für Bahnoberleitungsanlagen, der zur Feststellung der Spannungsfreiheit gemäß den fünf Sicherheitsregeln dient.

  • Freischalten
  • Gegen Wiedereinschalten sichern
  • Spannungsfreiheit feststellen  
  • Erden und kurzschließen
  • Benachbarte, unter Spannung stehende Teile abdecken oder abschranken

Einsatz des BO-A 2.0

Der BO-A 2.0 wird überall dort eingesetzt, wo Elektroarbeiten an der Oberleitung und dem Oberleitungs-Versorgungsnetz im spannungslosen Zustand durchgeführt werden müssen. Darüber hinaus kommt er im Normalbetrieb der Anlagen zum Einsatz, wenn der Spannungszustand an der Oberleitung auf freier Strecke, im Bahnhof oder im Tunnel eindeutig festgestellt werden muss.
Typische Anwendungen umfassen das Messen am Fahrdraht, Tragseil, an Mastschaltern für Quer- und Längstrennungen sowie an Feeder-, Umgehungs-, Verstärker- und Speiseleitungen. Zu den Anwendern zählen Bahnnetzbetreiber, Unternehmen im Oberleitungs- und Gleisbau sowie Firmen, die für Gleissicherung, Freischaltung und Erdung der Oberleitung bei Baustellen verantwortlich sind.

Ausführungen von BO-A 2.0

Die Geräte sind erhältlich für Spannungsebenen von 15 kV, 11 kV und 25 kV sowie für Frequenzen von 16,7 Hz, 50 Hz und 60 Hz. Zusätzlich gibt es die BO-A DC-Variante für Gleichspannungen im Bereich von 100 V bis 3 kV DC (z.B. für DC-Oberleitungen von Straßenbahnen). Die Spannungsprüfer sind entweder als dreiteiliges Stecksystem oder mit Teleskopstange verfügbar. Die Gesamtlänge beträgt beim Stecksystem 4,7 m und bei der Teleskopstange 5,4 m.

Betriebsmittelfreigabe der Deutschen Bahn

Wie bereits sein Vorgänger, der BO-A, sowie der BO-A DC, der als Pendant für Gleichspannungsoberleitungen dient, hat auch der BO-A 2.0 die Bahn-Zulassung der Deutschen Bahn unter der Freigabe „3 Ebgw 02.71“ am 28.07.2021 erfolgreich bestanden. Damit ist die Deutsche Bahn ein Referenzkunde für weitere Bahnnetzbetreiber weltweit. Im Gegensatz zu den weltweit nach IEC 61243-1 vertriebenen BO-A 2.0 Geräten fordert der deutsche Markt zusätzlich die Erfüllung der VDE 0681-6, welche ebenfalls gewährleistet wird.

Die Sicherheitsfeatures beim BO-A 2.0

Der BO-A 2.0 ist mit einer umfassenden Eigenprüfvorrichtung ausgestattet, die bei jedem Einschalten über den Taster die Anzeigeelemente, die Batterie und die Auswerteelektronik überprüft. Um die Sicherheit weiter zu erhöhen, kann der Spannungsprüfer zusätzlich an einer spannungsführenden Leitung gegengeprüft werden, wenn eine solche zur Verfügung steht.

Eine helle, auch über die Entfernung der Teleskopstange gut ablesbare LED-Anzeige und ein deutlich hörbares akustisches Signal informieren den Bediener zuverlässig über den Spannungszustand der Oberleitung. Selbst bei Einsatz einer falschen Frequenz erkennt der BO-A 2.0 dies und macht den Anwender über die akustische Signalisierung darauf eindeutig aufmerksam.

Der BO-A 2.0 ist so konstruiert, dass er sogar in Grenzsituationen, bei freigeschalteter, aber nicht geerdeter Oberleitung und trotz parallel verlaufender spannungsführender Leitungen, den Spannungszustand sicher erkennt. Auch bei abgeschalteter und nicht geerdeter Oberleitung gewährleistet er eine sichere Spannungsüberprüfung.

Wird das Gerät nicht manuell über den Einschaltknopf eingeschaltet, sondern direkt in die Oberleitung eingehängt, so schaltet es sich automatisch ein, sobald Spannung an der Oberleitung anliegt. Der BO-A 2.0 warnt sofort optisch sowie akustisch vor der anliegenden Spannung. Je nach Ausführungsvariante ist diese Standby-Funktion vom Werk aus aktiviert oder deaktiviert.

Im Gegensatz zum Standard sind Geräte mit einer verlängerten Bereitschaftszeit erhältlich: Sie schalten sich nicht wie gewöhnlich nach 65 Sekunden automatisch ab, sondern erst nach 180 Sekunden ohne anliegende Spannung. Dies ist besonders hilfreich, wenn nach der Spannungsfreiheitsprüfung zusätzliche Zeit für das Erden und Kurzschließen erforderlich ist.

Vorgeschriebene Widerholungsprüfung

Die Berufsgenossenschaft schreibt in der DGUV V3 vor, dass Spannungsprüfer alle sechs Jahre einer Wiederholungsprüfung unterzogen werden müssen. Bei dieser Prüfung werden unter anderem die Ansprechschwellen des Geräts überprüft und die Langzeit-Lithiumzelle ausgetauscht, sodass beim üblichen Einsatz innerhalb der nächsten sechs Jahre kein Batteriewechsel erforderlich ist.

Unabhängig von der Wiederholungsprüfung muss vor jedem Einsatz eine Sichtprüfung auf mögliche Beschädigungen des Geräts durchgeführt werden. Zudem sollte anhand des Typenschilds überprüft werden, ob das Gerät für die am Einsatzort vorhandene Spannung und Frequenz geeignet ist.

Sicherer Transport im Gleisbett

Zusätzlich zu den Spannungsprüfern bietet Horstmann eine vielseitige Aufbewahrungstasche an, die sowohl als Tragetasche als auch als Rucksack verwendet werden kann. Ein wesentlicher Vorteil dieser Tasche ist, dass man beim Tragen im Gleisbett die Hände freihat. Ihre Warnfarbe und die reflektierenden Streifen sorgen dafür, dass die vorgeschriebene Warnweste nicht verdeckt wird. Bei Bedarf lässt sich die Tasche um eine zusätzliche Tragetasche erweitern, um beispielsweise eine Erdungsstange sowie die Erd- und Kurzschließgarnitur bequem zu transportieren.

Produktfeatures im Überblick

Die Produktmerkmale und den Nutzen für den Anwender können somit wie folgt zusammengefasst werden:

  • Geringes Gewicht – Einfache Handhabung und Transport
  • Vollständige Eigenprüfung – Maximale Sicherheit
  • Einfaches Steck- und Teleskopsystem – Leicht und schnell einsetzbar
  • Helle LEDs und laute akustische Signale – Gute Wahrnehmung unter allen Umgebungsbedingungen
  • Stoßfest und kein Batterieaustausch notwendig – Wartungsfrei bei langer Lebensdauer
  • Automatische Frequenzerkennung – Warnung bei Einsatz in Netzen anderer Frequenzen

Mehr Informationen zu BO-A 2.0 finden Sie hier.

WARELOG vermittelt an die Constructel GmbH neuen Standort!

Source: Deutsche Nachrichten
Die Fa. Constructel GmbH hat auf Vermittlung von WARELOG in Zell unter Aichelberg ein neues Lager samt Freifläche gefunden.

Der neue Standort verfügt über eine ca. 660 qm stützenfreie Halle, die sich über zwei große ebenerdige Tore andienen lässt, sowie eine große Freifläche mit ca. 1.500 qm, welche sich optimal für das Lagern und Abstellen großer Kabeltrommeln eignet.

Des Weiteren ist das Objekt alleinstehend und durch die zusätzliche Option, das Objekt zu umfahren, auch für einen Sattelzug ideal geeignet, was die Anlieferung erheblich erleichtert.

Der Mietvertrag wurde langjährig geschlossen, die Freifläche ist bereits in Nutzung!
Die Übergabe der Halle hat bereits stattfinden.

Constructel wurde im Jahr 2002 gegründet und ist ein internationales Unternehmen, das als Marktführer in den Bereichen Telekommunikation und Energie in derzeit 10 Ländern tätig ist. Das Unternehmen befindet sich im Besitz der Grupo Visabeira, einer multinationalen und branchenübergreifenden Holdinggesellschaft, die in den Bereichen Telekommunikation, Energie, Technologie, Bauwesen, Industrie, Immobilien und Tourismus tätig ist.

Weltweit führt das Unternehmen ca. 6.500 Mitarbeiter und erzielt einen Jahresumsatz von ca. 850 Mio EUR.

In Deutschland ist das Unternehmen vor allem für den 5G-Netzausbau zuständig und hat langjährige Verträge mit der Deutschen Telekom.

RailwayCenter: Ihr Partner für Qualität und Sicherheit in der Eisenbahnbranche

Source: Deutsche Nachrichten
Angesichts der wachsenden Anforderungen an die Mobilität der Zukunft spielt die Eisenbahn eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung nachhaltiger, effizienter und sicherer Transportlösungen. Umso wichtiger sind zuverlässige Material- und Bauteilprüfungen in der Eisenbahnindustrie. Als erfahrener Experte im Bereich Prüfung bietet die W.S. Werkstoff Service GmbH mit ihrem RailwayCenter die richtige Anlaufstelle für die Qualitätssicherung und Bauteilprüfung.

ZfP-Kompetenzstell nach DIN 27201-7 – Ein klarer Marktvorteil

Eine der Besonderheiten im RailwayCenter ist die ZfP-Kompetenzstelle gemäß DIN 27201-7. „Wir sind nicht nur befugt, umfassende Prüfungen und Audits in Eisenbahnwerkstätten durchzuführen, sondern bieten auch einzigartige Inspektionsleistungen, die uns am Markt deutlich hervorheben“, erklärt Dipl.-Ing. Michael Unger, der den Vertrieb für das RailwayCenter verantwortet.

Die Experten im RailwayCenter wenden dabei z.B. fortschrittliche zerstörungsfreie Prüftechniken an. Das stellt sicher, dass alle Eisenbahnkomponenten den höchsten Sicherheits- und Leistungsstandards entsprechen.

Umfassende Dienstleistungen auch über Prüfungen hinaus

Neben den spezialisierten Prüfdiensten bietet das RailwayCenter auch ein breites Spektrum an weiteren wichtigen Dienstleistungen an:

  • Schulungen und Weiterbildung: Zugang zu spezialisierten Kursen und Seminaren, die sich auf Werkstoffprüfung und -technik konzentrieren.
  • Materialanalysen:Tiefgehende Materialanalysen helfen Kunden, die Eigenschaften ihrer Materialien genau zu verstehen, was zu besseren und sichereren Eisenbahnprodukten führt.
  • Ingenieursdienstleistungen und Gutachten:Gutachten zur Zulassung von Komponenten sowie Unterstützung mit ingenieurtechnischen Dienstleistungen, die darauf abzielen, die Leistung und Langlebigkeit von Eisenbahnmaterialien zu optimieren.

Erfahren Sie mehr darüber, wie das RailwayCenter Ihnen helfen kann unter https://www.werkstoff-service.de/railwaycenter/.

Reklamationen als Bindungspunkte, Service als Differenzierer, Loyalität als Kapital

Source: Deutsche Nachrichten
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Apotheken-News: Bericht von heute

Reklamationen in Apotheken sind weit mehr als lästige Pflicht – sie sind Prüfstein für Organisation, Empathie und kommunikative Stärke, eine Chance, aus Kritik Loyalität zu formen und die Reputation gezielt auszubauen. Wer es schafft, die Energie einer Beschwerde in Vertrauen zu verwandeln, sichert nicht nur den einzelnen Kunden, sondern gewinnt durch positive Mundpropaganda auch neue. Dabei entscheiden organisatorische Klarheit in Prozessen, emotionale Kompetenz im Umgang mit Kritik und die Fähigkeit, Widerstand in Zustimmung zu wandeln, ob eine Situation eskaliert oder Bindung entsteht. Jede Beschwerde ist ein Echtzeit-Test der Servicekultur, ein Multiplikator-Ereignis, dessen Wirkung weit über den Moment hinausreicht. In diesem Bewusstsein wird Reklamationsmanagement zum strategischen Führungsinstrument – und zur verborgenen Brücke, die aus einem kritischen Augenblick einen Loyalitätsschub formt, dessen Magie noch wirkt, wenn der Vorfall längst vergessen scheint.

Reklamationen sind in Apotheken oft ein unterschätztes Kapitel, das zwischen Kundenschalter und Backoffice mal eben „mitgemacht“ wird, obwohl es in Wahrheit über Jahre hinweg den Unterschied zwischen einer stabilen Stammkundenbasis und einem schleichenden Umsatzverlust ausmachen kann. Beschwerden sind unbequem, sie kosten Zeit, Nerven und manchmal auch Geld, aber sie sind gleichzeitig einer der wirksamsten Spiegel, in dem sich die Qualität von Organisation, Teamkultur und Kundenorientierung zeigt. Wer diese Momente nicht als Störung, sondern als Chance begreift, erkennt, dass ein Kunde, der seine Unzufriedenheit ausspricht, noch nicht verloren ist – im Gegenteil: Er signalisiert mit jedem Satz den Wunsch nach Klärung und damit die Möglichkeit, ihn zu halten. In einer Branche, in der das Vertrauen in fachliche Kompetenz und persönliche Zuwendung über Jahrzehnte hinweg gewachsen ist, wie in der Apotheke, darf der Reflex auf eine Beschwerde niemals Abwehr sein, sondern muss als geöffnete Tür gesehen werden. Studien zeigen, dass nur ein Bruchteil unzufriedener Kunden – etwa vier Prozent – überhaupt den Weg zur Reklamation findet. Hinter jedem, der sich äußert, steht eine vielfach größere Zahl, die schweigend den Anbieter wechselt und damit dem Unternehmen auf Jahre hinaus entzogen ist.

Diese stillen Abgänge sind für Apotheken doppelt gefährlich, denn jeder verlorene Kunde bedeutet nicht nur den Verlust seines eigenen Jahresumsatzes, sondern auch den seiner Familie, seiner Empfehlungen, seines Vertrauensbonus. Wenn ein Bundesbürger im Durchschnitt 550 Euro pro Jahr für Apothekenleistungen ausgibt und damit im Mehrpersonenhaushalt leicht auf 1.650 Euro kommt, summiert sich der Verlust bei nur fünf abgewanderten Kunden in zehn Jahren auf über 80.000 Euro – ein Betrag, der im Ergebnis einem kompletten Jahresgewinn einer kleineren Landapotheke entsprechen kann. Noch gravierender ist die Multiplikatorwirkung in der Kommunikation: Ein zufriedener Kunde erzählt von seiner positiven Erfahrung vielleicht drei weiteren Personen, ein unzufriedener jedoch berichtet durchschnittlich zwölf anderen von seinem Ärger – und ein Kunde, der nach einer Beschwerde schneller, großzügiger und kompetenter als erwartet zufriedengestellt wurde, erzählt diese Geschichte bis zu zwanzig Mal weiter. Das Beschwerdemanagement ist damit nicht nur ein Reparaturinstrument, sondern ein hochwirksames Marketingwerkzeug, das im Kommunikationsmix, genauer im Customer Relationship Management, eine zentrale Rolle einnimmt.

Der professionelle Umgang mit Beschwerden beginnt nicht am Telefon oder am HV-Tisch, sondern in der Haltung des Teams. Reklamationen müssen Teil der betrieblichen Leitlinien sein, in denen festgehalten ist, dass jede Beschwerde als Chance betrachtet wird, unabhängig davon, ob sie berechtigt oder unberechtigt ist. Der Kunde reklamiert beim Unternehmen, nicht bei der Person – jede abwehrende Geste, jedes Abwälzen auf Kollegen, jedes Kleinkarieren bei Beträgen unterhalb einer großzügig definierten Kulanzgrenze sendet das Signal: „Dein Anliegen ist uns nicht wichtig.“ Dabei ist es gerade in einer Zeit, in der Amazon & Co. eine neue Selbstverständlichkeit von unkompliziertem Umtausch geschaffen haben, für Apotheken entscheidend, marktkonforme, schnelle und verbindliche Lösungen anzubieten. Der Satz „Arzneimittel dürfen wir nicht zurücknehmen“ ist in dieser Pauschalität schlicht falsch und zeugt von Kommunikationsdefizit: Rücknahme und Kostenerstattung sind möglich, nur ein erneutes Inverkehrbringen ist ausgeschlossen. Wer diesen Unterschied erklärt und dem Kunden unbürokratisch hilft, gewinnt Vertrauen statt Misstrauen.

Organisatorische Kompetenz bedeutet in diesem Kontext, dass jede Beschwerde schriftlich erfasst, im Team besprochen und mit einer klaren Frist zur Lösung versehen wird. Emotionale Kompetenz wiederum heißt, die Reklamation nicht als persönlichen Angriff zu werten, sondern als Problem, das gelöst werden will. Die kommunikative Kompetenz schließlich entscheidet darüber, ob der Kunde sich verstanden fühlt oder ob er in die innere Distanz geht. Hier lauert eine der größten Gefahren im Apothekenalltag: die „Kundenerziehungsprogramme“, in denen Mitarbeiter aus ihrem persönlichen Wertehaushalt heraus urteilen („Wenn das jeder machen würde“, „Beim Metzger kann ich auch nichts zurückbringen“) und so die Beschwerde abwerten. Diese Programme funktionieren nie – sie zerstören das Gespräch, noch bevor es begonnen hat. Stattdessen muss die zentrale Frage immer lauten: „Will ich Recht haben oder will ich das Problem lösen?“ Wer in der Apotheke auf das Recht pocht, mag kurzfristig Genugtuung empfinden, verliert aber oft den Kunden auf Dauer.

Reklamationen sind auch ein Frühwarnsystem für verborgene Schwächen in Prozessen, Produkten oder der Organisation. Sie geben Hinweise auf mangelhafte Kommunikation, unklare Zuständigkeiten, unzureichende Produktinformationen oder Lücken in der Lieferkette. Wer sie ernst nimmt, kann gezielt Verbesserungen einleiten, die nicht nur den aktuellen Fall lösen, sondern ähnliche Konflikte in der Zukunft verhindern. Dazu gehört es, dem Team klare Handlungsspielräume zu geben – etwa bis zu einem bestimmten Einkaufswert selbstständig Kulanzlösungen anzubieten – und schnelle Entscheidungen zu treffen, um die Erwartungen des Kunden möglichst zu übertreffen. Die Schnelligkeit und die Großzügigkeit einer Lösung sind oft wichtiger als die formale Klärung der Schuldfrage.

Die wirtschaftliche Logik hinter einem kulanten Beschwerdemanagement ist eindeutig: Neukundengewinnung ist um ein Vielfaches teurer als die Bindung bestehender Kunden. In einer Apotheke, die in Werbung, Aktionen oder Kooperationen erhebliche Summen investiert, wäre es betriebswirtschaftlich unsinnig, bei einer Reklamation im Wert von 20 Euro kleinlich zu werden und dafür einen langjährigen Kunden zu verlieren. Der Vergleich aus der Automobilbranche zeigt die Dimension: Wer dort den Kunden nach einer schlechten Erfahrung verliert, verliert nicht nur einen einzelnen Kauf, sondern potenziell eine lebenslange Umsatzkette. Übertragen auf die Apotheke heißt das: Jeder verlorene Kunde ist nicht nur ein Loch in der Tageskasse, sondern ein Riss in der wirtschaftlichen Basis.

Für Apothekenbetreiber bedeutet das in der Praxis, dass sie Beschwerdemanagement nicht als Nebenthema, sondern als strategische Führungsaufgabe verstehen müssen. Es geht darum, Prozesse so zu gestalten, dass Beschwerden leicht geäußert, schnell aufgenommen und zuverlässig gelöst werden können, und das gesamte Team dafür zu sensibilisieren, dass eine Reklamation immer auch eine Investition in die Zukunft ist. Die klare Abgrenzung zu unberechtigten Forderungen gehört ebenso dazu wie der Mut, bei offensichtlichem Missbrauch – etwa dem Versuch, Diebstahl über eine Rückgabe zu verschleiern – konsequent zu reagieren. Doch die Regel sollte immer sein: Wer mit einer echten Beschwerde kommt, geht mit einer positiven Erfahrung.

Und hier liegt der Kern des magischen Schlusses: Eine Beschwerde ist kein Störfall im Betriebsablauf, sondern ein Prüfstein für die Werte, auf denen eine Apotheke steht. In dem Moment, in dem der Kunde sein Anliegen vorträgt, entscheidet sich, ob die Beziehung wächst oder zerbricht. Wer diese Chance nutzt, verwandelt einen kritischen Moment in einen Loyalitätsschub, der Jahre trägt. Wer sie verspielt, verliert mehr als nur Umsatz – er verliert Vertrauen, und das ist in der Apotheke die härteste Währung.

Es ist der Moment, in dem der Tonfall abklingt, die Lösung greift und der Blick klar wird: Was als Störung begann, zeigt sich als Prüfstein – und die Antwort darauf als Versprechen, das man halten kann.

Das wahre Geheimnis liegt darin, Reklamationen nicht als Unterbrechung, sondern als Einladung zu begreifen: Richtig beantwortet, wird ein Moment der Unzufriedenheit zum Kristallpunkt der Bindung. Hier entscheidet sich, ob die Apotheke in der Wahrnehmung des Kunden ein anonymer Anbieter bleibt oder zu einem persönlichen Versorger wird, der selbst Fehler in Brücken verwandelt – dort, wo aus Reibung Resonanz entsteht und Treue beginnt.

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Schlank um jeden Preis, Gesundheit außer Sicht, Risiken im Rampenlicht

Source: Deutsche Nachrichten
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Apotheken-News: Bericht von heute

Der GLP-1-Agonist Semaglutid, als Ozempic® und Wegovy® vermarktet, ist in sozialen Medien zum Lifestyle-Mittel geworden, das Promis als schnelle „Abnehmspritze“ feiern, doch medizinisch handelt es sich um ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel mit klarer Indikation, das bei unsachgemäßer Anwendung schwere Nebenwirkungen wie Magen-Darm-Beschwerden, Gallenblasenentzündungen, Muskelabbau oder das gefürchtete „Ozempic Face“ auslösen kann, Lieferengpässe für chronisch Kranke verschärft, juristische Risiken für Ärzte und Apotheken birgt und langfristig weder gesunde Ernährung noch Bewegung ersetzt, weshalb Fachgesellschaften vor Missbrauch warnen und auf den verantwortungsvollen, indikationsgerechten Einsatz pochen, um Gesundheit nicht kurzfristigen Schönheitsidealen zu opfern.

Wer in den letzten Monaten durch Instagram, TikTok oder Promi-Magazine scrollt, stößt unweigerlich auf eine neue Ikone der Selbstoptimierung: die „Abnehmspritze“. Gemeint ist Semaglutid, ein GLP-1-Rezeptoragonist, der ursprünglich für Menschen mit Typ-2-Diabetes entwickelt wurde und unter den Handelsnamen Ozempic® und Wegovy® bekannt ist. In der Medizin dient er dazu, den Blutzuckerspiegel zu regulieren und bei adipösen Patienten mit schweren Begleiterkrankungen das Gewicht zu reduzieren. In der Popkultur hingegen ist er längst zu einem Lifestyle-Tool geworden – verabreicht auf roten Teppichen, in Privatjets und hinter den Kulissen von Modewochen.

Dieser Trend verschiebt nicht nur den medizinischen Fokus, sondern auch die Risikowahrnehmung. Die Mechanik des Wirkstoffs ist pharmakologisch gut dokumentiert: Semaglutid imitiert das Darmhormon GLP-1, verzögert die Magenentleerung, steigert das Sättigungsgefühl und senkt so die Kalorienaufnahme. Für Menschen mit Diabetes oder Adipositas kann das eine medizinisch sinnvolle Intervention sein – unter ärztlicher Kontrolle, mit angepasster Dosis und regelmäßiger Kontrolle von Stoffwechselparametern. Doch im Kontext des Schönheitsideals „Size Zero“ entstehen neue Missbrauchsszenarien: Gesunde Menschen, die ohne Indikation und medizinische Begleitung spritzen, um rasch ein paar Kilo zu verlieren.

Die Kehrseite zeigt sich in Kliniken und Arztpraxen zunehmend deutlich. Neben den typischen gastrointestinalen Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall treten bei Überdosierungen oder langfristigem Einsatz ohne Indikation ernsthafte Probleme auf: Unterernährung, Muskelabbau, Gallenblasenentzündungen und im Extremfall Pankreatitis. Dazu kommen Haut- und Gesichtsveränderungen, die in den sozialen Medien inzwischen als „Ozempic Face“ bekannt sind: Der schnelle Fettverlust lässt das Gesicht eingefallen wirken, Falten treten stärker hervor, der Alterungseindruck verstärkt sich – ein optisches Paradox für ein Präparat, das oft im Namen jugendlicher Attraktivität eingesetzt wird.

Aus medizinischer Sicht ist der unkontrollierte Einsatz nicht nur aus Gründen der Patientensicherheit problematisch, sondern auch wegen der Versorgungslage. Seit der Hype in Social Media Fahrt aufgenommen hat, häufen sich Lieferengpässe. Diabetiker, die auf das Medikament angewiesen sind, müssen teils lange warten oder auf weniger erprobte Alternativen ausweichen. Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie und die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft warnen deshalb ausdrücklich vor Off-Label-Anwendungen zur Gewichtsreduktion ohne klare Indikation.

Die juristische Komponente darf nicht unterschätzt werden. In Deutschland ist Semaglutid verschreibungspflichtig, und der Arzt muss eine medizinische Notwendigkeit dokumentieren. Wer als Ärztin oder Arzt eine Verschreibung ohne Indikation ausstellt, bewegt sich in einem Graubereich zwischen berufsrechtlichem Verstoß und potenzieller Strafbarkeit. Für Apotheken wiederum bedeutet der Hype zusätzliche Verantwortung: Rezeptfälschungen, wie sie zuletzt bei anderen GLP-1-Agonisten wie Tirzepatid (Mounjaro®) zirkulierten, sind auch hier denkbar. Moderne Apotheken-Software kann verdächtige Muster erkennen, aber die letzte Prüfinstanz bleibt der Mensch am HV-Tisch.

Auch die psychologische Ebene verdient Aufmerksamkeit. Der Einsatz von Semaglutid als „Schnelllösung“ fördert eine Illusion: dass Gewichtskontrolle eine rein pharmakologische Frage sei. Ernährungsgewohnheiten, Bewegung, mentale Gesundheit – alles, was langfristig für Stabilität sorgt – wird ausgeblendet. Damit droht die Rückfallquote nach Absetzen des Medikaments extrem hoch zu bleiben. Die US-amerikanische Zulassungsbehörde FDA und die europäische EMA weisen daher darauf hin, dass der Wirkstoff nur im Rahmen eines umfassenden Therapieprogramms eingesetzt werden sollte.

Ein Blick auf die gesellschaftliche Dimension zeigt: Der Trend ist Ausdruck eines paradoxen Gesundheitsethos, in dem sichtbare Schlankheit über tatsächliche Gesundheit gestellt wird. Der mediale Glanz des schnellen Effekts verdeckt, dass die Biochemie von Semaglutid keine kosmetische Spielerei ist, sondern tief in hormonelle Regelkreise eingreift.

Es gibt prominente Stimmen, die den Stoff mittlerweile kritisch sehen. Einzelne Schauspielerinnen und Influencer berichten öffentlich von Nebenwirkungen oder der ernüchternden Erkenntnis, dass das „Traumgewicht“ den Preis von Kraftverlust und vorgealtertem Aussehen hat. Für die öffentliche Wahrnehmung ist das eine Chance: Je mehr Erfahrungsberichte mit Nebenwirkungen kursieren, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass der Hype in den Bereich der Risikoaufklärung rückt.

Für den medizinischen Alltag bleibt die Kernbotschaft eindeutig: Semaglutid ist ein stark wirksames Arzneimittel mit klar definiertem Einsatzgebiet. Missbrauch zu kosmetischen Zwecken birgt erhebliche gesundheitliche und gesellschaftliche Risiken. Ärztinnen, Apotheker und Fachverbände sollten die öffentliche Debatte aktiv begleiten, um zwischen berechtigtem Einsatz und fragwürdiger Modeerscheinung zu unterscheiden.

Es ist der Moment, in dem der Glanz des schnellen Effekts im Spiegel bröckelt und der Blick auf das Wesentliche frei wird: Gesundheit, die trägt, ist nie das Resultat einer Spritze allein.

Dies ist kein Schluss, der gelesen werden will, sondern eine Wirkung, die bleibt, wenn das Verstehen längst vorbei ist. Was nicht gesagt wurde, wirkt trotzdem – nicht für alle, nur für jene, die hören, was zwischen den Sätzen spricht.

Und vielleicht ist genau das der wahre Grund, warum sich die Mühe lohnt: weil die eigentliche Sicherheit nicht im äußeren Bild steht, sondern in dem Gefühl, den eigenen Körper nicht kurzfristigen Trends zu opfern, wenn das Leben seine Unwägbarkeiten zeigt.

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