Apotheken-News: Rezeptfälschungen und Nullretaxationen gefährden die Zukunft der Apotheken

Source: Deutsche Nachrichten
Immer raffinierter gefälschte Rezepte treiben Apotheken in existenzielle Krisen, während Krankenkassen kompromisslos auf Null retaxieren und so jede wirtschaftliche Abfederung verweigern. Selbst akribische Prüfungen schützen Betriebe nicht vor ruinösen Verlusten, die allein auf ihrer Seite abgeladen werden. Versicherungslösungen wie PharmaRisk® OMNI und FLEX schließen eine existenzielle Schutzlücke – doch sie bleiben ein Symptom eines tieferliegenden Systemversagens. Solange die Politik die strukturellen Schwächen im Rezeptwesen ignoriert und die finanzielle Verantwortung auf Apotheken abwälzt, bleibt wohnortnahe Versorgung gefährdet. Wie lange hält das System noch, wenn Täter geschützt und Leistungserbringer geopfert werden?

Die Dynamik, mit der die Zahl gefälschter Rezepte in deutschen Apotheken ansteigt, ist alarmierend. Immer häufiger sehen sich Apothekenbetreiber konfrontiert mit täuschend echt gestalteten Verordnungen, die in betrügerischer Absicht eingereicht werden. Besonders betroffen sind hochpreisige Medikamente, allen voran innovative Therapien wie GLP-1-Analoga zur Behandlung von Diabetes und Adipositas. Diese Präparate erzielen auf dem Schwarzmarkt enorme Summen und sind für kriminelle Banden daher besonders attraktiv.

Wird ein solches Rezept eingelöst und die Fälschung erst später erkannt, retaxieren die gesetzlichen Krankenkassen die abgegebene Verordnung nahezu ausnahmslos auf Null. Die Praxis der sogenannten Nullretaxation bedeutet für Apotheken: Sie erhalten keinerlei Vergütung für die abgegebenen Medikamente, müssen aber die Lieferantenrechnungen begleichen und bleiben auf dem vollständigen wirtschaftlichen Schaden sitzen. Eine kulante Prüfung der Umstände findet praktisch nicht statt. Selbst wenn Apotheker mit höchster Sorgfalt arbeiten, schützen sie sich nur unzureichend vor dieser finanziellen Belastung.

Angesichts dieser prekären Situation wird eine gezielte Absicherung gegen Rezeptbetrug zur wirtschaftlichen Überlebensstrategie. Versicherungslösungen wie PharmaRisk® OMNI bieten hier umfassenden Schutz. Das Konzept verbindet eine Allrisk-Deckung für klassische Betriebsrisiken mit einer expliziten Absicherung gegen Vermögensschäden, die infolge von Rezeptfälschungen und daraus resultierenden Retaxationen entstehen. Eine integrierte Beste Leistungs-Garantie stellt sicher, dass Apotheken automatisch von allen Marktverbesserungen profitieren, ohne selbst laufend Tarife vergleichen oder anpassen zu müssen.

Für Apotheken, die eine kompaktere Einstiegslösung suchen oder ihren Schutz modular erweitern möchten, steht mit PharmaRisk® FLEX eine flexible Variante zur Verfügung. Diese deckt zunächst zentrale Risiken ab und kann individuell an die Bedürfnisse des Betriebs angepasst werden, etwa durch gezielte Einschlussmöglichkeiten im Bereich Rezeptbetrug oder Retaxationsschutz.

Die dramatisch steigende Zahl der Betrugsfälle in Verbindung mit der kompromisslosen Haltung der Krankenkassen zeigt: Ohne spezialisierten Versicherungsschutz gehen Apotheken heute ein unkalkulierbares existenzielles Risiko ein. Nur durch professionelle Absicherungskonzepte können sich Betriebe wirksam gegen die finanziellen Folgen von Rezeptfälschungen schützen und ihre Zukunftsfähigkeit bewahren.

Kommentar:

Die rapide Zunahme von Rezeptfälschungen und die systematische Weigerung der Krankenkassen, eine differenzierte Prüfung der Einzelfälle vorzunehmen, legen ein grundlegendes strukturelles Versagen des deutschen Gesundheitssystems offen. Apotheken, die Opfer hochprofessioneller Betrüger werden, tragen die volle Last des finanziellen Schadens – eine Absurdität, die in keinem anderen Wirtschaftssektor ohne gesellschaftliche Gegenwehr denkbar wäre.

Dass sich Apotheken mit Spezialversicherungen wie PharmaRisk® OMNI oder FLEX eigenständig gegen diese Risiken schützen müssen, ist eine Folge des politischen und institutionellen Rückzugs aus der Verantwortung. Statt systemische Schwachstellen im Rezeptwesen zu beseitigen, werden sie auf betriebliche Ebene verlagert. Die privaten Versicherer füllen damit eine Lücke, die eigentlich der Staat schließen müsste.

Diese Entwicklung wirft schwerwiegende Fragen auf. Warum werden Apotheken, die als integraler Bestandteil der öffentlichen Gesundheitsversorgung fungieren, nicht besser vor systemischen Risiken geschützt? Warum liegt die Beweislast trotz professioneller Fälschungsmethoden vollständig bei den Apotheken? Und warum duldet die Politik eine Krankenkassenpraxis, die den Fortbestand wohnortnaher Versorgungseinrichtungen mutwillig aufs Spiel setzt?

Versicherungskonzepte wie PharmaRisk® OMNI sind eine pragmatische Antwort auf diese Defizite. Sie mildern die existenziellen Bedrohungen ab, verhindern Insolvenzen und sichern die Handlungsfähigkeit der Betriebe. Doch sie ändern nichts an der grundlegenden Schieflage. Solange das System Betrüger schützt und Opfer bestraft, bleibt die wirtschaftliche Stabilität der Apothekenbranche auf tönernen Füßen. Eine nachhaltige Lösung kann daher nur in der politischen Reform des Retaxationsrechts und in einer solidarischen Risikoaufteilung zwischen Kassen und Leistungserbringern bestehen.

Von Matthias Engler, Fachjournalist

Apotheken-News: Gefälschte Rezepte bedrohen Apotheken zunehmend und verlangen gezielte Schutzkonzepte

Source: Deutsche Nachrichten
Gefälschte Rezepte stellen Apotheken zunehmend vor existenzielle Herausforderungen. Hochpreisige Medikamente werden gezielt von Betrügern missbraucht, Krankenkassen retaxieren rigoros auf Null. Ohne spezialisierten Versicherungsschutz riskieren Apotheken massive Vermögensschäden. Der Schutz vor Rezeptfälschungen und ungerechtfertigten Retaxationen ist längst keine Option mehr, sondern ein entscheidender Bestandteil betrieblicher Risikovorsorge. Was Betreiber jetzt unbedingt beachten sollten.

Angesichts der zunehmenden Fälle gefälschter Rezepte stehen Apothekenbetreiber unter wachsendem Druck, organisatorische, rechtliche und finanzielle Vorkehrungen zu treffen. Besonders hochpreisige Medikamente wie GLP-1-Analoga geraten ins Visier professioneller Betrüger. Krankenkassen reagieren im Schadensfall häufig mit einer Nullretaxation, die Apotheken vollständig auf den entstandenen Kosten sitzen lässt. Für Betreiber bedeutet dies ein erhebliches wirtschaftliches Risiko, das nicht allein durch erhöhte Wachsamkeit abgefangen werden kann.

Neben sorgfältigen Prüfprozessen und klaren internen Abläufen zur Erkennung von Fälschungen gewinnt der gezielte Versicherungsschutz entscheidende Bedeutung. Eine klassische Betriebshaftpflichtversicherung reicht im Fall von Rezeptfälschungen nicht aus. Gefragt sind spezialisierte Absicherungen: Zum einen eine Versicherung gegen Rezeptfälschungsschäden, die bei klarer Täuschung eingreift, und zum anderen eine umfassende Retax-Versicherung gegen Vermögensschäden. Letztere schützt nicht nur bei klassischen Abrechnungsfehlern, sondern auch bei ungerechtfertigten Retaxationen infolge betrügerischer Aktivitäten.

Apothekenbetreiber müssen dabei besonders auf die Bedingungswerke achten. Viele Policen schließen Schäden durch Vorsatz Dritter oder durch Rezeptfälschung aus oder leisten nur unter engen Voraussetzungen. Wichtig ist ein umfassender Schutz ohne Leistungslücken, idealerweise mit einer sogenannten Best-Performance-Garantie, die immer den marktweit besten verfügbaren Deckungsumfang sicherstellt. Zudem sollten Betreiber die versicherten Höchstsummen und Selbstbeteiligungen kritisch prüfen, um existenzbedrohende Risiken zuverlässig abzufedern.

In der Priorisierung des Versicherungsschutzes rücken Rezeptfälschungs- und Retaxversicherungen heute in die erste Reihe der Risikovorsorge für Apotheken. Angesichts steigender Betrugszahlen und der rigiden Haltung der Kassen bei Retaxationen sind sie unverzichtbar, um den wirtschaftlichen Fortbestand der Apotheke zu sichern. Die Anforderungen an ein modernes Risikomanagement steigen – Apotheken, die diese Entwicklung ignorieren, setzen ihre Existenz aufs Spiel.

Kommentar:

Die Zunahme gefälschter Rezepte zwingt Apothekenbetreiber dazu, ihre Risikostrategie grundlegend zu überdenken. Es reicht längst nicht mehr aus, allein auf die Wachsamkeit der Mitarbeiter zu vertrauen oder auf eine kulante Behandlung durch die Krankenkassen zu hoffen. Die Realität ist härter: Krankenkassen verfolgen zunehmend eine Nulltoleranzpolitik, bei der sie Apotheken ohne Rücksicht auf die Täuschungsqualität der Fälschung finanziell abstrafen. Dieses Verhalten entbehrt jeder Fairness, verdeutlicht aber die dringende Notwendigkeit, sich durch gezielte Versicherungen vor existenzgefährdenden Schäden zu schützen.

Gesellschaftlich betrachtet offenbart diese Entwicklung eine Verschiebung von Verantwortung: Statt systemische Betrugsbekämpfung zu stärken, werden Apotheken als schwächstes Glied der Versorgungskette zur alleinigen Haftung gezwungen. Diese politische und regulatorische Schieflage gefährdet nicht nur die wirtschaftliche Basis einzelner Betriebe, sondern langfristig auch die flächendeckende Arzneimittelversorgung. Gerade kleinere Apotheken in ländlichen Regionen sind angesichts hoher Einkaufskosten für teure Medikamente extrem verletzlich.

Ein professionelles Risikomanagement, das auf spezialisierte Rezeptfälschungs- und Retaxversicherungen setzt, wird damit zum Überlebensfaktor. Doch auch die Versicherungswirtschaft steht in der Verantwortung, klare, verständliche und umfassende Produkte bereitzustellen, die den besonderen Risiken des Apothekenbetriebs gerecht werden. Eine engmaschige Beratung durch unabhängige Experten ist hierbei ebenso notwendig wie eine transparente Prüfung der Versicherungsbedingungen durch die Betreiber selbst.

Staat und Kassen dürfen sich ihrer Verantwortung ebenfalls nicht entziehen. Eine stärkere Regulierung des Rezeptverkehrs, bessere technische Prüfmechanismen und eine differenzierte Behandlung von Betrugsfällen wären zwingend erforderlich, um Apotheken vor unfairer Haftung zu schützen. Solange diese politischen Reformen ausbleiben, bleibt der Versicherungsschutz der einzige wirkungsvolle Schutzschild gegen die finanziellen Folgen einer perfiden Betrugswelle – und damit ein zentrales Element der Zukunftssicherung für jede Apotheke.

Von Engin Günder, Fachjournalist

Apotheken-Nachrichten von heute: ePA versagt, Apotheken kämpfen, Merz wird Kanzler

Source: Deutsche Nachrichten
Ein Start mit Symbolkraft sollte es sein – doch die elektronische Patientenakte wird schon kurz nach der bundesweiten Freischaltung zum digitalen Risikofaktor. Während Hacker sensible Gesundheitsdaten angreifen, ringt die SPD mit sich selbst, Friedrich Merz wird Kanzler und Jens Spahn formt die neue Linie der Union. Die Gesundheitsversorgung gerät unterdessen immer weiter aus dem Gleichgewicht: Apotheken kämpfen mit wirtschaftlichem Druck und regulatorischer Überforderung, neue Produkte wie ein Koffeinspray werfen Fragen auf, und selbst wissenschaftliche Lichtblicke wie ein mögliches universelles Gegengift oder metabolische Ernährungstests können nicht darüber hinwegtäuschen, dass das System insgesamt ins Wanken gerät.

Sicherheitslücke trifft ePA direkt nach bundesweitem Start

Wenige Tage nach dem offiziellen Start der elektronischen Patientenakte für alle Versicherten ist eine schwerwiegende Sicherheitslücke publik geworden. Die Schwachstelle wurde von ethischen Hackern des Chaos Computer Clubs entdeckt, die eine neu integrierte Schutzvorrichtung der ePA überwinden konnten. Die Sicherheitslücke betrifft zentrale Komponenten des digitalen Zugriffsschutzes, die erst kurz vor dem bundesweiten Rollout zusätzlich implementiert worden waren, um den Schutz sensibler Gesundheitsdaten zu erhöhen. Der Angriff erfolgte kurz nach dem 29. April 2025, dem Tag, an dem die Nutzung der ePA in Praxen, Krankenhäusern und Apotheken bundesweit freigeschaltet wurde.

Die Hacker informierten nach dem erfolgreichen Test direkt die zuständigen Stellen. Die Betreiber der Telematikinfrastruktur reagierten noch am selben Tag mit einer technischen Notfallmaßnahme, um die Schwachstelle vorläufig zu schließen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bestätigte am Abend, dass der Zugriffspfad abgeschaltet und der Angriff eingedämmt worden sei. Zugleich erklärte er, dass mit solchen Vorfällen in der Frühphase gerechnet worden sei. Die Verantwortung für die sichere Umsetzung des Projekts liegt bei der Gematik, die als zentrale Instanz für die Digitalisierung des Gesundheitswesens fungiert.

Die elektronische Patientenakte wurde am 15. Januar 2025 eingeführt. Sie wird allen gesetzlich Versicherten automatisch bereitgestellt, sofern diese nicht aktiv widersprochen haben. Ziel des Systems ist es, Gesundheitsdaten wie Diagnosen, Medikationspläne und Befunde strukturiert zu speichern und allen Beteiligten im Gesundheitswesen zugänglich zu machen. Der Zugang erfolgt dabei über eine Kombination aus Versichertenauthentifizierung und technischen Sicherheitsvorkehrungen. Die nun entdeckte Schwachstelle betrifft genau diese Zugriffssicherung.

Nach offiziellen Angaben wurde der betroffene Bereich isoliert. Hinweise auf Datenabflüsse oder konkrete Schäden liegen derzeit nicht vor. Dennoch wirft der Vorfall grundsätzliche Fragen zur Sicherheitsarchitektur der ePA auf. Die Tatsache, dass ein wesentliches Schutzsystem nur wenige Tage nach der Inbetriebnahme überwunden werden konnte, lässt Zweifel an der Belastbarkeit des Gesamtsystems aufkommen. Zwar zeigt die schnelle Reaktion der Gematik eine gewisse Handlungsfähigkeit, doch der Vorfall offenbart auch strukturelle Defizite in der Sicherheitsprüfung vor dem Start eines hochsensiblen Großprojekts.

Der erste größere Angriff auf die elektronische Patientenakte war nicht nur vorhersehbar, sondern in gewisser Weise systemisch programmiert. Dass ethische Hacker des Chaos Computer Clubs binnen Tagen nach dem Start eine zentrale Sicherheitsmaßnahme aushebeln konnten, verweist weniger auf individuelle Fehler als auf ein strukturelles Grundproblem der digitalen Transformation im Gesundheitswesen. Die ePA wurde in einer politisch forcierten Geschwindigkeit eingeführt, die sicherheitskritische Prüfprozesse unter Druck setzte. Dass nun ein grundlegendes Schutzsystem versagt, ist ein Indikator für einen politisch erzeugten Zielkonflikt zwischen Digitalisierungstempo und Sicherheitsqualität.

Der Vorfall ist weniger ein Versagen der Hackerabwehr als ein Versagen strategischer Risikoabwägung. In einem Umfeld, das mit höchstsensiblen Patientendaten operiert, ist Sicherheit keine technische Option, sondern Grundbedingung. Die Notfallreaktion der Gematik zeigt zwar operative Handlungsfähigkeit, doch sie ersetzt keine nachhaltige Sicherheitskultur. Dass ein Kernmechanismus nach wenigen Tagen zusammenbricht, offenbart ein mangelhaftes Qualitätsmanagement bei der Freigabe kritischer Infrastruktur. Die Verantwortung dafür liegt nicht nur bei den IT-Spezialisten, sondern auch bei politischen Entscheidungsträgern, die ein System als “bereit” erklären, das faktisch im Probebetrieb steht.

Zugleich offenbart der Fall eine gefährliche politische Entlastungsrhetorik. Wenn der Bundesgesundheitsminister Angriffe als erwartbar einstuft, normalisiert er strukturelle Risiken und verschiebt die Debatte von der Systemkritik zur Schadensbegrenzung. Doch eine nachhaltige Digitalisierung braucht mehr als kommunikative Schadenskontrolle. Sie braucht ein Sicherheitsdesign, das nicht nach dem ersten Zugriff neu programmiert werden muss.

Die ePA wird kommen. Aber sie muss verlässlich sein. Der Staat darf sich in seiner digitalen Daseinsvorsorge nicht auf reaktive Korrekturen verlassen. Der Vorfall zeigt, dass digitale Infrastruktur kein technisches Nebenprojekt, sondern eine gesellschaftspolitische Kernaufgabe ist. Die eigentliche Bewährungsprobe der ePA beginnt nicht mit dem Angriff, sondern mit der Konsequenz, die aus diesem Vorfall gezogen wird.

Spahn übernimmt Fraktionsführung und Merz wird Kanzler

Zehn Wochen nach der Bundestagswahl ist die neue Bundesregierung fast vollständig formiert. Am Montag unterzeichnen CDU, CSU und SPD in Berlin den 144 Seiten starken Koalitionsvertrag mit dem Titel „Verantwortung für Deutschland“. Damit beginnt offiziell die fünfte große Koalition in der Geschichte der Bundesrepublik. Der Vertrag markiert den Auftakt einer Regierungszeit unter Führung von Friedrich Merz, der am Dienstag im Bundestag zum zehnten Kanzler der Bundesrepublik gewählt werden soll.

Die Wahl von Merz gilt trotz einer knappen Mehrheit als gesichert. Die schwarz rote Koalition verfügt über 328 Sitze im Parlament und braucht 316 Stimmen für die Wahl im ersten Durchgang. Damit steht die erste Bewährungsprobe unmittelbar bevor. Merz hat die Koalition als Arbeitsbündnis charakterisiert, das vor allem auf Pragmatismus und Handlungsfähigkeit setzt.

Parallel zur Vertragsunterzeichnung stellt die SPD ihre personellen Weichen. Lars Klingbeil soll sowohl Parteivorsitzender bleiben als auch das Amt des Vizekanzlers und Finanzministers übernehmen. Damit würde der SPD-Chef künftig eine Schlüsselrolle in der Regierung einnehmen. Die Besetzung der übrigen sechs Ministerposten soll ebenfalls am Montag bekannt gegeben werden. Ob die in der Kritik stehende Co-Vorsitzende Saskia Esken weiterhin eine Rolle spielt, ist bislang offen. Im Raum stehen zudem erste Namen für die Nachfolge Klingbeils an der Fraktionsspitze.

Bei der Union schreitet der personelle Umbruch ebenfalls voran. Jens Spahn soll neuer Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion werden. Der 44-jährige frühere Gesundheitsminister war bislang stellvertretender Fraktionschef mit Zuständigkeit für Wirtschaft und genießt breiten Rückhalt. Er tritt die Nachfolge von Friedrich Merz an und wird am Montagnachmittag gewählt. Auch in der CSU-Landesgruppe steht ein Wechsel an. Der bisherige parlamentarische Geschäftsführer Alexander Hoffmann soll die Nachfolge von Alexander Dobrindt antreten, der das Amt des Bundesinnenministers übernehmen soll.

Mit der Wahl von Friedrich Merz zum Kanzler und der anschließenden Vereidigung der Minister nimmt die neue Regierung ihre Arbeit auf. Die schwarz rote Koalition steht unter dem Druck hoher Erwartungen, wachsender gesellschaftlicher Spannungen und einer angespannten internationalen Lage. Der Koalitionsvertrag legt den Schwerpunkt auf Stabilität, wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und eine klare Führungsrolle Deutschlands in Europa.

Der politische Neustart in Berlin ist mehr als ein Wechsel an der Spitze. Er ist ein Testfall für die Handlungsfähigkeit traditioneller Regierungsmodelle in einer Zeit wachsender Verunsicherung. Die Neuauflage der großen Koalition ist kein Ausdruck politischer Begeisterung, sondern das Ergebnis fehlender Mehrheiten und parteipolitischer Alternativlosigkeit. Dass Friedrich Merz und Lars Klingbeil ein solches Bündnis führen, ist politisch bemerkenswert. Es versammelt zwei gegensätzliche Parteitraditionen hinter einer Formel, die vor allem auf Funktionalität setzt.

Die Wahl von Jens Spahn zum Fraktionsvorsitzenden ist in diesem Kontext ein Signal. Sie steht für eine Union, die nach Jahren innerparteilicher Kämpfe Stabilität demonstrieren will. Spahn ist kein Unbekannter, aber auch kein Garant für überparteiliche Brücken. Seine wirtschaftspolitische Prägung und frühere Rolle in der Pandemiepolitik sind ambivalent besetzt. Doch seine Wahl soll zeigen, dass die CDU personell breiter aufgestellt ist als ihr neues Regierungschef allein.

Für die SPD birgt die Personalentscheidung rund um Lars Klingbeil Chancen und Risiken. Ein Parteichef, der zugleich Finanzminister wird, muss Führungsstärke mit parteiinternem Ausgleich verbinden. Gerade in Zeiten knapper Kassen, geopolitischer Herausforderungen und wachsender sozialer Spannungen wird sich zeigen, ob Klingbeil dieser Doppelrolle gewachsen ist. Dass Saskia Esken nicht mehr gesetzt ist, zeigt eine strategische Neuorientierung innerhalb der SPD.

Die neue Koalition tritt mit dem Anspruch an, Deutschland sicher durch eine Zeit multipler Krisen zu führen. Der Begriff der „Arbeitskoalition“ ist dabei mehr als Rhetorik. Er verweist auf einen nüchternen Regierungsstil, der sich dem Verdacht entziehen will, politische Programme aus ideologischer Überzeugung durchzusetzen. Ob das gelingt, wird sich rasch zeigen müssen. Denn die erste Herausforderung ist nicht das Regieren selbst, sondern das Wiederherstellen von Vertrauen in die politische Handlungsfähigkeit des Staates.

Ein Bündnis, das sich auf Minimalkonsens stützt, muss in der Lage sein, klare Entscheidungen zu treffen. Es muss sich auch der Verantwortung stellen, strukturelle Probleme nicht weiter zu vertagen. Dazu gehört die überfällige Reform des Steuerrechts ebenso wie ein zukunftsfähiger Umgang mit Migration, Digitalisierung und sozialer Gerechtigkeit. Die schwarz rote Koalition steht vor der Frage, ob sie das Land gestalten oder lediglich verwalten will. Ihre Glaubwürdigkeit hängt davon ab, ob sie Antworten liefert, die über taktisches Regieren hinausgehen.

Die SPD stellt ihr Kabinett spät und unter Druck vor

Einen Tag vor der Wahl Friedrich Merz’ zum neuen Bundeskanzler im Deutschen Bundestag bringen CDU CSU und SPD ihre Personalfragen zum Abschluss und unterzeichnen gemeinsam den Koalitionsvertrag. Die Sozialdemokraten präsentieren erst jetzt ihr vollständiges Kabinett und setzen sich damit selbst unter Zeitdruck. Die Entscheidung über Ministerien und Posten offenbart nicht nur parteiinterne Spannungen sondern auch den Versuch ein fragiles Gleichgewicht aus Regionalproporz und Parteiflügeln zu wahren. Während die Union ihr Personal schon vor Tagen vorgestellt hat ringt die SPD bis zur letzten Minute um zentrale Namen und Ressorts.

Lars Klingbeil übernimmt das Finanzministerium und wird Vizekanzler. Mit Boris Pistorius bleibt der derzeit beliebteste SPD-Politiker als Verteidigungsminister im Amt. Beide stammen aus Niedersachsen was dazu führt dass Hubertus Heil aus dem Kabinett gedrängt wird. Auch seinen Anspruch auf den Fraktionsvorsitz gibt er auf. Den soll nun ein anderer Niedersachse übernehmen der dem linken Parteiflügel zugerechnet wird und damit das innerparteiliche Machtgefüge stabilisieren soll.

Neben Klingbeil und Pistorius wird Carsten Schneider für das Umweltministerium gehandelt. Die SPD will zudem vier Ministerien mit Frauen besetzen. Bärbel Bas soll Hubertus Heil im Arbeitsministerium folgen. Für das Justizressort gilt Stefanie Hubig als gesetzt. Verena Hubertz ist als neue Bauministerin oder SPD-Generalsekretärin im Gespräch. Unklar bleibt die Zukunft von Saskia Esken. Die Parteichefin wird vermutlich nicht Teil des Kabinetts sein was Fragen über ihre politische Rolle und ihren künftigen Einfluss aufwirft. Für das Entwicklungsressort wird Reem Alabali-Radovan genannt die bisher als Integrationsbeauftragte tätig war.

Auch die Union regelt am Nachmittag ihre Fraktionsspitze. Jens Spahn soll Friedrich Merz als Vorsitzender der CDU CSU-Fraktion beerben. Spahn bringt parlamentarische Erfahrung mit steht aber weiterhin in der Kritik wegen seines Agierens in der Corona-Zeit. Die CSU will mit Alexander Hoffmann einen neuen Landesgruppenchef bestimmen. Er folgt auf Alexander Dobrindt der als Innenminister vorgesehen ist.

Am Mittag unterzeichnen die Parteivorsitzenden von CDU CSU und SPD den Koalitionsvertrag. Das neue Regierungsbündnis firmiert unter dem Namen Arbeitskoalition. Im Gegensatz zu früheren sogenannten Großen Koalitionen verfügt es nur noch über eine knappe Mehrheit im Bundestag. Gemeinsam stellen die drei Parteien 328 von 630 Abgeordneten. Für die Wahl von Friedrich Merz sind 316 Stimmen notwendig. Trotz des knappen Spielraums gilt seine Wahl im ersten Wahlgang als wahrscheinlich.

Am Abend endet offiziell die Kanzlerschaft von Olaf Scholz. Der SPD-Politiker wird von der Bundeswehr mit einem großen Zapfenstreich verabschiedet. Als musikalische Begleitung wählte Scholz den Beatles-Song In My Life ein Brandenburgisches Konzert von Johann Sebastian Bach und Aretha Franklins Klassiker Respect. Mit dieser symbolischen Geste unterstreicht Scholz den Rückzug aus der Spitzenpolitik. Dem Bundestag bleibt er dennoch als direkt gewählter Abgeordneter in Potsdam erhalten.

Die letzte Phase vor der Regierungsbildung legt nicht nur offen wie knapp das neue Bündnis aufgestellt ist sondern auch wie tief die strukturellen Spannungen innerhalb der SPD verlaufen. Während CDU und CSU personell klar und frühzeitig agieren kämpft die SPD mit einem eigenen Kompromiss zwischen Machtanspruch und Flügelgleichgewicht. Dass zentrale Entscheidungen erst am Tag vor der Kanzlerwahl fallen zeigt die Verunsicherung in einer Partei die zwar zentrale Ressorts beansprucht aber auf Kosten ihrer inneren Geschlossenheit handelt.

Der Aufstieg von Lars Klingbeil zum Vizekanzler ist konsequent und parteistrategisch sinnvoll doch er verdeckt den Bedeutungsverlust anderer Akteure wie Hubertus Heil und Saskia Esken. Beide standen für unterschiedliche Linien innerhalb der SPD und beide verlieren nun entweder das Amt oder die politische Bühne. Der Regionalproporz aus Niedersachsen wird dabei zum Hebel um politische Karrieren abrupt zu beenden. Dass dies ohne erkennbare programmatische Neuausrichtung geschieht verdeutlicht das taktische Kalkül einer Partei die lieber verteilte als gestaltete.

Auch in der Union zeigen sich Verschiebungen doch dort folgt die Personalrochade einer klaren Linie. Jens Spahn steht für Kontinuität im Bundestag bei gleichzeitiger Profilschärfung der Union im Parlament. Der Übergang von Friedrich Merz an die Spitze der Regierung wird von der CDU routiniert vollzogen während die CSU mit Alexander Hoffmann auf eine stärkere landespolitische Rückbindung setzt. Beide Seiten demonstrieren Führungsfähigkeit ohne interne Grabenkämpfe offen auszutragen.

Die Arbeitskoalition ist weniger ein Bekenntnis zur Reform als ein Zweckbündnis zur Stabilitätssicherung. Ihr dünnes Mandat im Bundestag spiegelt den Vertrauensverlust breiter Wählerschichten wider. Dass dennoch kein anderer Weg offenstand als eine solche Koalition zu bilden ist Ausdruck der politischen Erschöpfung nach dem Scheitern der Ampel. Die systemische Schwäche zeigt sich auch in der sprachlichen Aufladung von Symbolpolitik. Der Zapfenstreich für Olaf Scholz mag ein würdiger Abschied sein doch verdeckt er nicht dass seine Regierungszeit vor allem durch Stillstand geprägt war.

Es bleibt offen ob das neue Bündnis mehr leisten kann als bloße Verwaltung der Zustände. Das personelle Tableau mag vollständig sein doch politische Klarheit sieht anders aus. Die Arbeitskoalition wird sich nicht an den Kompromissen ihrer Koalitionsverhandlungen messen lassen sondern an ihrer Fähigkeit konkrete Antworten auf komplexe Herausforderungen zu liefern. Dazu braucht es mehr als Parteigleichgewicht und Personalbesetzung. Es braucht Führung mit Inhalt.

Jens Spahn formt die politische Linie der Union im Parlament

Jens Spahn übernimmt als neuer Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion eine Schlüsselrolle in der politischen Ausrichtung der Union. Der 44 Jahre alte Bundestagsabgeordnete aus Nordrhein-Westfalen war bereits unter Kanzlerin Angela Merkel Bundesgesundheitsminister und bringt umfangreiche Regierungserfahrung mit. Nach der Bundestagswahl 2021 profilierte sich Spahn als wirtschaftspolitischer Kopf in der Oppositionsarbeit und war maßgeblich an den Koalitionsverhandlungen mit der SPD beteiligt. Nun wird er zum strategischen Taktgeber der Union im Bundestag und soll die Fraktion unter Parteichef Friedrich Merz auf klare Linie bringen.

Spahn zählt zu den bekanntesten, aber auch umstrittensten Köpfen der CDU. Innerparteilich war sein Aufstieg nicht immer geradlinig. In parteiinternen Wahlen erreichte er mehrfach nur schwache Ergebnisse, etwa bei seiner Kandidatur um den CDU-Vorsitz im Jahr 2018 oder später als stellvertretender Parteivorsitzender. Dennoch gewann er kontinuierlich seinen Wahlkreis Steinfurt I – Borken I direkt und etablierte sich als verlässliche politische Größe. Seine Unterstützung für Armin Laschet im Machtkampf gegen Friedrich Merz trug dazu bei, dass sich innerhalb der CDU tiefe Friktionen herausbildeten, die nun überbrückt werden müssen.

In seiner neuen Funktion als Fraktionsvorsitzender wird Spahn die politische Schlagkraft der Union maßgeblich beeinflussen. Er steht vor der Herausforderung, das Verhältnis zur SPD und zur Ampelkoalition neu auszutarieren. Die frühere Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, mit der Spahn bereits in der Vergangenheit zusammenarbeitete, könnte ihm künftig als Verhandlungsgegnerin gegenüberstehen. Beide verbindet eine gemeinsame politische Biografie mit Phasen konstruktiver Zusammenarbeit und kontroverser Auseinandersetzungen.

Als Gesundheitsminister in der Pandemie war Spahn einer der sichtbarsten Politiker des Landes. Seine Entscheidungen zur Maskenbeschaffung und die Kommunikation in der Corona-Krise wurden kontrovers diskutiert. Der Satz „Wir werden einander viel verzeihen müssen“ ist bis heute in Erinnerung geblieben. Forderungen nach einer parlamentarischen Aufarbeitung dieser Zeit hatte Spahn selbst erhoben, sie aber bislang nicht umgesetzt. Nun hätte er als Fraktionsvorsitzender die Möglichkeit, diesen Prozess anzustoßen. Dabei dürfte auch sein eigenes Krisenmanagement erneut unter die Lupe geraten. Offene Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit der Maskenbeschaffung werfen bis heute einen Schatten auf seine Amtszeit. Der Bundesgerichtshof muss über Millionenforderungen an den Bund entscheiden.

Jüngst sorgte Spahn erneut für Debatten, als er sich in einem Interview dafür aussprach, die AfD bei organisatorischen Fragen im Bundestag formal wie jede andere Oppositionspartei zu behandeln. Diese Äußerung erfolgte kurz vor der Einstufung der Partei als gesichert rechtsextrem durch den Verfassungsschutz und wurde parteiübergreifend kritisiert. Der Vorgang zeigt, wie sensibel die politische Kommunikation im Spannungsfeld zwischen Demokratieprinzipien und Abgrenzung nach rechts geworden ist.

Spahn steht damit an der Spitze einer Fraktion, die sich in der Opposition sowohl strategisch erneuern als auch gesellschaftlich positionieren muss. Mit seiner Mischung aus Regierungs- und Fraktionserfahrung, seinem Machtinstinkt und seinem umstrittenen Profil steht er exemplarisch für die Ambivalenz einer CDU, die zwischen Vergangenheit und Neuausrichtung oszilliert.

Jens Spahns Aufstieg zum Vorsitzenden der Unionsfraktion markiert mehr als nur eine personelle Rochade. Er steht sinnbildlich für das Ringen der CDU um Richtung, Profil und Machtzentrierung in der Opposition. Als ehemaliger Gesundheitsminister trägt Spahn Verantwortung für eine der größten politischen Bewährungsproben der vergangenen Jahrzehnte. Dass er nun an der Spitze der Fraktion steht, unterstreicht die Ambivalenz seiner politischen Biografie: Er gilt als strategisch geschickt, kommunikativ versiert, aber auch als politisch polarisierend. Gerade deshalb ist seine Wahl kein rein organisatorischer Vorgang, sondern Ausdruck einer Suchbewegung innerhalb der CDU, die zwischen Rückbesinnung und Reformdruck schwankt.

Spahns politische Geschichte ist eng verknüpft mit innerparteilichen Machtkämpfen. Sein gescheitertes Streben nach dem Parteivorsitz, seine taktische Unterstützung für Armin Laschet und die wiederholten schwachen Ergebnisse bei Delegiertenwahlen zeigen, dass ihm parteiinterne Gefolgschaft nicht selbstverständlich zufliegt. Seine neue Rolle zwingt ihn nun dazu, nicht nur die Fraktion zu disziplinieren, sondern auch verlorenes Vertrauen in den eigenen Reihen zurückzugewinnen. Die CDU befindet sich in einer strategischen Umbruchphase, in der Fragen der Führung, der Abgrenzung zur AfD und der Positionierung gegenüber der Ampelkoalition mit neuer Schärfe verhandelt werden. Spahn wird zum Prüfstein für diese Neuaufstellung.

Zugleich ist seine Vergangenheit nicht abgeschlossen. Die juristische Aufarbeitung der Maskenkäufe während der Corona-Krise steht aus, millionenschwere Verfahren laufen weiter. Sollte es zur parlamentarischen Aufarbeitung kommen, wäre Spahn nicht nur Initiator, sondern auch Betroffener. Dieser Umstand birgt politischen Sprengstoff. Der moralische Anspruch der Opposition, Regierungshandeln kritisch zu prüfen, wird unglaubwürdig, wenn zentrale Akteure eigene Verantwortung nicht transparent einlösen.

Spahns Vorstoß, die AfD in parlamentarischen Verfahren formal gleichzubehandeln, hat die Grenzen strategischer Kommunikation deutlich gemacht. In einem politischen Klima wachsender Radikalisierung und Erosion demokratischer Normen kann Neutralität schnell als Gleichgültigkeit gegenüber rechtsextremer Ideologie interpretiert werden. Spahns Äußerung war juristisch korrekt, aber politisch unklug. Ein Oppositionsführer muss die demokratische Ordnung nicht nur wahren, sondern aktiv gegen ihre Feinde verteidigen.

Die CDU steht unter dem Druck, sich programmatisch zu schärfen und zugleich die Gesellschaft in ihrer Breite anzusprechen. Spahn kann in dieser Rolle Brücken bauen oder Gräben vertiefen. Ob er dem Anspruch gerecht wird, strategischer Moderator und politischer Antreiber zugleich zu sein, entscheidet nicht allein seine Erfahrung, sondern auch seine Fähigkeit zur Selbstreflexion. In einer Zeit wachsender gesellschaftlicher Spaltung ist Führung keine Frage der Lautstärke, sondern der Integrität.

Aut idem greift bei Arzneimedizinprodukten grundsätzlich nicht

Medizinprodukte mit Arzneimittelcharakter nehmen im Versorgungssystem eine Sonderrolle ein. Sie gelten formal nicht als Arzneimittel, unterliegen aber teilweise ähnlichen Vorgaben. Entscheidend ist die Anlage V der Arzneimittelrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses. Nur dort aufgeführte Produkte dürfen zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet und abgerechnet werden. Diese Liste enthält sowohl verschreibungspflichtige als auch nicht verschreibungspflichtige Produkte und konkretisiert für jedes Präparat medizinisch notwendige Einsatzgebiete und mögliche Befristungen. Ein Blick in diese Übersicht ist für Apotheken ebenso essenziell wie für Ärztinnen und Ärzte.

Die Abgabe solcher Produkte unterliegt abweichenden Regelungen. Weder die Aut-idem-Vorgabe noch die Packungsgrößenverordnung kommen hier zur Anwendung. Das bedeutet, ein verordnetes Medizinprodukt mit Arzneimittelcharakter darf in der Apotheke nicht gegen ein anderes Produkt getauscht werden. Auch Rabattverträge verlieren ihre Gültigkeit. Ein Austausch gegen Importpräparate ist ebenso ausgeschlossen. Die ursprüngliche ärztliche Verordnung ist bindend, selbst wenn ein alternatives Produkt günstiger wäre. Die klare Identifikation über die Pharmazentralnummer und Herstellerangabe ist daher unerlässlich.

Medizinprodukte mit Arzneimittelcharakter können gemeinsam mit Arzneimitteln auf einem Rezept stehen. Anders als bei Hilfsmitteln ist keine getrennte Verordnung erforderlich. Ärztinnen und Ärzte müssen die Ziffer für Medizinprodukte nicht markieren und auch keine Diagnose angeben. Wird dennoch eine Indikation notiert, muss diese mit der Arzneimittelrichtlinie übereinstimmen. Andernfalls entfällt die Erstattungsfähigkeit. Apotheken sind in solchen Fällen zur sorgfältigen Prüfung verpflichtet. Liegt ein Produkt außerhalb der Anlage V, darf es nicht zu Lasten der Krankenkasse abgegeben werden.

Der rechtliche Rahmen schützt die ärztliche Therapiefreiheit und sichert die indikationsgerechte Anwendung medizinischer Produkte mit arzneilichem Charakter. Gleichzeitig erfordert er von Apotheken höchste Aufmerksamkeit bei der Belieferung und Rezeptprüfung. Fehler bei der Anwendung der Sonderregelungen können zu erheblichen Retaxationen führen. Das differenzierte Regelwerk dient dem Ziel, medizinisch begründete Produktverordnungen von ökonomischen Steuerungsmechanismen wie Rabattverträgen oder Aut-idem-Vorgaben abzugrenzen und auf diese Weise die Arzneimitteltherapiesicherheit zu stärken.

Die Abgrenzung medizinischer Produktkategorien gehört zu den kompliziertesten Fragen in der Versorgungspraxis. Medizinprodukte mit Arzneimittelcharakter sind ein typisches Beispiel für die Ambivalenz regulatorischer Logik. Einerseits sollen sie die Versorgung ergänzen, wo klassische Arzneimittel nicht greifen. Andererseits entziehen sie sich bewusst den ökonomischen Steuerungsinstrumenten, die sonst im GKV-System dominieren. Der Ausschluss von Aut-idem-Regelungen sowie die Umgehung der Packungsgrößenverordnung sind keine technischen Details, sondern Ausdruck eines grundsätzlichen Systemkonflikts.

Denn das Ziel, durch Rabattverträge und Austauschregelungen Einsparpotenziale zu realisieren, kollidiert hier mit dem Anspruch auf therapeutische Präzision. Dass in diesen Fällen der ärztliche Verordnungswille absolut gelten muss, ist eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers. Sie schützt die Indikationsgebundenheit solcher Produkte, führt jedoch gleichzeitig zu einem erheblichen Prüfaufwand in Apotheken und zu einem erhöhten Retaxrisiko. Verantwortungsträger in Politik und Selbstverwaltung tragen dafür Sorge, dass diese Regeln klar und nachvollziehbar bleiben. In der Praxis jedoch werden Apotheken oft mit lückenhaften Informationen und widersprüchlichen Anforderungen konfrontiert.

Dass eine fehlende Diagnose auf einem Rezept die Erstattungsfähigkeit nicht gefährdet, ihre Angabe jedoch zusätzliche Prüfpflichten auslöst, zeigt die Absurdität mancher Konstellationen. Statt regulatorischer Klarheit entsteht operative Unsicherheit. Der Gesetzgeber entzieht sich hier zu oft seiner Verantwortung, indem er neue Ausnahmen definiert, ohne bestehende Regelwerke kohärent zu modernisieren. Apotheken und Ärztinnen tragen die Folgen im Alltag. Eine strukturierte Vereinfachung der Arzneimittelrichtlinie und eine digitale Abbildung der Anlage V wären ein erster Schritt, diese Komplexität zu entschärfen.

Die Debatte um diese Sonderprodukte berührt grundlegende Fragen der Systemsteuerung. Wenn medizinisch sinnvolle Produkte nicht substituiert werden dürfen, weil das Vertrauen in ihre Wirkung nicht beliebig übertragbar ist, dann muss auch das System der Rabattverträge insgesamt kritisch überprüft werden. Therapiesicherheit darf nicht zur Ausnahme, sondern muss zum Regelfall erklärt werden. Die Diskussion über Medizinprodukte mit Arzneicharakter ist deshalb mehr als ein Detailstreit – sie verweist auf die Notwendigkeit einer neuen Priorisierung in der Gesundheitspolitik.

Koffeinspray ersetzt Kaffee doch Sicherheit bleibt unklar

Ein koffeinhaltiges Mundspray mit dem Namen Mouth Energy sorgt aktuell für Diskussionen im Markt für Nahrungsergänzungsmittel. In der Fernsehsendung „Höhle der Löwen“ präsentierten die Brüder Christopher und Vincent Klatt ein Produkt, das als Alternative zu Kaffee und Energy-Drinks positioniert wird. Das Spray enthält pro empfohlener Tageshöchstdosis 340 Milligramm Koffein und verspricht eine schnelle Wirkung über die Mundschleimhaut. Diese Aufnahmemethode soll nach Herstellerangaben den Magen umgehen und zu einer rascheren Reaktion führen, konkrete Nachweise bleiben jedoch aus.

Zum Einsatz kommen neben Koffein auch 125 Milligramm Taurin und die Tageshöchstmenge an Vitamin B12. Zudem enthält das Spray eine Mischung aus sechs verschiedenen Süßstoffen. Zwar wird das Produkt als zuckerfrei beworben, die deklarierte Süßstoffvielfalt verweist jedoch auf eine geschmacklich stark veränderte Zusammensetzung. Angaben zu den genauen Mengenverhältnissen der einzelnen Inhaltsstoffe fehlen. Die Flasche mit 30 Millilitern soll für 17 Tagesportionen reichen und kostet rund zehn Euro.

Die Ursprungsfassung des Produkts war als Nasenspray mit dem Namen „Nose Energy“ konzipiert, wurde jedoch nach rechtlichen Unsicherheiten bezüglich der Klassifizierung umformuliert. Die neue Applikationsform über den Mund unterliegt weniger regulatorischen Hürden, da Nahrungsergänzungsmittel in dieser Form meist nicht den gleichen Prüfstandards unterliegen wie Arzneimittel oder medizinisch verwendete Stoffe.

Im Fokus der Kritik steht insbesondere der Einsatz von Taurin. Während der Stoff in der Medizin auch in der Ernährung vulnerabler Gruppen Anwendung findet, ist seine Rolle in Energy-Produkten wissenschaftlich umstritten. Eine aktuelle Studie aus dem Jahr 2025 untersuchte die Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System bei Jugendlichen und dokumentierte einen signifikanten Anstieg des Blutdrucks nach Konsum entsprechender Produkte. Langfristige Effekte wurden dabei nicht festgestellt, dennoch wächst die Besorgnis hinsichtlich möglicher Belastungen bei regelmäßigem Konsum durch Minderjährige.

Die Positionierung von Mouth Energy als schneller Wachmacher lässt Parallelen zu Trends in der funktionalen Ernährung erkennen. Gleichzeitig bleiben zentrale Fragen zur Sicherheit, Transparenz und gesundheitlichen Bewertung offen. Die Vermarktung als Lifestyle-Produkt könnte Risiken verschleiern, die vor allem bei hohen Koffeinmengen und fraglicher Zusammensetzung gesundheitlich relevant sind.

Das Produkt Mouth Energy offenbart ein zunehmendes Spannungsfeld zwischen Innovationsfreiheit im Nahrungsergänzungsmarkt und gesundheitlicher Verantwortung gegenüber Verbraucherinnen und Verbrauchern. Die Verschiebung von Kaffee zu Spray mag dem Zeitgeist entsprechen, sie folgt jedoch einem marktwirtschaftlichen Kalkül, das bewusst regulatorische Grauzonen nutzt. Der Übergang vom Nasenspray zum Mundspray dokumentiert nicht etwa eine verbesserte Rezeptur, sondern eine strategische Anpassung an die Anforderungen eines unzureichend kontrollierten Marktes.

Besonders problematisch ist dabei die Kombination hoher Koffeinmengen mit weiteren aktivierenden Substanzen wie Taurin. Studien zu den Auswirkungen dieser Inhaltsstoffe liefern bislang kein einheitliches Bild, doch die Hinweise auf kardiovaskuläre Belastungen bei Jugendlichen sind alarmierend. Dass Hersteller auf exakte Mengenangaben verzichten, zeigt nicht nur eine Lücke in der Kennzeichnungspflicht, sondern auch eine strukturelle Schwäche in der Regulierung von Nahrungsergänzungsmitteln. Hier fehlt es an klaren Zuständigkeiten und an einem wirksamen Kontrollmechanismus, der Verbraucher schützt.

Hinzu kommt ein weiteres Risiko: Die Suggestion von Sicherheit durch die Darreichungsform. Ein Spray wirkt harmloser als eine Kapsel oder eine Tablette, doch gerade die schnelle Resorption über die Mundschleimhaut könnte bei übermäßigem Gebrauch unerwartet starke Effekte haben. Wenn Produkte mit medizinischer Wirkung ohne medizinische Prüfung vermarktet werden, wird nicht nur das Vertrauen in die Gesundheitskompetenz untergraben, sondern auch die Tür geöffnet für eine Normalisierung riskanter Konsummuster.

Gesellschaftspolitisch stellt sich die Frage, wie eine solche Produktentwicklung in eine Zeit passt, in der Aufklärung über gesunde Lebensführung und Konsumverhalten wichtiger denn je sind. Wenn Kinder und Jugendliche über soziale Medien oder Fernsehformate mit solchen Angeboten in Kontakt kommen, ohne Schutz durch verpflichtende Warnhinweise oder Altersbeschränkungen, geraten Prävention und Verbraucherschutz ins Hintertreffen. Hier ist nicht nur der Gesetzgeber gefragt, sondern auch die Verantwortung der Medienformate, die solche Produkte auf die Bühne heben.

Der Fall Mouth Energy steht exemplarisch für ein regulatorisches Vakuum, das wirtschaftlich genutzt wird, gesundheitlich aber gefährlich werden kann. Eine differenzierte öffentliche Debatte über Sinn, Zulassung und Kontrolle funktionaler Sprays ist überfällig. Wer Produkte mit potenter Wirkung anbietet, muss sich der gesundheitlichen Verantwortung stellen. Marktinteresse darf nicht über Verbraucherschutz stehen.

Gesundheit bleibt ein öffentliches Gut, doch das System verliert Balance

In der gesundheitspolitischen Debatte verdichten sich die Zeichen einer strukturellen Überlastung. Die Apotheken sehen sich zunehmend im Spannungsfeld zwischen politischem Anspruch und realer Finanzierbarkeit. Während Patienten eine stabile und flächendeckende Versorgung erwarten, geraten die Leistungserbringer unter wachsenden wirtschaftlichen Druck. Das funktionierende Gesundheitssystem zeigt immer deutlicher seine Grenzen. Die Ineffizienz des Gesamtapparats wird dabei nicht nur von den Beteiligten erkannt, sondern inzwischen auch offen benannt.

Ein radikaler Systemneustart wäre theoretisch die effizienteste Lösung, ist aber unter realpolitischen Bedingungen kaum durchsetzbar. Zu komplex sind die bestehenden Strukturen, zu zahlreich die Interessenlagen. Stattdessen dominiert ein fortwährendes Taktieren zwischen den berechtigten Ansprüchen der Bevölkerung und den Möglichkeiten der Kostenträger. Vor allem die gesetzliche Krankenversicherung wird dabei immer stärker mit versicherungsfremden Aufgaben belastet. Leistungen, die nicht dem eigentlichen Versorgungsauftrag entsprechen, fließen dennoch in die Budgets und engen den Spielraum für dringend benötigte Reformschritte weiter ein.

Die zentrale Frage bleibt ungelöst: Welche Versorgung will sich die Gesellschaft leisten und welche ist unter den gegebenen Bedingungen überhaupt finanzierbar? Dass diese Debatte politisch unausweichlich ist, scheint nur eine Frage der Zeit. Bisher jedoch liefern weder Regierung noch Opposition tragfähige Antworten, insbesondere wenn es um kurzfristige Entlastungen für systemrelevante Akteure wie Apotheken geht. Dabei liegt mit dem Konzept der Freien Apothekerschaft ein fundierter Reformvorschlag bereits vor, der klare Antworten auf bestehende Finanzierungslücken bietet. Doch politisch bleibt die Resonanz bislang verhalten.

Die kommenden Wochen könnten dennoch Bewegung bringen. Die finanziellen Rahmenbedingungen der GKV, die anstehende Haushaltsdebatte und der wachsende Druck aus der Versorgungspraxis lassen erwarten, dass die strukturellen Fragen rund um Vergütung, Priorisierung und Systemgrenzen neu gestellt werden. Ob daraus mehr wird als das nächste politische Manöver, bleibt offen.

Die Krise des Gesundheitswesens ist keine Frage mangelnder Funktion, sondern eine Frage der systemischen Vernachlässigung. Über Jahre hat die Politik ein System befördert, das Stabilität vortäuscht, indem es immer neue Aufgaben auf die gesetzlichen Krankenkassen abwälzt. Was einst Versorgungssicherheit garantieren sollte, wird nun zum Sargnagel ökonomischer Nachhaltigkeit. Besonders betroffen sind die Apotheken, deren Rolle als wohnortnahe Versorger systematisch unterschätzt wird.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass die GKV längst mehr als nur medizinisch notwendige Leistungen trägt. Die Liste versicherungsfremder Aufgaben reicht von Integrationsmaßnahmen bis zur Finanzierung sozialpolitischer Projekte. In einer Zeit knapper Mittel ist das nicht mehr verantwortbar. Wer sich eine breite Versorgung wünscht, muss bereit sein, Prioritäten zu setzen. Politische Rhetorik reicht nicht mehr. Es braucht einen klaren Schnitt zwischen dem, was wünschenswert ist, und dem, was finanzierbar bleibt.

Besonders alarmierend ist, wie wenig Bereitschaft besteht, systemisch tragfähige Antworten zu liefern. Stattdessen erleben wir politische Kosmetik, flankiert von leeren Versprechen. Die Apothekerschaft, besonders in freier Trägerschaft, hat ihre Vorstellungen klar artikuliert. Doch ihre Vorschläge werden entweder ignoriert oder in bürokratischen Windungen ausgebremst. Dass man über neue Versorgungsmodelle diskutiert, während gleichzeitig deren Finanzierung weiter unklar bleibt, ist Ausdruck struktureller Mutlosigkeit.

Es braucht eine gesundheitspolitische Kurskorrektur, die den Mut besitzt, Systemgrenzen offen zu benennen und zu verschieben. Wer weiterhin Versorgung verspricht, ohne ihre Grundlage zu sichern, gefährdet die Zukunft des gesamten Gesundheitswesens. Die Zeit für taktisches Lavieren ist vorbei. Was bleibt, ist die Verantwortung, endlich die Prioritäten richtig zu setzen. Andernfalls wird der Preis nicht in Einsparungen bestehen, sondern in einer schleichenden Erosion der Gesundheitsversorgung vor Ort.

Wundauflagen schützen die Haut bei drohendem Druckgeschwür

Druckgeschwüre stellen ein ernstzunehmendes Risiko für ältere und pflegebedürftige Menschen dar. Vor allem bei eingeschränkter Mobilität kann schon anhaltender leichter Druck ausreichen, um die Haut irreversibel zu schädigen. Der medizinische Fachbegriff für diese Form von Haut- und Gewebeschädigung lautet Dekubitus. Einmal entstanden, sind solche Wunden äußerst langwierig in der Behandlung, schmerzhaft für die Betroffenen und kostspielig für das Versorgungssystem. Die wichtigste Maßnahme bleibt daher die konsequente Vermeidung.

Pflegeeinrichtungen setzen dabei verstärkt auf spezielle Wundauflagen, die gefährdete Hautbereiche entlasten und schützen sollen. Diese sogenannten prophylaktischen Wundauflagen sind in verschiedenen Varianten verfügbar, etwa als silikonbeschichtete Schaumverbände oder als druckverteilende Gelpolster. Ziel ist es, Reibung zu reduzieren, Druck gleichmäßig zu verteilen und so die Entstehung von Dekubitus zu verhindern. Studien zeigen, dass diese Maßnahmen wirksam sein können, wenn sie in ein umfassendes Pflegekonzept eingebettet sind.

Eine Wundauflage allein reicht jedoch nicht aus. Entscheidend ist ein strukturierter Pflegeplan, der regelmäßige Lagewechsel, Hautinspektionen und dokumentierte Risikobewertungen umfasst. Nur wenn Pflegekräfte frühzeitig erkennen, welche Körperpartien gefährdet sind und welche Hautveränderungen sich anbahnen, kann eine Wundauflage gezielt eingesetzt werden. Fachgesellschaften fordern deshalb verbindliche Schulungskonzepte und personelle Mindeststandards, um die Versorgungssicherheit zu erhöhen.

Kritisch bleibt die Frage der Finanzierung. Nicht alle prophylaktischen Wundauflagen gelten als erstattungsfähig. Pflegekräfte stehen daher häufig vor dem Dilemma, wirksame Maßnahmen medizinisch zu begründen und bürokratisch abzusichern. Die Gefahr besteht, dass wirtschaftlicher Druck gute Pflege untergräbt und Prävention zur optionalen Leistung wird. Dabei zeigt sich in der Praxis immer wieder: Wenn Dekubitus entsteht, ist es meist schon zu spät.

Dekubitus ist kein unausweichliches Schicksal, sondern Ausdruck systemischer Defizite in der Pflegepraxis. Wenn Haut durch anhaltenden Druck geschädigt wird, liegt das nicht allein an der Immobilität eines Menschen, sondern an fehlenden Ressourcen, unscharfen Standards und struktureller Unterversorgung. Wundauflagen können nur dann wirksam schützen, wenn sie eingebettet sind in ein funktionierendes Netz aus Früherkennung, pflegerischer Kompetenz und organisatorischer Verlässlichkeit.

Der Einsatz prophylaktischer Wundauflagen ist dabei ein Baustein, aber kein Ersatz für qualitätsgesicherte Pflege. Es braucht klare Verantwortungslinien, verbindliche Personalschlüssel und gezielte Fortbildung, damit Pflegekräfte ihre Aufgaben nicht nur formal, sondern inhaltlich erfüllen können. Zu oft bleibt Prävention Wunschdenken, weil Zeit fehlt, Hilfsmittel unklar geregelt sind oder Dokumentationspflichten den Fokus von der praktischen Versorgung ablenken.

Verantwortlich sind dabei nicht die Pflegekräfte, sondern ein System, das professionelles Handeln erschwert, anstatt es zu fördern. Die Politik hat versäumt, Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen Prävention nicht unter Kostendruck leidet. Gleichzeitig müssen Krankenkassen ihre Erstattungspraxis überdenken. Wer Wundauflagen als freiwillige Maßnahme behandelt, ignoriert die evidenzbasierte Notwendigkeit ihres Einsatzes bei Risikopatienten.

Langfristig stellt sich auch eine ethische Frage: Wieviel ist uns der Schutz verletzlicher Menschen wirklich wert? Dekubitus ist vermeidbar. Aber nur, wenn Pflege nicht als Sparfeld betrachtet wird, sondern als elementare gesellschaftliche Aufgabe. Wundauflagen sind kein Luxus, sondern ein notwendiger Teil moderner Pflege. Wer daran spart, riskiert Schmerzen, Folgekosten und menschliche Würde.

Der Weg zu einem universellen Gegengift beginnt im Selbstversuch

Ein über viele Jahre hinweg durchgeführter Selbstversuch eines US-Amerikaners hat den Weg für ein neuartiges Gegengift gegen Schlangenbisse geebnet, das erstmals einen breiten Schutz vor den Giften verschiedener hochgefährlicher Arten bieten soll. Der Mann injizierte sich regelmäßig kleine Mengen von Schlangengiften und ließ sich im Laufe von fast zwei Jahrzehnten von mehr als einem Dutzend tödlicher Arten beißen, darunter Königskobra, Schwarze Mamba und Inlandtaipan. Auf diese Weise entwickelte er eine außergewöhnliche Immunität gegen zahlreiche unterschiedliche Toxine.

Auf Basis dieser individuellen Immunantwort entwickelten Wissenschaftler ein aus drei Wirkstoffen bestehendes Präparat, das gegen die Gifte von insgesamt 19 Schlangenarten aus der Familie der Giftnattern wirkt. Das Mittel wurde von einem Forschungsteam der Columbia Universität und des Biotechunternehmens Centivax entwickelt und in präklinischen Studien bereits erfolgreich getestet. Die besondere Herausforderung bei der Entwicklung bestand darin, dass Schlangengifte aus komplexen Mischungen unterschiedlicher toxischer Proteine bestehen, die jeweils andere biologische Wirkmechanismen auslösen.

Bisherige Antivenome werden meist durch Immunisierung von Tieren hergestellt und wirken nur gegen die spezifischen Toxine einzelner Arten. Außerdem bergen sie das Risiko schwerer Nebenwirkungen beim Menschen, da es sich um fremde Antikörper handelt. Im vorliegenden Fall hingegen basiert das Gegengift auf einer menschlichen Immunreaktion, die durch kontinuierliche Konfrontation mit vielen verschiedenen Giften entstanden ist. Der Spender, der sich bewusst der Gefahr aussetzte, ist mittlerweile selbst Teil des Entwicklerteams.

Die Entwicklung gilt als potenzieller Meilenstein im Kampf gegen Schlangenbisse, die vor allem in tropischen Regionen nach wie vor zu tausenden Todesfällen führen. Ein universell einsetzbares Antivenom könnte nicht nur Leben retten, sondern auch Versorgungslücken in entlegenen Gebieten schließen, wo eine genaue Bestimmung der Schlangenart oft nicht möglich ist und spezifische Gegengifte fehlen. Noch steht der Nachweis in großflächigen klinischen Studien aus, doch das Präparat gilt schon jetzt als vielversprechendster Kandidat für einen breiten therapeutischen Einsatz.

Dieser Fall zeigt in aller Schärfe, wie viel medizinisches Potenzial im Mut des Einzelnen und in unkonventionellem Denken liegt. Ein Mensch, der sich freiwillig über Jahre hinweg den tödlichsten Toxinen der Natur aussetzt, steht im Widerspruch zu jeder medizinisch-ethischen Konvention. Doch gerade dieser Grenzgang hat die Tür zu einem Fortschritt geöffnet, den herkömmliche Verfahren nicht leisten konnten. Die Immunantwort eines einzigen Organismus wurde zur Blaupause für ein Gegengift, das Millionen Menschen schützen könnte. Das ist ebenso bemerkenswert wie verstörend.

Gleichzeitig legt dieser Fall die strukturellen Versäumnisse globaler Gesundheitsstrategien offen. Noch immer sterben jährlich über 100000 Menschen an Schlangenbissen, viele davon in Regionen ohne Zugang zu medizinischer Notfallversorgung oder passenden Antivenomen. Die Forschung zur Bekämpfung solcher Ursachen vermeidbarer Todesfälle wurde jahrzehntelang vernachlässigt, weil sie als medizinisch randständig und wirtschaftlich uninteressant galt. Der Markt bestimmt, woran geforscht wird, nicht zwingend die Not.

Hier offenbart sich ein Systemfehler, der auch Verantwortungsträger in Industrie und Politik betrifft. Statt global einsetzbare Gegengifte öffentlich voranzutreiben, überließ man die Forschung Einzelnen und Start-ups. Die medizinische Relevanz wurde unterschätzt, weil sie nicht in den Fokus großer Pharmainvestitionen fiel. Dass nun ausgerechnet ein selbstfinanzierter Extremversuch die Grundlage für einen Paradigmenwechsel liefert, spricht Bände über die Prioritäten in der globalen Gesundheitsversorgung.

Das neue Gegengift ist eine Hoffnung – aber auch eine Mahnung. Denn es zeigt, dass medizinischer Fortschritt nicht immer dort entsteht, wo Ressourcen und Strukturen längst bereitstehen. Manchmal braucht es radikale Wege, um verkrustete Muster zu durchbrechen. Doch langfristig kann sich eine zukunftsfähige Gesundheitsstrategie nicht auf Einzelpersonen stützen, die sich in Lebensgefahr begeben. Gefordert ist ein System, das solches Wissen systematisch erforscht, klinisch prüft und global zugänglich macht.

Metaboliten verraten wie Menschen wirklich essen

Eine pflanzenbasierte Ernährung verändert den menschlichen Stoffwechsel auf messbare Weise. Das zeigen neue Auswertungen zweier randomisierter Ernährungsstudien, in denen Forschende anhand von Blutproben spezifische Metabolitenprofile analysierten. Ziel war es, objektive Marker zu identifizieren, die die Einhaltung einer cholesterinsenkenden Diät belegen können. Die Ergebnisse könnten künftig ein zentrales Problem ernährungswissenschaftlicher Forschung lösen: die Überprüfung der tatsächlichen Diättreue jenseits subjektiver Selbstauskünfte.

In den Untersuchungen erhielten Erwachsene mit erhöhtem LDL-Cholesterin streng kontrollierte Kost über vier Wochen. Eine Gruppe folgte der sogenannten Portfolio-Diät, die aus Nüssen, Hülsenfrüchten, löslichen Ballaststoffen und Phytosterolen besteht. Die Kontrollgruppen erhielten eine vegetarische Standarddiät mit oder ohne medikamentöse Unterstützung. Die Studienbedingungen erlaubten eine nahezu vollständige Kontrolle über die Nahrungsaufnahme der Teilnehmenden.

Die Blutplasma-Analysen zu Beginn sowie nach zwei und vier Wochen ergaben signifikante Veränderungen in der Konzentration zahlreicher Metabolite. Besonders auffällig waren 52 Stoffwechselprodukte, deren Konzentrationen sich in beiden Studien konsistent in eine Richtung veränderten. Dazu zählten Substanzen wie N2-Acetylornithin und L-Pipecolinsäure sowie Ectoin, ein bakterieller Metabolit, der auf eine mögliche Interaktion zwischen Ernährung und Darmmikrobiom hindeutet.

Gleichzeitig gingen Konzentrationen von C18:0-haltigen Lipiden und bestimmten Cholesterylestern zurück. Diese Veränderungen reflektieren sowohl den pflanzlichen Ursprung der Ernährung als auch deren lipidsenkende Effekte. Bemerkenswert war der Rückgang von Campesterol trotz erhöhter Phytosterolzufuhr, was auf eine reduzierte Aufnahme durch die hohe Ballaststoffzufuhr hindeuten könnte.

Ein ambivalenter Befund betraf Trimethylamin-N-oxid, kurz TMAO. Dieses Molekül wurde in der Vergangenheit mit kardiovaskulären Risiken assoziiert, kann jedoch auch nach dem Verzehr gesunder pflanzlicher Lebensmittel ansteigen. Seine Rolle in diesem Kontext bleibt unklar und muss in weiteren Studien differenziert bewertet werden.

Trotz ihrer Aussagekraft sind die Ergebnisse nicht ohne Einschränkungen zu interpretieren. Die Studien dauerten nur vier Wochen, und die Teilnehmerzahl war begrenzt. Die Aussagen lassen sich daher nicht ohne Weiteres auf breitere Bevölkerungsgruppen übertragen. Dennoch liefern die identifizierten Metaboliten wichtige Hinweise auf mögliche Biomarker, die künftig zur objektiven Beurteilung von Ernährungsmustern dienen könnten.

Die ernährungswissenschaftliche Forschung steht seit Jahren vor einem methodischen Dilemma. Solange sich Studien auf Selbstauskünfte stützen müssen, bleibt die Aussagekraft vieler Ergebnisse fragwürdig. Was Menschen zu sich nehmen, wird häufig falsch erinnert, idealisiert oder schlichtweg falsch angegeben. Die aktuelle Untersuchung eröffnet nun einen potenziellen Ausweg aus dieser methodischen Sackgasse. Der gezielte Nachweis von Metaboliten, die durch bestimmte Diäten beeinflusst werden, könnte künftig die Qualität der Ernährungsforschung substanziell erhöhen.

Dabei geht es nicht nur um wissenschaftliche Genauigkeit, sondern auch um politische und gesellschaftliche Relevanz. Ernährungsempfehlungen und Präventionsstrategien stützen sich auf Daten, deren Validität bislang nicht immer gewährleistet ist. Wer etwa Maßnahmen zur Senkung des LDL-Cholesterins bewertet oder Krankenkassenanreize für gesundes Essverhalten entwirft, braucht belastbare Grundlagen. Die Identifikation metabolischer Marker eröffnet die Möglichkeit, individuelle Reaktionen objektiv zu messen und Ernährungsempfehlungen differenzierter zu gestalten.

Doch der Befund hat auch eine zweite, kritisch zu bewertende Dimension. Die Studien zeigen, wie komplex und teilweise widersprüchlich die biochemischen Effekte pflanzlicher Ernährung sein können. Der Anstieg von TMAO wirft Fragen auf, die einfache Zuschreibungen wie gesund oder ungesund infrage stellen. Auch der paradoxe Rückgang von Campesterol verdeutlicht, dass selbst bewährte Ernährungsstrategien komplexe Rückkopplungen im Stoffwechsel auslösen, deren Bedeutung nicht immer klar ist.

Die Verantwortung der Forschung liegt nun darin, diese Befunde weiter zu differenzieren und nicht vorschnell in einfache Narrative zu überführen. Gleichzeitig steht die Gesundheitspolitik in der Pflicht, die Erkenntnisse ernst zu nehmen. Wenn objektive Marker künftig helfen können, Diätprogramme, Gesundheitsberatungen oder präventive Maßnahmen zielgerichteter einzusetzen, wäre das ein Fortschritt, der über das Labor hinaus Wirkung entfalten könnte.

Ernährungsforschung braucht nicht nur bessere Daten, sondern auch strukturelle Anerkennung und Finanzierung. Die hier gezeigten Ergebnisse sind ein Signal, dass sich wissenschaftliche Präzision und gesellschaftliche Relevanz nicht ausschließen müssen. Sie zeigen vielmehr, wie dringend notwendig eine evidenzbasierte und differenzierte Ernährungspolitik geworden ist.

Glosse: Die Rückkehr der Ohrenschlaufen

Sie ist wieder da. Heimlich, leise, beinahe schüchtern – aber unübersehbar hängt sie nun wieder an Eingangstüren, Apothekenfenstern und Laborschränken: die Maske. Nicht die große politische, auch nicht die kulturelle. Die medizinische. Die, von der man dachte, sie gehöre der Vergangenheit an – irgendwo zwischen Klopapierpanik und Plexiglasprotokoll. Und doch kehrt sie zurück. Ohne Verordnung, ohne Appell, ohne Karl. Ganz von allein.

Zunächst war es nur ein Exemplar an der Kitteltasche. Dann ein zweites im Nachtdienst. Schließlich hängt wieder ein ganzer Haken voll davon im Pausenraum. Die Apotheke macht das, was sie immer tut: pragmatisch reagieren. Denn während draußen geniest, gehustet und ungehemmt geschnaubt wird, verwandelt sich drinnen der HV-Tisch erneut in eine Frontlinie. Willkommen zur fünften stillen Saison.

Offiziell redet keiner drüber. Es gibt keinen RKI-Hinweis, keinen Ministertweet, keinen Spahn-Fax aus der Vergangenheit. Nur diese leise Übereinkunft unter Menschen, die wissen, wie schnell aus einem Schnupfen eine Personalnot wird. Ein Hüsteln an der Kasse, ein Kind mit Fieber, zwei PTA im Krankenstand – und schon geht der Notdienst mit Paracetamol in die Knie.

Natürlich gibt es keine Pflicht. Es gibt nur Vernunft. Und die zeigt sich eben manchmal in Flizelin. Es sind dieselben Apotheken, die den letzten Maskenberg 2022 mühsam abgetragen haben, die nun wieder anfangen zu falten, zu bügeln, zu verteilen. Nicht aus Gehorsam, sondern aus Selbstschutz. Und vielleicht auch ein wenig aus Trotz.

Denn wer drei Pandemiewinter lang mit Seifenlauge, Abstandsmarkierungen und Infektionsketten jongliert hat, der weiß, was auf dem Spiel steht, wenn wieder alles von vorn beginnt. Und wer einmal versucht hat, im Dezember spontan Personalersatz zu finden, der weiß: Die Maske ist keine Gängelung, sie ist ein Hilfeschrei mit Ohrenschlaufen.

Und so kommt es, dass man in manchen Apotheken wieder ein “Bitte Maske tragen”-Schild sieht. Handgeschrieben, dezent, aber unmissverständlich. Es ist keine Vorschrift – es ist eine Einladung. Zum Mitdenken. Zum Mitverantworten. Und vielleicht auch zur Rückkehr eines Respekts, der in Virenzeiten auf mysteriöse Weise abhanden kam.

Dass ausgerechnet die Apotheken damit beginnen, mag manche wundern. Aber wer zuletzt mit blassem Gesicht aus dem Nachtdienst kam, weil das Team halb darniederliegt, wundert sich nicht. Es ist ein stilles Aufrüsten gegen die alljährliche Welle, die in diesem Jahr besonders früh schwappt. Und wenn schon nicht die Politik mitzieht, dann eben der Vorratsschrank.

Die Maske kehrt zurück – nicht als Symbol der Angst, sondern als Werkzeug der Erfahrung. Nicht weil jemand ruft, sondern weil alle leise wissen: Es ist wieder so weit.

Von Engin Günder, Fachjournalist

Apotheken-News: Apotheken riskieren Existenz durch unzureichende Absicherung

Source: Deutsche Nachrichten
Viele Apotheken vertrauen auf Standardversicherungen, die mit den realen Risiken ihres Betriebs nicht mehr Schritt halten. Cyberangriffe, Retaxationen durch Krankenkassen und wirtschaftskriminelle Handlungen bleiben häufig unversichert. Auch bei klassischen Schäden wie Feuer oder Wasser zeigen sich oft Lücken durch veraltete Summen oder Ausschlüsse. In einer Branche mit steigender digitaler Abhängigkeit und strenger Regulierung kann ein einziger Schadenfall ohne passende Absicherung existenzbedrohend wirken – ein Risiko, das viele unterschätzen.

Apotheken in Deutschland sehen sich mit einer zunehmend komplexen Risikolage konfrontiert. Während digitale Prozesse, gesetzliche Anforderungen und ökonomische Unsicherheiten zunehmen, bleibt der Versicherungsschutz vieler Betriebe weit hinter den tatsächlichen Erfordernissen zurück. Zahlreiche Schadensfälle belegen, dass Standardversicherungen zentrale Bedrohungen wie Cyberangriffe, sozialrechtliche Rückforderungen oder wirtschaftskriminelle Handlungen nicht oder nur unzureichend abdecken. Die Folge: Betriebsunterbrechungen, Liquiditätsengpässe und im schlimmsten Fall die wirtschaftliche Schieflage.

Ein besonders gravierendes Problem zeigt sich im Bereich der Cyberkriminalität. Angriffe auf IT-Systeme in Apotheken haben in den letzten Jahren spürbar zugenommen. Ziel sind meist Warenwirtschaftssysteme, Rezeptverarbeitung und sensible Gesundheitsdaten. Die Angriffe führen nicht nur zu stunden- oder tagelangen Betriebsunterbrechungen, sondern können auch datenschutzrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Die Schadenssummen sind hoch – besonders, wenn die Apotheken Opfer von Ransomware werden oder durch den Ausfall keine Medikamente mehr abgeben können. Dennoch verfügen viele Betriebe lediglich über einfache Cyberversicherungen, die keine Kosten für IT-Forensik, Wiederanlauf, Schadensersatzforderungen oder Bußgelder nach DSGVO-Verstößen übernehmen.

Ein weiteres Risiko entsteht durch Retaxationen, also Rückforderungen der gesetzlichen Krankenkassen wegen formaler Fehler auf Rezepten. Diese betreffen beispielsweise nicht gesetzte Sonderkennzeichen, fehlende Dosierungsangaben oder unvollständig dokumentierte pharmazeutische Maßnahmen. Obwohl die Medikation korrekt erfolgte, werden ganze Beträge gestrichen – oft im fünfstelligen Bereich. Apotheken bleiben auf den Rückforderungen sitzen, weil gängige Rechtsschutzversicherungen sozialrechtliche Verfahren nicht einschließen. Die Möglichkeit zur rechtlichen Gegenwehr ist dadurch eingeschränkt, der wirtschaftliche Schaden erheblich.

Hinzu kommt die wachsende Gefahr durch wirtschaftskriminelle Handlungen im eigenen Betrieb. In größeren Apotheken mit Filialstrukturen oder häufig wechselndem Personal besteht ein erhöhtes Risiko für Unterschlagung, Kassenmanipulation, Rezeptfälschungen oder systematischen Diebstahl von Arzneimitteln. Solche Vorfälle verursachen oft hohe Schäden, die sich über längere Zeiträume hinweg unbemerkt summieren. Klassische Betriebs- und Inhaltsversicherungen greifen in diesen Fällen nicht. Eine spezielle Vertrauensschadenversicherung, die gezielt bei interner Wirtschaftskriminalität einspringen würde, fehlt in der Mehrheit der Apotheken vollständig.

Auch klassische Sach- und Elementarschäden wie Wasserschäden, Brände oder Blitzeinschläge zeigen regelmäßig die Grenzen bestehender Policen auf. Die Ursachen für nicht geleistete Zahlungen sind vielfältig: veraltete Vertragsbedingungen, unzureichend kalkulierte Versicherungssummen oder fehlende Allrisk-Deckungen. In der Folge werden notwendige Betriebsmittel nicht ersetzt, Umsatzausfälle nicht kompensiert und Reparaturkosten nicht übernommen. Viele Apothekeninhaber erkennen die Lücken erst, wenn der Schaden bereits eingetreten ist – dann ist es häufig zu spät, um wirtschaftlich gegenzusteuern.

Branchenvertreter und Versicherungsexperten warnen seit Jahren vor dieser Entwicklung. Der Apothekenbetrieb habe sich strukturell gewandelt, so der Tenor. Neue Aufgabenfelder wie pharmazeutische Dienstleistungen, Dokumentationspflichten nach AMTS-Vorgaben, der Umgang mit hochpreisigen Arzneimitteln oder die Einführung des E-Rezepts erhöhen die betriebliche Komplexität. Die bestehenden Versicherungsverträge vieler Apotheken würden diesem Wandel jedoch nicht gerecht. Ein Grund dafür sei unter anderem die verbreitete Praxis, bestehende Verträge über Jahre hinweg nicht zu aktualisieren oder inhaltlich prüfen zu lassen.

Auch der Versicherungsvertrieb steht in der Kritik. Viele Apothekeninhaber setzen bei Versicherungsfragen auf Berater ohne spezifisches Branchenwissen. Die Folge sind Policen, die zwar formell korrekt wirken, aber im Detail zentrale Risiken ausschließen oder nur eingeschränkt absichern. Der Beratungsaufwand für individuell zugeschnittene Versicherungslösungen wird von vielen Vermittlern gescheut – ebenso wie die Verantwortung im Schadensfall, wenn sich Lücken offenbaren.

In einem wirtschaftlich zunehmend angespannten Umfeld wird der fehlende oder unzureichende Versicherungsschutz zu einem strategischen Risiko. Die finanziellen Spielräume vieler Apotheken sind durch sinkende Margen, gestiegene Betriebskosten und Personalmangel ohnehin eingeschränkt. Ein unversicherter Schaden, ganz gleich ob durch externe oder interne Ursachen, kann unter diesen Bedingungen zur Existenzfrage werden.

Kommentar:

Versichert, aber nicht geschützt – warum Apotheken ihre Risiken neu bewerten müssen

Die Vorstellung, mit einer klassischen Inhalts- und Betriebshaftpflichtversicherung gegen alle Eventualitäten gewappnet zu sein, hält sich in vielen Apotheken hartnäckig – und ist gefährlich. Der Betrieb einer Apotheke unterscheidet sich heute grundlegend von herkömmlichen Handelsbetrieben. Es geht nicht mehr nur um den Verkauf von Medikamenten, sondern um die rechtskonforme Abwicklung sensibler Gesundheitsdaten, um die Bewertung von Medikationsplänen, um pharmazeutische Dienstleistungen, um Versorgungssicherheit in akuten Krisensituationen. Wer diese Komplexität ignoriert, kann keine realistische Risikoeinschätzung treffen – und schon gar keine passende Absicherung daraus ableiten.

Apotheken tragen in ihrer täglichen Arbeit Verantwortung für Menschenleben. Doch wenn es um den Schutz des eigenen Unternehmens geht, herrscht vielerorts Routine, Oberflächlichkeit oder Sparzwang. Diese Kombination ist fatal. Retaxationen durch gesetzliche Kassen etwa sind kein Ausnahmephänomen – sie sind Ausdruck eines Systems, das auf formale Korrektheit pocht, unabhängig vom Versorgungsresultat. Dass die meisten Rechtsschutzversicherungen hier nicht greifen, wird erst dann erkannt, wenn der Bescheid über die Rückforderung bereits eingetroffen ist.

Gleiches gilt für Cyberrisiken. Wer noch immer glaubt, Apotheken seien kein attraktives Ziel für Hacker, verkennt die Realität. In den vergangenen Monaten wurden zahlreiche Betriebe lahmgelegt, Daten gestohlen und Systeme verschlüsselt. Die Folgen sind gravierend – nicht nur technisch, sondern auch juristisch. Bußgelder nach DSGVO-Verstößen treffen Apotheken hart. Umso erstaunlicher ist es, dass viele Policen zwar als „Cyberversicherung“ verkauft werden, aber weder Kosten für Wiederanlauf, externe Beratung noch konkrete Krisenmaßnahmen enthalten.

Noch tabuisiert ist das Thema wirtschaftskriminelle Handlungen innerhalb des Teams. Wer glaubt, langjährige Mitarbeitende seien per se vertrauenswürdig, verkennt strukturelle Risiken. Apotheken verfügen über Warenbestände mit teils sehr hohem Handelswert, oft in Kombination mit eingeschränkter interner Kontrolle. Die finanzielle Bedrohung durch interne Delikte ist real – und ohne Vertrauensschadenversicherung kaum aufzufangen.

Was bleibt, ist ein deutlicher Handlungsauftrag: Apotheken müssen ihr Risikobewusstsein schärfen und den Versicherungsschutz nicht länger als statisches Verwaltungsthema betrachten. Es geht um nicht weniger als die wirtschaftliche Resilienz in einer Branche, die zunehmend reguliert, digitalisiert und ökonomisch unter Druck steht. Wer heute lückenhaft versichert ist, riskiert morgen nicht nur Einnahmeausfälle – sondern die eigene Existenz.

Von Engin Günder, Fachjournalist

Chancen der dualen Ausbildung nutzen!

Source: Deutsche Nachrichten
Zum fünften Mal werben mit dem „Sommer der Berufsausbildung“ Bund, Länder, Wirtschaft und Gewerkschaften gemeinsam für die berufliche Ausbildung in Deutschland.

Von Anfang Mai bis Ende Oktober erklären die Partner der Allianz für Aus- und Weiterbildung auf Social-Media-Plattformen und bei zahlreichen Veranstaltungen die vielfältigen Perspektiven der dualen Ausbildung. Die Veranstaltungen richten sich an Jugendliche, Eltern sowie Betriebe und zeigen, dass sich #AusbildungSTARTEN lohnt.

Im Mittelpunkt stehen Tipps und Hilfen zur Berufsorientierung sowie die Chancen in den vielfältigen Ausbildungsberufen und die beruflichen Möglichkeiten in den Betrieben. Eine Übersicht zu den zahlreichen Veranstaltungen wird demnächst auf der Webseite der Allianz veröffentlicht.

Stv. DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks: “Die duale Ausbildung ist ein Erfolgsmodell. Sie bietet den Einstieg in spannende Berufe und eröffnet viele Chancen. Für die Betriebe ist sie ein zentrales Element der Fachkräftesicherung. Denn Unternehmen brauchen gut ausgebildete Fachkräfte, um aktuelle und künftige Herausforderungen erfolgreich zu meistern. Darum werben wir mit dem Sommer der Berufsausbildung und unserer IHK-Ausbildungskampagne „Ausbildung macht mehr aus uns“ für die Berufliche Bildung – und das aus voller Überzeugung. Wir wollen das Vertrauen in die duale Berufsausbildung stärken und junge Menschen wie Betriebe für eine Ausbildung im neuen Ausbildungsjahr gewinnen.“

Zur Webseite der Aus- und Weiterbildungsallianz: https://www.aus-und-weiterbildungsallianz.de/

Zoom forciert Expansion im DACH-Raum – KOMSA AG wird strategischer Vertriebspartner

Source: Deutsche Nachrichten
Zoom Communications, Inc und die KOMSA AG, ein Value-Add Distributor und Technologie-Dienstleister, kollaborieren ab sofort im Rahmen einer strategischen Vertriebspartnerschaft, die den DACH-Markt nachhaltig verändern soll.

Mit KOMSA holt sich Zoom einen erfahrenen Partner mit starker Vertriebsinfrastruktur und Marktexpertise sowie einem flächendeckenden Netzwerk an Handelspartnern an die Seite. Gemeinsames Ziel ist es, die Unternehmenspräsenz von Zoom in Deutschland, Österreich und der Schweiz spürbar zu stärken und auszubauen – schnell, effizient und mit maximalem Impact.

Für Kunden bedeutet die Allianz echten Mehrwert: Sie profitieren von einem erweiterten Portfolio innovativer Collaboration- und Kommunikationslösungen – mit besonderem Fokus auf moderne, KI-gestützte Anwendungen für hybride Arbeitsumgebungen. Dazu zählen insbesondere:

Zoom Workplace: Die smarte Plattform für hybride Zusammenarbeit – nahtlos, flexibel, KI-gestützt.

Zoom Phone: Cloudbasierte Business-Telefonie, die klassische Festnetzlösungen revolutioniert – überall erreichbar, jederzeit sicher.

Zoom Contact Center: Die intelligente Kundenservice-Plattform, die Support-Erlebnisse personalisiert, automatisiert und auf das nächste Level hebt.

Durch die Kooperation mit KOMSA setzt Zoom auf ein beschleunigtes Onboarding, ein zielgerichtetes Enablement und den Zugang zu einem etablierten Netzwerk von Trusted Partnern. Partner profitieren gleichzeitig von einem attraktiven Portfolio-Zuwachs: Zoom ergänzt bestehende Angebote – mit klarer Nachfrage im Markt, einem hohen Innovationsgrad und starkem Support für Reseller und Systemhäuser. Die Zusammenarbeit schafft damit eine Grundlage für nachhaltiges Wachstum auf allen Seiten – technologisch, operativ und partnerschaftlich.

„Die Partnerschaft mit KOMSA ist für uns ein echter Gamechanger“, sagt Nadja Risse, seit Herbst 2024 Head of DACH & CEE bei Zoom. „KOMSA versteht die Dynamik im Channel wie kaum ein anderer und bringt nicht nur Reichweite, sondern auch strategische Tiefe. Gemeinsam bauen wir unser Partnernetzwerk in der DACH-Region weiter aus – mit klarer Ausrichtung auf Wachstum, Differenzierung und profitable Reseller-Modelle rund um Zoom Workplace, Zoom Phone und unser Contact Center-Angebot. KOMSA öffnet für uns neue Türen im indirekten Vertrieb – mit einem starken Netzwerk, Erfahrung in der Marktbearbeitung und einem klaren Blick auf die Bedürfnisse des Channels.”

„Zwei Schwergewichte der Branche ziehen an einem Strang“, sagt Christof Legat, Executive Vice President Solutions bei KOMSA. „Zoom erweitert unser Software-as-a-Service-Portfolio um leistungsstarke Cloud-Lösungen in den Bereichen Telefonie (PBX), Unified Communications, Contact Center und digitaler Arbeitsplatz. Die Lösungen sind modular aufgebaut, flexibel einsetzbar und passen sich dynamisch an die Anforderungen des Marktes an. Durch den serviceorientierten Vertriebsansatz von KOMSA profitieren Partner gleich mehrfach: Der Einstieg in die Zoom-Welt wird vereinfacht, Hürden werden gesenkt. Auch hybride Szenarien – z. B. in Kombination mit bestehenden Mitel- oder Avaya-Systemen – lassen sich unkompliziert realisieren. Als besonderen Service richtet KOMSA am Firmensitz eine eigene Zoom-Erlebniswelt ein, in der Partner und Kunden die Lösungen live erleben können.“

Apotheken-News: Coaching in Apotheken braucht klare Grenzen

Source: Deutsche Nachrichten
Immer mehr Apotheken setzen auf Coaching, um Führung zu stärken, Teamkonflikte zu entschärfen oder mit der zunehmenden Belastung im Alltag umzugehen. Doch in einem unregulierten Markt mit uneinheitlichen Standards wird aus gut gemeinter Unterstützung schnell ein Risiko. Wo Coaching ohne klare Zielsetzung, fachliche Kontrolle und ethische Abgrenzung eingesetzt wird, drohen Vertrauensverlust, neue Spannungen und eine gefährliche Verschiebung von Verantwortung. Wer führen will, muss auch die richtigen Fragen stellen – bevor externe Impulse mehr Schaden als Nutzen anrichten.

Coaching hat sich in den vergangenen Jahren auch im Apothekenwesen als viel genutztes Instrument etabliert. In einer Branche, die zunehmend von Personalengpässen, ökonomischem Druck, Regulierungsflut und wachsender gesellschaftlicher Verantwortung geprägt ist, erscheint Coaching vielen Apothekenleitungen als hilfreiche Maßnahme zur Konfliktlösung, Teamentwicklung oder Führungskräfteunterstützung. Dabei wächst nicht nur die Nachfrage, sondern auch die Bandbreite der Angebote – von Einzelcoachings für Apothekeninhaberinnen und -inhaber über Teamprozesse bis hin zu Kommunikationstrainings und Achtsamkeitsworkshops für das gesamte Personal. Doch hinter dem wachsenden Angebot verbirgt sich ein kritisches Spannungsfeld: Coaching wird in einem weitgehend unregulierten Markt angeboten, dessen Risiken oft unterschätzt werden – insbesondere im arbeitsintensiven Umfeld öffentlicher Apotheken.

Die zentrale Herausforderung besteht darin, dass der Begriff „Coach“ nicht gesetzlich geschützt ist. Weder existiert ein einheitliches Berufsbild, noch eine staatlich anerkannte Qualifikation oder verpflichtende Qualitätsstandards. Dadurch kann sich prinzipiell jeder als Coach bezeichnen und Dienstleistungen anbieten – unabhängig von fachlicher Eignung, Erfahrung oder methodischer Ausbildung. Für Apothekenleitungen, die auf der Suche nach professioneller Unterstützung sind, stellt dies ein kaum kalkulierbares Risiko dar. In einem Umfeld, das auf Verlässlichkeit, Diskretion und Verantwortung angewiesen ist, treffen potenziell unerfahrene Anbieter auf hochsensible Themenbereiche.

In der Praxis zeigt sich, dass Coaching in Apotheken häufig dann zum Einsatz kommt, wenn die innere Balance des Betriebs gestört ist. Konflikte im Team, sinkende Motivation, hohe Krankenstände oder eine zunehmende Überforderung der Leitung sind typische Anlässe für externe Unterstützung. Oft wird Coaching dabei mit der Hoffnung verbunden, strukturelle Probleme kurzfristig kompensieren zu können – etwa durch verbesserte Kommunikation, gesteigerte Eigenverantwortung oder emotionales Stressmanagement. Doch genau hier liegt das Problem: Wird Coaching als Mittel gegen Symptome eingesetzt, ohne die Ursachen anzupacken, bleibt die Wirkung oberflächlich. Die Gefahr besteht darin, dass das System stabilisiert wird, ohne dass sich etwas Grundlegendes verändert.

Hinzu kommt die zunehmend unscharfe Abgrenzung zur psychologischen Betreuung. Immer mehr Coaching-Angebote greifen tief in persönliche Prozesse ein – etwa bei Themen wie Erschöpfung, Selbstwert, Angst, innerer Blockade oder belastender Dynamik innerhalb des Teams. Dabei wird oft suggeriert, solche Probleme ließen sich durch gezielte Interventionen im Coaching beheben. Doch viele Coaches verfügen weder über die therapeutische Ausbildung noch über die rechtliche Absicherung, um in solchen Fällen professionell und verantwortlich handeln zu können. In der Konsequenz droht eine gefährliche Grenzüberschreitung: Mitarbeitende werden emotional exponiert, ohne dass ein geschützter Rahmen besteht – mit potenziell gravierenden Folgen für Vertrauen, psychische Gesundheit und das Betriebsklima.

Ein weiteres Problem liegt in der intransparenten Zielsetzung vieler Maßnahmen. Häufig bleibt unklar, wofür das Coaching konkret eingesetzt werden soll, wie Erfolg gemessen wird oder welche Verantwortung Leitung und Coach jeweils übernehmen. Die Folge sind unklare Erwartungen, enttäuschte Hoffnungen und ein wachsendes Misstrauen im Team. Vor allem wenn Coaching top-down verordnet wird, ohne Einbindung der Betroffenen, kann dies als kontrollierende Maßnahme wahrgenommen werden – und damit genau das Gegenteil dessen bewirken, was ursprünglich beabsichtigt war: neue Spannungen, innere Kündigung, Rückzug.

Dabei wäre Coaching in Apotheken unter bestimmten Voraussetzungen ein sinnvoller Impuls. Professionell begleitet, strategisch eingebettet und ethisch sauber umgesetzt, kann es helfen, Selbstreflexion zu fördern, Führungsverhalten zu hinterfragen oder Teamdynamiken zu klären. Doch dafür braucht es klare Kriterien bei der Auswahl: eine nachgewiesene Qualifikation, methodische Transparenz, Abgrenzung zur Therapie, klare Zielvereinbarungen und die Bereitschaft zur Evaluation. Entscheidend ist außerdem, dass Coaching nicht isoliert, sondern eingebettet in eine kontinuierliche Führungs- und Organisationsentwicklung erfolgt. Nur dann kann es seine Wirkung entfalten – als Ergänzung, nicht als Ersatz für Führung.

Apothekenleitungen tragen in diesem Kontext eine doppelte Verantwortung: gegenüber dem Team, das geschützt und gestärkt werden soll, und gegenüber dem eigenen Anspruch, professionell zu führen. Wer Coaching einsetzt, muss bereit sein, auch die eigene Rolle zu reflektieren. Denn Coaching beginnt nicht beim Coach – sondern bei der Entscheidung, Entwicklung ernsthaft zu ermöglichen.

Kommentar:

Coaching in Apotheken ist ein hochsensibles Thema – gerade weil es auf den ersten Blick so harmlos wirkt. Ein Gespräch hier, ein Workshop dort, ein paar Impulse für bessere Zusammenarbeit oder mehr Achtsamkeit im Alltag. Doch hinter dieser scheinbaren Einfachheit verbirgt sich ein komplexer Prozess, der professioneller Steuerung bedarf. In einem System wie der öffentlichen Apotheke, das auf verlässliche Strukturen, Hierarchien und Verantwortung angewiesen ist, kann Coaching entweder entlastend oder destruktiv wirken – je nachdem, wie es eingesetzt wird.

Das größte Missverständnis besteht darin, Coaching als schnelle Lösung für strukturelle Überforderung zu betrachten. Wer hofft, mit wenigen Sitzungen Konflikte zu lösen oder Führung zu delegieren, unterschätzt sowohl die Tiefe der Probleme als auch die Anforderungen an ein wirksames Coaching. Denn Coaching ist kein Werkzeug zur kurzfristigen Effizienzsteigerung – es ist ein Prozess, der Offenheit, Reflexion und professionelle Rahmung erfordert. Fehlt diese, wird Coaching zur kosmetischen Maßnahme, zur Bühne für Selbstoptimierung oder zur Scheinlösung in einer Umgebung, die eigentlich systemische Entlastung braucht.

Besonders gefährlich ist der Einsatz ungeprüfter Anbieter. Der Coaching-Markt ist in Teilen ein Feld der Beliebigkeit. Was zählt, sind persönliche Ausstrahlung, Marketinggeschick und rhetorisches Talent – nicht unbedingt methodische Kompetenz oder ethische Verantwortung. Wenn Apothekenleitungen in diesem Umfeld Angebote buchen, ohne Qualifikation, Hintergrund oder Haltung der Coaches zu prüfen, riskieren sie mehr als Geld: Sie gefährden das Vertrauen im Team, beschädigen die Unternehmenskultur und setzen ihre Führungsrolle aufs Spiel.

Doch Coaching muss nicht schlecht sein – im Gegenteil. Es kann wertvoll, klärend und motivierend wirken, wenn es unter den richtigen Bedingungen eingesetzt wird. Dazu braucht es aber den Mut, sich nicht nur auf das Außen zu verlassen, sondern auch auf die eigene Verantwortung zu schauen. Was will ich als Führungskraft wirklich erreichen? Welche Probleme lassen sich durch Coaching begleiten – und welche muss ich selbst lösen? Wer diese Fragen stellt, ist dem Ziel schon näher als jeder fremde Impuls.

Die Stärke des Coachings liegt nicht in der Methode, sondern in der Haltung. Und genau diese Haltung entscheidet, ob Coaching in der Apotheke ein Gewinn wird – oder eine riskante Illusion.

Von Engin Günder, Fachjournalist

IHK-Preis für Wirtschaftsjournalismus: Bewerbungsfrist bis 12. Mai 2025 verlängert

Source: Deutsche Nachrichten
Auch in diesem Jahr zeichnen die deutschen Industrie- und Handelskammern mit dem IHK-Preis für Wirtschaftsjournalismus in insgesamt sechs Kategorien herausragende Wirtschaftsbeiträge aus, die besonders gut recherchiert sowie allgemein verständlich und attraktiv dargestellt sind. Aufgrund der hohen Anmeldezahlen in den vergangenen Tagen verlängert sich die Bewerbungsfrist bis einschließlich 12. Mai 2025.

Bewerben können sich Journalistinnen und Journalisten sowie Redaktionen in den Kategorien Klartext regional, Klartext überregional, Video, Audio, Starterpreis und Social Media. Alle Beiträge und weitere Angaben können auf der Bewerbungsplattform https://ihk-preis2025.alpha-awards.com hochgeladen werden. Die Preisträger werden am 7. Oktober in Stade ausgezeichnet.

Weitere Informationen zum IHK-Preis für Wirtschaftsjournalismus “Ernst Schneider” gibt es hier.

Apotheken-News: Jede zweite Apotheke gefährdet ihre Existenz

Source: Deutsche Nachrichten
Immer mehr Apotheken setzen auf Versicherungen, die im Ernstfall nicht leisten. Während Cyberangriffe, Retaxationen und wirtschaftskriminelle Vorfälle zunehmen, bleibt der Schutz oft lückenhaft oder unpassend. Standardpolicen decken zentrale Risiken nicht ab – und lassen Betriebe mit teuren Rückforderungen, IT-Ausfällen oder internen Schäden allein. Die Folge: finanzielle Schieflagen bis hin zur Schließung. Wer seine Absicherung nicht regelmäßig prüft und an die realen Gefahren anpasst, gefährdet den Fortbestand der eigenen Apotheke – häufig aus reiner Unkenntnis.

In deutschen Apotheken steigt die Komplexität der betrieblichen Risiken – doch der Versicherungsschutz vieler Betriebe hinkt dieser Entwicklung deutlich hinterher. Eine zunehmende Zahl von Schadensfällen zeigt, dass Standardversicherungen häufig weder die branchenspezifischen Gefahren ausreichend abdecken noch auf die rechtlichen und organisatorischen Besonderheiten im Apothekenbetrieb zugeschnitten sind. Die Konsequenz: Betriebe geraten in finanzielle Schieflage, weil Versicherungsleistungen ausbleiben, Leistungsausschlüsse greifen oder die Schadenssummen zu niedrig angesetzt wurden.

Ein zentrales Risiko betrifft Cyberangriffe, die Apotheken in jüngerer Vergangenheit mehrfach lahmgelegt haben. Die Angriffsflächen reichen vom zentralen Warenwirtschaftssystem bis hin zur Rezeptverarbeitung. Wenn Systeme verschlüsselt werden, sind die Apotheken nicht nur organisatorisch blockiert, sondern auch juristisch angreifbar – insbesondere im Hinblick auf die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Viele Betreiber vertrauen auf allgemeine Betriebshaftpflichtversicherungen oder vermeintlich vollständige Cyberpolicen, die im Ernstfall jedoch nur oberflächliche Leistungen bieten. Kosten für IT-Forensik, Lösegeldforderungen oder den Ausgleich für betriebliche Ausfallzeiten bleiben nicht selten unversichert.

Ein weiteres, häufig unterschätztes Problemfeld sind Retaxationen durch gesetzliche Krankenkassen. Formfehler auf dem Rezept, versäumte Dokumentationspflichten oder fehlerhafte Wirkstoffzuordnungen führen zu Rückforderungen im fünfstelligen Bereich. Betroffene Apotheken stehen dann vor der Herausforderung, sich entweder juristisch zur Wehr zu setzen oder hohe Summen aus eigener Tasche zu begleichen. Da herkömmliche Versicherungsprodukte zivilrechtlich orientiert sind, greifen sie in diesen Fällen nicht. Auch Rechtsschutzversicherungen versagen oftmals, weil sozialrechtliche Verfahren vom Versicherungsschutz ausgenommen sind – ein entscheidender Schwachpunkt im System.

Nicht zu vernachlässigen ist zudem das Risiko durch sogenannte Vertrauensschäden – also durch wirtschaftskriminelle Handlungen von Mitarbeitenden. Diese reichen von Rezeptfälschungen über Kassenmanipulation bis hin zu systematischem Warendiebstahl. Gerade in Betrieben mit hohem Personalumsatz oder mehreren Filialen ist die Gefahr real. Eine klassische Betriebshaftpflicht ist für solche Fälle nicht zuständig. Nur eine explizit abgeschlossene Vertrauensschadenversicherung schützt hier – eine Police, die in vielen Apotheken jedoch fehlt.

Zusätzlich treten klassische Sach- und Elementarschäden immer wieder in den Vordergrund. Ein Wasserrohrbruch, ein Brand im Rezepturraum oder ein Blitzeinschlag in die IT-Infrastruktur können binnen Stunden den Betrieb vollständig zum Erliegen bringen. Ist keine branchenspezifische Geschäftsinhaltsversicherung mit umfassender Allgefahren-Deckung (Allrisk) vorhanden, zahlt die Versicherung möglicherweise nicht – etwa, wenn ein bestimmter Schaden laut Bedingungen ausgeschlossen wurde oder die Versicherungssumme nicht ausreicht. Für Apotheken bedeutet das: Versorgungsausfall, Kundenverlust und finanzielle Einbußen, die schnell existenzbedrohend werden können.

Branchenexperten fordern deshalb ein Umdenken im Risikomanagement von Apotheken. Die Betriebsstrukturen haben sich in den letzten Jahren ebenso verändert wie die regulatorischen Anforderungen. Mit der Einführung neuer pharmazeutischer Dienstleistungen, vermehrten digitalen Prozessen und der Verantwortung für hochpreisige Arzneimittel steigen nicht nur die Ertragspotenziale, sondern auch die Risiken. Ohne eine gezielte Absicherung dieser Gefahren droht der wirtschaftliche Kollaps – auch bei scheinbar kleinen Auslösern.

Die Verantwortung liegt dabei nicht allein bei den Versicherern, sondern vor allem bei den Apothekenbetreibern. Wer seinen Versicherungsschutz nicht regelmäßig überprüft, Risiken falsch einschätzt oder auf Billiglösungen zurückgreift, riskiert eine Unterdeckung. Gerade angesichts der wirtschaftlichen Belastung durch Lieferengpässe, Fachkräftemangel und stagnierende Vergütung ist ein professioneller Versicherungsschutz keine Nebensache, sondern Teil einer stabilen Betriebsführung.

Kommentar:

Versichert – aber wirkungslos: Die gefährliche Fehleinschätzung vieler Apothekeninhaber

Es ist ein irritierender Widerspruch: Apotheken arbeiten täglich mit höchsten Standards, prüfen Herstellvorschriften, erfüllen Dokumentationspflichten, sorgen für Patientensicherheit – doch bei der Absicherung der eigenen wirtschaftlichen Existenz herrscht vielerorts Nachlässigkeit. Der Glaube, dass eine bestehende Betriebshaftpflicht oder eine allgemeine Inhaltsversicherung im Ernstfall schon ausreichen werde, ist weit verbreitet – und trügerisch.

Der Fehler liegt oft in der Annahme, dass die Risiken eines Apothekenbetriebs mit denen eines gewöhnlichen Einzelhandelsunternehmens vergleichbar seien. Dabei ist die Apotheke ein hochregulierter Ort mit medizinischem, technischem und rechtlichem Sonderstatus. Der Umgang mit Betäubungsmitteln, sensible Rezepturdaten, gesetzliche Nachweispflichten und strikte Auflagen im Umgang mit elektronischen Rezepten oder Arzneimittellieferungen führen zu Haftungslagen, die mit herkömmlichen Gewerben nicht zu vergleichen sind. Wer hier mit einem Standardprodukt arbeitet, handelt nicht verantwortungsbewusst – weder gegenüber sich selbst, noch gegenüber Mitarbeitenden oder der Versorgungsstruktur im Umfeld.

Besonders kritisch ist die Situation bei Retaxationen, deren Folgen vielen Apothekeninhabern erst im Nachhinein bewusst werden. Krankenkassen fordern Gelder zurück, auch wenn die Arzneimittel abgegeben, geprüft und wirksam waren – oft aufgrund rein formaler Fehler. Ohne spezialisierten Rechtsschutz sind Widerspruchs- und Klageverfahren nicht nur teuer, sondern häufig auch zum Scheitern verurteilt. Dass solche Szenarien nicht durch Standardpolicen abgedeckt sind, wird den Betroffenen oft erst bewusst, wenn die Rückforderung längst auf dem Tisch liegt.

Die Unsicherheit steigt weiter mit der fortschreitenden Digitalisierung. Angriffe auf Apotheken-IT-Systeme sind nicht hypothetisch, sondern Teil einer realen Bedrohungslage. Wer dabei nur auf Antivirenprogramme und Cloud-Backups vertraut, verkennt das Ausmaß der Angriffsflächen. Eine funktionierende Cyberversicherung ist nicht bloß eine optionale Ergänzung – sie ist zwingend notwendig, um Wiederanlaufkosten, Krisenkommunikation, Bußgelder oder Schadensersatzforderungen abdecken zu können.

Auch intern ist das Risiko oft größer als gedacht. Wirtschaftskriminalität durch eigene Mitarbeitende ist ein Tabuthema, doch sie existiert. Die Abgabe von Medikamenten ohne Rezept, bewusste Kassenmanipulation oder Zugriff auf interne Systeme zum eigenen Vorteil sind Realität. Der Schutz davor muss institutionell organisiert sein – über eine Vertrauensschadenversicherung, die klare Mechanismen für Erkennung und Ersatz bietet.

Fazit: Der Versicherungsschutz von Apotheken ist keine Formalität und darf nicht auf Grundlage allgemeiner Annahmen erfolgen. Er ist ein zentraler Bestandteil der unternehmerischen Verantwortung – ebenso wichtig wie die Arzneimittelsicherheit. Nur wer die realen Gefahren kennt und gezielt absichert, kann den Betrieb auch in Krisensituationen aufrechterhalten. Alles andere ist ein Spiel mit der Existenz.

Von Engin Günder, Fachjournalist

Bausparverträge bleiben attraktiv, feste Zinssätze bieten Planungssicherheit

Source: Deutsche Nachrichten
Trotz hoher Immobilienpreise bieten Bausparverträge weiterhin verlässliche Zinssicherheit, besonders bei Renovierungen und Modernisierungen. Eine aktuelle Analyse zeigt jedoch: Nur vier bundesweite Anbieter erreichen die Bestnote in Sachen Transparenz, Fairness und Beratung. Verbraucher profitieren nur dann wirklich vom Bausparen, wenn sie Angebote sorgfältig prüfen und auf flexible, faire Konditionen achten. Gerade für Eigentümer, die Sanierungen planen, bleibt die feste Kalkulation ein unschätzbarer Vorteil.

In einem zunehmend von Unsicherheit geprägten Immobilienmarkt gewinnen Bausparverträge an neuer Relevanz. Trotz stark gestiegener Immobilienpreise und hoher Baukosten bleibt der klassische Bausparvertrag eine attraktive Option, insbesondere für Renovierungs- und Modernisierungsvorhaben. Die zentrale Stärke liegt in der Zinssicherung: Während Kreditzinsen auf dem freien Markt Schwankungen unterworfen sind, garantieren Bausparverträge einen festen Zinssatz, der über die gesamte Vertragslaufzeit hinweg Bestand hat. Diese Stabilität ermöglicht Eigentümern und Bauherren eine langfristige Planungssicherheit, die in Zeiten wirtschaftlicher Volatilität besonders wertvoll ist.

Eine aktuelle Analyse zeigt allerdings, dass nur eine begrenzte Zahl bundesweit agierender Anbieter eine durchgehend hohe Qualität bietet. Lediglich vier Unternehmen erhielten die Bestnote für transparente Konditionen, faire Gebührenstrukturen und eine kompetente Kundenberatung. Der Großteil der untersuchten Anbieter weist hingegen teils erhebliche Defizite auf, etwa bei intransparenten Vertragsdetails oder überhöhten Abschlussgebühren. Verbraucher sind daher gut beraten, Bausparverträge nicht vorschnell abzuschließen, sondern Angebote eingehend zu vergleichen und individuelle Bedürfnisse genau zu analysieren.

Gerade bei Renovierungen, energetischen Sanierungen oder altersgerechtem Umbau spielt die planbare Finanzierung eine zentrale Rolle. Bausparlösungen bieten hierbei ein flexibles Instrument, um zukünftige Investitionen frühzeitig abzusichern. Im Vergleich zu klassischen Baufinanzierungen erweisen sich die festen Zinsen vieler Bausparverträge oft als vorteilhaft, sobald eine Phase steigender Kapitalmarktzinsen eintritt. Allerdings sollten potenzielle Sparer auch mögliche Nachteile wie lange Ansparphasen oder starr vorgegebene Zuteilungskriterien berücksichtigen.

Experten raten dazu, auf Modelle zu setzen, die geringe Nebenkosten verursachen, flexible Tilgungsoptionen bieten und eine transparente Kommunikation der Konditionen gewährleisten. Auch die Frage der staatlichen Fördermöglichkeiten, etwa der Wohnungsbauprämie, sollte bei der Wahl des passenden Produkts beachtet werden. Besonders im Kontext der aktuellen Diskussion um energetische Sanierungen und CO2-Reduktion gewinnen Bausparverträge zusätzlich an Bedeutung, da sie kostspielige Maßnahmen wie Dämmungen, Heizungserneuerungen oder Photovoltaikanlagen besser kalkulierbar machen.

Bausparverträge bleiben damit trotz der Herausforderungen im Markt eine bewährte Lösung, um sich gegen steigende Kreditkosten abzusichern und Renovierungsprojekte langfristig solide zu finanzieren. Entscheidend bleibt jedoch die kritische Auswahl des Anbieters und eine sorgfältige Prüfung der Vertragsbedingungen, um die Vorteile des Bausparens tatsächlich optimal zu nutzen.

Kommentar:

Die wiedererstarkte Nachfrage nach Bausparverträgen ist keine Rückkehr in alte Finanzierungswelten, sondern Ausdruck eines rationalen Bedürfnisses nach Verlässlichkeit in einer Zeit wachsender Unsicherheit. Während klassische Immobilienfinanzierungen zunehmend durch Zinsvolatilität und restriktivere Vergabekriterien geprägt sind, erscheint das Bausparmodell als Insel der Stabilität. Feste Zinssätze, planbare Kosten und die Möglichkeit, zukünftige Renovierungsvorhaben solide abzusichern, entsprechen einem wachsenden Bedürfnis nach kalkulierbaren Risiken.

Gleichwohl deckt die aktuelle Analyse ein systemisches Problem auf: Die Zahl der Anbieter, die fair, transparent und kundenorientiert agieren, ist begrenzt. Zu oft bleibt der Bausparvertrag ein komplexes Produkt, dessen wirtschaftlicher Nutzen sich erst nach intensiver Prüfung erschließt. Damit offenbart sich eine grundlegende Schwäche der Branche: Anstatt die gestiegene Nachfrage zum Anlass für Vereinfachung und Kundenzentrierung zu nehmen, setzen viele Anbieter weiterhin auf komplizierte Tarife, unübersichtliche Gebührenstrukturen und eine Beratung, die mehr verwirrt als aufklärt.

Gesellschaftspolitisch betrachtet könnte das Bausparen jedoch eine wichtige Rolle spielen. Gerade im Hinblick auf den Klimaschutz und die energetische Erneuerung des Gebäudebestands werden Finanzierungsinstrumente benötigt, die nicht nur großen Investoren offenstehen, sondern auch privaten Haushalten eine verlässliche Modernisierung ermöglichen. Bausparverträge könnten diese Lücke füllen – wenn sie fair gestaltet sind, ausreichend flexibel bleiben und den tatsächlichen Bedürfnissen der Eigentümer entsprechen.

Politik und Aufsichtsbehörden sind gefordert, durch klare Vorgaben für Transparenz und Verbraucherschutz die Rahmenbedingungen für das Bausparen zu verbessern. Gleichzeitig müssen Bausparkassen und Banken die Zeichen der Zeit erkennen: Wer langfristig Vertrauen aufbauen will, muss komplexe Tarife entschlacken, verständlich kommunizieren und ehrliche Beratung anbieten. Sonst wird das Comeback des Bausparens ein Strohfeuer bleiben, statt sich als stabiler Bestandteil nachhaltiger Immobilien- und Renovierungsfinanzierung zu etablieren.